Full text: St. Ingberter Anzeiger

aund Willen der Gebrüder Bart bei 2—8 kleinen 
Fäßchen Bier je einen Kaffeelöffel voll Natron, 
welches derselbe für sein eigenes Geld in der Apo⸗ 
cheke geholt, zum Zwecke des besseren Moussirens 
angewendet hat. Eben dieser Zeuge will gesehen 
haben, wie im August 1884 Herr Karl Bart aus 
einem Fläschchen Coulour in ein circa 70 Liter 
Faß geschüttet hat. Im Uebrigen bestäligte der 
gerichlliche Chemiker, Herr Dr. Halenke aus Speyer, 
daß die in allen Stadien untersuchten Biere der 
Brauerei Gebrüder Bart vollständig rein gehalten 
waren. Die Bestrafung erfolgte auch nur aus den 
oben angegebenen zwei Ursachen, die ein Vergehen 
zegen das Malzaufschlaggesetz sind. 
— Aus der Wittelsbacher Landesstiftung 
vpurden der Korbflechtschule in Rexheim 200 Mk., 
dem Gewerbemuseum in Kaiserslautern für die 
Lehrwerlstätten 700 Mk., der Webschule in Lam⸗ 
hrecht 400 Mk. zugewiesen. 
— Die Sozialdemokratie beabsichtigt 
in der Pfalz eine regere Agitation zu entfalten 
und zu diesem Zwecke ein eigenes Blatt herauszu⸗ 
geben, das in Kaiserslautern täglich als Abendblatt 
erscheinen soll. Dr. Schönlank von München, soll 
die Redaktion übernehmen. Gorkf. 3.) 
— Dem „Land. Anz.““ schreibt man aus der 
AOV——— 
langwierigen Winterfrostes haben die Straßen 
ttellenweise außerordentlich gelitten. so daß tbeil⸗ 
weise größere Reparaturen nothwendig werden 
dürften. Nach den wenigen milden Tagen, die nun 
auf das kalte Wetter gefolgt sind, zeigen die Saat⸗ 
felder schon ein frisches Grün. Sonst nimmt man 
in der Natur noch keine sonderlichen Spuren neu⸗ 
erwachenden Lebens wahr. Der Landmann ist jetzt 
ungemein thätig beim „Schneiden“ der Reben, 
zumal der Himmel aussieht, als wollte er sich all⸗ 
gemach für eine längere Regenperiode einrichten. 
Auf den Umstand, ob „Schein oder leerer Schein“ 
ist, wird heuer wenig Rücksicht genommen. Einmal 
ist ja übrigens keinmal. Von einem Schaden, den 
die strenge Winterkälte an den Reben verursacht 
haben soll, hört man gar nichts mehr. Der Frost 
hat höchstens an Stöcken, welche schon beschnitten 
waren (und deren waren sehr wenig), einigen 
Schaden dadurch verursacht, daß er hier und da 
einen Knebel oder eine Ruthe zum Aufreißen 
brachte. 
— Eine kürzlich in Germers heim tagende 
sandwirthschaftliche Bezirksversammlung beschloß die 
Gründung eines Konsumvereins zur Beschaffung 
oon Kunstdünger. 
— Frankenthal, 26. März. Die Fre⸗ 
quenz unseres Canals, welche schon seit Jahren in 
rapidem Niedergange begriffen, ist im verflossenen 
Jahre derart zurückgegangen, daß die Einfuhr sich 
auf 192 Scheffe resp. Steinnachen und 8 Floͤße, 
die Ausfuhr auf nur 9 Schiffe im Gesammtgehalte 
bon 450 Tonnen und zwar lediglich Zuckerrüben 
beschränke. Die Ursache für den stetigen Rüchgang 
der Kanalfrequenz liegt an der ungenügenden 
Breite der Schleußen, welche nur Schiffe von 
zöchstens 80 Tonnen Ladekraft die Passage gestat⸗ 
ten und solche Schiffe find auf dem Rheine fast 
nicht mehr vorhanden. Wenn hier keine durch⸗ 
greifende Aenderung eintritt, so sind die zur Unter⸗ 
haltung des Kanals aufgewendeten Summen voll⸗ 
sttändig weggeworfen. 
Vermiichtes. 
FReichsgerichts-Entscheidung. Hat 
ein Erblasser in Beziehung auf die Nachlaßgrund⸗ 
dücke die Veräußerung und die Verschuldung seinen 
Erben auf deren Lebenszeit ausdrücklich untersagt, 
mit der Maßgabe, daß erst ihrer Deszendenz die 
Veräußerung resp. Verschuldung gestattet sein sollte, 
o haben nach einem Urtheil des Reichsgerichts, 
V. Civilsenats, vom 4. November 1888 die Nach⸗ 
erben, auch bereits vor dem Eintritt ihrer Substi⸗ 
tution (noch bei Lebzeiten der Fiduciare) die Be— 
fugniß, zur Sicherung ihres Anrechts die Leseiti⸗ 
zung der gleichwohl erfolgten widerrechtlichen Ver⸗ 
pfändung nicht nur gegen die Fiduciare, sondern 
auch gegen den Pfandnehmer klagend durchzu⸗ 
führen, falls dieser zur Zeit der Eintragung seiner 
Forderung in das Grundbuch Kenntniß von der 
Beschränkung der Eigenthumsrechte der Fiduciare 
gehabt hat. 
F Burbach, 29. März. Verbrannt. Auf 
recht traurige Weise verunglückte vorgestern das 
5 Monate alte Kind einer Familie am Kipzelsberg, 
indem dessen Oberkörper durch das Umfallen eines 
Topfes mit kochendem Kaffee gräßlich verbrühi 
wurde. Auf die Wiedergenesung des armen Würm— 
hens soll man sehr wenig Hoffnung setzen, da die 
Verletzungen sehr schwer sein sollen. (M.«B. Z.) 
FMülhausen i. E. 26. März. Der 
Weinhändler Xaver Nithardt hier, welcher unter 
der Anklage der Weinfälschung steht und sich den 
Gerichten durch die Flucht ins Ausland entzogen 
jatte, ist dem Vernehmen nach jetzt zurückgekehrt. 
Die vom Gerichte anberaumte Vermögensbeschlag- 
jahme desselben ist dieser Tage aufgehoben worden. 
Dem Sohne und Geschäftstheilnehmer des Nithardt 
vurde bereits vor vier Monaten ebenfalls wegen 
Weinfälschung der Prozeß gemacht und er wegen 
dieser in kolossalem Umfange betriebenen Manipu— 
ation in eine Gefängnißstraße von 19 Jahren 
und eine Geldbuße von 60,000 Mark verurtheilt. 
Nithardt war bereits mehreremale mit den Gerichten 
nn Konflikt; er hat seit 1870 durch den Wein⸗ 
jandel, den er hauptsächlich nach Deutschland be⸗ 
rieb, ein Vermögen erworben, das auf zund eine⸗ 
Million Mark geschätzt wird. 
f Ein Aufruf zur Wiederherstellung eines Un— 
serkunftshauses auf em Gebweiler Belchen, 
dem höchsten Berge der Vogesen mit entzückender 
Aussicht, circulirt gegenwärtig, worin an alle Na- 
turfreunde im deutschen Reiche die Bitte gerichtet 
wird, das gemeinnützige Unternehmen durch reich— 
liche Geldspenden zu fördern. Zu deren Entgegen⸗ 
nahme ist der Kassirer des Vogesen Klubs (Section 
Bebweiler), Buchhändler J. Boltze in Gebweiler, 
bereit. 
F In einer Gesellschaft wurde über die „ärztliche 
Donorarfrage“ gesprochen. Jeder wußte irgend 
inen bemerkenswerthen Beitrag zu diesem Kapitel 
zu liefern, und auch der hohen Honorare für Spe⸗ 
zialkuren wurde gedacht. — „Am richtigsten finde 
ich das Prinzip des Geheimrath C.“, warf ein 
derr aus der Gesellschaft ein, „der läßt sich von 
reichen Leuten allerdings glänzend honoriren, aber 
von Armen nimmt er nicht einen Pfennig.“ — 
„Ja wohl“, bemerkte ein junger Arzt sarkastisch, 
„zu den Armen geht er nämlich erst gar nicht.“ 
r Eine Forderung auf Kanonen hat 
man bisher immer für einen schlechten Witz gehal⸗ 
en; heute hat man eine solche ganz ernst zu neh⸗ 
nen. Der Direktor der ehemaligen Cail'schen 
Werke, Oberst Bange, und Herr Sadoine, Direk⸗ 
or der Gesellschaft Cockerill, fordern öffentlich Herrn 
drupp zu einem Kanonenwettkampf heraus. „Wir 
fordern Sie auf,“ heißt es in einem vor drei 
Monaten angeblich an Herrn Krupp gerichteten 
Zriefe, „mit den gedachten beiden Gesellschaften an 
omparativen Versuchen ihres Artilleriesystems theil⸗ 
zunehmen. Diese Versuche sollen vor einer inter⸗ 
nationalen, aus Artillerie⸗Offizieren bestehenden 
Zommission stattfinden, die sich als Prüfungsjury 
onstituirt und einen Bericht über den Ausfall ver⸗ 
'aßt, der später veröffentlicht werden soll.“ Der 
‚Figaro“, dem diese Notiz entnommen, fügt hinzu, 
herr Krupp habe bis jetzt „gekniffen“. Es islt 
chwer einzusehen, warum? Es ist das in der 
That eine Frage, die nicht blos die Ingenieure 
nteressirt, sondern auch vor Allem das Volk, wel⸗ 
hes sein Leben auf den Schlachtfeldern einzusetzen 
zat. — 
fKrupp's Etablissement in Essen 
ist das bedeutendste der Welt. Als Alfred Krupp, 
der „Stahlkönig“, seine Laufbahn begann, über- 
nahm er von seinem Vater eine kleine Schmiede 
mit drei Gesellen; am 1. September 1881 be⸗ 
befanden sich 19,605 Männer in seinen verschie⸗ 
denen Unternehmungen beschäftigt, die mit ihren 
Familien die Kopfzahl eines Fürstenthums, nämlich 
38,381, repräsentiren. Nach den neuesten Angaben 
oll jetzt die Arbeiterzahl 24,000 überschreiten; 
yon dieser Zahl sind 12,800 in der eigentlichen 
Fabrik in Essen thätig, während die anderen in 
en verschiedenen Bergwerken Krupp's in Neuwied, 
Sage und Bilbao in Spanien, von welch' letzteren 
er sein bestes Erz bezieht, beschäftigt sind. Sein 
Keich, dessen Einwohnerzahl jetzt wohl 80,000 
beträgt, verfügt über vier große Dampfer, 42 
Meilen Eisenbahn mit 29 Locomotiven und 888 
Paggons, 40 Meilen Telegraphenlinien mit 38 
Stationen und 50 Morse Apparaten. Wie kolos⸗ 
al selbst die Nebenbetriebe in diesem Riesen ⸗Eta⸗ 
zlissement sind, die mit der Fabrikation selbst gar 
nichts zu thun haben, diene als Beispiel, daß für 
die Druckerei Arbeiten allein drei Rotationsmaschinen 
ind sechs Handpressen nothwendig sind. 439 
Dampfkessel und 450 Dampfmaschinen entwickeln 
in diesem Etablissement die erstaunliche Sum 
von Is 88d Pferdeiruften Der Togesbenn 
odon Coats und Kohlen beträgt 3100 Tonnen 
des Wassers, das von der Ruühr in die Fabtit 
leilet wird. 24700 Kubitmeter. DieseHiht 
genügen, um sich einen Begriff von der Leisnee 
fähigkeit des Krupp'schen Etablissements und 
Absatzmarkte zu machen, welchen dasselbe, um 
ausgesetzt, wenn auch nicht immer in gleicher R 
tensität, in Thätigkeit zu bleiben, nothwendig dol 
F Wie die „Mind. Ztig.“ schreibt, hat man 
Bückeburg im Jahre 1883 Geldsammlun 
für die damals vom Rhein Ueberschwemmten 
anstaltet, welche die Summe von 2000 Mat, 
geben haben. Diese 2000 Mark sind, wohl q 
irgend einem Versehen, bis zum 2. März d 
liegen geblieben und, durch einen Zufall entbes 
erst jctzt an das Hilfskomite abgesandt worde 
Da letzteres sich inzwischen aufgelöst hat, so ist da 
Geld nach Bückeburg zurückgekommen. Man 
sehr gespannt, was nun mit dem Gelde, das fe 
jene Hilfsbedücftigen zur Linderung der damu 
bekanntlich sehr großen Noth gespendet wurde, J 
schehen soll. 
F Wie Ber lin er Blätter berichten, bemerkle ma 
in der Freitagssizung des Reichstags unter den Volß 
vertretern eine Persönlichkeit, welche in auffallende 
Weise den Reden und Bewegungen des Reich— 
kanzlers folgte und dabei den Bleistift so eist 
thätig sein ließ, daß man — da er auf der recht 
Seite saß — mindestens auf Verbesserungsantide 
zum Monopol oder auf eine genaue Aufnahmed 
Reden schließen konnte. In Wirklichkeit war— 
jedoch kein Abgeordneter des Reichstags sonder, 
unser Meister Anton don Werner, weccher ein 
Skizze des ‚sprechenden“ Fürsten Bismarck aufnahn 
4 (GBillige Pferdedecken)) Unt 
dieser Ueberschrift erscheinen von Zeit zu Zeit bo 
einer Berliner Firma Annoncen in den Zeitungen 
Decken, die sonst 15 Mk. und mehr kosten sollen 
werden für den Preis von nur 6 Mt. angepriesen 
Ein Landmann im Dorfe D. bei Stendal be 
ttellte, wie man von dort schreibt, hierauf bei den 
Händler A. L. in Berlin eine solche Pferdedecd 
dieselbe wurde ihm auch bald zugesandt, und e 
stellte sich heraus, daß sie nur halb so groß, al 
sonst üblich war. Auf ein Schreiben, welches der 
Besteller nunmehr an L. nach Berlin sandte und 
diefem die Decke wieder zur Verfügung stellte, tra 
von demselben folgende Antwort ein: „Wat 
brauchen Sie für'n Pferd, wenn es gesund is 
eine größere Decke? und wenn es krank ist nüß— 
auch 'ne größere Decke nichts; und wenn Sie e 
wollen, senden wir Ihnen noch eine Decke für den 
selben Preis und Sie lassen dann Beide zusammen 
nähen und dann haben Sie 'ne große und em 
pfehlen wir uns Ihnen.“ — Der Kaufer ist gege 
die Berliner Firma klagbar geworden. 
Aus Niederösterreich. In St. Ve 
hat ein Bauer seinen Sohn aus erster Ehe Jahr 
lang im Stalle gefangen gehalten. Durch einen 
Viehhändler, der den Burschen auf allen Vieren 
gehen sah, erfolgte Anzeige beim Bezirksgerichte ir 
Hottenstein, das sofort eine Kommission entsandit 
Im Stalle wurde von dieser Kommission ein Weser 
aufgefunden, welches mit einem Menschen kaun 
eine Aehnlichkeit hatte; das Gesicht war durch ein 
unglaubliche Schmutzkruste ganz unkenntlich, di 
Augen durch den laugen Aufenihalt im Dunkle 
fast erblindet, die Füße waren infolge des heurige 
strengen Winters beide erfroren. Der Beamte, be 
dem Anblicke dieser Jammergestalt von begreiflichen 
Mitleide erfaßt, stellte mehrere Fragen an de 
Burschen, die alle unbeanwortet blieben; der Bursch 
scheint das Sprachvermögen eingebüßt zu haber 
und auch taub zu sein. Der Vater, gefragt, w 
er denn seinen eigenen Sohn gleich einem Vie 
habe in den Stall einsperren können, antworlen 
darauf, derselbe habe sich derart beiragen, daße 
denselben mit seinen anderen Kindern gicht 
demselben Zimmer hade belassen können. De 
emmissär üieß einen Arzt holen, welcher de 
Burschen vor Allem in ein Bad bringen ließ, ur 
denselben von dem starrrnden Schmuße zu reiniger 
Sodann aber derordnete er mit Rügsicht auf de 
kläglichen Körperzustand des dem Lichte Wiederge 
gebenen, daß derselbe sofort zu Bette gebracht werde 
Der Aermste ist gegenwärtig 21 Jahre alt, um 
ist seit eff Jahren, seitdem der Bauer zum zweiten 
Male geheirathet, in dem Stalle gehalten worder 
f Ein unlängst in Warsschan verstoxbene 
Rentner, der dort eingewandert war, hat von seiner