Full text: St. Ingberter Anzeiger

zt. Jugherter Anzeiger 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der Gt . Jugberter Auzeiger? erjcheint wbqhenilich fünfmalt: Um Montag, Dieustag, Donnerstag, SBamstag und Sonutag; 2mal wöoͤchentlich mit irrrua 
san und Sonniags mit Sseitiger iluftrirter Seilage. Das Blatt lbostet vrierteljahrli 1 A 6d A einsqhlietlich Tragerlohn; durch die Pos bezogen 14 78 , einschlie ßlic 
d4 Zusteluugkgebadbe. Die Einrucknugsgebuhhr fuar die 4gespaltene Sarmondzeile oder deren Raum beträgt ↄri Inseraten aus der Pfalz 10 4, bei außerpfälzischen und solche 
cuf welche die Expevilion Auskunst ertheilt, 18 4, Neclamen 30 4. Bei 4maliger Ginrickung wird nur dreimalige berechnet. 
Donnerstag, 1. April 1886. 21. Jahrg. 
7 64 
Bestellungen 
auf den 
„St. Ingberter Anzeiger“ 
ür das 
II. Quartal 1886. 
ehmen fortwährend an: die Postanstalten, die 
zostboten, die Umträger und 
Die Expedition. 
Riech durch das allgemeine Stimmrecht in ernste) 
Zefahr gebracht und die Macht dagegen in die 
Waageschale geworfen wird. Aber dahin ist es 
doch noch lange nicht gekommen.... Der Kanz- 
jer hat fich indessen nicht damit begnügt, auf die 
hefahren hinzuweisen, welche Deutschland aus seinen 
nneren Zufiänden drohen, er hat auch das Ge⸗ 
penst dußerer Verwicklungen unter deutlichem Hin⸗ 
veis auf Frankreich an die Wand gemalt. Dieser 
Theil der Rede hat in Berlin gesiern das größte 
Aufsehen erregt. Bei einem so besonnenen und 
berantwortungsreichen Redner, so darf man fich 
vohl sagen, kann das keine bloße sagon de parlor 
zur Herbeiführung eines vorübergehenden Effekts 
Jewesen sein, sondern es muß hinter diesen Mahn⸗ 
ingen irgend ein gefährliches Anbekanntes stecken. 
Der „Hamburgische Korrespondent“ bemerkt 
ber dasselbe Thema: 
„Es liegt in der That ein tief tragisches Mo- 
nent in der Situation, welche den Gründer der 
eutschen Einheit zu nöthigen droht, diese vor den 
u ihrer Wahrung berufenen Institutionen durch 
»en Appell an die partikularen Gewalten zu 
chützen. Denn allein darum, durch volle Ausnütz 
ing der Landesgesetzgebung innerhalb des ihr 
zurch die Reichsverfassung gestatteten Spielraums 
die Zeit der Stagnation in der Gesetzgebung des 
Reichs zu überwinden, handelt es fich, nicht um 
ztaatsstreichgedanken, wie das Agitationsbedürfniß 
er Opposition sie auch diesmal in die Reden Bis⸗ 
narcs zu legen suchte. Der Hinweis auf das 
zchicksal des alten Reichsstags Regensburger Ange⸗ 
entens, sowie auf die beiden Katastrophen, welche 
ʒen Bundestag ereilten, als er die ihm gewiesene 
Lufgabe zu erfüllen unfähig wurde, sollten in der 
khat die Mehrheit des Reichstags nachdrücklich 
nahnen, daß seine Aufgabe nicht Opposition um 
eden Preis, sondern die Beförderung und Stärk—⸗ 
ing der deutschen Einheit ist.“ 
Ausland. 
Wien, 30. März. Fürst Alexander hat den 
Nachten erklärt, daß er sein Land eher durch äußern 
Drudk verlieren, als den Haß der Bulgaren, die 
hm bisher vertrauten, auf sich laden wolle. 
Wien, 30. Marz. Aus Odessa wird be⸗ 
ichtet: Es werden Vorbereitungen zur Olkupation 
Zulgariens getroffen und sollen Truppen nach 
Barna transportirt werden. Der Zar soll bereits 
ziese Woche in Yalta eintreffen. 
Wien, 30. Maärz. Aus Athen wird ge—⸗ 
meldet: Die Regierung wird von der Kammer die 
Modilisirung der Nationalgarden zwischen dem 31. 
und 41. Jahre verlangen. 
Wien, 81. März. Aus Athen wird ge⸗ 
neldet: Aus Kleinasien treffen zahlreiche Freiwillige 
in. Der russische Admiral trifft heute hier ein. 
Die russische Flotte ist definitiv von dem kombinirten 
geschwader losgelöst. Die Türken haben in Thessa⸗« 
jen 76.000 in Epirus 18,000 Mann. 
Charleroi, 31. März. Der gestern hier ein⸗ 
etroffene Redakteur des Pariser „Cri du Peuple“ 
burde verhaftet und an die Grenze gebracht. — 
die Arbeit ist fast überall wieder aufgenommen; 
ie Bürgergarde ist bis auf weiteres beurlaubt. 
Charleroi, 31. Marz. Seit dem Ausbruche 
er Unruhen bis jetzt zählt man schon an 100 Todte. 
Mons, 31. MNärz. Ein Bataillon Linien⸗ 
ruppen ging nach Anderlues ab, wo ein Militär⸗ 
rosten ermordet wurde. 
Tournai, 30. März. Der bedeutendsté 
Steinbruchbesitzer der Umgegend erklaͤrte sich zuk 
Lohnerhohung bereit. 
Paris, 30. Maärz. Die Arbeitseinstellung in 
Decazeville ist jetzt eine allgemeine. — Die Mini⸗ 
stter des Innern, des Krieges und der Justiz sand⸗ 
en Instruktionen an die Präfekten der an Belgien 
Irenzenden Departements, um das Uebergreifen der 
zortigen Bewegung nach Frankreich zu verhindern. 
ks find strenge Maßnahmen zur Unterdrückung 
atwwaiger Angriffe gegen Personen und Eigenthum 
angeordnet. 
Den Parijser Blattern zufolge wird Audreifft 
Pasquier die Regierung über die Maßregel inter— 
»elliren, welche sie zu ergreifen gedenke, um zu 
»erhindern, daß die sozialistische Bewegung in 
Belgien sich auf die benachbarten französischen De—⸗ 
jartements ausbreite. In Paris blüht der Strike 
illenthalben, und er wird, da die Arbeitgeber außer 
Stande sind, die Forderungen der Arbeiter zu be⸗ 
villigen, die schon herrschende Noth gewaltig stei- 
jern. Die Stellmacher beschlossen in einer Ver⸗ 
ammlung in dem Saale der Rue Rivoli, die 
Urbeit einzustellen. Die Herrenschneider traten im 
hollãndischen Kaffeehause im Palais Royal zusammen 
ind beschlossen gleichfalls Arbeitseinstellung. Die 
Maurer halten noch eine Versammlung, um Beschluß 
über die Einstellung der Arbeit zu fassen. 
—Al 
Berlin, 30. Maͤrz. Reichstag. Bei der 
weiten Berathung des Sozialistengesetzes kommt 
sinister v. Puttkamer auf die belgischen Verhaͤlt⸗ 
isse zu sprechen. (Unruhe lints.) Sein Ausspruch, 
aß die belgische Regierung augenblicklich im 
dampfe für die öffentliche Ordnung Europas sei, 
wirkt lebhafte Zustimmung rechts und großen 
zarm linkz. Der Minister verliest schlagende Stellen 
uus dem Agitatios⸗Katechismus, welcher bei bel⸗ 
ischen gefangenen Aufrührern gefunden wurde. 
)Rie belgischen Ereignisse seien nur ein einzelner 
trahl aus der internatianalen Gewitterwolke. Herr 
.. Puttkamer schließt mit der Mittheilung, daß der 
»aifer ihm ausdrücklich befohlen habe, zu sagen, 
aß ihm am Abend seines Lebens kein herberer 
chmerz bereitet werden könne, als wenn die 
zoiksvertretung ihn bei dem Werke der Erhaltung 
zes innern Friedens im Stiche ließe. (Sensation.) 
Berlin, 30. März. (Keichstlag.) Der auf 
zutikamer folgende Redner: Windthorst, begrün⸗ 
jet seine Abäͤnderungsanträge. Das Sozialisten⸗ 
esetz dürfe keine dauernde Institution werden. 
das sozialdemokratische Streben habe auch manches 
zerechtigte. Der Zusammenhang zwischen den bel⸗ 
ischen Unruhen und der deutschen Sozialdemokratie 
ei nicht nachgewiesen. In Belgien handle es sich 
im Thaten der Anarchisten. Seine Anträge sollten 
egelmaͤßige Zustände anbahnen. Minister d. 
uttkamer entgegnet und hebt hervor, daß nach 
leldungen der Zeitungen deutsche Elemente an der 
»pitze der belgischen Bewegung ständen. Bebel 
estreitet den Zusammenhang der belgischen Vor—⸗ 
jJange mit der deutschen Sozialdemokratie und be—⸗ 
ichtigt die belgische Bourgeoisie und Staatsgewalt, 
aß sie solche Blutbäder absichtlich provozirt hätte. 
der Redner wird deßhalb zur Ordnung gerufen. 
dachdem noch Stöcker für die Vorlage gesprochen, 
jertagt sich das Haus auf morgen. 
Zu dem Zweikampfe zwischen dem Kanzler 
ind dem Abg. Richter in der Sidung des 
deichstags am letzten Freitag liefern einige Blat⸗ 
et noch Kommenlare. So sagt der „Rheinische 
durier“: 
„Es mag noch so richtig sein, was der Abg. 
dichter ausführte, daß nämlich die Rechte der 
Fürsten nicht um ein Haar breit besser sind, als 
ie Verfassung, und daß derjenige Fürst ein Re⸗ 
olutionär ist, der in einer Weise, wie sie der 
deichskanzler angedeutet hat, gegen die Reichsver- 
assung ankämpfen würde. Aber so fernliegend 
wffentlich die Gefahr einer Abtragung des mühsam 
trichteten Reichsgebäudes sein mag, so beklagens⸗ 
verth sind trotzdem Verhältnisse, in welchen es 
noͤglich geworden ist, daß über die Fundamente 
der staatlichen Existenz der Nation mit einer Kalt⸗ 
Alüngkeit gesprochen wird, als ob es sich um die 
—A Dinge von der Welt handele. Wir 
önnen uns sehr qut den Fall vorstellen. daß das 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
— Mit dem heutigen Tage, 1. April, kommt 
ür Postpacketadressen zu Packeten jeder Art (Post⸗ 
vacketen sowohl wie anderen Packeten) nach dem Aus⸗ 
ande, einschließlich Oesterreich · Ungarn, ein auf 
lauem Kartonpapier hergestelltes, in deutscher und 
ranzösischer Sprache abgefaßtes Formular zur Ein⸗ 
ührung. Packet⸗Adressen der bisherigen Art dürfen 
ünftig nur zu Packeten des inneren deutschen Ver⸗ 
kehrs verwendet werden. 
* Herr Schmiedemeister Ludwig Buchheit 
in Heckendalheim theilt uns mit, daß nicht er das 
Unglück hatte, am Sonntag mit Herrr Bürger⸗ 
neiste Wannenmaacher das Gefaährt umzu⸗ 
verfen, wie aus der ꝙ0. Correspondenz in Nr. 62 
d. Bl. gefolgert werden koͤnnte. 
— KGEdenkobener Kirchenbau⸗Lot⸗ 
ferie.) Der Hauptreffer von 80,000 Mark fiel 
in die Kollekte der Hauptagentur V. A. Fischer in 
Würzburg und wurde von einem undbemitielten 
Reisenden gewonnen; der zweite Haupttreffer von 
15,000 Mark wurde durch die Schmid'sche Buch⸗ 
handlung (A. Herzer) in Augsburg verkauft und 
gjewonnen von einem armen Leinen-Hausirer; der 
dritte Haupttreffer von 6000 Mark wurde durch die 
Vermittlung der kgl. Filialbank München eihoben. 
Alle höheren Treffer, darunter die zu 2000 und 
1000 Mk. sind größtentheils an bedürftige Leute 
zefallen, so z. B. 2000 Mk. an zwei arme Dienst⸗ 
mädchen in Triftern ꝛc. 
Die Ziehung der Penzberger kath. Kirchenbau— 
dotterie findet im großen Saale des kathol. Casino 
in München nächsten Donnerstag den 8. April 
Vormittags 9 Uhr statt. Für die Einhaltung des 
Ziehungstages ist garantirt. Die Gesammtsumme 
ist prozentual höher wie bei den bisherigen Lotte— 
rien. Hauptgewinn und Prämie 75,000 Mark; 
Prämie 50,000 Mk., Hauptgewinn 25,000 Mtk., 
10,000 Mk., 5000 Mtk., 3500 Mk. 10mal 1000 
Mark; 185 hohe Mittelgewinne zu 300 Mk., 200 
Mark, 100 Mk. ꝛc.; 1800 kleinere Gewinne. Alle 
Rewinne bis auf diese kleinen werden einzeln aus