It. Ingherter Amzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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Dienstaa. 6. April 1886.
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68.
Bestellungen
auf den
St. Ingberter Anzeiger“
für das
II. Quartal 1886
ehmen fortwährend an: die Postanstalten, die
ostboten, die Umträger und
Die Expedition.
Bei der Loiterie dagegen finden im Jahre ge⸗
vdhnlich nur 2 Spiele in acht oder zehn Zieh⸗
ingen statt; es vergeht also ein halbes Jahr bevor
nan über den Ausfali seines Spieles Kenntniß
erhält. Die Behauptung, daß das Lottospiel un-
noralisch und schädlich sei, ist nicht richtig.
Die von der preußischen Regierung bei Ge—
egenheit der Verdoppelung ihrer Lotterieloose
ingestellten Untersuchungen haben ergeben⸗ daß
372 der Spielenden den wohlhabenden Kreisen
ingehören und daß nur die verbleibenden 306 von
weniger bemittelten Leuten gespielt werden. Auch
die Spieler der minder wohlhabenden Klassen
leben meist in wirthschaftlich geordneten Verhäll⸗
nissen und verringern durch Vereinigung zu Spiel⸗
gesellschaften den Beitrag zum Einsatz derart, daß
die Aufbringung ihnen in keiner Weise beschwerlich
ällt.
Die Freunde der staatlichen Landeslotterie
lauben sogar, daß eine derartige Institution för⸗
ernd auf Moral und Sitte wirkt; dieselben be⸗
aupten, daß fich die Leidenschaften und Schwächen
zer Menschen niemals voll und ganz beseitigen
lassen; Ausschreitungen aber gerade da am besten
ind sichersten vermieden werden, wo die einzelnen
Schwächen gewissermaßen einen harmlosen Abzugs-
anal finden. Man muß diesen Ansichten voll
ind ganz beipflichten, wenn man die in Bayern
durch Aufhebung des Lotto's erreichten Erfolge be⸗
rachtet.
Ist etwa in Folge dieser Aufhebung bedeutend
weniger gespielt worden? Diese Frage muß man
enischieden mit nein beantworten. wenn man er⸗
wägt, daß ca. 200 Kollekten in Bayern für das
zsterreichijche Lotto bestehen und die Masse Loose,
velche aus den Braunschweiger, Hamburger,
ßreußischen und Sächsischen Staatslotterien gespielt
verden, dazu rechnet.
Das österreichische Lotto würde in Bayern
einen Eingang gefunden haben, wenn die Insti⸗
ution einer Bayerischen Staatslotterie bestände. In
Zachsen, welches mit Oesterreich ebenfalls eine
angausgedehnte Landesgrenze besitzt, hat das oͤster⸗
eichische Loito in Folge der bestehenden Landes-
dotierie nicht Fuß fassen köͤnnen.
Nachdem man zu der Ansicht gelangt ist, daß
die 1861 erfolgte Aufhebung des Lotto's sowie
die mehrfach erlassenen Gesetze, in welchen verboten
vird, in auswärtigen Lotterien zu spielen, keine
Wirlung gehabt haben, so dürfte man wohl zu der
leberzeugung gelangen, daß es desser ist, dieser
inmal nicht zu beseitigenden Schwäche einen harm⸗
»sen Abzugskanal zu schaffen, und man müßte ein
hlechter Patriot sein, wenn man noch weiter ruhig
usehen wollte, daß die von dem bayerischen Pu-
likum einmal zu Spielzwecken bestimmten Summen
erner in das Ausland wandern und daß der
isancemäßige Gewinnabzug, welcher in die Klassen
er Nachbarländer fließt, hilfi, die Lasten dieser
dänder mit zu erleichtern.
Wie angenehm dürfte gerade jetzt unsern Lan⸗
»esfinanzen ein Zuschuß von ungefähr 83 Millionen
Mark jahrlich sein, ohne dadurch die Steuerkraft
der Bewohner in Anspruch nehmen zu müssen.
diese 83 Millionen Mark gehen jezt unaufhaltsam
as Ausland, wohingegen bei Einführung einer
zayerischen Landeslotterie dieselben dem Lande
rhalten bleiben und wirthschaftlich nutzbringend
ur unser bayerisches Vaterland verwendet werden
znnen.
Deutsches Reich.
Berlin, 3. April. Dem Bundesrathe ging
in Gesetzenwwurf über die mit Ausschluß der
Deffentlichkeit stattfindenden Gerichtsverhandlungen
u. Danach kann der Vorsizende den bei den Ver⸗
jandlungen Betheiligten die Geheimhaltung des
Inhalts der Verhandlungen zur Pflicht machen.
die Prefse darf über solche Verhandlungen Leine
Zerichte bringen, die Verkündigung der Urtheils⸗
ormel erfolgt offentlich.
Berlin, 5. April. Unter dem Prasidium
»es Reichskanzlers fand gestern Nachmittag eine
Sitzung des preußischen Staatsministeriums flatt,
n der man sich mit den neuen Branntweinsteuer⸗
orlagen beschäftigt haben dürfte. Es soll im Plan
»er Regierung liegen, die erste Berathung der Ent⸗
vürfe noch vor Ostern im Reichstag vorzunehmen,
o daß also die Ferien desselben sehr spat beginnen
vürden. Wir bezweifeln, daß die Dinge so sehr
chnell vor sich gehen werden. Es könnte das nur
her Fall sein, wenn die Grundzüge der neuen Ge⸗
etze den verbündeten Regierungen schon vor längerer
Zeit zur Prüfung bekannt gegeben wären.
Berlin, 5. April. Das Herrenhaus wird
im 12. d. die Kirchenvorlage berathen.
Der Gesetzentwurf betr. die laändwirth—
schaftliche Unfall-Krankenversicher—⸗
ang, wird Dienstag im Reichstag zur entscheiden⸗
den Berathung kommen.
Coblenz 4. April. Während im deutschen
steichstage die belgischen Ereignisse bisher nur als
jutes Beweismittel gegen den Sozialismus ver⸗
vendet wurden, hat man in Berlin wohl kaum eine
Ahnung, wie wir hier am Rhein bereits die Folgen
u spüren beginnen. Schon treffen im Weinhandel
a und dort Abbestellungen ein, belgische Industrie⸗
vaaren bleiben aus und deutsche Geschäfte, welche
hre Lieferungen darauf gegründet hatten, gerathen
nit ihren Verpflichtungen in schwere Verlegen⸗
jeiten. Vortheile dürfte nur die Kohlenindustrie
in der Saar und Ruhr haben, welche bereits Or⸗
zres aus Belgien erhalten hat und ihre Arbeits⸗
räfte vermehren will, wenn wenigstens halbjährige
Bezüge garantirt werden. Die rhrinischen Behörden
saben nun auch die Einwanderung der arbeits-
osen Wallonen aus Belgien ernst in's Auge zu
assen und dieser Punkt ist durchaus nicht unbe⸗
enklich, denn es sfindet ohnehin schon alljährlich ein
hereinströmen der belgischen Ziegelarbeiter und Fa⸗
xikleute statt, welches sich diesmal sehr wahrschein⸗
ich verstärken wird. Wir haben aber in den
heinischen Industrieorten ohnehin genug bedenkliche
ẽlemente, welchen die direkte Berührung sozialifti⸗
cher Helden und Märtyrer gar nicht erft nöthig
st, und so darf man wohl annehmen, daß die hie
ige Provinzialregierung die erforderlichen Schritte
chon berathen hat, denn die Angelegenheit ist mo⸗
nentan doch wohl noch bedenklicher als die ganze
dolnische Frage.
die deutschen Staatslotterien mit
Muͤcksicht auf Bayern.
Die „Corr. Hoffm.“ unterzieht die Gründe,
ꝓlche für Errichtung einer Koͤniglich Bayerischen
Aoatslotterie sprechen, sowie die Gründe, welche
egen Errichtung einer solchen Institution sprechen,
er eingehenden Prüfung.
Die Gegner einer staatlichen Landes Lotterie
uhren als Hauptargument an, daß das Lotterie⸗
piel ein Hazardspiel. sowie das Spielen unsittlich
ind schädlich und eines Staates unwürdig sei.
die in Preußen, Sachsen ꝛc. bestehenden Klassen⸗
zerien werden von den Gegnern der Landes⸗
iterien mit dem zur Zeit in Oesterreich bestehen⸗
en, in Bayern bereits seit 1861 aufgehobenen
Jito auf gleiche Stufe gestellt.
Die Freunde der staatlichen Landes-Lotterien
iezeichnen die von den Gegnern der Staatslotterien
ufgeführten Gründe als nicht zutreffend und dieses
nohl mit Recht.
Bei den in Preußen und Sachsen bestehenden
andeslotterien ist der Staat keineswegs, wie die
gegner der Landeslotterien behaupten: „Spieler“,
ondern er ist die „Aufsichtsbehörde“, welche, voll⸗
andig getrennt von den Spielern, dafür sorgt,
aß diejenigen Personen, welche dem Glücke eine
leine Summe anvertrauen wollen, nicht übervor⸗
heilt werden, und daß das gesammte von den
zpielern zusammengeschossene Geld richtig nach der
zewinnliste vertheilt wird.
Der Staat ist selbst nicht Spieler, kann also
uch nie verlieren, sobald die Loose verkauft wer⸗
en, sondern entnimmt nur als Gegenvaluta für
eine auszuübende Aufsicht und Kontrole bei den
ziehungen, Aufstellen der Gewinnliste, Auszahlung
er Gewinne, sowie für die Garantie, welche er
ür die richtige und rechtzeitige Durchführung des
ufgestellten Spielplanes übernimmt, einen bestimm⸗
en, fich stets gleichbleibenden Prozentsatz der Spiel⸗
insätze, sowie desgleichen einen bestimmten sich
ets gleichbleibenden Prozentsatz für Reichsstempel
nd Schreibgebühr.
Am leichtesten dürfte es den Freunden der
aatlichen Landeslotterien werden, den Vorwurf
u widerlegen, daß das Lotteriespiel ein Hazard⸗
piel und mit dem früher in Bayern bessandenen
ind zur Zeit noch in Oesterreich bestehenden Lotto
nuf eine Stufe zu stellen sei.
Der Unterschied zwischen Lotto und Lotterie
ürfte genau derselbe sein, wie zwischen dem ver-
otenen Kartenspiel, ‚Meine Tante, Deine Tante“
md dem berüchtigten „Kümmelblättchen“ einerseits
mnd dem geduldeten, weil unschädlichen Kartenspiel
Bhist“ und „Scat“ anderseits.
Bei dem Lotto erhalt man sofort wie bei den
ben bezeichneten verbotenen Kartenspielen Bescheid
ber den Ausfall der eingegangenen Wette und
an auch sofort wieder diese Wette von neuem
nfriren.
Auslaud.
Eondon, 3. April. In Porksmuth sollen bis
jum 7. April vier Torpedoboote in Dienft gestellt
verden, um zum enqglischen Geschwader im Miittel⸗
neer abzugehen.
Ueber die griechische Greuzarmee bringen
ürkische Blätter folgende Angaben: Das Obser⸗
ationskorps an der Grenze sei etwa 50,000 Mark
tark; bei Arta ständen ungefäühr 20,000 und gegen⸗
iber Elassona 30,000 Mann. Die bei ürta
dehenden 20.000 Mann gehörten zur Reserve und