Full text: St. Ingberter Anzeiger

Für eine Vereinsbibliothek werden jährlich 28 M. 
angelegt. — Seit gestern weilt Herr FP. Cosar 
aus dem Kloster Oggershieim in hiesiger Stadt. 
Derselbe steht im Begriffe, einen Missionsposten bei 
der deutschen katholischen Gemeinde in Konstanti⸗ 
nopel zu übernehmer, und wird demnächst die Reise 
dahin über Triest, Corfu, Cerigo u. s. w. antreten 
— Landau, 27. April. In der Nahm 
schen Wirthschaft entstand gestern Abend zwischen 
7 und 8 Uhr zwischen Soldaten und Civilisten ein 
Woristreit und schließlich eine Rauferei, in deren 
Verlauf der Müllerbursche Ignatz Gabler von Burg⸗ 
heim bei Neustadt a. D. dem Soldaten Johann 
Zellfelder der 3. Kompagnie des 18. Infanterie— 
Regiments mit einem scharf zugespitzten Brodmesser 
zwei Stiche in den Unterleib versetzte, welche die 
Gedärme hervortreten ließen. Der schwer Verwun— 
dete wurde nach dem Militärlazareth verbracht; der 
Thäter ist verhaftet. Auch der Müller Wendelin 
Grünig von Niederramstadt, bei Müller Jung da 
hier beschäftigt, erhielt bei diesem Anlaß von Gabler 
einen Stich in den Unterleib. Grünig wollte sich 
offenbar nach Hause begeben, blieb aber in der 
Nähe des Wesibahnhofes liegen, woselbst er heute 
früh gefunden und nach dem Hospitale verbracht 
wurde. — Der Soldat Zellfelder ist inzwischen im 
Militärspital gestorben; derselbe ist aus Merkendors 
in Schwaben. 
— Vergangene Woche machte die Ehefran eines 
Mehlhändlers in Speyer, der „Pfälz. Pr.“ zu 
folge, einen recht unheimilichen Fund. An der 
Ehrlichkeit der Dienstmagd zweifelnd, unternahm 
die Frau waährend der Abwesenheit dieser eine Be⸗ 
sichtigung ihres Koffers vor. Welche Ueberraschung 
ward ihr jedoch zu Theil? Ein neugeborenes Kind 
3 Wochen alt und bereits in Verwesung übergeh— 
end, lag, in Lumpen eingewickelt, in demselben, 
neben diesem eine größere Quantität Mehl. Das 
Amtsgericht wurde sofort benachrichtigt und die 
Rabenmutter, Katharina Gaßner von Wörth, bei 
ihrem Zurückkommen in Haft genommen. 
— Speyer, 27. April. Landwehr⸗ und 
Reserve· Uebungen beim 2. Pionier-Bataillon be⸗ 
ginnen am 4. Mai. Zu diesen Uebungen werden 
200 Reservisten und Landwehrmänner hier einrücken 
— Die sechswöchentlichen Uebungen der Infanterie 
zur Ausbildung im Pionierübungsdienst beginnen 
beim 2. Pionier-Bataillon am 17. Mai. Zu 
demselben werden von jedem Infanterieregiment und 
Jäger-⸗Bataillon des 2. Armeekorps je 1 Offizier 
und 3 Unteroffiziere hierher komnandiert. An diesen 
reiht sich der Uebungskurs für die Kavalerieregimenter 
des Armeekorps an. 
— Queidersbach, 24. April. Heute 
entstand durch eine bis jetzt noch nicht aufgeklärte 
Ursache in der Stumm'schen Waldung, Distrikt 
Zimmerberg, ein größerer Waldbrand. Das Flammen⸗ 
meer hatte sich in kurzer Zeit über eine Fläche von 
zirca 20 Hektar verbreitet. 
— Mundenheim, 27. April. Am ersten 
Osterfeiertag fand hier eine groͤßere Schlägerei statt, 
die als eine Folge der Gemeinderaths-Wahlzerwürf⸗ 
nisse gelten daff. Noch sind die Parteien sehr 
erregt und ist ja auch die Wahl zum zweitenmale 
wieder beanstandet. Man fürchtet, daß schließlich 
die Regierung ein Gemeindeverwaltung einsetzen 
werde. (M. G. A.) 
— Ludwigshafen, 29. April. Die Löwen⸗ 
Apotheke des Herrn Dr. Herold ging durch Kauf 
in den Besitz eines Herrn aus Wiesbaden über. 
Vermißchtes. 
FO stern fiel dieses Jahr auf den letztmög⸗ 
lichsten Termin, nämlich den 25. April. Wie 
bekannt wird Ostern am ersten Sonntag nach Voll⸗ 
mond nach Frühlings⸗;Tag⸗ und ⸗Nachtgleiche ge⸗ 
feiert. Nun war dieses Jahr Vollmond am 20. 
März, Frühlings⸗Tag- und Nachtgleiche aber am 
21. Maärz, der nächste Vollmond am 18. April 
und Ostern deswegen am 25. April. Dieser Fall 
kommt nicht oft vor. So fiel Ostern auf 25. April 
im Jahre 1666, dann 1734. Bis zum Jahre 
2000 wird sich derselbe Fall nur noch einmal 
wiederholen, nämlich im Jahre 1945; dann aber 
erst im Jahre 2088. 
Saarlouis, 26. April. Ein in hiesigem 
Dienste stehendes Mädchen wurde gestern plößlich 
krank. Einem zu Hilfe herbeigerufenen Arzte er⸗ 
klärte es nach längerem Zaudern, es habe Kartof- 
feln gegessen, welche stark nach Schwefel rochen. 
Heute Morgen wurde es in das hiesige Hospital 
gebracht, woselbst es. nach der „Saar⸗Zeitung“ 
bald starb. Verschiedenen Aeußerungen des Mäd⸗ 
chens sowie den naͤheren Umständen nach zu ur⸗ 
theilen, kann wohl als sicher angenommen werden, 
daß es sich vergiftet hat. Dasselbe ist, dem „Saarl. 
Journ.“ zusslge, aus Merzig gebürtig und war 
noch vorgestern auf Besuch nach Hause. 
7 Metz, 27. April. Das hier garnisonirende 
1. Bat. des 2. bayerischen Fuß-Artillerieregiments, 
welches bisher alljährlich und wohl aus Gründen 
der steten Bereitschaft der Festung den nahe ge— 
legenen Schießplatz bei Hagenau zur Abhaltung 
seiner großen Uedungen bezogen hatte, soll heuer 
zum erstenmale nach dem Schießplatz Lechfeld ge— 
meinsam mit dem in Germersheim liegenden 2. 
Bataillone des genannten Regimentes beordert 
werden. Dem seit 1873 bestehenden 2. bayerischen 
Fuß-Artillerieregiment ist somit zum erstenmale er⸗ 
möglicht, seine Schießüdungen im vereinigten Regi— 
ment abzuhalten, was nicht nur im Interesse der 
Ausbildung, sondern ganz besonders im Interesse 
der Kameradschaft begrüßt werden muß. 
Mülsausen (lsaß), 28. April. Reich 
mit guten Lehren und Segenswünschen ausgeräste! 
var ein neuverbundenes Ehepaar aus dem Sian— 
desamt gekommen und hatte im Wagen Platz ge— 
zommen. Da begann die junge Frau das erste 
heliche Gespräch mit den Worten: „Nun Alter 
jetzt werde ich Dir zeigen, daß Alles zwischen uns 
anders werden muß!“ und wollte eben eine Auf⸗ 
zählung der Aenderungen folgen lassen, als der 
Themann die Wagenthüre auf der entgegengesetzten 
Seite aufriß und seine schönere Ehehälfte auf das 
Straßzenpflaster beförderte. Noch einmal that sich 
die Thür auf, aus welcher Chignon und Braut— 
kranz flogen. und „Fort Kutscher!“ erscholl's aus 
dem Innern des Wagens, der rasch davoneilte 
Die junge Frau blieb unter einer Menge lachender 
Zuschauer zurück. 
F Straßburg, 28. April. Professor v 
stußmaul gedenkt, wie man der „Wiener Med 
W.“ mittheilt, mit Ende des Studienjahres sein 
Lehrkanzel in Straßburg zu veriassen und nach 
Heidelberg überzusiedeln. 
F Alzey, 28. April. Das Gerücht von 
ꝛeinem Doppelselbstmord, welches bereits gestern di— 
Stadt durchschwirrte, hat sich jetzt leider bestätigt 
Der Soldat Huf aus Flonheim hat sein Mädchen. 
Elis. Ries aus Enkenbach, bei Herrn Ch. Köhler 
in Heimersheim in Diensten und dann sich selbst 
im Bornheimer Wäldchen erschossen. Was diest 
beiden jungen Leute zu diesem schrecklichen Entschlusse 
trieb, ist noch in Tunkel gehüllt. 
F Harxheim, 28. April. Seit Sams⸗ 
tag dem 24. April ist hier ein 4jähriges 
sKind verschwunden und trotz aller angewandten 
Mühe noch nicht gefunden. Jetzt meldete fich auf 
der Polizei zu Mainz ein Mann, welcher am Ofter⸗ 
sonntag das Kind auf der Gustadsburg bei einer 
Zigeunerbande gesehen haben will. Die Kleine fie! 
ihm durch ihre hellblonden Haare, ihre besseren 
reinlichen Kleider und ihr Benehmen auf. Am 
Ostermontag ist das Kind mit der Bande auch in 
Groß⸗ Gerau gesehen worden, ein Theil der Bande 
fuhr in der Richtung nach der Oppenheimer Fahr! 
zu. Die Polizei ist in voller Thätigkeit, sie ersuch 
die Presse und das Publikum, ihr bei Ermittelung 
des Kindes behilflich zu sein. Das Kind ist hell⸗ 
blond, 1 Meter groß, hat hellblaue Augen, spitze 
Nase und schlanke Statur. Bekleidet ist dasselbt 
nit einem hellbraunen Kleide mit weißem Perl⸗ 
nutterknopfen besetzt, weißen Strümpfen und 
Schnürstiefeln. 
Am Sonntag Nachmittag wurde in der 
Schulhausstraße in Sachsenhausen bei Frank. 
urt bei Wilhelm Süs, Prokuristen der bekannten 
Bapiergroßhandlung Ferdinand Flinsch in Frank. 
furt eingebrochen und außer einer Partie Silber⸗ 
jachen, wie Theelöffel, Medaillons, Armbänder und 
300 Mark an baarem Gelde, Werthpapiere im 
Betrage von mehr als 20,000 Mark gestohlen. 
4 Frankfurt, 28. April. Gestern Vor⸗ 
mittag langte ein großer Trupp italienischer Arbeiter 
hier an, um in hiesiger Stadt Beschäftigung als 
Maurer, Taglöhner u. s. w. zu suchen. 
(Ein pensionirter Ehemann.) 
In einem Prozesse wurd dieser Tage in Frankfuri 
14. M. ein Mann nach seinem Stande gefragt. 
„Pensionirter Ehemann“, antwortete er. Nach vielem 
Hin⸗ und Herfragen erfuhr man, daß der Mann 
bon seiner Frau von der er geschieden ist, eine 
lebenslängliche Rente von 3600 M. jährlich erhält. 
4 Die Einfuhr von Bier aus Süddeutsétb— 
land in die Staaten der norddeutschen Biersteu 
gemeinschaft nimmt stetig zu. Waͤhrend dedue 
sich nog im Jahre 1879 80 auf 800 ooo 
liter belief, ist derselbe in den Jahren *8 
bis 1885186 auf bezw. 550 000, —8 
710 000, 800 000, 910 000 und 1000 000 gel 
toliter gestiegen, hat sich also in einem zucge 
von sechs Jahren verdoppelt. Das zur —** 
kommende Bier wird fast ausschließlich in Baier 
hergestellt. 
F Für Leute, die sich eine undeutliche Untet. 
schrift durchaus nicht abgewöhnen lkönnen, hat da— 
Postamt in Karl s ru he ein lehrreiches Veispi 
gegeben. Einem dortigen Fabrikanten, dem eg ge 
fiel, seine Unterschriften über verabfolgte Geldsenn 
ungen, Packete u. s. w. so undeutlich wie iu 
möglich zu schreiden, hat das Postamt. nachde 
mehrfache gütliche Aufforderungen, seine Unterschiß 
deutlich zu schreiben, vergeblich bliehen, die fernen 
Ueberbringung von Postsachen ins Haus verweiget 
und ihm anheimgegeben, dieselben von der Pof 
abzuholen, und bei diesem Bescheide ist es geblieben 
trotzdem der Fasrikant sich beschwerdeführend a 
das Reichspostamt in Berlin gewendet hat. 
7 Würzburg, 27. April. Die Zuständ 
in unserem Bahnhof werden immer schöner. Heut— 
Mittag 1 Uhr 20 Min. entgleiste bei der Einfahr 
der von Träuchtlingen kommende gemischte Zug Rir 
669. Tender und zwei Wagen wurden aus den 
Geleise geschleudert und mehrere Wagen beschädigt 
Der Zug sollte auf dem 7. Geleise einfahren, kar 
aber auf das 13. 
f In der „Augsb. Abdz.“ lesen wir folgender 
originelle Heirathsgesuch:— „Mariage. Ein 
junger Kavalier, Militär, mit 17,000 Mt. Schul⸗ 
den, sonst aber sehr gesund, sucht, da ihm wegen 
etwas flotter Lebensweise in Bekanntenkreisen Hei— 
rath erschwert, auf diesem Wege eine schneidig— 
Lebensgefährtin. Briefe mit O. V. 18 beforden 
d. V. C. d. A. A. 
F München. Die Zacherl'sche Brauere 
(Brauanwesen mit Mälzerei, Salvatorkeller mit der 
dazu gehörigen Wiesen und Feldern, Stubenboll 
leller, Torfgründe in Weining und sieben Wirth 
schaftsanwesen in München nebst allem dazu ge— 
hörigen Brauereibetriebe, als Maschinen, Einricht 
ungen, Mobilien und Moventien) ist am 21. de 
Monats durch natariellen Konstituirungsakt um den 
Gesammtpreis von 3,800,000 an eine Altienge 
—IILV 
brauerei“ übergegangen. Die Einführung der Alktier 
an der Börse erfolgt im Laufe des Monats Ma 
durch die Firma Seb. Pichler sel. Ecben von der 
auch seinerzeit Prospelt mit genaueren Miitheilunger 
zur Ausgabe gelangt. 
Im Orie Heiling bei Straubing wollb 
ein Hausbesitzer seinen Sohn aus irgend welchen 
Grunde züchtigen. Der Sohn sträubte sich, verlie 
das Haus und schoß von der Straße aus mi 
einem Revolver auf seinen Vater, welcher eine be 
deutende Verwundung erhielt, so daß an seinen 
Aufkommen gezweifelt wird. 
Wien, 28. April. Zehn Arbciter, zumeir 
Bildhauer der Möbelfabri? Portoix und Fix machten 
heute Fruüh im alten Donaubett in einem Kielboot 
eine Vergnügungsfahrt. Bei der Kraganer Brüd 
kippte das Boot durch Verschulden des Rudeter 
um und Alle fielen ins Wasser. Acht ertranlen 
zwei retteten sich. Vier Leichen find bereits ge 
fjunden. Mehrere der Ertrunkenen sind verheirathe 
FEin neues Repetirgewehr. In österreichische 
Schützenkreisen erregte die Schußbrobe mit dem boꝛ 
dem Buchsenmacher Eduard Pehr in Wolfsber 
Karnthemy erfundenen neuen Repetirgewehr nid 
deringed Aufsehen. Dieses Gewehr ist keine Raqh 
ahmung befiehender Systeme, dasselbe gehört in di 
Zoalegorie der Blocherschlusse und faßt im Kolbei 
i2 Stuck Kropatschel · Heißig⸗ Patronen, welche durt 
AD 
nommenen Proben erwiesen, daß sich dieses Ge 
wehr ebenso als Einzel⸗ wie Repetirfeuerwaffe eigne. 
Im Eingelfener wurden in der Minute 11 gejielt 
Schusse, im Repetirgewehr in achtzehn Selunde 
12 gezielte Schusse mit guten Treffresultaten ab⸗ 
gegeben. Das Einfuͤhren der zwöif Vorralhepe— 
hronen erforderle einen Zeitaufwand von kaun 
sechsdehn Sekunden. Der Verschlußhehel ist vor 
dem Abzugsbügel angebracht, und zwar in de 
Weise, daß beim Schnellfeuer der Hebel mit de 
linken Hand gehalten und in Function geseht win 
so war daß hatsachlich nach einander zwd 
Schüsse, ohne überzugreifen, ohne aus der Visitun