Full text: St. Ingberter Anzeiger

zf. Ingherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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auf welche die Erpedition Auskunft ertheilt, I8 ⸗, Neclamen 30 . Bei 4maliger Einrkevng wird nar dreimalige berechnet. 
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84. 
B s in Deutschland. Zunächst wird das schwim 
eẽ e ungen mende Musterlager, welches in portugiefischen. 
auf den wn und ge —— 
jen Absat deutscher Erzeugnisse anbahnen soll, den 
„St. Ingberter Anzeiger Franzosen zur Nachahmung dringend empfohlen. 
für die Monate hierauf werden die Handels⸗, Gewerbe⸗ und Fort⸗ 
⸗ ldungsschulen sowie die Gewerbemuseen Deuisch⸗ 
AMai und Juni ands erwähnt und die glücklich geleiteten Kolonial 
Faend an? di⸗ Zosanstalten, die unternehmungen der deutschen Regierung sowie ihr 
uhmen fortwähr —W Bestreben herborgehoben, in allen Ländern Handels⸗ 
hosboten, die Umträger und sonsuln zu unterhalten, die dem deutschen Handel 
Die Exrpedition. berall neue Absatzwege verschaffen. Aus den nach⸗ 
solgenden Vergleichungen zwischen der Erzeugung 
und Ausfuhr Deutschlands und Frankreichs seien 
jolgenden Angaben erwähnt: Deutschland foͤrderte 
m Jahre 1885 mehr als 73 Millionen Tonnen 
Zzteinkohlen, Frankreich nicht ganz 20 Millionen; 
n Deutschland wurden 3,635,000 Tonnen Rohguß 
zu Eisen⸗ und Stahlerzeugung geliefert, in Frank⸗ 
reich kaum 162,900 Tonnen. Die Ausbeutt 
Deutschlands an Zink betrug 114,000 Tonnen, 
an Blei 73,000 Tonnen, an Kupfer 20,000 
Tonnen; Frankreich hat von jedem dieser Metalle 
aum einige Tausend Tonnen, diese aber noch zum 
zroößten Theil aus ausländischen Erzen erzeugt. 
Die Eisenbahnen Deuischlands haben eine Länge 
jon 837,000 Km., diejenigen Frankreichs gegen 
32,000 xm. Im Jahre 1884 wurden aus Deuisch⸗ 
and nach Frankreich Waaren für 449 Millionen 
Franks ausgeführt, in Deutschland aus Frankreich 
ingeführt für nur 330 Millionen. Nachdem in 
em Aufsatze noch das Bestreben der deutschen Re⸗ 
zierung, den Handelsderkehr durch den Ausbau der 
nöthigen Wasserstraßen zu foͤrdern, anerkennend be⸗ 
prochen worden, heißt es weiter: „Möge uns (den 
Franzosen) dies alles zur Lehre dienen. Halten 
vir das thatkräftige Vorgehen unserer Nachbarn im 
luge; aber zugleich müssen wit von unserer Regie⸗ 
ung verlangen, daß sie uns in ähnlicher Weise 
interstützt, wie Bismarck zur Hebung von Handel 
ind Gewerbe in Deutschland in jeder Weise thätig 
st. Unser Uuterrichtsminister hat kürzlich einen 
gebollmachtigten nach Deutschland gesandt, der die 
gewerbemuseen dieses Landes studiren soll; ebenso 
jat der Minister des Aeußern einen solchen gewählt, 
zer gewissermaßen als reisender Konsul andere Län⸗ 
der besuchen wird. Mögen die Berichte dieser beiden 
nicht todte Buchstaben bleiben und mögen unsere 
daufleute und Gewerbetreibenden sich ihre Mitthei⸗ 
ungen recht zu nutzen machen. Im Jahre 1876 
nuf der Aussiellung in Philadelphia hat der deutsche 
Regierungsvertreter selbst die deutschen Erzeugnisse 
ils „billig und schlecht“ bezeichnet; seit dieser Zeit 
iber ist Deutschland mit Riesenschritten vorwärts 
zeeilt; seine gewerblichen Erzeugnisse sind, bei fort 
vährend billigen Preisen, sehr vervollkommnet wor⸗ 
den und seine Ausfuhr wächst stetig, besonders aber 
hiejenige nach Frankreich. Möge uns diese Wahr⸗ 
iehmung zeigen, was uns zu thun noͤthig ist, um 
zruch bei uns für Handel und Gewerbe neuen Auf⸗ 
chwung zu schaffen. 
Deutsches Reich 
Berlin, 28. April. In liberalen parlamen⸗ 
nischen Kreisen wird es lebhaft bedauert, daß die 
—XV die neue Steuervorlage so große 
zurückhaltung und Schweigsamkeit beobachtet. 
Dhne Zweifel würde“ meinen die „Hamburger 
Jachrichten“, „der Reichstag rascher mit der Arbeit 
aciig werden koͤnnen, wenn die Vorlage schon vor 
hiederbeginn der Tagung dem Urtheil der sach⸗ 
estandigen Kreise und der oͤffentlichen Meinung 
merbreilet würde.“ Und auch die „National⸗ 
jherale Korrespondenz“ betont mit Recht, daß durch 
ie Geheimhaltung eine erfolgreiche Behandlung der 
Ungelegenheit nicht gerade erleichtert wird. 
Mit der Gesundheit des Reichskanz 
urs muß es sehr gut dehen, wenigstens unter⸗ 
nahm derfelbe am Samstag Nachmittag gegen 4 
lht einen laängeren Spazierritt in den frisch knos⸗ 
ynden Thiergarten. Seit langer Zeit wat es, so 
xemerlt hierzu die „Mgdb. Ztg.“, wieder das erste 
Nal, daß der Fürst im Sattel saß — das schöne 
frühlingswetter mochte ihn hinausgezogen haben. 
Zein Erscheinen erregte deim Publikum selbstver⸗ 
sandlich berechtigtes Aufsehen, fieht man ihn doch 
elien in der O⸗ffentlichkeit. In der Interims⸗ 
niform seines Kürassierregiments, auf dem Haupt⸗ 
zach hinten geschoben die weiße Mütze, deren Eigene 
zumlichkeit in einem besonders laugen Schirm 
xsteht, und vor den Augen mit den buschigen 
ztauen eine übermäßig große Brille, so saß die 
waltige Gestalt zu Pferde. Grau ist der nach 
mten gebogene, kurz gestutzte Schnurrbart, grau 
ad Haupthaar und tief gefurcht das Antlitz. Das 
toß, ein schwerer, starklnochiger Wallach von brauner 
horde mit eisengrauen Flecken, schien keiner beson⸗ 
sers edlen Race anzugebdren. Der Berliner Marstall 
xs Fursten ist bekauntlich höchst einfacher Natur. 
diewohl der Kanzler noch stramm im Sattel saß, 
sß ob die Last der Jahre ihn nicht beuge, 
merkte man doch beim Traben, daß 
im das Reiten ein ziemlich ungewohntes Ver⸗ 
nugen geworden ist. Große Strecken legte er 
enn auch in einfachem Schritt zurück und die 
deitgerte lag nachläsfig auf dem Nacken des Thieres. 
ven schlichten Reiter erkannte jedermann. Die 
orltze des Publikums erwiderte er in jener kurzen 
Deise, die ihm in solchen Fullen eigenihümlich ist. 
kin Reitknecht in unscheinbarster Livree auf einem 
heppen folgie. Bei solchen seltenen Spazierritten 
edorzugt der Furst gewöhnlich die westliche Grenze 
es Thiergartens, die Gegend am Neuen See und 
in Zoologischen Garten. Und auch dieses Mal 
—IR 
In der „France“ beschäftigt sich ein Aufsatz 
n L. Simonin, der seinerzeit Vertreter der fran⸗ 
dischen Regierung bei der Welt . Ausstellung in 
bdiladelphig war, mit Handel und Juduttrie 
Ausland. 
Wien, 29. April. Ein Telegramm des 
Korrespondenz ⸗Bureau“ aus Athen meldet, die 
riechische Regierung suche den Schritt des franzö⸗ 
ischen Gesaadten zu Gunsten ihrer chauvinistischen 
AUspirationen auszubeuten. — Graf Mouy soll nun 
on der französischen Regierung angewiesen sein, 
er griechischen Regierung den wahren Standpunkt 
Frankreichs klarzulegen, welches nicht gewillt sei, 
in die griechische Frage sich weiter hineinziehen zu 
lassen, als seine Beziehungen zu den übrigen Mäch⸗ 
sen und sein fester Wille, jede gesonderte Altion zu 
dermeiden, es zulassen. 
London, 30. April. Der deutsche Reichs⸗ 
anzler Fürst Bismarck hat den Mächten eine 
Blockade der griechischen Häfen vorgeschlagen für 
zen Fall, daß Griechenland es ablehne, dem Ulti⸗ 
natum der Mächte Folge zu leisften. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
— Die zweile Session des Schwurgerichts 
jei dem königl. Landgerichte Zweibrücken pro 1886 
beginnt Dienstag den 15. Juni. Als Borsitzender 
vurde Oberlandesgerichtsrath Kuhem aufgestellt. 
— Edenkeben, 28. April. (Gwi.) Heute 
Morgen gegen 5 Uhr wurde hier der 76 Jahre 
ilte Johann Thyson, beheimathet in Bergzabern, 
m Garten seines Schwiegersohnes als Leiche auf⸗ 
gefunden. 
— Speyer, 29. April. Professor Schwe⸗ 
ninger weilt seit gestern zum Besuche seines Bruders, 
der Hauptmann in dem hier garnisonierenden 2. 
Pionier⸗Bataillon isi, in unserer Stadt. 4 
Bermischtes. 
fF Oltenwald, 29. April. Gestern Nach⸗ 
mittag gegen 1 Uhr wurde der 24jährige Bergmann 
Peter Müller von hier in der hiefigen Grube von 
herabfallendem Gestein derart überschüttet und zer⸗ 
zuetscht, daß seine Aufnahme in das Knappschafts⸗ 
azareth erfolgen mußte. An seinem Aufkommen 
vird gezweifelt. . 1— 
7 Saarlouis, 28. April. Hartnäckige 
S„pieler. Mit welcher geradezu heroischen Konse⸗ 
suenz und wahrhaft stoischen Gleichgiltigkeit gegen 
ille Außeren Einwirkungen das Kartenspiel Manchen 
heseelen kann, bewiesen dieser Tage in einem un⸗ 
erer Nachbarorte drei würdige Jünger des edlen 
Stat. Sie fröhnten während des ganzen Nachmit⸗ 
ags dem Spiele. Sie werden nach Hause gerufen, 
s nutzt nichts, die Stunde zum Abendbrod ist 
jerangenaht, jedoch der Hunger muß dem Spiele 
veichen. Da auf einmal, als die Nacht ihren 
Schleier bereits auf die müde Erde gesenkt hat, 
iffnete sich die Thüre und herein traten — drei 
Frauen, mit je zwei Kindern auf den Armen, setzten 
ins nach dem andern auf den Spieltisch und gingen 
benso wortlos, wie sie gekommen, wieder von 
zannen. Schallendes Gelächter belohnte diese ent⸗ 
chlossene That. Die unermüdlichen Spieler aber 
ießen sich nicht vecblüffen, auf jedes Knie wurde 
nin Kind gesetzt und — weiter gespielt. Ob die 
ungen Erdenbürger sich das lange gefallen ließen, 
zonnten wir nicht in Erfahrung bringen — schreibt 
das „Saarl. Journal.“ 
F Fräulein Marie v. Hofmann, die Tochter 
des Staatsministers v. Hofmann in Straßburg, 
jat sich mit Dr. Justus Thiersch. Assistenzarzt an 
der medizinischen Klinik in Leipzig, einem Sohne 
des berühmten Mediziners daselbst und Enkel des 
hderühmten Philologen wie des berühmten Chemikers 
Justus v. Liebig. dessen Vornamen er trägt, verlobt. 
4 Mannheim, 28. April. Einige Anar⸗ 
histen, die aus der Schweiz abgereist sind und sich 
hierher begeben haben sollen, werden von der hie⸗ 
iigen Criminalpolizei gesucht. 
7 Frankfurt, 28. April. Heute Mittag 
12 Uhr sprang eine elegant gekleidete junge Dame 
yon dem Floß vor dem Leux'schen schwimmenden 
Boots3haus an der Untermainbrücke in den Main. 
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