2. Verkehr mit den Vereinsstaalen von Nord⸗
Amerika. Das Schatzamt zu Washington d. d.
b. Februar d. J. hat an die Zollbehörden eine
Verfügung gerichtet, wonach in Zukunft Waaren⸗
sendungen im Werthe von weniger als 50 Dollars
ohne Vorlegung einer legalisirten Faktura nach den
Vereinigten Staaten dann zugelassen werden sollen,
wenn die Zollbehörde davon überzeugt ist, daß der
Importer im guten Glauben gehandelt hat; und
daß die betr. Einfuhrwaaren nicht absichtlich getheilt
worden sind, um die Vorschriften wegen Legalisirung
der Falturen zu uugehea.
Ferner ist für dit Beglaubigung der Falturen
bei Sendungen im Werthe von 50 bis 1900 Dollars,
laut dingelangter Nachricht, eine Herabsetzung der
Konsulaisgebühren auf 50 Zents in Aussicht
genommen.
3. Verkehr mit Japan. Aus den Kreisen des
deutschen Handelsstandes in Yokohama wird mitge⸗
theilt,daß wegen vorschriftswidriger Ausführung von
Aufträͤgen (und Nichtbeochtung von Reklamationen)
— —
jchwerden in Japan laut geworden find, (z. B. daf
die deutschen Tuche häufig nicht das Maaß auf—
weisen, welches auf der Etiquette des Stückes auf⸗
gezeichnet steht ꝛc.) und es wird der Wunsch kund-
gegeben, daß jeder deutsche Fabrikant seine Sendungen
nach Japan sorgsam überwache, um der ausländischen
Konkurrenz nicht nachzustehen, sondern Vertrauen
zu erweckent ———
Näheres kann bei dem Vorsitzenden des deutschen
Handelsgewerbegremiums eingesehen werden.
— GWichtige Entscheidung für Kran⸗
tkenkassen): Eine für Mitgliedet von Orts—
Krankenkassen wichtige Entscheidung hai dieser Tage
das Landgericht in Darmstadt gefällt. Ohne daß
im Kranken⸗Versicherungsgesetz ausdrücklich die Be⸗
fugniß dazu gegeben ist, hat in allen Statuten der
Orts.Krankenkassen nach dem vom Bundesrath her⸗
ausgegebenen, Normal⸗Statut“ die Bestimmungç
Plaß gefunden, daß die Leistungen der Kasse (freie
ärztliche Behandlung, Arznei⸗Lieferung ebvent. Kran⸗
kengeld) nur gewährt werden, wenn die Behand⸗
lung durch den „Kasse⸗Arzt“ erfolgt. Ein Mitglied
der Darmstädier Orts-Krankenkasse für weibliche
Beschäftigungen hat nun auf Grund eines von
einem Privat⸗Arzt ausgestellten Erwerbsunfähigkeits-
Zeugnisses Krankenrente in Anspruch genommen,
wurde jedoch sowohl von der Kasse als auch von
der als Auffichtsbehörde angerufenen Bürgermeisterei
abgewiesen. Und diese Abweisung (weil die er⸗
krankte Personlichkeit nicht den Kasse-Arzt herbeizog)
hat jetzt durch das Landgericht rechtliche Sanktion
erhalten, indem dasselbe die nach Beschreitung des
Rechtsweges in erster Instanz vom Amtsgericht ge⸗
fällte Entscheidung auf Verurtheilung der Kasse zur
Bezahlung aufgehoben hat.
— Verkehrswesen. Voms. Mai ab wird
die Wortgebühr für Telegramme aus Deutschland
nach allen bedeutenderen Verkehrsorten in den Ver⸗
einigten Staaten von Amerika und Canada bei
der Beförderung über das deuische Kabel Emden⸗
Valentia von 1 Mk. 65 Pfg. bis auf Weitereß
auf 65 Pfg. ermäßigt. Gleichzeitig tritt für Tele⸗
gramme nach Mexiko, sowie nach Mittel⸗ und Süd⸗
Amerika ꝛc. eine entsprechende Ermäßigung der
bisherigen Wortgebühr ein.
— Vom Klingbach, 3. Mai. Zuberlässigen
Nachrichten zufolge soll dem Sekundärbahnkomitee
für das obere Klingbachthal die nachgesuchte Pro⸗
jektirungskonzession vom Staatsministerium des k.
Hauses und des Aeußeren ertheilt worden sein. Die
zur Bestreitung der Projektirungskosten nöthige
Summe von 1000 Mark ist jedoch nicht zusammen⸗
gebracht worden. C(and. Anz.)
— Speyer, 4. Mai. Im Laufe dieser
Woche soll dahier im Saal des „Peterskeller“ eint
allgemeine Volksversammlung stattfinden, in welcher
herr Dr. Bruno Schoͤnlank, Redakteur aus Mün⸗
chen, über „Erstrebung des allgemeinen direkten
Wahlrechts zum bayerischen Landtag“ sprechen will.
— Ludwigshafen. Dem kaatholischen
Fabrikrathe dahier wurden von der badischen Anilin-
und Sodafabrik gelegentlich des Abschlusses für das
Geschäftsjahr 1885 3000 Mark zur Erbauung
einer katholischen Kirche auf dem Hemshofe zur
Verfügung gestellt.
— Ogggersheim, 3. Mai. Dem hiesigen
Kloster stehen zwei Verluste hevor. Pater Cäsar
geht in den nächsten Wochen als deutscher Missionär
nach Konstantinopel und Pater Philipp, der in der
Pfarrei Boͤhl aushilft, it dem Vernehmen nach
—
als Pönitentiar nach St. Peter in Rom an Stelle
des an den Blattern verstorbenen Paters Ludwig
ernannt worden
Vermischtes.
F Eine für den gesammten Rechts⸗
schutz außerordentlich wichtige Entscheidung hat
der zweite Strafsenat des Reichsgerichts unterm
19. März 1886 gefällt. Danach ist jeder durch
eine Strafthat —X berechtigt, von jeder auch
nur zufällig bei Begehung der Strafthat als Augen-
zeuge anwesenden Person die Nennung ihres Namens
und der Adresse zu verlangen, um sich später auf
deren Zeugniß berufen zu können, und kann im
Weigerungsfalle die polizeiliche Sistirung des
Weigernden behufs Feststellung seiner Persönlichkeit
oeranlassen, falls die Gefahr dez Verlustes des
Beweismitiels durch Nichtermittelung begründet
erscheint.
frKreuznach. Kaiser Wilhelem hat für
das Sickingen⸗ Hutten⸗ Denkmal 500 Mk. geschenkt.
—7Kreuznach, 3. Mai. Ein „Zauberer“
„or Gericht. Das Schöffengericht in dem 142
Stunde entfernten Städtchen Stromberg hatte sich
n seiner letzten Sitzung mit einem Besenbinder zu
zeschäftigen, der einer dortigen kranken Frau vorge⸗
chwindelt hatte, sie durch seine Zauberkunste heilen
zu können, und, da er sich für seine schwarzkünst⸗
lerischen Experimente hatte bezahlen lassen, des Be⸗
rugs angeklagt war. Die Frau hatte, wie die
„Elbf. Zig.“ berichtet, bereits wiederholt vergebens
dei einem Arzte Heilung von ihren Leiden gesuchs
ind war daher nicht wenig erfreut, als sich der
jenannte Besenbinder einfand und ihr erklärte, sie
n kürzester Frist vollständig von ihren Leiden be—
reien zu können. Ein in seinem Besitzz befindliches
Buch aus Moses Zeiten, bemerkte der Mann gebe
ihm die Kraft hierzu, auch könne er durch dasselbe
das Gericht und alle sonstigen Leute, die ihm etwas
inhaben wollten, verwirren, das Geld des Millionärs
Purizelli von der benachbarten Rheinböllenhütte
holen ꝛc. Es war ein farbenprächtiges Buch, das
der Besenbinder nun aus seiner Tasche hervorholte,
und wohl schien es der Frau, als wenn demselben
eine wunderthätige Kraft innewohnen könne. Der
Besenbinder verlangte nun weiter nichts, als ein
Pfund Fleisch, das er für sein Experiment nöthig habe,
und ein Honorar von drei Mark für seine Dienste.
Nach langen Verhandlungen einigte man sich auf
ein Honorar von einer Mark, und nun wurde das
Pfund Fleisch, und zwar Schweinefleisch, geholt.
Mit feierlicher Miene warf der Zauberer das Fleisch
in den über dem Feuer befindlichen Kochtopf, blieb
dor demselben stehen bis es lustig darin brodelte,
nahm dann sein „Buch Moses“, und machte mit
demselben über dem Kochtopf einigen Hokuspokus,
im die „Geister herbeizurufen.“ Als das Fleisch
mmer mehr anschwoll, bemerkte der Zauberer zu
»em Manne der kranken Frau, daß es „jetzt komme“,
zaß jetzt „der Unrath ins Fleisch ziehe“. Alsdann
vurden Eier in das Feuer geworfen, Cigarren-
tummel unter die Dachrinne gelegt und endlich die
lMark in der Nähe des Hauses vergraben. Dem
Manne der Frau wurde bedeutet, daß er nicht an
das Geld gehen dürfe, da sonst,Alles nichts nutze.“
Unter Mitnahme des Fleisches, das er unterwegs
n einen Bach warf, empfahl sich sodann der
Zauberer, einen ganz bestimmten Erfolg seiner Kur
derheißend. Der Erfolg blieb aber aus, die
Schmerzen der Frau nahmen eher zu als ab, so
daß fie sich genöthigt sah, doch wieder zum Arzt
zu gehen. Der Zauberer aber wurde vor das
Schöffengericht gezogen, wo die wunderthätige,
en Geist der Richter verwirrende Kraft seines Buches
ebenfalls versagte, so daß er wegen Betrugs zu einer
14tägigen Gefängnißstrafe verurtheilt wurde.
FFrankfurt a. M. 5. Mai. Gestern
Nacht erschoß sich hier ein Schuhmacher C. Frommer
aus Stuttgart; die Leiche fiel in den Main. Bei
Bergung derselben fand die Polizei in unmittel⸗
barer Nähe neunzig Dynamitpatronen, deren Be⸗
stimmung ebenso wie der Grund des Selbstmordes
unaufgeklart ist. am
Die Burschenschafte, Allemania“ zu Frei⸗
burg im Breisgau bewahrt als kostbaren Schatz
ein Autograph J. V. von Scheffel's, das unseres
Wissens noch nicht bekannt ist. Es lautet:
Nicht rasten und nicht rosten,
Schönheit und Weisheit kosten
* Durst löschen, wenn er brennt, *
Die Sorgen vertreiben mit Scherzen,
Wer's kann, der bleibt im Herzen
Zeitlebens ein Student“
fAus Württemberg, 4. Mai. B
dem vorgestern in Cannstadt abgehaltenen —*
hat sich ein Unfall ereignet, indem das Pferd *
Dragoneroffiziers über das den Rennkreis um
pannende Seil setzte und unter das Publitum
sprang. Ein älterer Maun und zwei junge Men
chen wurden durch das Thier verletzt. — Schlimm⸗
Nachrichten kommen aus dem Lande, da die letzlen
Nachtfröste einen erheblichen Schaden angerichlet
haben. Waren schon die niedergelegenen Wein berg
vom Frost geschädigt, so sind in verflossener Naqht
auch höhere Lagen erfroren. Auch die Kirschen um
sonstige Obstarten haben gelitten. Besonders groß
soll der Schaden in den Weinbergen von Vaihingen
an der Ens und von Emingen sein.
F Töolz, 4. Mai In der vergangenen Nach
hJat es hier geschneit, der Schnee liegt fußhoch
diele Wege sind verweht, das Thermometet geigt
12 Grad () Kälte.
F Aus Hirschberg in Schlesien wird der
„Schles. Ztg.“ unter dem 1. ds. Mis geschrieben
Wahrend eines der letzten starken Gewitter ist von
einem Hause in der Wilhelmstraße auch das seltene
Phänomen eines Kugelblitzes beobachtet worden.
Fine blendende Feuerkugel (von der Größe einet
nittleren Kegelkugel) zog in flachem Bogen quer
durch die Wilhelmstraße, wenig höher als die Tele.
graphendrähte, und senkte sich mitten auf einem
Baumplatze an der Ecke der Wilhelm; und der
Inspektorstraße zur Erde herab, erhob sich aber sofort
unter schwachem Geknatter wieder und flog in einem
mächtigen Bogen über die Häuser hinweg. Hinter
dem Gymnasialgebaude verschwand die Feuerkugel.
F Görlhitz, 4. Mai. Ein Prozeß, der für
die Geschäftswelt von nicht geringem Juteresse sein
dürfte, ist hier am Schöffengerichte in erster Inftanz
zum Austrag gebracht worden. Ein hiesiger Kauf⸗
mann annoncirte „echte Brüsseler Teppiche für zehn
Mart“. Ein Exemplar davon wurde von dem
ommis eines Konkurrenten dem Kaufmann abge⸗
dauft. Der Konkurrent denuncirte, und der Ver—
äufer des Teppichs wurde vom Gericht des Be—
truges schuldig erklärt und ihm eine Geldstrafe von
100 Mark auferlegt. Der Preis der Waare war
angemessen; aber der Teppich war kein echter Brüsseler,
überhaupt kein wollener. Und in der falschen An⸗
Zreisung des unechten Stoffes als eines echten fand
der Gerichtshof den Thatbestand eines Betrugs.
Der Verurtheilte wird versuchen, die Angelegenheit
oor den höheren Instanzen zur Verhandlung zu
bringen. Alle Diejenigen, welche unechte Waaren
als echte empfehlen, mögen sich fortan in Acht
nehmen; auch wenn sie ihre Kunden bei der Preis⸗
feststellung nicht übers Ohr hauen, können sie doch
schon wegen der falschen Angabe über die Provenien;
der Waare als Betrüger bestraft werden.
F Altona, 30. April. Auf Leben und Tod
ging ein Ritt, den vorgestern der Adjutant Frhr.
don Ompteda I. machte. Derselbe hielt bei'm Diebs⸗
teich vor der Front, als sein Pferd vor der daher⸗
brausenden Lokomotive des Flenzberger Zuges scheu
wurde. Vergeblich suchte der Reiter Herr des
Thieres zu bleiben. Dasselbe riß die Candare ab
und ging durch. Ueber die Einfriedigung, welche
die Bahn abgrenzt, setzte das Pferd hinweg, blieb
aber mit den Hinterbeinen hängen, und Pferd,
Decke und Reiter brach zusammen. Bei dem Sturz
platzten glücklicherweise beide Sattelgurten. Das
Pferd sprang sofort wieder auf und eilte dem
Zuge voraus nach dem Ottenser Güterbahnhof, wo
es eingefangen wurde. Der Lieutenant lag über
dem rechten Schienengeleise, und keine 12 Zoll breit
von seinem Kopf ging der Zug vorbei. Die ganze
Angelegenheit berlief indeß so günstig, daß der Ge⸗
ftürzte nur einige leichte Hautabschürfungen da⸗
—R
7 —Berlin, 1. Mai. Das ‚Berl. Tagebl.
erzählt: Des Kindes Engel. In dem Hause Palli⸗
sadenstraße 835 befindet sich in den naq der Straße
hinausgehenden Kellerräumen ein kkleines Kolonial⸗
waarengeschaft. Die Befitzerin dieses war gestetn
Morgen in der zehnten Stunde eben damit be⸗
schafügt, die zu ihrer Ladenthür emporfuührende
leine Treppe zu scheuern, als fie plötzlich das
Alirren einer Fensierscheibe hoͤrte und zuͤr Seite
dlickend gewahrte, daß ein kleiner stnabe mit dem
Wopf durch ihr Kellerfenster geschossen war und
blutuberstrͤmt und regungslos auf dem Waaren ⸗
regal, das sich dicht unter dem Fenster befindet,
liegen blieb. Sie eilte hinzu, und hod den ber⸗