Full text: St. Ingberter Anzeiger

8. In hert ey Ameisler 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingber. 
* Jugberter Anzeiger“ erscheint wbchenilich fünfmalr Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sountag: 2mal wochentlich mit Unterhaltungt⸗ 
—ã nit Sfeitiger Uiustrirter Beilage. Das Blatt koftet vierteljahrlich 1A 60 ¶ einschlieklich Tragerlohn; durch die Bost bezogen 14 75 4, einschließliq 
ngagebahe. Die Einrückungsgebnihr far die 48espaltene Sarmondzelle oder deren Raum betrust bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bel außerpfülzischen und solche 
auf welche die Eebllion UAnatkunft eriheilt, 13 4, Neclamen 30 . Beil 4m0liger EinreSung wird nur dreimalige berechnet. 
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91.— 
Dienstag, 11. Mai 1886. — 
. X 
Deutsches Reich 
Kaiserslautern, 9. Mai. Die heute in 
zandstuhl abgehaltene nationalliberale Versamm- 
ung war sehr zahlreich besucht. Neichstagsabge⸗ 
dneter Buhl entwickelte in einem einstündigen 
hortrag seine Ansichten über die neue Brannwein⸗ 
jeuer, zu welcher sich derselbe sehr reservirt aus⸗ 
prach, sowie über die Zuckersteuer und begründete 
ine Abstimmung über das Sozialistengesetz; schließ⸗ 
ich legte derselbe die Durchführbarkeit der Unfall⸗ 
ersicherung dar. Falls die Branntweinsteuer-Vor⸗ 
age Gesetz wird, befürwortet Buhl die Errichtung 
er Rekufikationsanstalt für die Westpfalz mit 
Ztaatsunterstützung. Die Zuckersteuer werde nun 
ine momentane Steigerung, nicht aber eine dauernd 
ichere bewirken. Die Unfallversicherung für die 
fulzische Landwirthschaft werde dem Landrath über—⸗ 
ragen und die Beiträge durch Grundsteuerzuschläge 
rxhoben werden werden. 
München, 8. Mai. Die Klagen gegen die 
Kabinetskasse sind sämmtlich auf den 26. Juni 
eriagt worden. — Die auf vergangenen Mitt⸗ 
voch angesetzte, dann aber abgesagte Separat⸗ 
zorsiellung wird nun in der nächsten Woche statt⸗ 
inden. 
Muͤnchen, 10. Mai. Der Kaiser von Oesterreich 
oll geneigt sein, dem Könige das Schloß Herren⸗ 
hiemsee abzukaufen, dessen Errichtung ja Millionen 
ebostet hat, dessen Besitz jedoch dem kunstsinnigen 
oönige auch besonders am Herzen liegen dürfte. 
gzs wäre dies eine neue Möoglichkeit, die Lage der 
onigl. Kabinetskasse mit einem Male aufzubessern. 
Munchen, 10. Mai. Die Königin Isabella 
von Spanien ist zu längerm Aufenthalt heute hier 
ingetroffen. U 
Berlin, 8. Mai. Die Bundesrathsausschüsse 
jerathen die Brannweinvorlage in zwei Lesungen. 
die erste begann heute, die zweite dürfte am Diens⸗ 
ag stattfinden. Das Bundesrathsplenum wird am 
Donnerstag berathen und die Vorlage am Samstag an 
)en Reichstag gelangen. Ueber die Regelung des 
berhältnisses der süddeutschen Staaten dürfte noch 
erhandeli werden. Aeußerlich verlautet, Württem- 
zerg und Baden seien geneigt, das geplante Gesetz 
hei sich einzuführen. — Trotz der bedrohlichen 
Wendung in der Griechenfrage halten Manche noch 
wmer an der Moglichkeit einer friedlichen Lösung 
iest. Die Börse schloß beruhigt. 47 
Die „Union“ ineldet, daß der Papft dem 
FX Wilhelm ein Gegengeschenk machen 
nerde. 
Berlin, 9. Mai. Se. Maj. der Kaiser 
wbeitete im Laufe des heutigen Vormittags zunächf 
nehrere Stunden allein, nahm den Vortrag des 
Oberhof⸗ und Hausmarschalls Grafen Perponcher 
migegen und ertheilte Audienzen. Nachmittag? 
Fegab sich der Kaiser, vom General-Adjutanten, 
henerallieutenant Fürsten Anton von Radziwill 
ꝛegleitet, nach Charloitenburg, um auf der dortigen 
dennbahn dem Pferderrennen beizuwohnen. Nachk 
er Rückkehr von dieser Ausfahrt fand um 5 Uhr 
mm Königlichen Palais eine kleinere Familientafel 
iatt. — Gerüchiweise wird gemeldet, die Verlob⸗ 
ung der am 12. April 1866 geborenen Prinzessin 
bikloria von Preußen, zweiten Tochter des deut⸗ 
schen Kronprinzen, mit dem am 19. August 1886 
deborenen Prinzen Friedrich von Anhalt, der durch 
den am 2. Februar erfoigten Tod seines älteren 
Vruders Erbprinz von Anhalt geworden ist, steh 
unmittelhbar hepor 
Dem Vernehmen nach ist der neue Plan der 
preußischen Klassenlotterie nunmehr fest⸗ 
gestellt und dürfte demnächst auch bekannt werden. 
die Bewerbungen um Einnehmerstellen waren un⸗ 
Jjewöhnlich groß und in gar keinem Verhältniß zu 
den anzustellenden Einnehmern. Die Anweisung 
derselben ist in keiner Weise geändert. Jeder hat 
außer dem Geschäftsnachweis noch 9000 Mark 
Bürgschaft zu hinterlegen? und die Bestallung kann 
ederzeit ohne Verfahren entzogen werden. 
Braunschweig, 9. Mai. Der Regent Prinz 
Albrecht verlieh dem preußischen Kriegsminist er 
Bronsart von Schellendorff und dem Generallieute⸗ 
aant von Heuduck in Straßburg das Großkreuz 
mit Schweriern des Ordens Heinrichs des Löwen. 
Ausland. 
Wien, 9. Mai. Die Blokade der griechischen 
däfen wird in diplomatischen Kreisen „blokus 
pacifique“ genannt; den neutralen Mächten wurde 
die Note noch nicht notifizirt, weil dieselbe lediglich 
gegen griechische Schiffe gerichtet ist. Die Instruk⸗ 
ionen der großmächtlichen Schiffkommandanten be⸗ 
agen, daß die Blockade jedwede griechische Vorbe⸗ 
ceitung kriegerischer Natur unbedingt verhindern 
aber den Handelsverkehr friedlicher Nationen und 
die kommerziellen Interessen Eurovas sorgfältig be⸗ 
chirmen soll. 
Bukarest, . Mai. Das Amisblalit ver⸗ 
zffentlicht die Ernennung des bisherigen Gesandten 
in Konstantinopel, Ghika, zum Gesandten in Pe⸗ 
ersburg, an Stelle des bisherigen Gesandten 
Creßulesco. Als Gesandter nach Konstantinope' 
geht der frühere Gesandte in Paris Balatchano. 
„Dem Pariser Temps“ zufolge hat die bel— 
zische Regierung dem „Norddeutschen Lloyd“ 
in Bremen, der bekanntlich seine subventionierten 
Dampfer in Antwerpen anlaufen läßt, eine Sub⸗ 
bention von 80,000 Fr. zugesagt. Nach der 
donvention, welche die Regierung bereits der 
ꝛammer vorgelegt hat, sollen sämmtliche Dampfer 
der Gesellschaft, die nach Ostasien und Australien 
zehen, bei der Hin⸗ und Rückfahrt in Antwerpen 
ankehren. Den Schiffen sind außerdem die Hafen⸗ 
und sonstigen Gebühren erlassen. Der Vertrag ist 
auf ein Jahr geschlossen; das erste Schiff soll am 
30. Juni von Bremerhafen abgehen. 
Da die Versammlung der Streiklenden in De⸗ 
razeville die letzten Vorschläge der Direktion 
nahezu einstimmig verworfen hat, soll, wie der 
„Fkf. Ztg.“ aus Paris telegraphirt wird, die Di⸗ 
rektion entschlossen sein, Arbeiter anderer Bergwerke 
zu engagieren. Die Delegierten der Minenarbeiter 
wiesen die Ansprüche der durch Streik arbeitslos 
gewordenen Metallarbeiter auf Antheil an Unter⸗ 
ftützungen zurüukfe. 
Madrid, 9. Mai. In dem Prozeß wegen 
des Angriffs auf die deutsche Gesandtschaft am 4. 
September vorigen Jahres wurde einerr der An⸗ 
stifter zu einem Jahre Gefängniß verurtheilt. Der 
Dffizier, welchem die Ueberwachung des Gesandt⸗ 
schaflshotels übertragen war, wurde freigesprochen. 
London, 10. Mai. Aus Aihen wird ge⸗ 
meldet, daß der König die Entlassung des Mini⸗ 
steriums Delyannis angenommen und Rikakis mil 
der Bildung eines neuen Kabinets beauftragt hat. 
Petersburg, 9. Mai. Der Kriegsminister 
ist nach Livadia abgereist. * . 
Athen, 10. Mai. Auf ein Schreiben des 
Qtznias. welches die Demission des Kabineis ab⸗ 
lehnt, weil dasselbe für die Lage verantwortlich sei, 
antwortete Delyannis, er müsse seine Demission 
aufrecht halten. Das Interesse des Landes fördere 
rasche Lösung der Schwierigkeiten. Die Abrüstung 
könne das Kabinet nicht vornehmen, ohne das An⸗ 
sehen des Landes zu gefährden. Eine große Volks⸗ 
versammlung beschloß am Sonntag eine Resolution 
für die Verstärkung der Armee, indem sie gleich⸗ 
zeitig die Abreise des Königs nach Larissa verlangte 
und gegen Prikupis demonstrierte, den sie einen 
Verraäther nannte. 
Athen, 10. Mai. Auf die von der Volks— 
dersammlung angenommene Resolution erwi⸗ 
derte Delyannis, die Kriegsfrage sei keine 
Sache der Pariei, sie könne nicht durch parlamen⸗ 
arische Majoritäten oder Minoritäten gelöst werden, 
sondern nur durch die Einmüthigkeit der Nation. 
Angesichts der von den Mächten diktirten Beding— 
ungen müsse derjenige, der die Verantwortlichkeit 
für den Krieg übernehmen solle, fest überzeugt sein, 
daß das Volk unerschütterlich entschlossen sei, Krieg 
zu führen. Wenn das Ministerium unter jenen 
Bedingungen gezwungen werden solle, die Entwaff⸗ 
nung zu unterzeichnen, so werde er das wenigstenl 
nicht thun, weil die ganze Frage dann nicht einen 
nationalen Charakter, sondern das Ansehen einer 
Intrigue gewinnen würde. 
Eokale und pfalzische Nachrichten. 
St. Ingbert, 11. Mai. Ein zwölf— 
ähriger Knabe von hier, der sich am verflossenen 
Sonntag dem Kriegerverein auf dessen Ausflug an— 
geschlossen hatte, mußte sein Vergnügen theuer 
bezahlen. Er hatte nämlich unterwegs das Unglück 
zu Boden zu fallen und dadurch den Ärm zu brechen. 
— Zur vollstündigen Deckung der pro 1888 
erwachsenen Brandschädend ist ein Betrag 
bon 15 Pfg. von Mk. 100 Versicherungskapital 
erforderlich. Hierauf ist ein Vorschuß von 10 Pfg. 
erhoben, weßhalb nur der Rest mit 5 Pfg. naqh⸗ 
erhoben wird. Gleichzeitig wird ein Vorschuß mi 
10 Pfg. pro 1886 erhoben. 
— Limbach, 10. Mai. Der immer mehr 
zunehmende Absatz von Steinkohlen zu Grube 
Frankenholz macht den Bau einer Drahtseilbahn 
nach Bahnhof Mittelbexbach nothwendig. Die 
Grubendirektion hat deßhalb bereits die nöthigen 
Schritte gethan, um dazu die hier vorgeschriebene 
Benehmigung des kal. Stagatsministeriums ju 
ꝛrlangen. 
— Kaiserslautern. Im Konkurz Möser 
kommt am 20. d. Mts. das von demselben be— 
wohnte Haus in der Eisenbahnstraße, das auf 
60.000 Mi. gewerthet ist, zur Versieigerung. 
— Deidesheim, 7. Mai. Nach den Oster⸗ 
feiertagen wurden die Bohrarheiten am Wasser⸗ 
leitungsschachte im Gemminger wieder begonnen und 
wird heute oder morgen die Tiefe von 40 Meiler 
erreicht sein. Wasser resp. eine Quelle ist noch nicht 
gefunden und wird wohl auch bis zu oben bezeich. 
neter Tiefe nicht gfunden werden. So wären denn 
so einige Tausend Mark in den Wind geworfen 
und Herr Beraz hat sich dahier gerade kein rühm⸗ 
liches Denkmal gesetzt. Wie wir dor einigen Tagen 
in den Münchener „Neuesten Nachrichten“ lasen, 
ging es ihm in einer Gemeinde bei Amberg auch 
nicht viel besser als hier, wo die betreffende Gemeinde 
ebenfalls vergeblich nach Wasser sucht und bereit⸗ 
auch schon einige Tousend Mark verbobrt hat Wo⸗