Full text: St. Ingberter Anzeiger

Falsifikate kenntlich sind. Außerdem zirkuliren falsche 
Reichsbanknoten zu 100 Mtk. Erkennungszeichen 
find: 1. die Buchstaben der Strafandrohung unter 
dem rothen Kontrollstempel sind etwas zusammen⸗ 
gedrängt und größer als auf dem echten Scheine. 
Die blaue Färbung der Vorders und Rüdeite 
ist heller. — 2. Die am obern Rande der Kehr⸗ 
seite eingedruckten Ziffern sind größer als bei den 
echten Noten und braunroth statt hellroth. — Die 
Farge der Banknoten ist fast immer weißlichgrau 
fiatt hellblau. — 3. Das Wafferzeichen fehlt den 
falschen Noten und der Druck der Strafandrohung 
auf der Vorderseite ist schlecht, auch der des Adlers 
undeutlich. — Die Nummern der falschen Noten 
sind nicht gleichlautend, sondern verschieden. — Die 
rothen Nummern auf der Rüchseite sind nicht auf— 
gedruckt, sondern vermittelst eines Pinsels aufge⸗- 
duscht. — 4. Die Ausführung der Schraffirungen, 
Muster und Reliefs ist ungenau. — Der obere 
Kreiszierstrich in dem „H' bei dem Worte „Hun- 
dert““ ist beinahe zirkelrund, während er sich auf 
den echten Noten oval darstelli. Das „R“ in dem 
„Reichsbank“ ist auf den nachgemachten Scheinen 
nehr breit als hoch. Der Aufstrich vom „v“ zum 
„Kerin dem Namen „v. Koenen“ ist auf den 
jalschen Noten nach außen, also konkav, auf den 
echten aber nach innen, also konver gebogen. 
— Aus der Pfalz wird der „FIrs. Ztg. 
geschrieben: Abgeordneter Buhl und die Brannt 
weinbesteuerung. Am Sonntag sprach sich Reichs⸗ 
tagsabgeordneter Buhl, welcher bekanntlich der Mo— 
nopolkommission angehört hat, in Landstuhl vor 
seinen Wählern auch über die Frage der Brannt- 
weinbesteuerung aus. Herr Buhl bedauerte zunächst, 
daß die Regierung sich in ihrem Monopolplan nich 
auf den Ankauf des Rohspiritus und dessen Rekti⸗ 
fikation beschränkt hätte. Ein solcher Plan hätte 
vielleicht mildere Beurtheilung erfahren. Herr Buhl 
meinte alsdann unter der Heiterkeit seiner Zuhörer, 
daß bekannte preußische Vorgänge in neuester Zeit 
dazu beigetragen haben würden, die Herren vom 
Cenirum Steuerbewilligungen wieder geneigter zu 
machen. Ueber die Konsumsteuern sprach sich Herr 
Buhl gar nicht aus. In Bezug auf die Maisch— 
raumsteuer meinte er, daß man suchen müsse, die 
Verminderung der Produktion auf die ganz großen 
Brennereien hinüberzuziehen, hingegen ihnen die 
Ausfuhr zu erleichtern, nur nicht so, daß die Reichs- 
finanzen dabei in unerträglicher Weise geschädigt 
würden. Sehr schwierig sei, über die Frage der 
Ausfuhrvergütung und der Kontingentirung das 
letzte Wort zu sprechen. Die mit dem Zucker ge⸗ 
machten Erfahrungen mahnten zur außerordentlichen 
Vorsicht. Abgeordneter Buhl sprach sich dann für 
die Beibehaltung der Maischraumsteuer und eint 
Steuerstala hierbei nach dem bayerischen Muster 
aus. Der Haupttheil seiner Rede aber gipfelte 
in dem Vorschlag, mit Staatsunterstützungen eine 
Rektifikationsanstalt im Westrich einzurichten. Denn 
wenn der Branntwein nur in gereinigtem Zustand 
zum Genuß gelangen dürfte, so würde man unseren 
süddeutschen Brennereien, sofern eben das Gesetz in 
Bayern eingeführt wird, nicht zumuthen können, 
sich dann einen theueren Reinigungsapparat selbsi 
anzuschaffen. 
— In der Sitzung der Strafkammer des kgl. 
Landgerichts Landau vom 11. Mai wurde der 
24 Jahre alte Hilfspostbote St. Fusch s von Hoͤrdt 
wegen Urkundenfälschung, Vergehen im Amte 
und Betrug, begangen durch Unterschlagung von 
Postanweisungsbeträgen, Falschung von Postscheinen, 
Unierschlagung von Bestellgebühren, sowie ihm über— 
gebener Portobeträge und Unterdrückung und Be— 
seitigung von Briefen und Packeten zu einer Ge— 
fängnißstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten und 
in die Kosten verurtheilt. 
— Neustadter Thal, 11. Mai. Ge— 
legenilich eines Ausfluges in's Elmsteiner Thal 
traten wir am letzten Sonntag nach mehrstündiger 
Wanderung in das am Breitensteiner Hof gelegene 
Forsihaus, um uns zu restauriren. Wie groß war 
unser Erstaunen, als wir erfuhren, daß der im Hause 
lebende Vater unseres Forstmannes bis nächsten 
24. Mai seinen 97. Geburtstag feiert. Der alte 
ehrwürdige Herr ist am 24. Mai 1789 in St. 
Martin geboren, mußte 1809 zu Straßburg in's 
8. Husarenregiment eintceten, imachte dann später 
den russischen Feldzug mit, wurde in der blutigen 
Schlacht bei Smoleusk, 17. August 1812, ver— 
wundei und ihm das Pferd unter dem Leibe er⸗ 
schossen. Nach unsäglichen Leiden kam er, nur 
nothdürftig geheilt, über die Grenze und machte 
elbst wieder die Schlacht bei Grokbeeren mit, ge— 
rieth aber im Gefecht bei Jüterbogk in preußische 
HBefangenschaft. Erst 1814 wurde er in Metz mit 
Abschied entlassen — ohne Pension. Nicht einmal 
sein rückständiger Sold wurde ihm ausbezahlt, da 
er auf jenem jammervollen Rückzuge aus Rußland 
sein „Soldheft“, das ihm als Beleg dienen sollte. 
berloren hatte. Nach seiner Rückkehr wurde er in 
einem Heimatsorte St. Martin von 1821 bis 
1866, also 45 Jahre lang, Waldaufseher und dann 
vegen Altersschwäche einfach entlassen — ebenfalle 
ohne alle Pension. Unser Greis war dreimal ver— 
Jeirathet. Sein jüngster Sohn, Herr Joh. Fischer 
wurde in genanntem Forsthause sein Nachfolger 
bei welchem der hochbetagte Held, seit 1881 Witt 
wer, sich der liebevollsten und sorgfältigsten Pflege 
erfreut. Anser Veteran ist allerdings sehr gebrochen 
ein Gehör ist fast ganz geschwunden, ohne Stod 
uind Führer kann er sich kaum mehr fortbewegen. 
Wiederholte Gesuche um eine Pension wurden stet 
ibgewiesen. (Pf. Pr.) 
— Die vor einigen Tagen in Otterstad 
geländete männliche Leiche wurde als die des Pri- 
jatmannes Michael Lippert don Germersheim er⸗ 
annt. Dieser schon seit Jahren Gemüthskranke 
Mannn verließ am verflossenen Gründonnerstag 
r Wohnung und fand im Rheine seine nasses 
rab. 
— Speyer, 11. Mai. Der „Bad. Ldztg. 
vird aus Philippsburg geschrieben: Auf der gegen⸗ 
iberliegenden Rheinseite finden seit einigen Tagen 
zurch die Ingenieure des bayer. Flußbauamtes zu 
S„peher die Vermessungen und Absteckungen des 
Straßburg-Ludwigshafener Kanals statt. Von 
Straßburg bis Germersheim herab ist die Linie 
wertig abgesteckt unter Einhaltung der direktesten 
Rheinlinie. Von den mehrfachen Projekten sol 
jerade dies die aussichtsvollste und billigste Linie 
ein mit Ausmündung oberhalb Speyer, bis wohin 
der Rhein ebenfalls das ganze Jahr schiffbar ist 
Der Kanal einschließlich Leinpfad, wird in einer 
Breite von 72 Meter projektirt und soll ein un 
—DDD 
Wasserbett erhalten. Von Wörth bis Sondernheim 
ind die vielfachen Schlutern und abgedämmten 
Altbette des Rheines verwendet. Der Kanal soll 
ür die größten Rheinschleppkähne fahrbar hergestell 
verden. Abgesehen von der Kürze der Entfernung 
jat der beschriebene Plan noch zwei weitere große 
vortheile, die Billigkeit der Gelände der Rhein— 
niederung, die meistens staatliches Eigenthum sind 
ind die Ueberschreitung der zahlreichen ausmünden⸗ 
den Bäche an ihrer niedrigsten Stelle, wodurch 
eines der daran gelegenen industriellen Etablisse— 
nents abgefunden oder abgelöst zu werden braucht. 
Vermischtes. 
Voneiner orthographischen Einig; 
keist sind wir im einigen Deutschland doch recht 
wveit entfernt. Die „Zeitung des Vereins 
deutscher Eisenbahnverwaltungen“ bezeichnet es 
vieder einmal als sehr wünschenswerth für die 
Fisenbahnen, sich über eine einheitliche Schreib⸗ 
weise zu einigen. Die Eisenbahnsprache hat manche 
solche Worte aufzuweisen, welche überaus häufig 
gebraucht werden und deren verschiedenartiges Aus⸗ 
ehen in Fahrplänen, Plakaten oder sonstigen 
imtlichen Drucksachen und Schriftstücken oft, und 
nsbesondere auch bei dem Uebertritte aus einem 
Fisenbahnbezirke in den anderen, eigenthümlich be⸗ 
rührt. Beispielsweise findet man folgende Schreib⸗ 
arien: Courierzug, Courirzug, Curirzug, Kourier⸗ 
zug, Kourirzug, Kurierzug, Kurirzug; Coupé, 
Foupee, Koups, Koupee und in neuerer Zeit auch 
Zupeé, Cours, Curs, Kours, Kurs; Retourbillet 
Returbillet u. s. w. 
Wie alljährlich im Frühjahr findet auch 
augenblicklich af den Saarbrücker Gru« 
hen die General-Befahrung statt. Wie man hört, 
wird dieselbe unter dem Vorsitz des Geheimen 
vortragenden Raths Herrn Freund von Berlin und 
unter Assistenz des Berghauptmanns Herrn Dr. 
Brassert von Bonn und des Geheimen Bergraths 
ind Vorsitzenden der Saarbrücker Bergwerks⸗Di⸗ 
cektion Herrn Eilert von Saarbrücken abgehalten. 
Der Anfang wurde am Mittwoch in Heinizz ge— 
nacht, gestern Donnerstag wurde die Befahrung 
in Mallstatt⸗Burbach fortgesetzt und heute Freitag 
wird dieselbe auf Grube Reden vorgenommen. 
In Mannheim hat sich ein junges Lie— 
hespärchen (er 19. sie 17 Jahre ali) das Leben 
genommen, weil die Eltern der Jugend wegen di 
Zeirath verweigerten. 
F In einem Masimzex Hotel zu sterben, kan— 
sehr kostspielig sen. Ein Mann aus Ulm Buh 
händler) starb an einem Schlaganfall; der Wirh 
flellie den Angehörigen des Verschiedenen ein 
Rechnung über 1183 Mark. 
Geheimrath von Langbech, der 
Nestor der Operation und Chiurgie, welcher sen 
einiger Zeit an dem grauen Star des einen Au. 
ges erkrankt war ließ vor wenigen Tagen durg 
Dr. Herrmann Pagenstecher in Wiesbaden ein 
vorbereitende Operation vornehmen. Dieselbe, sowi⸗ 
die Heilung verliefen ausgezeichnet, so daß die 
endgiltige Operation den besten Erfolg versprich 
Heidelberg, 10. Mai. Unserer Siad 
tteht aus Anlaß des Jubiläums eine besondere Ehre 
»evor, da sowehl der deutsche Kaiser als auch der 
ronprinz des deutschen Reiches ihren Besuch zu⸗ 
gesagt haben, falls es der Gesundtheitszustand dee 
iseclichen Herrn erlaubt. Auch der Großherzos 
zat im Laufe der vergangenen Woche einer siadt 
räthlichen Deputation zugesagt, beim Feste zu er 
scheinen und es wird für die sämmtlichen hohen 
Herrschaften auf dem Bismarchplatz vis-a-vis dem 
Darmstädter Hof ein besonderer Fürstenpavillon er— 
baut, um den Festzug defiliren zu lassen. Auch 
die Prinzen des Großherzoglichen Hauses haben der 
stadträthlichen Abordnung eine zusagende Antwort 
ertheilt. 
F Die Frequenz der Universität in Heidel— 
berg wird im Jubiläumssemester eine außeror— 
dentlich starke werden. Für die vorige Woche vot⸗ 
genommene erste Immatrikulation lagen 303 Neu— 
anmeldungen Studirender vor. 
Vom Unterrhein, 11. Mai, wird ge⸗ 
schrieben: Die große diesjährige Fahrt amerikan 
ischer Sänger nach Deutschland wird am 10. Jun 
von Newyork aus mit dem Dampfer „Westphalia“ 
vor sich gehen, und es werden sich an ihr viele 
amerikanische Gesangvereine, insbesondere auch von 
Newyork betheiligen. Der Fahrpreis in erster Ka— 
jüte beträgt für Hin- und Herreise nur 100 Dollar. 
Die Sänger beabsichtigen, am 4. Juli in Frank 
zurt a. M., jedenfalls im Verein mit den Sängern 
Frankfurts und der Umgegend einen schönen groß— 
artigen National⸗Sängertag zu feiern und dadurch 
zleichsam der Liebe zum alten deutschen Vaterlande 
und dem Gefühle der Zusammengehörigkeit im 
deutschen Liede Ausdruck zu geben. Svpäöter sol 
dann eine gemeinschaftliche Tour durch Europo 
unternommen werden. 
fePreisausschreiben. Der Mittel⸗ 
deutsche Kunstgewerbe⸗Verein beabsichtigt in den 
Monaten Juni bis September 1886 in seinen 
Ausstellungsräumen zu Frankfurt a. M. eine Aus— 
stellung nebst Preisbewerbung von Arbeiten deko⸗ 
rativer Holz-Skulptur zu veranstalten. Es wird 
damit die Äbsicht verfolgt, das Interresse für die 
Anwendung der Holzschnißkunst in der Innendelo⸗ 
ration des Hauses zu beleben und tüchtigen, auf 
diesm Gebiete thätigen Kräften Gelegenheit zi 
weiterer Anerkennung ihrer Leistungen zu bieten. 
Zu letzterem Zwecke sind seitens des Vereinẽ 
Geldpreise angesetzt, welche in folgenden Beträgen 
zur Vertheilung kommen sollen: Für vorwiegen 
sigürliche Arbeiten: I. Preis 800 Mk.; II. Prei 
300 Mk.; UI. Preis 200 Mk.; IV. Preis 100 
Mk. Fur Arbeiten mehr ornamentalen Charaltert 
rbenfalls 4 Preise in den obengenannten Beträgen 
Außer diesen 8 Geldpreisen wird je nach dem 
HGrade der Betheiligung noch eine Anzahl Ehren⸗ 
diplome vertheilt werden. Die Einsendung der 
ferugen Arbeiten hot bis spätestens den 1. Jun 
d. J. zu erfolgen. Nähares durch das Sekreta 
riat des Mitteldeutschea Kunstgewerbe⸗-Vereins zu 
Frankfurt a, M., Neue Mainzerstraße 35. 
Stuttgart, 10. Mai. Vor einigen Ta⸗ 
gen wurde vor der Civilkammer des k. Landgerichtt 
ein interressanter Fall verhandelt, welchen ich schor 
heute erwahnen mochte, obwohi das Urtheil erß 
am 14. d. M. gesprochen werden wird. Ein hie 
figer Telegraphenbote hatte vor einigen Woder 
eine Depesche an die Bauanternehmer Joos u. Co 
abzugeben. Im Arbeitshofe derselben wurde er vor 
einer großen Dogge, welche frei und ohne Maur 
korb umherlief, augefallen und derart am linker 
Bein zerfleischt, daß der Mann zeitlebens fü 
seinen Dienst unbrauchbar deworden ist. Sein 
horgesehie ¶ Verwallungebehörde hat nun den in 
Dienmt nd dhne eigenes Verschulden Verunglücter 
it Linen Lollen Gehalt penfionirt, gleichzeiti—