Jugherter Anzeiger
J 4
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
de Et . Jugberter Auzeiger“ erscheint wb henilich funfmal: Um Montag, Tier g3, Donnerstag, arrstag und Sonntag; 2mal wb qhentlich mit Unterhaltungt ·
ne und Sonntagkß mit Bseitiger ilustrirter Beilage. Das Blatt koftet vierteljahrlich 1A 60 A einschlieklich Trägerlohn; durch die Post bezogen 14 754, einsqhließlis
4 zustel ungkgebuhr. Die Eiuruckuugsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solche
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, Iß , Neclamen 80 4. vei maliger Cinrnckuns wird nar dreimalige berechnet.
21. Jahrg.
95.
Deutsches Reich I
Berlin, 15. Mai. Der Bundesrath hat
reute die beiden Branntweinsteuer · Entwücfe ange⸗i
mmen, und zwar einstimmig, die süddeutschen
Slaaten aber enthielten sich der Stimmabgabe.
z wird zunüchst nur der Prinzipal-Entwurf an
n Reichsstag kommen, also derjenige, welcher die
herbrauchs · Abgabe von den Händlern erhebt, welche
in Verkaufsgeschäft betreiben, aus welchem Brannt⸗
vein unmittelbar an Verbraucher verkauft wird.
Berlin, 14. Mai. Die Mittheilung der
Magdeburger Zeitung“, daß die Militärverwalt⸗
ing eine Verstärkung der Garnisonen in Elsaß⸗
hihringen beabsichtige, scheint fich zu bestätigen.
z6 ist sogar nicht unwahrscheinlich, daß dem Reichs⸗
age aus diesem Anlaß noch ein Nachtragsetat zugeht.
Zur Ausschließung fremdländischer
dißziere von den diesjährigen Kaiser⸗
nanusvern in Elsaß⸗ Lothringen bemerkt die
Eur. Korr.“, welche zuerst jene Nachricht als eine
pochpolitische verbreitete, nun selbst: Der betreffende
heschluß des Kriegsministers ist bestimmt, nicht nur
zuj das diesjährige Kaisermanöver Anwendung zu
inden, sondern auch für die Folge in Kraft zu
leiben. Es ist selbstverständlich, daß die am deut⸗
chen Kaiserhofe beglaubigten Militär⸗Attachées da⸗
jon nicht betroffen werden, wie auch in Zukunft
zie deutsche Armee bri den Manövern anderer Ar⸗
neen nur durch die jeweiligen deutschen Militär⸗
Attachés vertreten sein wird. Der Enischließung
iegt jedes politische Motiv fern, dieselbe ist ledig⸗
ich aus technischen Rücksichten erfolgt.“
Posen, 14. Mai. Heute wurde das 8300
deliaren umfassende polnische Rittergut Komorowo
m Subhastations⸗Termin von dem durch den Fis-
us beauftragten Rechtsanwalt Maier aus Gnesen
sür 166,000 Mk. zu Kolonisationszwecken angekauft.
einer Zuständigkeit vorsätlich eine rechtliche, erheb⸗
iche Thatsache falsch beurkundet oder in öͤffentliche
kegister oder Bücher falsch einträgt, wird mit Ge⸗
angnis nicht unter einem Monat bestraft.“ Trotzdem
ommt es nicht selten vor, daß Leute, welche ihre
rinder leichtsinniger Weise zuhause behalten, ohne
den Lehrer hiervon Anzeige zu erstatten, über diesen
chimpfen, wenn er seiner Pflicht nachkommt und
die Versäumnisse der zuständigen Behörde einreich'
* Zwischen Mörsheim und Pfedders⸗
heim ist gestern Morgen 7 Uhr der Eisenbahn⸗
zug (gemischter Zug) in Folge eines Achsenbruches
an einem angehängten Steinwagen entgleist.
Der ganze Zug, bestehend aus 9 Waggons, wobei
5 Personenwagen, legte fich auf eine Seite. Ver⸗
etzungen von Personen sollen, wie uns ein Zugs⸗
nsasse mittheilte, zum Glücke nicht vorgekommen
ein. —
— Kaiserslautern, 14. Mai. Die
dehrwerkstätten der Baugewerkschule sollen außerhalb
der Ränme des Gewerbemuseums verlegt werden,
veil sonst das Museum geschädigt oder in höchste
Befahr gebracht werden koͤnnte.
. Kaiserslautern, 15. Mai. Einen
ehr, anerkennenswerten Beschluß des hiesigen Stadt⸗
rates sehen wir auf dem diesjährigen Maimarkte
zahier realisiert. Derselbe ist in der Weise arran⸗
giert, daß die Kaufleute mit Ausnahme der Condi⸗
oren ihre Buden auf dem vom eigentlichen Markt⸗
datze nicht weit entfernten Schillerplatz aufgeschlagen
hjaben und die in sehr reicher Zahl vorhandenen
nderen Budenbesitzer den bisherigen Marktplatz
Stiftsplatzz innehaben. Schon lange nicht mehr
intwickelte sich ein so reges Treiben auf dem Markte
vie diesmal, und ist es nur zu wünschen, daß das
narktbesuchende Publikum von den üblichen Taschen⸗
iebstählen verschont bleibt und daß außer den
Schaubudenbesitzern auch die Kaufleute einen hüb-
chen Erlös erzielen!
— Klingenmünster, 18. Mai. Die
Beschwerde der hiesigen Gemeinde gegen einen Be⸗
chluß des kgl. Bezirksdamtes, wonach der Direktor
der hiesigen Irrenanstalt keine Einquartirung an⸗
zunehmen brauche, wurde von der kgl. Regierung
der Pfalz kostenfällig abgewiesen.
— VSas zweite pfälzische Kirchenge⸗
sangfest findet am 28. d. M. Nachmittags 23
Uhr, unter Leitung des Musikdirektors Prof. Lützel
aus Zweibrücken in der protestantischen Kirche zu
Speyer statt, und zwar unter Mitwirkung von
300 Sängern und Sängerinnen, sowie der Orga⸗
nisten Budenbender aus Speyer und Hahn aus
xtaiserslautern. Die verehrl. Eisenbahn⸗Direktion
hat in anerkennenswerther Weise den Mitwirkenden
und Festbesuchern, die eine Eintrittskarte vorzeigen,
oder eine solche zu 1 Mk. mit der einfachen Fahr⸗
larte lösen, freie Rückfahrt gewährt. Die Billete,
die am 22. oder 23. Mai gelöst werden, haben
am 24. noch Gültigkeit.
— Spey er, 13. Mai. Das hiesige Schöffen⸗
gericht hat heute den Redakteur der „Speyerer
Ztg.“, Herrn Hans Friedemann, zu 25 Mark
Geldbuße verurtheilt wegen Beleidigung der Herren
Pfarrer Ripplinger zu Schifferstadt, Becker zu
dudenhofen, Hirth zu Oggersheim, Siegfried zu
dirchheimbolanden (früher z zu Harthausen) und
deller zu Maudach. Die „Speyerer Ztg.“ hatte
nämlich im Dezember v. J. in einem Artikel, den
sie dem „Pfälz. Kur.“ mit ausdrücklicher Zustimm⸗
ung nachdrudtte, behauptet, die Kläger hätten bei
der Stichwahl vom November 1884 die katholischen
Wahler ihrer Gemeinden zur Wahl Dreesbach's
deranlaßt, sie hätien „den Revolutionär Dreesbach
nit Rath und That unterstützt. Ein Wahrheils—
heweis für diese Behauptung war nicht versucht
worden. Das Gericht nahm an, daß eine solche
Behauptung in dieser Fassung (der „Revolutionar
Dreesbach“) allerdings beleidigend sei, weil sie den
Herren eine Verletzung ihres Verfassungseides
„Treue dem König, Gehorsam der Verfassung“)
vorwerfe. — In Ludwigshafen ist der ver—
unwortliche Redalkteur des „Pfälzischen Kurier
vegen desselben Artikels in eine Geldstrafe don 10
Mark und zu den Kosten verurtheilt worden.
Vermischtes.
FForbach, 14. Mai. Kindersegen. Heute
vurde hier, nach der „Fb. Zig.“, eine Taglöhners⸗
frau zu Greabe getragen, die Mutter von nicht
veniger als 21 Kinder gewesen. Daß unter diesen
Amständen ihr Lebensweg nicht immer durch Ro⸗
jengärten gehen konnte, sondern der Dornen viele
zu überwinden sein mochten, ist wohl begreiflich.
Die Frau stand in ihrem 49. Lebensjahre, von
allen ihren Kindern sind nur noch 6 am Leben.
F Hochheim, 14. Mai. Heute Morgen
vurde im Pfrimmbach zwischen Leiselheim und
Hdochheim in hiesiger Gemarkung die Leiche eines
inbekannten Mannes gefunden.
F Frankfurta. M. Ein bei eiuer Herr⸗
chaft in der neuen Mainzerstraße dienendes Rap—
hen gewann auf ein Braunschweiger 20⸗Thaler ·
Loos die erste Prämie von 150000 Mi. 6 ließ
sich durch diesen Glücksfall nicht verwirren. sondern
hlieb, einstweilen ruhig weiter in seinem Dienste.
Ein Sproßling des hingerichteten Mädchen⸗
mörders Hugo Schenk, dessen Mutter kürzlich
verstorben ist, wurde durch den Gemeindediener
einer Ortschaft im bayerischen Walde in München
von seinem Kostplatze abgeholt und in die mütter
liche Heimath zur ferneren Verpflegung und Erzieh⸗
ung verbracht. Der Knabe ist bidschöͤn und un—
geführ 8 Jahre alt.
T Krossen a. d. O., 14. Mai. Heute
NRachmittag wurde unser Ort von einer furchtbaren
Windhose heimgesucht. Häuser wurden eingeftürzt,
ast sämmtliche Dächer abgedeckt und Scheiben ein⸗
zedrückt. Der Wind knickte die Fabrikschornsteine.
Von der Kirche wurde der Thurm herabgestürzt
und schlug ein benachbartes Haus in seinem Faul
zu Trümmern. Militär und Feuerwehr sind noch
beschäftigt, die Trümmer wegzuraumen, da Menschen
harunter vergraben sind. Kinige sind schon her⸗
vorgezogen. Sie sind schwer verletzt, Andere todt.
Auf der Oder sind zwei Schiffe versunken, dabei
ünf Menschen ertrunken. Der Schaden an Geld
ist vorläufig ganz unberechenbar.
F Fannyh Lear oder, wenn man lieber will,
Madame Hattie Blackford, die bekannte Verfasserin
des „Romans einer Amerikanerin in Rußland“ ist
n Nizza am Schlaganfall gestorben. Wie wird
der diese Nachricht aufnehmen, welcher ihr einst
chrieb: „Du bist mein einziger, mein wahrer
Freund; glücklich wie selten einer im Leben. Ein
Brinz von Geblüt ist zu wenig für Dich. Du
orauchst einen Helden, auf den du stolz sein kannst
und Du wirst es sein. Nur bleibe mir treu.
Ne.....“ Man erinnert sich, daß hinter diesem
N. sich eine hochgestellte Persönlichkeit des Czaren⸗
reichs birgt, der Bruder einer Frau, die heute Tag
und Nacht für die Erhaltung Griechenlands beiet
Auslaud.
Dem „Journal des Debats“ zufolge haben die
zsterreich ischen Kriegsschiffe bereits mehrere
zriechische Seglel aufgegriffen; die englischen
S„chiffe sollen die Blockade weniger streng handhaben.
London, 16. Mai. Wie das Reutersche
bureau erfährt, hat die englische Regierung be⸗
chlossen, ihre Einwilligung zu der Annexion der
Leuen Hebriden durch Frankreich nicht zu geben.
London, 15. Mai. Von Woolwich sind 2
Millionen Patronen und anderes Kriegsmaterial
ach Dublin gesandt worden.
New-York, 15. Mai. Der Anarchist Johann
stost wurde nach Hinterlegung einer Kaution von
1000 Dollars in Freiheit gesetzt.
— ——
kokale und pfaͤlzische Nachrichten.
OD St. Ingbert. Was für Folgen es
ur einen Lehrer haben lann, wenn er die Ver⸗
umnisse seiner Schüler aus irgend einem Grunde
üicht in die Versäumnißliste einträgt, ersehen wir
uus folgender Thatsache, welche die letzte Nummer
exr „Pfälzischen Lehrerzeiuung“ brachte: Ein
Lehrer in der preußischen Rheinprovinz hatte es
interlassen, einen Knaben, der einige Tage gefehlt
sante, in die Versäumnißliste einzutragen. Der
Staatsanwalt stellie den Lehrer aufgrund von 8
48 des Reichs⸗Strafgesetzes unter Anklage. Dieser
baragraph läutet: „Ein Beamter, welcher, zur
dufnahme öffentlichet Urkunden befugt, innerhalb