Full text: St. Ingberter Anzeiger

vͤt. Ingherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
—* ESt. Jugberter Anzeiger“ erscheint wbchenilich füufmalt Am Eontag, Dieustag, Donnerstag, Samstag uud Conutag; 2mal wbchentlich mit Unterhaltungs 
gun uud Sonuntagt mit Bseitiger Austrirter Beilage. Das Blatt kosset vierteljahrlich A 60 4 einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1A 75 , einschließli 
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auf welche die Expedition Auskanft ertheilt, 1ß 4, Feele —⸗u 80 4. Bei 4mallger Sinrecung wird nur dreimalige berechnet. 
Je 97. 
Donnerstag, 20. Mai 1886. 
21. Jahrg 
Deutiches Reich 
Der Kaiser erfreut sich des erwünschtesten 
Wohlseins und wird die große Frühjahrs⸗ 
parade auf dem Tempelhofer Felde am 21. d. 
M. persönlich abnehmen. Nach den Pfingstfeiertagen 
gedenkt er nach Wiesbaden zu dreiwöchentlicher 
Jur abzureisen. Von dort wird er sich nach der 
Nainau und nach Koblenz begeben und drei Wochen 
n Gastein verweilen. 
Graf Herbert Bismarck ist, wie der 
Keichs⸗ und Staatsanzeiger“ amtlich mittheilt, 
um Staatsselretär des Auswärtigen Amtes er— 
zannt worden. Graf Herbert ist 36 Jahre alt; 
x trat 1874 im Alter von 24 Jahren in den 
Ziaatsdienst und wurde im gleichen Jahre noch 
Attachs bei der Gesandtschaft in Munchen, 1876 
hesandtschaftssekretär in Bern, 1881 Legationsrath 
m Auswärtigen Amte in Berlin, 1883 erster 
hotschaftssekretär in London, 1884 Gesandter im 
haag, 1885 Unterstaatssekreitär im Auswäriigen 
imt. — Zum Unteistaatssekretär ist an Stelle des 
grafen Herbert Bismarck der bisherige Direktor im 
AUuswärtigen Amt, Graf Berchem, ernannt 
vorden. 
Den Stabsoffizieren der deutschen Armet 
oll, wie die „Sächsische Korrespondenz wissen will, 
ein längerer Urlaub in diesem Jahre nach der 
dönigsparade und den Manövern voraussichtlich 
nicht ertheilt werden. Die Richtigkeit dieser Nach⸗ 
ticht muß ebenso dahin gestellt bleiben, wie die 
von jener Quelle ausgehende Vermuthung, daß 
obiger Umstand nicht ohne Bedeutung für die vo⸗ 
iniche Lage sei. 
Berlin, 18. Mai. Im Reichstage ist 
der Gesetzentwurf betreffend die Branntweinsteuer 
jur Vertheilung gekommen. Die wesentlichen Be⸗ 
timmungen des Entwurfes theilen wir unten aus⸗ 
iührlicher mit. Die alte Maischraumsteuer (25 Pf. 
für 20 Quart Maischraum bei den sogenannten 
andwirthschaftlichen Brenn ereien und 80 Pf. bei 
allen übrigen Brennereien) bleibt mit der Moßgabe 
bestehen, daß von dieser Steuer künftighin allgemein 
nut 90 Prozent erhoben werden, während die 
Ausfuhrvergütung in Höhe von 16 Mark unver⸗ 
indert bleibt, also in Wirklichkeit um ein Neuntel 
rhöoht wird. Nach dem ursprünglichen Antrage 
hreußens wäre die Ausfuhrvergütung um beinahe 
in Drittel erhöht worden. Haft auch der Bundes⸗ 
ath die Gewährung einer so hohen Vergütung 
uicht gutgeheißen, so bleibt doch auch in dem jsetzigen 
ẽntwurfe immerhin noch eine wahre Ausfuhrpramie 
erborgen, deren Nachiheile, welche in dem Reiz 
ur Ueberproduktion und in der Versuchung zu 
kepressalien seitens anderer Länder bestehen, Deuisch⸗ 
and an den Ergebnissen seiner Zuckerbesteuerung 
rfahren hat. Die Kontingentirung der Brennereien 
vom Bundesrathe nach dem Vorschlage Preußens 
ungenommen worden. Danach dürfen vom 1. Juni 
1887 an die jetzt bestehenden Brennereien nur im 
Umfange ihres bisherigen Betriebes brennen, und 
eue Brennereien oder Erweiterungen alter bedürfen 
die Genehmigung der Behörden. Außer der Raum⸗ 
nder Maierialsteuer aber wird — und dies ist der 
vichtigste Punkt der Vorlage — eine Verbrauchs⸗ 
leuer eingeführt, die in drei Jahren sich steigernd 
Wo pf., 80 ppf. und schließlich 1 Mi. 20 Pf. 
yetragen und vom Kleinhändler und Schwankwirth 
ichoben werden soll. v 
Anslanud. 
Wien, 18. Mai. In Saloniki brachten 
die dosterreichischen Schiffe zehn griechische Fahrzeuge 
sechs groͤßere und vier Küstenfahrer, ein. 
Paris, 18. Mai. Praͤsident Groͤvy unterzeich⸗ 
nete heute ein Dekret zur Ausbildung des Dienstes 
für die militärische Luftschifffahrt. 
Aus Fraukreich werden gesteigert auftretende 
agitatorische Kundgebungen der Orleanisten gemel⸗ 
det. Für Sonnabend war eine große Orleanisten 
Manifestation im Hotel der rue de Varennes, zu 
welcher der Graf und die Graͤfin von Paris an⸗ 
läßlich des Abschiedes ihrer mit dem Kronprinzen 
von Portugal verlobten Tochter über dreitausend 
Einladungen erlassen und auch das gesammte 
diplomatische Korps geladen haben, angekündigt. 
Wie der „Post“ telegraphirt wird, werden die 
meisten Botschafter diesem Feste von allzu demon⸗ 
trativem Charalter fern bleiben. Uebrigens könnte 
demselben Blatte zufolge, die agitatorische, heraus 
ordernde Auftreten der Orleanisien sehr leicht die 
Frage der Ausweisung der Prinzen wieder auf's 
Tapet bringen. — Die Grubengesellschaft von De⸗ 
cazeville hat es abgelehnt, sich dem Schiedssprucht 
des Deputirten Laur zu unterwerfen. Der Strickt 
dauert demgemäß fort, und die Arbeiter befinden 
sich in großer Erregung. 
Die Staatseinnahmen Fraukreichs weisen 
auch im April einen Ausfall auf und zwar von 
7,557,875 Fr. gegen den Voranschlag u. 4,934,300 
Francs gegen 1885. In den ersten 4 Monaten 
ergaben die Einnahmen ein Minus von 32,950,450 
Francs gegen das Präliminare und ein Minus 
von 25,286.800 FIr. gegen den gleichen Zeitraum 
des Vorjahres. Rur eine einzige Position, die 
Post, brachte in den ersten vier Monaten er. eint 
Mehreinnahme, alle anderen figuriren mit Minder⸗ 
einnahmen, darunter voran indirekte Steuern 
mit 11,192,800 Fr. und die Zuckersteuer mil 
16,607,000 Fr. weniger als veranschlagt wurde 
Die Zuckersteuer brachte sogar 20,817,000 Fres 
weniger als im Vorjahre. 
Madrid, 18. Mai. Die Königin isl 
heute von einem Sohn entbunden worden. Damit 
wäre die Thronfolge⸗Frage für Spanien in er— 
wünschtester Weise erledigt. 
London, 18. Mai. Das Bureau Reuter 
meldet aus Sanfibar, Frankreich habe die ganze 
Komorengruppe in Befitz genommen. Der Vertrag 
ist am 21. April in Johanna unterzeichnet. 
Hafen und Rehe. In seiner bekannten, praktischen 
Weise verstand es der Redner die Versammelten 
bis zu später Stunde zu fesseln, und Alle trugen 
reiche Belehrung aus den genußreichen Stunden 
mit sich nach Hause. 
* Zu dem am kommenden Sonntag in Speyer 
stattfindenden ewangelbischen Kirchen- 
gesangfest hat die Direktion der pfalz. Bah ˖ 
nenden mit Eintrittstarten versehenen 
Festbesuchern Fahrtaxermäßigung von 50 oobe⸗ 
willigt. Eintritiskarten a Mk. 1 find am Eisenbahn · 
schalter in St. Ingbert zu haben. Die Fahrbilleits 
haben Gültigkeit von Samsiag bis Montag. 
— Die Pfälz. Bahnen haben in den 
verflossenen 4 Monaten von 1886 um 292,422 
Mk. weniger vereinahmt, als im gleichen Zeit⸗ 
raum des Vorjahres. 
— Zweib rücken, 17. Mai. Die Grün⸗ 
dung eines Trabrennvereins für die Pfalz mit 
einem ftändigen Rennplatze in der Vorderpfal; ist 
in Aussicht genommen. Zweck des Vereins wart 
die Züchtigung und Heranbildung eines gängigen, 
eleganten Reit· und Wagenpferdes. Es sollen Ren— 
nen mit größeren Preisen alljahrlich im Fruhjahre 
abgehalten werden. 
— Kaiserslautern, 17. Mai. Gestern 
Lnen wurde der 17jährige Sohn des Baders 
Bügler im Karcher'schen Holhofe todt aufgefunden, 
nachdem er am Samstag Abend seinen Ellern den 
von 20 Mk. entnommen und die Nacht 
hindurch getanzt und getrunken haben soll. Man 
vermuthete zuerst, daß ein Schlaganfall seinem 
Leben ein Ende gemacht, entdeckte jedoch bald eine 
Schußwunde in der Brust. Der junge Mann 
hatte sich mit einem Revolver, den er sich Abends 
zuvor für 6 Mt. kaufte, erschossen. Die Gründe 
zu diesem Selbstmorde sind noch unbekannt. 
(K. 3. 
F. Kaiserslautern, 18. Mai. 8 
rer Friedrich Fugger von Kaiserslautern wurde 
heutiger Sitzung der Strafkammer des hiesigen 
Landgerichtes wegen Ueberschreitung des Zuchtigungs· 
rechtes zu 5 Mt. Geldstrafe und zu den Kofen 
verurtheilt. 
— Kaiserslautern, 18. Mai. (Pr.) 
Zwischen den Glaͤubigern und dem in Konkurser 
llärten Gasthofbelitzer K. Seitz ist ein Bergleich 
erzielt worden. Unter Garantie einer angesehenen 
hiefigen Firma werden 20 Prozent vergütet. 
— Kaiserslautern, 19. Mai. Heute 
Morgen legten sämmiliche Steinhauer die Ärbeit 
nieder, da es zwischen Meister und Gefellen zu 
keiner Verständigung kam. 
— Landau, 18. Mai. (L. A.) Der Trot⸗ 
toire Prozeß, in welchem es sich bekanntlich darum 
handelt, ob nach dem Napoleonischen Gesetz die 
Stadt, oder ob nach den Bestimmungen des 
Orispolizeibeschlusses vom Jahre 1882 die Haus⸗ 
eigenthümer zur Herstellung des Trottoirs 
verpflichtet sind, wurde vom oberfien Landesgericht 
zu München zu Gunsten der Stadt entschieden und 
die Beschwerde der von der Strafkammer bes kgl. 
dandgerichts dahier wegen Zuwiderhandlung gegen 
die Straßenpolizei zu je 8 MNk. Geldstrafe und den 
tosten verurtheilten Hausbesitzer, Herrn Hypotheken · 
»ewahrer Pfirmann und Frau Rentnerin 
Schmitt, verworfen. Der hier in Frage kom⸗ 
nende 8 87 des —AV— 
„Wird von der Gemeinderverwaltung die Anlegung 
von Trottoirs nöthig erachtet, so haben die Haus⸗ 
igenthümer dieselben in der für di b 
Lokale und pfol⸗ißche Nachrichten. 
* St. Ingbert, 20. Mai. Am gestrigen 
Tage, dem sogenanten „kalten Mittwoch“ hatte sich 
unsere Stadt eines besonders zahlreichen Besuches 
aus der preußischen Rachbarschaft zu erfreuen. Der⸗ 
elbe vertheilte fich auf die verschiedenen Wirth 
schaften und gar mancher Ausflügler verließ unsere 
Stadt in froherer Stimmung als er sie betreten. 
* Der am vorigen Freitag im Locale des 
Herrn Bürgermeister Heinrich abgehaltene Ver— 
einsabend des Garten- und Obstbau⸗Ver— 
eines St. Ingbert erfreute sich eines zahlreichen 
Besuches. Herr Bezirksbaumwart Betsch von Zwei⸗ 
brücken gab die für die Jahreszeit passenden Winke 
ind Belehrungen über die Pflege frisch gepflanzter 
und das Umpfropfen älterer Obstbäume und theilte 
außerdem seine Erfahrungen mit hinsichtlich der 
RPerfilaung von Blaitläusen und des Schutzes gegen