Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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X IOI. Dienstag, 25. Mai 1886.
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21. Jahrg.
Deutsches Reich
Muünchen, 22. Mai. Die Kammer der
Abgeordneten nahm die Gewährung von fixen Woh⸗
ungsgeldzuschüssen an pragmatische Beamte vom
j Januar 1886 an. Die Beamien der 1. und 4
gdlasse erhalten Mk. 400, der 5. bis 7. Mk. 800,
a8. und 9. Mk. 180, der 10. und 11. Mark
120. Die Rechte stimmte zum großen Theil da⸗
zegen. Die namentliche Abstimmung ergab 75 Ja,
Nein. — Das von den Reichsräthen in den
Militäreiat per 188687 wieder eingesetzte Poftulat
on Mk. 140000 für das Kasernement Bamberg
ind die Verlegung der Garnison von Neustadt a.
I. wird mit Majorität, darauf der MilitärEtai
instimmig genehmigt. — Die Kammer der Reichs⸗
athe nahm die Aenderung der Subhastionsordnung
nit allen gegen 4 Stimmen an. (Fr. Z3.)
Berlin, 28. Mai. Das neue Kirchengesetz
ft am 21. d. M. vom Kaiser vollzogen worden.
Auslanud.
Aus Bulgarien kommt die Nachricht von
er Entdeckung eines gegen den Fürsten Aler⸗
inder und den Ministerpräsidenten Karawelow
eplanten Altentates, dessen Anftifter in Burgas
Ferhaftet wurden, wohin sich der Furst begeben hat.
Anier den Verhafteten, gegen welche die Untersuch⸗
ing bereits im Zuge ist, befinden sich mehrere
Ausländer“, worunter russische Agenten zu ver⸗
jehen sind, welche in der lezten Zeit ihre wühle—
rische Thätigkeit verdoppelt hatte, um die Popu—
aruät des Fürsten zu untergraben, oder um dem⸗
elben sonst Verlegenheiten zu bereiten. Der
Redue de l'Orient“ werden aus Burgas über das
domplott folgende Einzelheiten gemeldet: Ach'!
berschwörer, darunter der russische Exlapitän Zo—
hokow, 2 Griechen, 2 Montenegriner, 1 Pope
hatten im Hause Garanow's, beschlossen am 17.
6. den Fürsten zwischen Altos und Burgas, wenn
ndglich lebendig, dingfest zu machen. Dreißig
Naͤnner unter Führung des Studenten Kobokow,
ollten den Anschlag bei Kamtschik ausführen.
Ferner wurde beschlossen, Karawelow zu ermorden,
die Telegraphendrähte abzuschneiden, die Revolution
zu proklamiren und die russische Olkupation vor⸗
jubereiten. Die Veischwoͤrer wurden von einem
Popen vereidigt. Der Bauer Mihalow hat das
Komplott verrathen und es sind nun sämmtiliche
Komplizen verhaftet.
Athen, 24. Mai. Es steht jetzt fest, daß die
Feindseligkeiten durch griechische Vorposten erdffnet
wurden und daß die griechischen Truppen an meh⸗
ceren Stellen die Grenze überschritten hatten. Der
griechische Oberhefehlshaber suchte eine Unterredung
mit dem türkischen Oberbefehlshaber nach, um das
Mißverstaäͤndniß aufzuklären, und stellte den ganzen
Vorgang als einen mißglückten Versuch, Trikupis
zu stürzen, Delhannis wieder ans Ruder zu
bringen, dar.
tellschaft fur Deutsche Kolonisation“ veröffentlichten
claborat beschäftigt fich Herr Dr. Peters damit,
ie Stellung des Deutschen Kolonialvereins und der
BZesellschaft für deutsche Kolonisation in unserer kolo
nialen Bewegung für ein größeres Publikum klar—
ulegen. Herr r. Peters ist Vorsitzender der Ge⸗
ellschaft für deutsche Kolonisation, und somit scheint
ss leicht erklärlich, wenn er diese Gelegenheit benutzt,
im dem Wirken der letztgnannten Gesellschaft mit
zollen Händen Weihrauch zu streuen. Weniger er⸗
lärlich aber muß es Jedem erscheinen, welche Gründe
herrn Dr. Peters dazu führten, auch diese Ge⸗
egenheit dazu zu benutzen, um unmotivirte An⸗
zriffe und übelwollende Kritiken über die Wirksam⸗
keit des Deutschen Kolonialvereins in Umlauf zu
hringen. Neben der Deuschostafrikanischen Ge⸗
sellschaft, die Herr Dr. Peters vertritt, haben wir
in Deutschland die Neu⸗GuineassKompagnie“, die
„Deutsche Kolonialgesellschaft für Südwests Afrika
und die Kamerun Land- und Plantagen⸗Gesell⸗
schaft Woermann, Thormählen u. Co.“, deren Zwed
die wirthschaftliche Ausbeutung unseres Kolonialbe⸗
jitzes ist. Die Colin'sche Gesellschaft am Dubrecka
atbeitei, nachdem die Reichsregierung diese Besitz⸗
ingen aufgegeben hat, leider nicht mehr auf deutschem
Zolonialbesiß. Min den genannten Gesellschaften
teht der Deutsche Kolonialverein in den freund⸗
chaftlichsten Beziehungen, die eine gegenseitige er⸗
prießliche Wechselwirkung ermoöglichen. Nur die
Istafrikanische Gesellschaft ist es, welche in schlecht
erhaltenem Groll gegen die Ausdehnung und feste
Fügung des deutschen Kolonialvereins Angriffe auf
Angriffe richtet, und für den genauen Beobachter
st es längst erkennbar, daß hierbei die Tendenz ob⸗
valtet, dem Kolonialverein seine Mitglieder abwendig
zu machen und der Gesellschaft für deutsche Koloni⸗
sation i. o. der Ostafrikanischen Gesellschaft zuzu⸗
ühren.
Durch kühne Streifzüge hat die Gesellschaft
weite Landgebiete in Ostafrika erworben, und es is
unzweifelhaft, daß ein großer Theil derselben für
unser Vaierland in Zukunft hervorragend nugbar
gemacht werden kann, wenn die Inangriffnahme
und Durchführung der kulturellen Probleme dieser
Lander mit der nöthigen Umsicht, Ausdauer und
dapitalkraft erfolgt. Gerade aber der, welcher die
Wichtigkeit der osiafrikanischen Besitzungen anerkennt,
nuß sich erstaunt fragen: inwiefern können jene von
erzeitigen Vorsitzenden der Gesellschaft gegen den
Deutschen Kolonialverein gerichteten Angriffe zur
dösung der vorliegenden Aufgaben beizutragen?
Steckt in diesem Vorgehen wirklich Etwas von dem
praktischen Kolonialpolitiker, der Herr Dr. Peters
in erster Linie zu sein glaubt? Will Herr Dr. Petert
zie kolonisatorischen Aufgaben seiner Gesellschaft in
Ostafrika mit Mitgliederbeinägen lösen, mit den
Beiträgen jener Mitglieder, die er vom Kolonial⸗
derein loszusprengen gedenkt, so dürfte recht bald
auf das schöne und kühne Präludium der Befsitz-
ergreifung ein klägliches und lächerliches Finale
folgen und der Ruf nach einem Kapellmeister, der
was mehr versteht als das Präludium zu dirigiren.
Der Deutsche Kolonialverein ist seinem Wesen
nach keine Gesellschaft zur Verfolgung und Aus—
beuiung kolonialer Geschafte wie die Ostafrikanische
Besellschaft. Gern unterstützt er kdoloniale Unter⸗
nehmungen und gibt er zu denselben die Anregung
Er hat davon Beweise gegeben und ist damit auch
zur Zeit beschäftigt. Leider konnte er der Ostafri⸗
janischen Gesellschaft in deren seitherigem Entwicke⸗
ungsftadium nicht als Stütze diineen Es war
vielmehr seine Pflicht, eine tadelnde Kritik zu üben,
wenn er sah, daß die Leiter der Ostafrikanischen
zolonialgesellschaft für ihre weitausschauenden Ko—
onisationsprojelte das kleine und kleinste Kapital
jeranzogen, Hoffnungen auf einen schnellen Zins⸗
zewinn in irgend welcher Form bei Personen er⸗
regten, die den Ausfall der jährlichen Zinsbezüge
ind den Verlust des mühsam ersparten Kapitals
—L
Betheiligung in Form der kleinen Antheilscheine so
Allgemein geworden wäre, wie es die Geschäftsleitung
für noöthig hielt und bezweckte, so würde dies un⸗
ehlbar zu einem für unsere gesammte koloniale
Bewegung unheilvollen Ausgange geführt haben.
Und ist nicht die Berechtigung jener Kritik des
Deutschen Kolonial⸗Vereins schließlich von der Ge⸗
ellschaft selbst anerkannt, indem man sich zu anderen
Beschäftsmaximen bequemte und die Antheile auf
einem hohen Nominalwerth setzte?
In Anbetracht der Sache mag davon abgesehen
werden, in die Einzelherten des Geschäftsgebahrens
des Herrn Dr. Peters einzugehen. Man müßte
sonst Punkte berühren, die nur den Gegnern der
deutschen Kolonialpolitik Freude machten. Es ge⸗
nügt, darauf hinzude uten, weshalb der deutsche
Kolonialverein der Ostafrikanischen Gesellschaft gegen⸗
uͤber eine kritische Stellung einnehmen m u ß te.
Mit noch so feurigem Willen und noch so
anerkennenswerther Thatkraft ist in kolonialen Dingen
auf die Dauer nichts auszurichten, wenn nicht die
nachhaltige Unterstützung des Mutnerlandes hinzu⸗
fritt. In dem Abschlusse von Verträgen mit den
sogenannten Fürkten uncivilifirter Länder liegt der
leichtere Theil der Aufgaben unserer Kolonial⸗
politik. Dazu genügt von ausreichendem Abenteuer⸗
talent unterstützter Patriotismus und verhälmiß⸗
mäßzig geringer Kapitalaufwand. Es fehlt uns
nicht an Personen und Geld, um bis dahin zu
gelangen, namentlich wenn die starke Hand und
der Einfluß der Leitung unserer auswärtigen Poli⸗
tik in die Wagschale geworfen wird Handeit es
fich aber sodann um die Nutzbarmachung der unter
deutschen Schutz gestellten Kolonialgebiete, um die
Anlage von Handelsniederlassungen, um die Ein⸗
richtung von Plantagenkulturen, um die Herstellung
von Wegen, Eisenbahnen und Häfen ꝛc. ⁊c., so
nehmen die zu lösenden Aufgaben ganz andere Di⸗
menfionen an. Alsdann werden an die leitenden
Personen, an die mitwirkenden Kräfte und deren
rechtliche Zusammenfügung erheblich weiter gehende
Anforderungen gestellt. Vor allen Dingen ist als⸗
dann Geld und noch einmal Geld erforderlich. Es
erscheint daher als die Pflicht gerade der in Deutsch⸗
land bestehenden, für die Förderung deutscher kolo⸗
nialer Interessen gebildeter Vereine in erfster Linie
das Verständniß für den wirthschaftlichen Werth
kolonialer Unternehmungen und die Neigung zu
denselben anzuregen und zu fördern. Dazu genügt
aber nicht der blose Enthusiasmus und die Aus—
füllung der Phantasie mit tropischen Bildern. Nie⸗
mand wird glauben, daß für die wirthschaftliche
Ausgestaltung unserer deutschen Kolonialpolitik ein
traͤftiger Schwung des Nationalgeistes und patrio⸗
tischen Stolzes entbehrlich sei. Im Gegentheil. Bei
allen bestehenden kolonialen Gesellschaften ist der
Einfluß der Hingabe des Einzelnen an die großen
Aufgaben des Reiches unberkennbar. Wie überall
muß indessen auch bei uns zu dem idealen Gefühl,
dem Vaterlande zu nützen, die Erkenntniß wahr⸗
cheinlichen Vortheils hinzutreten, um die wirth⸗
sichaftlich Starken. alsodie Kapitalbesitzer, zu koloni-
RE— 88
Praktische Kolonialpolitik.
Von einem Vorstandsmitgliede des deutschen
Kolonialvereins, welches den Karlsruher Vorstands—
itzungen und der Generalversammlung beigewohnt
hat, wird uns unter dem Eindruck dieser Verhand⸗
ungen geschrieben:
In einem in der „Gegenwart“ unter der Ueber—
schriit. Der Deutsche Kolonialderein und die Ge—