Full text: St. Ingberter Anzeiger

st. Ingherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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102 Donnerstag, 27. Mai 1886. 
Deutsches Reich 
Se. Maj. der König ist in Hohenschwangau 
ingetroffen. Das Gesammistaatsministerium ist 
uch auf eine zweite Vorstellung bis jetzt ohne 
imwort des Konigs. 
Munchen, 25. Mai. Die Kammer der 
lbgeordneten lehme wiederholt den Beschluß der 
dammer der Reichsräthe bezüglich der Erhöhung 
da Zuschüfse für Kirchenbauten in Zwiesel, Aid- 
hausen und Wurzburg ab und setzte sodann in den 
iretien Steueretat die Ertragserhöhungen ein, 
welche durch die neue Fassion hervorgerufen sind. 
ubg. Walter eroͤrterte anläßlich der Nürnberger 
hennon die falsche Berichterstattung der Münchener 
holizeiorgane aufs lebhafteste. Der Minister des 
Ijnnern replizierte scharf. Heute Abendsitzung; 
tagesordnung: Etatsgesetz. 
Muͤnchen, 258. Mai. Die Abgeordneten« 
ammer nahm heute den Gesetzentwurf die Aban⸗ 
rderung einiger Bestimmungen des Hypothekengesetzes 
heir. nach den Ausschußanträgen einstimmig an 
Die Nachtragsforderung betr. die Flurbereinigungs- 
mmission, 39,800 M. jährlich, wurde genehmigt 
z6 Petitionen von 86 Volksschullehrern und kath. 
wie proteft. Geistlichen um Verbesserung ihrer ma⸗ 
zeriellen Lage wurden der Staatsregierung zur 
denntnißnahme und Wuürdigung hinübergegeben, 
veil bei der Berathung über den Wohnungsgeld⸗ 
zuschuß von der Regierung erklärt wurde, daß zur 
Zeit weitere Mittel als die damals hewilliaten nicht 
jerfügbar find. 
Einem Munchener Telegramm der „FIrkf. 
Fig.“ vom 24. dss. Monats zufolge würde der 
zaherische Landtag heute, Donnerstag, nur vertagt, 
uicht geschlossen werden und eine Nachsession ficher 
ein. Dagegen meldet die „Korr. Hoffmann“ 
die Frage ob Vertagung oder feierlicher Schluß 
es Landtags scheint bereits geloͤst zu sein. Dem 
zuten Vernehmen nach wird in den Ministerien am 
dandtagsabschied gearbeitet und zwar besteht die 
hoffnung den Schluß des Landtages schon am 
rächsten Samstag vornehmen zu können. 
Kandidaten für den erzbischöflichen Stuhl in 
Freiburg i. B. Die der Regierung vom 
domkapitel vorgelegte Erzbischofs⸗Liste enthält fol 
gende Namen: Bischöfe Roos⸗Limburg, Kopp⸗ 
Fulda, Leonard⸗Eichstädt, Domkapitulare Dr. Komp⸗ 
Fulda, Dr. Hafner-⸗Mainz, Rudolph⸗ Freiburg 
necht⸗Freiburg, Regens Dr. Schmitt ⸗St. Peter. 
Wahrscheinlich wird Rudolph gewählt. Nuntius 
Spolverini ist lediglich Vermittler. 
Verlin, 25. Mai. Der Reichstag ver—⸗ 
vieb die Branntweinsteuer⸗Vorlage an eine 28glied⸗ 
rige Kommission und vertagte sich alddann. 
Berlin, 26. Mai. Die Morgenzeitungen 
oezeichnen die über den Nachtrags⸗Etat kurfirenden 
beunruhigenden Gerüchte als völlig grundlos. Es 
handle sich um keine außergewöhnliche, sondern be⸗ 
reins thatsächlich vom Reichstage genehmigte, nur 
noch ziffermäßig im Etat festzustellende militärische 
Auswendungen. 
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Aussland. 
Paris, 25. Mai. In der Kammer deponirt 
tiegsminister Boulanger den Entwurf des voll⸗ 
ländigen Militärgesetzeßs, das an eine Kommission 
von 33 Gliedern verwiesen wird. 
Man erinnert fich der vor einigen Jahren in 
Narseill⸗ vorgetommenen Massakres itdlienischer 
Arbeiter. Aehnliche Gräuel scheinen sich jetzt im 
frauzösischen Isoͤre⸗Depariement wiederholen zu 
jollen. In dem Flecken La Moite d'Aveillans 
wurde vor etwa einer Woche ein französischer Ar⸗ 
beiter Namens Collin von Italienern, die mit jenem 
in der nämlichen Braunkohlengrube arbeiteten, er⸗ 
mordet. Der Haß, der zwischen den italienischen 
und franzöñschen Arbeitern ohnehin besiteht, erhielt 
dadurch unter den Letzteren neue und unheilvolle 
Nahrung. In allen Orten der Gegend wurden 
Plakate angeschlagen, worin die Franzosen aufge⸗ 
fordert werden, alle Italiener, die nicht binnen 48 
Stunden die Gegend verlassen haben würden, um⸗ 
zubringen. Vorfalle dieser Art haben nicht blos 
ine lokale Bedeutung, sondern auch eine politische 
Tragweite, da fie die Entfremdung, die in neuerer 
Zeit zwischen Frankreich und Italien platzgegriffen 
hat, nur vermehren koͤnnen. 
Begnadigung. Madrider Zeitungen theilen 
mit, daß Kaiser Wilhhelm aus Anlaß der Geburt 
des jungen Königs von Spanien die Königin 
Regentin ersucht hat, den Urheber des Attentats, 
das im September v. J. auf das deutsche Gesandt⸗ 
chafts⸗Hotel in Madrid unternommen worden ist, 
zu begnadigen. Die Konigin⸗-Regentin hat dem 
Besuche entsprochen. 
In der süditalienischen Stadt Trani ist es 
gelegentlich der Wahlen zur Deputirtenkammer, die 
am Sonntag stattgefunden, zu ernsten Ruhestörungen 
gekommen. Nach Triester Meldungen versammelten 
aͤch Arbeiter außerhalb der Stadt und zogen in 
drei geschlossenen Kolonnen gegen dieselbe. Vorher 
hatten sie sammtliche Telegraphendrähte abgeschnit⸗ 
len. In der Stadt kam es mit dem wenigen 
Militär zu einem ernsten Kampfe; das Militär 
mußte schließlich vor der Uebermacht weichen. Die 
Aufständischen brannten das Gerichtsgebäude, das 
Raihhaus, das Zollamt und das Theater nieder, 
wobei mehrere Personen verbrannt und andere von 
dem wüthenden Pöbel niedergemacht worden sein 
sollen. Nach einer anderen Nachricht wäre der 
Schauplatz dieser Gewaltthaten nicht Trani selbst, 
sondern das unweit davon gelegene Conversano 
gewesen, wo es in Folge von Unzufriedenheit mit 
der Gemeinde⸗Verwaltung zu einem Aufruhr kam, 
bei welchem die Stadtkasse geplündert und das 
Rathhaus gestürmt wurde. 
Petersbburg, 25. Mai. Wie es heißt, be⸗ 
absichtigt der Minister v. Giers auf seiner Reise 
nach Franzensbad dem Fürsten Bismarck in 
Friedrichsruh einen Besuch abzustatten. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 27. Mai. (Theater.) Die gest— 
cige Eröffnungsvorstellung war leider nur mäßig be⸗ 
sucht. Das an allen besseren Buhnen Deutschlands mi 
Frfolg aufgeführte Schönthan'sche Lustspiel, Rode⸗ 
rich Heller', das durch Wiedergabe von lustigen 
und witzigen Einfällen sich auszeichnet, fand auch 
hier den Beifall, den das Stück in der That ver⸗ 
dient. Die Darstellung muß durchweg als sehr gut 
hbezeichnet werden. Das Stück bietet Gelegenheit 
zenug, die Vorzüge eines eleganten sicheren Spiels 
zur Geltung zu bringen und es haben sämmtlich 
Darsteller Vorzügliches geleistet. Das Zusammen⸗ 
spiel war ein durchaus gutes. Auf die Einzel— 
heiten zurückzukommen, werden spätere Darstellungen 
hinreichend Gelegenheit geben. 
— Kaiserslautern, 24. Mai. In heu— 
jger Generalversammlung der Aktionäre des Eisen— 
werks Kaiserslautern wurde die Vertheilung eine 
Dividende von 12 Prozent beschlossen; ferner wur 
den Mk. 41,000 zu Extra-Abschreibungen bestimmt 
Mk. 4340 für Werksunterstützungskafsen bewillig 
und Mk. 1000 städtischen Wohlthätigkeitsanstalten 
überwiesen. Der Umschlag betrug 1,145,000 Mt. 
Für das neue Geschäftsjahr liegen Aufträge im 
Betrage von Mk. 700,000 vor. In der Pfennig- 
sparkasse wurden M. 5457 Marken verkauft und 
Mk. 5800 durch Vervollständigung der Marken⸗ 
bücher auf Depositenkonto übertragen, was wir mit 
dem Bemerken konstatiren, daß das Eisenwerk 
Kaiserslautern am hiesigen Plazze die erste Pfennig - 
sparkasse in's Leben gerufen hat. 
— Der Sieinhauerstrike in Kaiserslautern 
ist beigelegt. 
— Kirchheimbolanden, 24. Mai. Ein 
entsetzliches Schlossenwetter entlud sich gestern Nach⸗ 
mittag zwischen 3 und 4 Uhr über hiesiger Stadt 
und Gemarkung, sowie den Gemarkungen Bisch⸗ 
heim und Ilbisheim. Schlossen in der Größe 
eines Hühnereies, 128 Gramm schwer, fielen nieder. 
Mehr wie die Hälfte der Ernte ist vernichtet. Un⸗ 
zählige Fenster wurden zertrümmert. Das zer- 
trümmerte Glasdach einer Kegelbahn verletzte einen 
Knaben gefährlich am Arm. In den Straßen 
lagen die Schlossen haufenweise. Die Gärten wur⸗ 
den zerschlagen und überschwemmt. Alles ist ver⸗ 
nichtet. (Pf. Volksztg.) 
— Durch das Hagelwetter, das am Sonntag 
Nachmittag in der Nordpfalz so schreclich 
hauste, sind zahlreiche Vogel vernichtet worden, auch 
das Wild, Hasen und Rebhühner, soll stark dezimirt 
worden sein. Der Schaden der Landwirthe in den 
verschiedenen Gemarkungen ist ganz enorm und wird 
allein auf Versicherungsentschädigungen eine Summe 
von weit über 50,000 Mark entfallen. 
— Das Gewitter, das am Sonntag Nachmit⸗ 
tag über die Nordpfalz zog und die Gefilde 
von Kirchheimbolanden verheerte, nahm von dori 
seinen Weg über Mainz und den Taunus. In 
Wiesbaden brachte es Nachmittags 5 Uhr gleichfalls 
einen furchtbaren Hagelschlag, der an Häusern, 
Bäumen und Früchten großen Schaden thaät. 
— Speyer, 25. Mai. Heute am 25. Mai 
erlebt Herr Dompropst Busch dahier ein zweites 
50jähriges Jubilaum — als Domkapitular und 
geistlicher Rath. Am 25. Mai 1836 ernannte 
stönig Ludwig J. den damaligen Domkapitular und 
geistlichen Rath Johannes Geissel zum Domdechant 
in Speyer und an dessen Stelle an demselben 
Tage, 25. Mai, den damaligen Domvikar J. P. 
Busch zum Domkapitular. Herr Domprobst Busch 
st nun 82 Jahre alt, davon 59 Jahre als Prie⸗ 
ster, 50 als Domkapitular, 28 als Domprobst, 23 
als Generalvikar, letzteres unter vier Bischöfen. 
Auch hatte Herr Dompropst Busch das seltene Ge⸗ 
chick. vom Domkapitel dreimal zum Bisthumsver⸗ 
weser gewählt zu werden, nämlich nach dem Ab⸗ 
leben der hochw. Herren Bischöfe Nikolaus Weis, 
Conrad Reither und Bonifacius Haneberg. Herr 
Dompropst Busch erfreut sich bis heute einer guten 
Gesundheit, so daß er bis heute in Amtsthäugkeit 
als Dompropft und Generalvikar wirken konnte. 
— Frankenthal, 25. Mai. Die Arbeiter 
der Schnellpressenfabrik Albert u. Comp. verlang⸗ 
ten. mittels Zirkular an ihre Prinzipäle, 10stün- 
dige Arbeit und Lohnerhöhung und ftellien, falls 
ihre Forderung bis Samstag nicht genehmigt sei, 
Streik in Aussicht. (Fr. Zia.)