gt. Ingherter Amzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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F sos.
————VV ——
Samstag, 29. Mai 7886.
2 Jahrg.
Bestellungen
auf den
„Zt. Ingberter Anzeiger“
für den Monat
Juni
nehmen forwährend an: die Postanstalten, die
Hostboten, die Umträger und
Die Expedition.
„Die Vertreter der Staände der ersten Residenz
bitten Dich unterthänigst, selbherrschender Kaiser,
nimm an unser Salz und Brod und unsere Liebe
und glaube unserer Freude, Dich, die Czarin und
den Czäsarewitsch zu sehen. Du kommst zu uns
von dem gesegneten Süden, wo Du das Schwarze
Meer wieder belebt hast; unsere Hoffnung beflügelt
ich, unser Glaube befestigt sich, daß das Christen⸗
reuz auf der heiligen Sofia erglanzen wird. So
denkt, darauf baut Moskau.“
Der Kaiser erwiederte, er liebe Moskau und
reue sich, zu dem Jaohrestage der Krönung in
einen Mauern zu sein; diese Tage würden ihm
tets Tage der angenehmsten Erinnerung sein. Die
Rede des einflußreichen Moskauer Beamten, die
Antwort des Kaisers und alle begleitenden Umstände
verden nicht verfehlen, ein gewisses Aufsehen zu
erregen. Es ist ja allerdings bekannt genug, daß
zie rusfische Bevölkerung wie der russische Hof kein
ehnlicheres Verlangen kennt, als das, Konstanti-
ropel der Türkenherrschaft zu entreißen und es
vieder zum Mittelpunkte der „rechtgläubigen“
Thristenwelt zu machen. Bei der gegenwärtigen
dage der Dinge auf der Balkanhalbinsel und bei
dem großen Einflusse, den die als die echten Ver⸗
reter des Moskowiterthums betrachteten Bewohner
Moskaus auf die politischen Strömungen in Ruß—
and haben, kann indeß solschen Kundgebungen wie
den oben berichteten eine gewiße Bedeutsamkeit
nicht abgesprochen werden. Der Zar ging als ein
nufrichtiger Freund des Friedens. Aber Moskau
st der Heerd der panslawistischen und kriegerischen
Wühlereien und schon mehr als einmal haben die
dort herrschenden Stimmunagen die russische Volitik
zeeinflußt.
Rach einem Bukarester Bericht der, Polit. Korr.“
vürde Rumaänien in dem Zollftreit einen Schritt
ur Eröffnung neuer Verhandlungen thun, falls es
n Betreff der Viehausfuhr Zugeständnisse erhielte.
Wenn Oesterreich eine fünfjährige Vertragsdauer
imnähme, würde die Meistbegünstigung kein Hinder⸗
niß bilden. Uebrigens hofft man, der eingeleitete
Nothenaustausch zwischen der rumanischen Regier⸗
ing und der österreichischen Gesandtschaft werde zu
einer zeitweiligen Vertragsverlängerung führen
Mittlerweile führt man von beiden Seiten fort
Maßregeln zu treffen, welche den Zollkrieg zur
Thatsache machen. Unter anderem veröffentlicht
die gestrige „Wiener Zeitung“ eine Verordnung
welche die Ein- und Durchfuhr von Gemüse, Obsi
und Pflanzen aus Rumänien verbietet.
Das amiliche Blatt Serbiens veröffentlicht
einen königlichen Erlaß, betreffend die auf Grund
der Verfassung erfolgte Ernennung von 40 Abge⸗
ordneten aus dem Beamten⸗, Kaufmanns⸗ und
Bauernstande. Durch einen derartigen Schub läßt
sich natürlich mit leichter Mühe eine Mehrheit in
der Kammer gewinnen. Aehnliche Verfassungs—
hestimmungen würden gewiß mancher Regierung
ingenehm sein.
ein wenig verfrüht kommt. Die „LTimes“ selbst
gesteht zu, daß es für die europäischen Mächte noch
zu früh sei, ihr gemeinsames Handeln aufzugeben
und die kombinirie Flotte aufzulösen. Gleichwohl
wäre, meint das Blatt. unter den jetzigen Umstän⸗
den kein Grund abzusehen, weßhalb die Flotte nicht
nach der Sudabai zurückkehren und den Griechen
nicht die Freiheit der Bewegung zurückgeben sollte.
detztere dürfte schwerlich gemißbraucht werden. Dies
mag immerhin richtig sein. Aber die Griechen
haben es sich selber zuzuschreiben, wenn das Miß⸗
trauen gegen sie ein sehr starkes geworden ist.
In Amerika beginnt man gegen die Anar⸗
histen ganz energische Maßregeln zu ergreifen. So
hat der Stadtrath von Milwaukee eine Verordnung
unter Berathung, welche jeden, der in jener Stadt
eine rothe Fahne entfaltet oder aufrührerische Reden
führt, oder aber jemand „boycottet“, mit Gefäng⸗
niß bis zu 2 Jahren und mit Geldstrafe bis zu
500 Dollars (edventuell weitere 500 Tage Haft)
bedroht.
Deutsches Reich
Der Kaiser gedenkt alsbald nach der Feier
zer Enthüllung des Standbildes Friedrich Wilhelms
IV. seine Sommerreisen anzutreten und sich zunächst
nach Ems und dann später nach Gaste in zu
zegeben. I
Berlin, 27. Mai. Die Branntweinsteuer⸗
ommission setzte heute die Generaldiskussion fort.
onservative und Centrum wollen gemeinsam einen
jeuen Entwurf der Konsumsteuer nebst den Be⸗
ingungen, unter welchen die Einnahmen bewilligt
veden sollen, ausarbeiten.
anιι ιισ
Kämpfe mit den Gingeborenen im
Bismarck⸗Archipel.
Die Eingeborenen der deutschen Schutzgebiete
im stillen Ozean, insbesondere die Wilden auf den
Inseln des Bismarckarchipel, hatten sich zu Ende
des vorigen und Anfang dieses Jahres mehrfach
Angriffe auf die Handels-Stationen zu Schulden
ommen lassen; sie gingen allmälig von Diebstählen
zu Ueberfällen und Ausraubung der Handelsstationen,
dann zur Tödtung der von den Händlern engagir⸗
jen Bootsleute über, und schließlich haben sie zwei
veiße Händler, Campbell und Carr ermordet. Es
wurde deßhalb dem Kommandeur des in Samoa
ankernden Kreuzers „Albatroß', Graf Baudis-
sin, der Befehl ertheilt, die Eingeborenen von
Reu· Irland und Neu⸗Britanien zu züchtigen. Der
„Albatroß“ segelte Mitte Januar zunächst nach
Matupit, wo sich eine groͤßere Kohlenstation befin⸗
det, und landete dann in der Nahe des Nordcaps
auf der Insel Neu⸗Irland. Die ersten Dörfer
wurden aber leer gefunden, da sich die Wilden in
die Wälder geflüchtet hatten. Erst bei dem Dorfe
Bulpai wurden zwei der Mörder Carrs ergriffen
und ein dritter, der zu entwischen versuchte, auf
der Flucht erschossin. Die Mörder Campbells in
Libidur waren weit ins Innere geflohen, und es
gelang bei dem ersten Ueberfall nicht, dieselben zu
ergreifen. Nach einem langen und anstrengenden
Marsch wurden Häuser, Canoes und Pflanzungen
jzerstört und fand man hierbei in verschiedenen
hütten Spuren kaum beendeter Kannibalenfeste,
don Feuer und Rauch geschwärzte Menschenknochen.
Die noch frischen Köpfe der Gemordeten zierten die
Wände. Hier und auch an anderen Orten wurden
zroße Mengen von Pfeilen, Bogen, Speeren,
eulen u. s. w. gefunden, so daß der Graf Bau—
dissin ein ganzes Museum anlegen konnte.
In Kableman versuchten die Eingeborenen
Widerstand zu leisten, und hier mußte ein befestig⸗
tes Dorf mit Sturm genommen werden, wobei sich
ein kurzes, aber heftiges Gefecht entwickelte. Die
kFingeborenen verloren eine große Anzahl von Leuten,
uind zwei Matrosen des „Albatroß“ wurden von
Speeren verwundet, jedoch ungefährlich. Außer
diesen Hauptunternehmungen wurden an mehreren
anderen Plätzen Landungen unternommen und Ein-—
geborne bestraft. Alle diese kleinen Kriegszüge
paren mit langen Marschen und Bootfahrten per—
Ausland.
Die zwischen den italienischen und den franu⸗
osischen Arbeitern der Braunkohlen⸗-Gruben in
a Motte d'Aveillans (Departement de Isore) ent⸗
zandenen Zwistigkeiten sind nach den letzten Nach—
ichten dadurch beigelegt worden, daß die Braun⸗
oohlengesellschaft sämmiliche italienische unverheira-
hete Arbeiter entließ. Die mit Franzosinnen ver⸗
seiratheten Arbeiter bleiben bis auf Weiteres. Es
ind in Folge dessen keine Exzesse mehr vorgekom⸗
nen. 130 Italiener wurden nach ihrer Heimath
obgeschoben.
Von den italienischen Wahlen liegen jetzt
die Ergebnisse von 125 Wahlbezirken oder „Wahl⸗
ollegeen“ vor. In denselben wurden 255 Mini⸗
eridde und 179 Pentarchisten und Dissidenten
Jewählt. Im Uebrigen ist das Resultat fast un⸗
erändert. Der Sieg der Ministeriums Depretis
st mithin, da es schon jetzt die absolute Mehrheit
tlangt hat — die Anzahl der Abgeordneten be⸗
rägt 308 —, gewiß. Als bemerkenswerth ist auch
gerborzuheben, daß von den sogenannten Irreden⸗
isten (welche Wälschtyrol beanspruchen) bisher Keiner
mehr gewahlt wurde. Dagegen scheint die Arbeiter
ewegung in Italien drohend ihr Haupt zu erheben.
deber die Vorgänge in Trani fehlen noch genauere
Nachrichten, und schon werden aus dem Norden
Italiens neue Ruhesiörungen gemeldet, deren Schau⸗
hlaz Turin war. 120 Tumultuanten wurden dort,
sterreichischen Blaͤttern zufolge verhaftet, während
ammtliche in Turin nicht domizilirte Tumultuan⸗
ten, etwa 80, ausgewiesen wurden; unter diesen
einige Mitglieder der Mailänder Arbeiterliga Pigli
del javoroꝰ, sowie zwei russische Emissäre. Auch
entdeckte die Polizei eine sozialistische geheime
druckerei und in einem Keller eine aroße Menge
Handgranagaten.
Die Reise des russischen Kaisers durch
sein Land hat von Neuem eine bedeutsame Kund⸗
hebung veranlaßt. Das Kaiserpaar traf am
Dienslag in Moskau ein, wo im Kreml ein großer
Empfang stattfand. Bei dieser Gelegenheit richtete
das Stadthaupt von Moskau unter Ueberreichung
don Salz und Brod folgende Worie an den Kaiser
In der griechischen Deputirtenkammer machte
der Ministerpräfident Trikupis Mittheilung über die
Zurückziehung der griechischen und türkischen Truppen
bdon der Grenze, sowie über die Abrüstung getrof—
fenen Maßregeln. Auch verlangte Trikupis die
Hewilligung einer iemporären Anleihe von zwanzig
Millionen. So erfreulich die anscheinend kräftige
Inangriffnahme der Abrüstung ist, so darf es doch
als fraglich angesehen werden, ob die Anregung der
Times“, die Blokade schon jetzt einzustellen. nich!