Full text: St. Ingberter Anzeiger

SIt. Ingbherter Aumzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
ä eEt. Jugberter Auzeiger“ erscheint wbchentlich fünfmalr Am Montag, Diencetag, Donnerstag, Samotag und Sonutag; 2mal wbchentlich mit Unterhaltunge⸗ 
I und Eonntags nii Sseitiger iUustrirter Seilage. Das Blait koslet vierteljahrlich 1 A 60 A einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1A 75 —, einschließli 
2 Zustellungtgebubr. Die Einruckungsgebnhhr fur die 4gespaltene Sarmondzeile oder deren Raum beträgt bel Inseraten aus der Pfalz 10 4, bei außerpfaltischen und solche 
auf welche die Srpedition Auskunft ertheilt, 13 4, Neclamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
*X 106 
Dienstag, 1. Juni 1886. 
2i. Jahrg 
4J 
Bestellungen 
„Zt. Ingberter Anzeiger“ 
für den Monat 
Juni 
ehmen fortwährend an: die Postanstalten, die 
hosthoten, die Umträger und 
Die Fxpedition. 
2) Durch eine bedeutende Verminderung der Dis⸗ abgabe. Dieselbe beträgt 80 Pfg. für das Liter 
pensationsgründe wird die Zahl der Dienstpflichtigen reinen Allkohols und ist vom 1. April 1887 ab 
ine größere. 3) Durch die beabsichtigte Einziehung zu entrichten. Zur Erhebung dieser Abgabe, sowie 
moglichst aller Dienstpflichtigen wird nicht nur die zur Ueberführung des Branntweins in den freien 
Wehrktaft für den Kriegsfall gehoben, sondern es Verkehr werden die bestehenden Brauntweinbrenner⸗ 
wird auch eine höhere Friedenspräsenzstärke noth⸗ eien sofern sie vor dem J. April 1886 bereits im 
wendig, welche eine Hebung der Kriegsbereitschaft Betriebe gewesen sind, zu einer Branntweinbrennerei⸗ 
bedeuteit. 4) Um keine zu großen finanziellen Genossenschaft unter den nachstehenden Bestimmungen 
Mehrforderungen stellen zu müssen, soll die nominelle dereinigt: 
dreijuhrige Dienstzeit in Wirklichkeit eine um vier a. Von sämmtlichen am 1. April 1886 vor- 
Monate verkürzte sein. 5) Durch das beabsichtigte handenen Brennereien wird ein Kaiaster mit ihrem 
vollständige Aufgeben jedes Privilegs für eine kür. Produktionsquantum vorgelegt; als Produktions- 
‚ere Dienstzeit und durch die möglichste Beschränk. quantum wird diejenige Menge Branntwein fest⸗ 
ung der Dispensationen aus wirthschaftlichen Grün- gesetzt, welche jede Brennerei in den Jahren 
den würde Frankreich das erste Land werden, in 1881 — 1888 einschließlich regelmäßig produzirt 
welchem die allgemeine Wehrpflicht auch als eine hat. Es erfolgt die Errichtung genossenschaftlicher 
gleiche durchgeführt wird. — Dringt General Bou⸗ Lagerhäuser, welche den für den Konsum im In— 
janger mit seinen Plänen, welche den Franzosen lande dienenden Branntwein von jeder Brennerei 
aicht unbedeutende Opfer materieller und persönlicher nach einem bestimmten Prozentsatz aufnehmen. Tie 
Natur von Neuem auferlegen, durch, bringt er die Entschädigung der Brennereibesitzer für den von 
allgemeine Wehrkraft Frankreichs und die Schlag- hnen an die Lagerhäuser der Genossenschaft abge— 
serligkeit des Heeres auf diese höhere Stufe, dann lieferten Branntwein ist für die ersten fuͤnf Jahre 
wird das Deuische Reich unbedingt vor die Frage der Durchschnittspreis, welchen der Branntwein in 
gestellt, ob es mit seiner eigenen Wehrkraft sich Deutschland in oen Jahren 1876- 1888 ein— 
noch im Gleichgewicht zu der seines Nachbarn be⸗ chließlich gehabt hat. Für die spätere Zeit erfolgt 
indet, und welche organisatorischen Veränderungen die Bestimmung über die Höhe der Entschädigung 
wentuell getroffen werden müssen, um dieses!Gleich⸗ für den jedesmaligen Zeitraum von 5 Jahren durch 
Jewicht wieder herzustellen. Wir werden daher mi⸗ Gesetz. Bei nicht rechtzeitigem Zustandekommen 
scharfem Auge alle Vorgänge dieser jenseits der eines Gesetzes verbleibt es bei dem bestehenden Ent⸗ 
Vogesen in die Wege geleiteten Gesetzgebung beob ichaädigungsbetrage. 
ichten müssen.“ b. Die Lagerhäuser stehen unter sieuerlicher 
Dem Vernehmen nach hält sich in Trieft ein Rontrole und unter amtlichem Mitverschluß. Die 
Beanftragter der deutschen Reichsregierung auf bes Fosten der Herstellung und Unterhaltung der Lager— 
hufs Kenntnißnahme der dortigen Hafene und Ver- häuser trägt das Reich. Die Verwaltungskosten 
lehrsverhältnisse, besonders der Verhältnisse und werden von der Genossenschaft getragen und auf 
deistungen des Oester. Lloyds. Es hängt dies die einzelnen Brennereien pro rota der von ihnen 
mit dem Wunsch nach beschleunigtem unmittelbaren an die Lagerhäuser abgeführten Branntweinmengen 
Verkehr zwischen Berlin uund anderen deutschen rebpartirt. 
Städten und Triest im Anschluß an die untersfütz; 6. Der Seitens der Lagerhäuser zur Ueber—⸗ 
len Dampferlinien zusammen. führung in den inneren Konsum nicht verlangte 
Petersburg, 80. Mai. In Betreff der Branntwein, welcher von den der Brauntweinbrennerei⸗ 
Blokade der griechischen Häfen sagt das „Journal Venossenschaft angehörigen Baennereien produziri 
de St. Petersbourg“, da die Aufrichtigkeit des gird, ferner sämmtlicher von den nach dem 1. 
Athener Kabinets nicht in Zweifel zu ziehen sei, April 1886 in Betrieb gesetzten Brennereien pro⸗ 
so dürfe man annehmen, daß dem griechischen duzirter Branntwein ist zum zum Exvort zu ver- 
Handel die Freiheit des Meeres in kurzer Frist wenden. 
wiedergegeben würde. 8 Von der Verbrauchsabgabe befreit bleibt: 
Wie der „Köln. Ztg.“ von zuverlässiger Seite 1. Brannwein, welcher ausgeführt wird, 2. 
nitgetheilt wird, hat sich die russische Regierung Branntwein, welcher zu gewerblichen Zwecken, ein⸗ 
entschlossen, für dieses Jahr auf jede weitere Zoll⸗ chließlich der Essigbereitung, zu Heil⸗, zu wissen⸗ 
erhöhung im Veckehr mit Deutschland zu verzichten. schaftlichen oder zu Heizungs- oder Beleuchtungs⸗ 
Zwischen Rumaãnien und Frankreich wecken verwendet wird, nach näherer Bestimmung 
wurden offiziös Verhandlungen wegen Abschlusses des Bundesraths. 
eines Handelsvertrages eingeleitet. — Rumänien Der vierte Abschnitt des Entwurfs, welcher die 
hat den deutschrussisch-rumänischen Tranfit-Tariß besonderen Bestimmungen über die Bildung der 
iür Bahnfrachten, welcher als Ersatz für den Tran. BranntweinbrennereieGenossenschaften enthält, lautet: 
itverkehr durch Oesterreich⸗ Ungarn treten soll, ac⸗ 8 43. Mitglied der Genossenschaft ist jeder 
reptirt. Der Lukarester Platz wimmelt bereits von Eigenthümer einer oder mehrerer der zur Genossen⸗ 
deutschen Handelsagenten. Im Seewege wurden schaft gehörenden Brennereien (K 1 Absatz 2). Die 
hisher ungefähr 5000 Stück Hornvieh nach Italien Branntweinbrennerei⸗-Genossenschaft zerfällt in Sek— 
expedirt. tionen, die Seltionen in Bezirke. Jeder Bundes⸗ 
staat bildet eine Sektion. Es können sich auch 
mehrere Staaten zu einer Sektion vereinigen oder 
ein Staat mehrere Sektionen bilden. In Bezirken 
werden diejenigen Brennereien vereinigt, welche an 
ein Lagerhaus abzuliefern haben. 
8 44. Die Verwaltung der Genossenschaft 
liegt dem Gesammtvorftande ob. 
8 45. Der Gesammworstand besteht aus einem 
Vorsitzenden und zwei Stellvertretern des Vorsitzenden, 
welche auf Vorschlag des Bundesraths vom Kaises 
Deutsches Reich 
Berlin, 30. Mai. Se. Maj. der Kaiser 
mpfing heute den Besuch des Großfürsten und der 
großfürsin Wladimir von Rußland. Nachmittags 
m 3 Uhr fand aus Anlaß der Anwesenheit der 
daiserlich russischen Hoheiten bei Sr. Majefstät im 
zoniglichen Palais ein Diner von einigen 40 Ge— 
ecten statt. 
Ausland. 
Brüssel, 29. Mai. Im Borinage und im 
zharleroi'er Gebiet sind für morgen zahlreiche 
zrotestmeetings der Arbeiter in fast allen großen 
hemeinden angekündigt. die sich gegen das Verbot 
er Brüsseler Manifestation wenden sollen. Die 
stegierung sandte heute früh Morgens das 5. Li⸗ 
iienregiment in drei Spezialzügen aus Antwerpen 
nach Charleroi. Das 6. Linienregiment ist marsch— 
zereit, das 4. konsignirt. Von Arlon werden 
benfalls Truppen gesandt und in La Louviere in⸗ 
jallirt, Charleroi'er Depeschen sagen: Das 5. 
degiment wurde sofort dislocirt in Gosselies, Char— 
erot und Flörus; andere Truppen werden Rour, 
zillh, Chatelet, Marchienne und Couillet besetzen. 
igs cirkuliren die widersprechendsten Gerüchte über 
en Zweck dieser Maßregeln. Die Arbeiterchefs 
ind friedlich gestimmt. Die Gemeinden dort haben 
ast alle die Bürgerwehr einberufen und Spezial⸗ 
wachen organisirt. Morgen Vormittag werden die 
zürgermeister der Provinz hier im Stadthaus zu⸗ 
ammentreten und die Lage prüfen. ob die Mani— 
eflationen in den Provinzen zu gestatten sind. Die 
zürgermeister der Vorstädte von Brüssel, die von 
zürgermeister Buls nicht befragt wurden, wollen 
hleunigst gemeinsam berathen, oh auch sie der 
sanifestation sich widersetzen sollen. — Der An— 
lagealt gegen Advokat Vandersmissen ist soeben 
reröffentlicht worden. Der Prozeß beginnt am 
Nontag. — Die Untersuchung der Genier Sitten 
bondale nimmt bedeutende Verhältnisse an. Da 
aieselbe geheim geführt wird, verlangen viele Blätter 
iie Veroͤffentlichung der Namen der Schuldigen. 
Dm klerikalen, Impartial“ zufolge befinden sfich 
J Personen in Untersuchung; diel mehr siehen im 
herdachi. Gent ist in Aufregung. da auch Un—⸗ 
huldige verleumdet werden. Abermals tamen 
Selbstmorde vor. 
Nach dem von General Boulanger ausgearbeite⸗ 
ueuen französischen Militärgesetz 
oürde in Zukunft der Präsenzstand des Heeres um 
2.000 Mann siärker sein, als bisher. Ein mili⸗ 
trischer Mitarbeiter der deutsch freisinnigen , Danz. 
Iige der das Militärgese (das übrigens erst in 
Kammer berathen werden soll) einer eingehenden 
—— unterzieht, kommt dabei zu folgenden 
ergebnissen: „I) Durch das erstrebte Aufgeben 
et zweiten Portion sollen allen aktiv Gedienten eine 
ganz gleichwerthige Ausbilduna zu Theil werden 
Der Branntweinsteuer⸗Entwurf 
der Reichsstags-Kommission. 
Die wichtigsten Bestimmungen des Branntwein⸗ 
steuerentwurfs, den die Konservativen, die Reichs— 
partei und das Zentrum in der Kommission ein⸗ 
hringen werden, lauten: 
8 1. Der im Gebiete des Deutschen Reichet 
hergenellte Brannwein unterliegt einer Verbrauchs