Full text: St. Ingberter Anzeiger

ernannt werden; ferner aus 12 periodisch gewählten 
Vertretern der Genossenschaft. Seine Geschäftsan⸗ 
weisung erläßt der Gesammtvorstand mit Genehmig 
ung des Bundesraths. 
gz 46. Der Gesammtvorstand stellt allzährlich 
in einer Plenarsitzung den Prozentsatz fest (91 
Absatz 2a), welchen jede Brennerei in der nächsten 
Brennkampagne von ihrer in deren Kataster be— 
stimmten VProduktionsmenge an das Lagerhaus ab⸗ 
fiefern darf. Die Festsetzung ist vor dem 15. März 
jedes Jahres zu publiziren. 
8 27. Brennereien, melche weniger als das 
ihnen zustehende Quanium an das Lagerhaus ab 
liefer, haben das Recht, diesen Theil der ihnen 
zustehenden Leferungsbefugniß mit Zustimmung des 
Sektionsvorstandes auf andere Brennereien der Ge⸗ 
nossenschaft zu übertragen. 
8 48. Die Beamten der Gesammtverwaltung 
werden von dem Gesammtvorstande ernannt. Die 
Anstellung der Verwalter der Lagerhäuser erfolgt 
auf Vorschlag der Sektionsausschüusse unter Ge⸗ 
nehmigung der Landesregierung. 
8 49. Die Reichskasse schießt der Genossenschaft 
das nöthige Betriebskapital zinsfrei vor. 
8 56. In jeder Sektion und in jedem Lager⸗ 
hausbezirk wird ein Ausschuß von 5 Mitgliedern 
gewählt. 
g 51. Die Sektionsausschüsse haben im Be—⸗ 
sonderen a, die Vertreter in den Gesammtvorstand 
zu wählen, b. bei der Einschätzung der bestehenden 
Zrennerei in den Kataster (GFLdeg, Absatz a) 
mitzuwirken, c. die Verwalter der Lagerhauser zu 
wählen. 
8 32. Die Bezirksausschüsse wählen die Sek— 
tionsausschüsse und find von der Verwaltung der 
Lagerhäuser bei nachstehenden Angelegenheiten zuzu⸗ 
Jsiehen: a. Bei streitigen Abnahmen des gelieferten 
Spiritus; b. bei Feststellung des Transportzuschlages 
(611, Äbs. 4); e. bei Revisionen; d. sie sind 
hinsichtlich der Errichtung eines neuen oder der 
Aufhebung eines bestehenden Lagerhauses Zu guren. 
(F. 3. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 1. Juni. Wie wir hören, 
macht morgen die hiesige königl. Lateinschule ihren 
„Maiausfluüg“. Als Ziel ist Blieskastel bestimmt. 
* St. Ingbert, 1. Juni. (Theater.) Die 
Direktion ist foriwährend bemüht, dem Publikum 
angenehme Abwechselung zu bieten, Lustspiel, Schau⸗ 
spiel und Marchen foigen sich in bunter Reihe; 
Roderich Heller, der Hüttenbefitzer. der Rattenfänger 
von Hameln und die gestrige Aufführung des 
dustspieles „Der Bibliothekar“ von G. v. Moser 
bereiteten uns einige wirklich vecgnügte Abende, 
besonders das letztere Stück hatte einen besonderen 
Heiterkeitsetfoig. Sammtliche Darsteller leisteten 
Vorzügliches, wofür ihnen reicher lebhafter Beifall 
zu theil wurde. — Nächsten Donnerstag findet 
die erste Kindervorstellung in dieser Saison 
statt; zur Aufführung kommt „Max und Moritz. 
pder die beiden bösen Buben“, ein Stück, das bei 
der lieben Jugend bestimmt reichen Anklang finden 
wird. Wer also seinen Kleinen eine rechte Freude 
bereiten will, der schicke fie am Donnerstag Nach⸗ 
mittag ins Theater. Die Eintrittspreise sind für 
diese Vorstellung bedeutend ermaßigt. 
— GPostalisches. Vom 1. Juli d. J. 
anfangend tritt im Wechselverkehr der deutschen 
Telegraphenverwaltungen, sonach zwischen Bayecn 
einerseits, dann dem Reichstelegraphengebiete und 
Würitemberg anderseits, siatt des bisherigen Tarifs 
von 20 Pf. Grunde und 5 Pf. Wort⸗Taxe der 
neue Tarif von 6 Pf. für das Wort mit einer 
Mindestgebühr von 60 Pf. für das Telegramm 
und mit Abrundung der Erhöhungssätze auf die 
aächst höheren, durch 5 theilbaren Beträge in 
Kraft. Mit Allerhöchster Genehmigung Se. Maj. 
des Königs wird vom nämlichen Tage anfangend 
—AV 
Telegraphenverkehr eingeführt. 
— Kusel, 27. Mai. Heute früh verschied 
dahier Herr Notar Jakob Pasqay, 68 Jahre alt. 
BVom oberen Gebirg, 28. Mai. An 
den Frostschaden der ersten Maitage wird kaum 
mehr gedacht, da derselbe zum größten Theile wie- 
der ausgeheilt ist. Die Weinberge zeigen den üb⸗ 
pigsten Stand. Es sind Samen in Menge ange⸗ 
seßt und dieselben find so weit vorgeschritten, daß 
bei fortgesetzter günstiger Witterung die Blüthe 
bdis Mitte Juni sicher zu erwarten ist. 
— An Himmelfahrt wird eine Kirchen⸗ 
kollekte zur Erbauung eines proiestantischen 
Pfarrhauses in Gocklangen erhoben werden. 
Diese Gemeinde, welche früher eine eigene Pfarrei 
bildete, soll wieder zu einer solchen erhoben und 
dem Pfarrer von Göcklingen auch die Stellung 
ines Hausgeistlichen an der Kreisirrenanstalt, die 
zisher oft von jungen und stets wechselnden Kan 
didaten versehen werden mußte, übertragen werden. 
Berade diese Absicht ist's, welche die Kollekte den 
afälzischen Protestanten warm empfiehlt. 
— Ein schwerer Unglücksfall ereignete fich am 
Samstag Nachmittag in Landau Einige Kano— 
niere der 53. Batterie waren beauftragt worden, 
eine Parthie Heu aus dem Heumagazin in der 
Weißquartierstraße nach der Kaserne zu bringen. 
Die vor den Wagen gespannten Pferde wurden aus 
inbekannter Ursache ploötzlich scheu und gingen durch 
anonier Biebinger, gebuͤriig aus Mutterstadt, 
wollte die Pferde anhalten, wurde dabei aber gegen 
die Gefängnißmauer geschleudert und gerieth fchließ⸗ 
ich unter die Räder, welche ihm über den Kopf 
zingen und den sofortigen Tod herbeiführten. Die 
ßferde rannten dann im rasenden Lauf durch die 
Baschhausgasse und Königsstraße, an der Kaserne 
orüber und die Oberthorsiraße hinaus, bis sie 
chließlich an der Einmündung der Impflinger und 
Wollmesheimer Sraße angehalten werden konnken, 
nachdem sie zuvor den an der Anlage stehenden 
isernen Wegweiser umgerisien hatten. Herr Bild⸗ 
zauer Eichenlaub entging dort der Gefahr, überfahren 
u werden, nur durch einen kühnen Sprung in das 
Bebüsch der Anlage. 
— Klingenmünster, 29. Mai. Das 
Brogramm zu dem am 6. Juni stattfindenden 
Zängerfeste ift fertiggestellt und der Oeffentlichkeit 
ibergeben worden. Das Fest verspricht ein sehr 
chönes zu werden. Möge uns der Himmel an 
iesem Tage günstig sein. 15 auswärtige Vereine 
nit 500 Sängern haben ihre Mitwirkung bei dem 
Feste zugesagt. Es werden sich betheiligen die Ge⸗ 
angvereine von Appenhofen, Göcklingen, Gleishor⸗ 
ach, Herxheim, Heuchelheim, Ilbesheim, Kandel, 
—E 
zach, Steinweiler, Winden und Wollmesheim. 
Als Gesammichor wird „Das deutsche Lied“ von 
J. W. Kalliwoda gesungen. CG. W.) 
— Ludwigshafen, 29. Mai. Heute 
purde mit dem Sitz in Ludwigshafen eine Pfaälz⸗ 
sche Hypothekenbank mit einem Aktienkapital von 
z3 Millionen Mark bei 25 pCt. Einzahlung konsti⸗ 
uiert. Die Gesellschaft wird sich ausschließlich dem 
godenkredit widmen. Der Geschäftskreis erstreckt 
ich in erster Reihe auf die Pfalz und ist flatuarisch 
uf Deutschland beschränkt. Das Aktienkapital ist 
est übernommen, eine Subsfkription auf dasselbe 
indet deshalb nicht statt. Das Institut wird seine 
Thätigleit am 1. Juli beginnen. In dem Auf—- 
ichtsrath werden von Pfälzer Herren sein: Guts⸗ 
vesitzer Emil Bassermann-Jordan, Reichsrath Dr. 
A. Buhl, Gutsbesitzer Dr. A. Bürklin, Kommerzien⸗ 
rath Dr. Aug. Clemm, Ph. Karcher, Dr. F. Knecht, 
Rechtsanwali Mahla. 
Vermischtes. 
fGorsicht bei Gewittern.) Bei Aus— 
bruch eines Gewitters befolge man folgende Vor— 
sichtsmaßregeln: 1. Im Freien vermeide man einzel⸗ 
ehende Bäume, Getreidehaufen, die Nähe der 
hewässer und Thiere. (Der Physiker Lichtenberg 
chlug vor, man solle an jeden einzelnen Baum 
ine Warnungstafel aufhängen mit den Worten: 
„Hier wird der Mensch vom Blitze erschlagen!“) 
35 Man hüte sich, in einem größeren Umkreise der 
zöchste Gegenstand zu sein, weil man als solcher den 
dhewitterwolken am nächsten ist. 8. In den Straßen 
iner Stadt gehe man lieber in der Mitte, als an 
en Seiten der Häuser; besonders ist die Nähe 
olcher Stellen, wo das Wasser von den Dächern 
n starken Güssen niederstürzt, zu meiden. 4. In 
Bebäuden hüte man sich, mit seinem Körper die 
vorhandenen Lücken einer unterbrochenen Leitung 
uuszufüllen. Solche Stellen sind z. B. unter Krron⸗ 
euchtern, welche an metallenen Ketten hängen, 
inter Drahtzügen in der Küche, unter dem Schorn⸗ 
tein, weil der Ruß ein guter Leiter für den Blitz 
st. Der beste Platz ist in der Mitte des Zimmers. 
die Nähe des Ofens, Spiegels, Klaviers, eisener 
*ensterstangen ist zu meiden. Im Allgemeinen ist 
nan im Erdgeschoß sicherer als in der Höhe der Ge— 
zäude. Die Fenster während des Gewitters ver⸗ 
chlossen zu halten, ist nicht nöthig; eher dürfte 
som Schließen der Fenster eines mit Menschen 
angefüllten Raumes abzurathen sein, weil dadu 
die Beklommenheit und Schwüle nur ben 
wird und die Gefahr des Erstickens in dem a 
daß wirklich ein Blitzstrahl ins Zimmer a n 
sollte, vermehrt wird. Es ist rathsam, während 
starken Gewitters das Feuer im Ofen anen 
weil der aufsteigende Rauch ein guter ienunn 
leiter ist. 5. Metallische Gegenstände trage gä 
während eines nahen Gewitters nicht ohne 34 
dei sich. 6. Für Gebäude gewährt der von den 
erfundene Blitzableiter den besten Schutz; die a 
nungsfähigkeit desselben muß aber öfters gepruft 
werden. 
FSt. Johann, 81. Mai. Auf welche 
Weise unsere modernen Dienstboten sich eine Tom— 
nüre verschaffen, zeigt folgender, kürzlich bei einer 
hiesigen Herrschaft vorgekommener Fall. Um dies 
jetzt unentbehrliche Modeftück zu besitzen, entwendel 
die holde Küchenfee der Hausfrau zuerst eine Küchen. 
schürze, dann nach und nach eine Anzahl Taschen- 
tücher. Letztere wurden in die Schürze gebunden 
daun die Schürze von dem Mädchen under di 
Taille befestigt und fertig war der „Höcker“. Nur 
immer practisch. 
F Trier, 28. Mai. Schon wieder hat unsere 
Polizei einen Deserteur eingefangen, der vor citca 
fünf Jahren von dem 17. bayerischen Infanterie 
Regiment nach halbjähriger Dienstzeit desertiert war 
fünf Jahre bei der französischen Fremdenlegion ge. 
dient und den Feldzug nach Tongking mitgemahht 
hatte. Die Liebe zur Heimath hatte ihn nach 
Deutschland zurückgetrieben. 
Frankfurt a. M., 29. Mai. Ein Kon 
sortium von Kapitalisten soll einer Meldung der 
Frkf. Zig.“ zufolge beabsichtigen, eine Ringbahn 
in der Ausdehnung von acht Kilometern um Franf— 
furt herum zu bauen. 
München, 27. April. Das Cultusmini⸗ 
terium hat soeben eine prinzipiell wichtige letziin 
zanzielle Entscheidung über die Beziehungen zwischer 
dem Localschulinspektor und dem Lehrer gefällt. 
Fin Lehrer hatte es abgelehnt, den Vollzug von 
Strafen zu überwachen, welche der geistliche Local⸗ 
chulinspector während des Sonntagsschulunterrichtes 
»erhangt hatte. Das k. Bezirksamt gab dem Lehrer 
Recht, ebenso die Kreisregierung. Ein auf den 
Recurs des Lokalschulinspektors an das Staats⸗ 
ninisterium ergangener Entscheid vom 24. April 
1886 bejahte dagegen die Verpflichtung des Lehrers, 
nsofern mit der Anordnung dieses Strafvollzuges 
„keine unbilligen, ungeeigneten Anforderungen“ an 
den Lehrer gestellt werden, derart nämlich, daß die 
Abhaltung des Strafvollzugs im Schulhause statt ⸗ 
findet, in welchem der Lehrer wohnt, so daß dem⸗ 
selben ein oder das andere Mal nachzusehen mög 
lich ist. 
München, 28. Mai. Vor dem Schwur⸗ 
zerichte begannen gestern die Verhandlungen gegen 
den Küfer Friedrich Fischer aus Nürtingen, den 
—Schuhflicker Max Stich von Wilkertshofen, den 
dienstinecht Johann Bauer von Bogenhausen und 
ein gewisser König wegen Ermordnung und Be⸗ 
raubung des Privatiers Michael Bader in Bogen— 
hausen bezw. Beihilfe bei der That und Hehlerei 
Der Privatier Bader besaß ein bedeutendes Ver⸗ 
Nögen; es wurden später in Papieren an 180000 
Mert, in Gold und Silber an 20000 Marl, fes⸗ 
gestellt, wozu noch ein Oekonomiegut kam, welches 
auch noch circa eine halbe Million repräsenlirle 
Der Befßitzer dieses Vermögens lebte einsam, jeden 
Zerkeht abhold, am außersten Ende der Orischaf 
Bogenhausen. Kein lebend Wesen duldete der Har⸗ 
dagon um sich, nur während einer Stunde des 
Tages mußte eine Frauensperson in den Wohn · 
Aumen Ordnung schaffen. Um die Hundesteuet 
u ersparen, unterließ Bader es, sich einen treuen 
dausbewacher anzuschaffen. Der Mangel an jed⸗ 
deder Vorsicht sollte dem Einsamen das Leben 
sosten. In der Racht vom 1. zum 2. Dezembet 
wischen 10 und 11 Uhr kehrte Bader aus einet 
Gaftwirthschaft heimn. In dem Momente, als er 
die Garlenpforte abschließen wollte, wurde er von 
Fischer und Stich, welche bereits im Hofraum 
fianden, niedergeschlagen. Fischer hieb mit einem 
Wagenscheit, Stich mit einem Knüppel auf den 
ahnangslosen Bader ein. Dieser siurzte zu Boden 
nd rif um Hilfe, worauf Stich dem. zu Tode 
helroffenen sein Sacknuch in den Mund stecte urn 
Ait blchtigen Sglagen auf den Kopf des unglüs— 
ichen Opfers loshieb Die Moͤrder schleiften so 
dann den regungslosen Bader in das Wohnhaus 
Im Flur begann der Unglückliche zu roöͤcheln, wa