Full text: St. Ingberter Anzeiger

st. Ingherter Anzeiger 
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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
9 Et. —XXXX Aujzeiger· erscheint wocheutlich fünfmalz Am Mort⸗⸗ Dienstag, Donnerstag, Bamstag und Sonutag; 2mal —*⁊ ru Unterhaltungt⸗ 
nn und Eonntagt ui Sseitiger ustrirter Seilage. Dat Blau kostet vierteljährlich 1A 60 A4 eluschsießlich Tragerlohn; durch die Voß bezogen 1A 7B8 , einscqhließli 
72 Zutellungagebuhr. Die Einruckuugsgebühr far die Agespaltene Garmondzeile oder deren Kaum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfältzischen und solche 
auf welche die Grpedllion Auckunft ertheilt, Iß 4, Neelamen 30 4. Bei 4maliger Einrackung wird nur dreimalige berechnet. 
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X IOJN. 
Seutsches Reich 
Muͤnchen, 2. Juni. Es wird gemeldet, 
daß nunmehr in allernächster Zeit eine erfreuliche 
endung in der Angelegenheit bezüglich der König- 
uͤchen Kabinenskasse bevorsteht. König Ludwig 
ird andauernd in seine Hauptstadt zurückkehren. 
Freiburg, 2. Juni. Der Bischof Roos 
zon Limburg ist heute einstimmig zum Erzbischof 
hon Freiburg gewählt worden. 
Eine Zusammenkunft der drei 
aaiser von Deutschland, Oesterreich und Ruß⸗ 
sand bildete, wie die „Berliner Börsen-ZJeitung“ 
schreibt, am Dienstag vielfach den Gesprächsstoff 
n der Berliner Börse. Hiernach sollte diese neuer⸗ 
iche Zusammenlunft aus Courtoisie gegen den 
dciser Alexander in Danzig stattfinden, wohin sich 
derselbe auf seiner Yacht begeben würde, um dann 
inen Besuch in Kopenhagen zu machen. Wohl 
zur eine Borsenente! 
Berlin, 1. Juni. Der durch die Vermeh⸗ 
nehrung der Loose der preußischen Klafsenlotterie 
edingie neue Plan weist dem Vernehmen nach sehr 
peseniliche Veraͤnderungen auf. Es sollen 190000 
Loose, davon 30000 Freiloose für die drei ersten 
dlaffen, ausgegeben werden; ein Theil der Loose 
zuch in Achteln. Die Gewinne sind dementsprechend 
hedeutend erhöht. In der ersten Klasse sollen je 
in Hauptgewinn von 30000 185000 und 10000 
Mark sein, in der zweiten Klasse je ein Gewinn 
hon 45000, 30000 und 15000 Mark, in der 
zrilten Klasse je ein Gewinn von 60000, 45000 
und 30000 Mark und in der vierten Klasse ein 
zewinn von 600000, zwei Gewinne von 300000. 
wei oon 150000, zwei von 100000, zwei von 
75000, zwei von 50000, zwei von 50000, zwei 
jen 40000 und zehn von 30000 Mark. 
Berlin, 1. Juni. Die Brannweinteuer⸗ 
dommisfion des Reichstags nahm am Dienstag 
mit 16 gegen 10 Stimmen ein Konsumsteuer von 
26 Pfg. an. Vorher war der konservative Antrag 
auf 80 und der nationalliberale auf 60 Pfg. ab⸗ 
zelehnt worden. Der übrige Theil des 81 des 
conservativen Entwurfs wurde abgelehnt. 
— Die „Vossische Zeitung“ bringt heute die 
auffällige Mittheilung, daß die Entscheidung dar⸗ 
uber, ob dem Reichstage noch ein Nachtragsetat 
für militärische Zwecke zugehen soll, abhängig ge⸗ 
macht werde von dem Schicksal des Militärorgani⸗ 
ationsgesetzes des Kriegsministers Boulanger in 
der französischen Deputirtenkammer. Man glaube 
daß diese das Gesetz annehmen werde, und betrach 
iet dies als die beste Motivirung für eine Ver— 
mehrung unserer Infanterie und Artillerie. 
Berlin, 2. Juni. In der heutigen Sitzung 
der Branntweinsteuer ⸗ Kommission ist mit Ausnahme 
des Nachlasses von 10 pCt. an Maischraumsteuer 
die gesammte Vorlage der Regierung abgelehnt 
worden. Nicht nur hat also die Regiecung die 
oon ihr geforderten 210 Millionen Mark nicht er⸗ 
jalten, sondern ihr wird durch den Nachlaß von 
10 pCt. der Maischraumsteuer sogar eine Einnahme⸗ 
Berminderung von 6 Millionen angesonnen! Das 
st das Schlußergebniß der mühsamen Arbeit, den 
Spiritus stärker zu belasten. Hiernach darf es 
als ficher gelten, daß überhaupt nichts mehr in 
meser Session zu Stande kommt. 
Der erfte Deutsche Reichs⸗Post⸗ 
dampfer wird unter entfprechenden Feierlichkeiten 
Bremerhaven am 830. Juni verlassen. Bereits 
Anfangs Juni wird aber ein Lloyddampfer auf 
der ostafiatischen Linie vorausgesandt werden, dami 
schon im Juli auch von Osiasien aus eine regel⸗ 
naͤßige Heimfahrt ermöglicht wird. Die neuen 
dampfer sind übrigens am 80. Mai in Stettin 
ingehend vom Staatsminifter v. Bötticher besichtigt 
vorden. In seiner Begleitung befand sich der 
Präsident des Reichstages, Herr v. Wedell⸗Piesdorf 
sowie Mitglieder des Bundesraths. 
Ausslaud. 
Paris, 2. Juni. Die Ausweisungskommis⸗ 
ion beschloß mit 6 gegen 5 Stimmen die Aus⸗ 
veisung aller Prätendenten. Die Majorität begab 
ich hicrauf zu Freycinet, um eine Einigung mit 
der Regierung zu suchen. Freycinet lehnte jede 
hindende Erklärung ab und versprach, im morgigen 
Ministerrath den Antrag Burdeau Brousse berathen 
zu lassen, wonach die Ausweisungen obligatorisch, 
Ausnahmen aber zulassig sind für Prinzen, welche 
aicht nach dem Erstgeburtsrecht thronfähig sfind. 
Newyork, 2. Juni. Johann Mo st wurde 
seute zu zwolf Monaten Kerker und 500 Dollars 
Beldstrafe verurtheilt. Der Richter sprach sein 
Bedauern darüber aus, daß es keine höhere gesetz⸗ 
näßige Strafe gebe; er halte Most für den groͤß 
en Schurken, den er je gesehen habe. Die Anar⸗ 
histen Braunschweig und Schenck wurden zu je 
neun Monaten Kerker, Braunschweig außerdem noch 
zu 250 Dollars Geldstrafe verurtheilt. 
Die Verurtheilung Most's und der 
zeiden anderen Anarchisten erregt in Amerila all⸗ 
zemeine Befriedigung. Alle Zeitungen enthalter 
ustimmende Artikel und drücken die Hoffnung aus 
daß der Ausgang des Prozesses die Wirkung haben 
verde, alle Arten von Agitatoren von mordbren⸗ 
nerischen Reden zurückzuhalien. An einen Erfolg 
der Most'schen Appellation wird nicht geglaubt, 
vohl aber gehofft, daß auch die 22 in Chicago 
mngellagten Anarchisten der Verurtheilung nicht 
nitgehen. 
BæDXXÆäM 
Lorkale und pfaälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 4. Juni. Am verflossenen 
Nittwoch wurde in der hiefigen Lateinschule durch 
derrn Konsistorialrath Risch aus Speyer die 
zrufung iu der protestantischen Religionslehre vor⸗ 
enommen. 
* St. Ingbert, 4. Juni. Heute wurde 
dahier durch Herrn Bezirksarzt Dr. Wittemeyer 
zus Blieskastel die zweite Impfung an den 
m Jahre 1874 geborenen Kindern vollzogen. 
* St. Ingbert, 4. Juni. (Theatecr.) Der 
Besuch des „Trompeter von Säckingen“ war wie 
vorauszusehen, ein sehr guter. Gedrangt voll war 
zas Haus. Die Aufführung kann als eine recht 
zelungene bezeichtret werden, wenn man von der 
rhören absieht. Der Trompeter ward von Hrn 
dlein in gefälliger Weise ganz im Sinne von 
Scheffel's Dichtung wiedergegeben; nur wurde dieser 
zute Eindruck bei den zahlreichen Gesangs⸗Solis 
eider manchmal beeinträchtigt. Die Margarethe 
der Frl. Ströhl war eine wirklich anmuthige Er 
cheinung, die ihrem Werner würdig zur Seite 
tand. Von allen übrigen Mitgliedern, die sämmtlich 
hr Theil zum Gelingen des Ganzen redliqh bei⸗ 
rugen, wollen wir nur noch den Damian des 
drn. Oppel und Conradin des Hrn. Schwantge 
jervorheben. Auch des Herrn Jucker sei gedacht, 
dessen Decoration der Tropffteinhoͤhle allgemein 
—X J 
— Am VDienstag den 8. Juni geht ein Er⸗ 
razua von Straßburag nach Berlin über; 
Landau, Neuftadt. Landau ab 2 24 Min. 
Nachm., Neustadt ab 3 Uhr 6. Fahrpreis: von 
dandau 1. Kl. 51 Mt. 60 Pfg., 2. Kl. 37 Ml. 
90 Pfg., 3. Kl. 25 Mtk. 20 Pfg., von Neustadi 
50 Mk. 40 Pfg., 37 Mk. 20 Pfg., 24 Mk. 70 
Pfg. Die Rückfahrt muß spätestens mit dem 
Schnellzug in der Nacht vom 22. auf 23. Juli 
beendet sein. Ein weiterer Extrazug geht am 8. 
Augufst. 
— Zweibrücen, 2. Juni. In die hoͤhere 
Töchterschule der Frl. Kroͤmmelbein sind dieser Tagt 
drei jugendliche Spanierinnen als Schülerinnen ein⸗ 
getreten. 
— Homburg. Die Steinhauer des Bau—⸗ 
meisters Friedrich haben wie die „Pf. Zeitung.“ 
neldet, die Arbeit eingestellt; sie verlangen Lohn⸗ 
rhöhung. — Woher soll denn der Arbeitgeber in 
her gegenwartigen miserabeln Geschäftszeit die Mittel 
zur Aufbesserung der Lohne nehmen? 
— Hochspeyer. In der am Sonntag da⸗ 
hier statigehabten Generalversammlung der deutschen 
Lolkspartei in der Pfalz, in welcher Herr Reichs⸗ 
agsabgeordneter Grohe den Vorsitz führte, wurden 
die nachstehenden HH. in den Ausschuß gewählt: 
Burgermeister Hohle, Emil Rohr, J. Wertheimer, 
G. Kraus, J. Rink und J. J. Goitrand, sämmtlich 
aus Kaiserslautern, ferner die Herren Karl Becker, 
W. Butz und Chr. Kobelt aus Kirchheimbolanden, 
Jul. Krafft aus Neustadt, G. Ottmann jr. und 
darl Haberle aus Hochspeyer, Armknecht aus Marn⸗ 
jeim, Adjunkt Dietz aus Alsenz, Fr. Wilhelm aus 
Maikammer, H. Volcker aus Edenkoben, Fabrikant 
Stern aus Zweibrücken, Oekonom L. Scheu aus 
Standenbühl und Jos. Martin aus Kusel. 
— Landau, 1. Juni. Der 2892 Jahre 
alte Unteroffizier Viereck aus Bütow in Pommern 
pon der 6. Batterie des 2. Feldartillerie⸗Regiments 
hat sich um 221 Uhr mit einer Kanone in dem 
Beschützschuppen an der Oberihorstraße erschossen. 
Die Kanone hatte er mit einer Kartätsche, die 76 
ugeln enthielt, geladen, die Kanone tief gerichtet 
und sich, die Brust gegen das Rohr stemmend, da⸗ 
vor gekniet. Der Schuß zerriß den Oberkoͤrper in 
zrauenhafter Weise; der Kopf mit dem oberen 
Theil der Brust flog 9 Meter weit auf den Exer⸗ 
zierplatz hinaus; die Kugeln schlugen auf den Boden 
auf, prallten ab und flogen gegen die Synagoge 
und zum Theil bis zur Richter'schen Werkstätte an 
her Germersheimer · Distriktsstraße. Der Grund zu 
dem Selbstmord ist darin zu suchen, daß Viereck 
schon mehrmals bestraft war und gestern abermals 
nit 8 Tagen Mittelarrest bestraft wurde, weil er 
im Sonntag Abend einige Stunden zu spät in die 
daserne einrückte. Viereck war Ausrüstungsunter⸗ 
affizier und hatte sich als solcher die Kartätsche zu 
yerschaffen gewußt. Begreiflicherweise hatte der 
Vorfall in der Oberstadt große Aufregung hervor⸗ 
gerufen. 
— Speyer, 31. Mai. Der heutige Tag 
hjat in den Annalen unserer Stadt eine gar trau⸗ 
rige Bedeutung. Am 31. Mai des Jahres 1689 
st in die alte freie Reichsstadt Speyer, die den 
Stürmen von mehr als 1600 Jahren widerstanden 
jatte, die Brandfackel geschleudert worden. Nachdem 
die französische Besatzung in aller Fruhe die Stadt 
verlassen und ein Lager auf dem Germansberge 
hdezogen hatte, kamen Nachmittags 8 Uhr 24 zum 
Anzuünden beorderte Soldaten nach der Stadt zurüd 
ind begannen gegen 6 Uhr das Zerstoͤrungswerk 
welches am 22. Juli vollstandig durchgeführt war 
„Die Staädt lag, mit Ausnabme des Alipörtels un*