Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Jugherter Amzeiger 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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der St. Jugberter Anzeiger“ erscheint wbchentlich füufmalr Am Trontag, Dienssstag, Donnerstag, Oamstag und CScuntag; 2mal woͤchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
Dlau und Sonntagt mit BSseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljahrlich 1 A 60 A einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 14 75 4, einschließli e 
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auf welche die Expedition Aukunft ertheilt, 18 4, Neclamen 30 . Bei 4maliger Ernrückung wird nur dreimalige berechnet. 
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M 2. 
Montag, 4. Januar 1886. 21. Jahrg. 
Deutsches Reich. 
Munchen, 31. Dez. EErnennungen.) 
Oberftaatsanwalt Fitting in Zweibrücken ist das 
Rinerkreuz des Kronenordens, dem Landgerichts⸗ 
hrasidenten Foll in Landau, dem kgl. Direktions⸗ 
rath Spaeth in Speyer das Ritterkreuz 1. Klasse 
des Michaelordens, dem Bahnmeister Nebel in 
dandau und dem Zugführer Kolb in Neufagt die 
ilberne Medaille des Kronenordens verliehen wor⸗ 
»en. Der Direktor des Eisenwerks Euler in Kai⸗ 
cerblautern hat den Titel Kommerzienrath erhalten, 
der kgl. Bezirksamtmann von Mörs in Speyer ist 
zum Regierungsrath und der Kunstgürtner Velten 
in Speyer zum Oekonomierath ernannt worden. 
Muͤnchen, 31. Dez. Seitens des Grafen 
Mar von Preyfing⸗Lichtenegg ist folgender Antrag 
an die Kammer gelangt: Es sei die königliche 
Staatsregierung zu ersuchen, zur Torfstreu— 
frage Stellung zu nehmen und zu diesem Behufe 
ersuchsweise für Streuberechtigte, oder in Gegen⸗ 
den, wo Streumangel öfter wiederkehrt, auch für 
dandwirthe, da wo in Rücksicht auf Erhalturg der 
Waldungen nicht genügende Hilfe gewährt werden 
fann, die Verwendung von Torfstreu anzubahnen. 
zu diesem Zwecke sei über das ganze Königreich 
zertheilt eine entsprechende Anzahl von Mooren zur 
Berfügung zu stellen, zugleich aber auch zu ver⸗ 
nitteln, daß thunlichst billige Bahn Frachtsätze er⸗ 
tellt und für zweckdienliche Verfrachtungsweife 
Sorge getragen werde. In den Motiven wird 
iuf die ungenügende Streuadgabe seitens der Forst⸗ 
ehörden, die Bedeutung der Streufrage für die 
dandwirthschaft, die Unentbehrlichkeit der Streu für 
den Wald und die vorzüglichen Erfahrugen hinge⸗ 
viesen, die Norddeutschland mit der Torfstreu seiner 
jannoverschen und braunschweigischen Moort, die 
ogar als Exportmittel in Bayern eingeführt werde, 
Jeinacht. Bayerns Moore koͤnnten dies Produkt, 
wie die Ausstellung beim Oktoberfest bewiesen, ge⸗ 
rau so wie Norddeulschland liefern und damit 
onne allen Klagen abgeholfen werden. 
Berlin, 30. Dez. Dir Lokalredakteur des 
Berl. Tagebl.“, Sigismund Perl, ist seit dem 
10. Dezember in Haft, weil er das Zeugniß dar⸗ 
iber verweigert hat, von wem eine am 29. Okto- 
zer im „Berl. Tagebl.“ unter Lokalnachrichten ver⸗ 
zffentlichte Notiz herrührt. Die Notiz besagt, daß 
»om 1. November ab die Grrichtskosten bei Be— 
rägen bis zu 30 Mk. nicht mehr bei den Zahl⸗ 
maspflichtigen durch den die Kostenrechnung über- 
zringenden Gerichtsvollzieher abgeholt werden sollen, 
ondern, daß fortan vielmehr die Behändigung der 
Kostenrechnung durch die Post erfolgen werde. Der 
nhaftirte Lokalredakteur gibt an, sich seinem Ge⸗ 
vährsmann, einem Beamten, gegenüber durch Ehren⸗ 
vort verpflichtet zu haben, den Namen nicht zu 
nsennen, nachdem der betreffende Beamte ihm erklärt 
jabe, daß er die Schande einer Disziplinarunter⸗ 
uchung wegen Verlezung der Amtäsverschwiegenheit 
nicht überleben werde. Landgericht und Kammer⸗ 
gericht haben Beschwerden gegen Verhängung der 
Zwangshaft zurückgewiesen. Dem Redakteur Perl 
st bei Beginn der Haft protokollarisch erdffnet 
vorden, daß die Dauer derselben 6 Monate (das 
vöͤchste geseßzlich zulässige Maß) erreichen werde. 
»erweste, wurde zum Schulverweser von Walsheim 
bei Landau ernannt. 
— Weingarten, 29. Dez. (C. T.) Daß 
mmer noch gute Geschafte zu machen sind, dafür 
zietet eine gestern dahier flattgehabte Minderver⸗ 
eigerung den besten Beweis. Das Anzünden der 
Straßenlaternen, für welches bisher 30 Mk. pro 
zJahr verausgabt worden war, wurde geftern um 
lMk. 30 ppf. — sage eine Mark und fünfzig 
Pfennig — pro Jahr vergeden. Die Oellieferung 
äbernahm wiederum Herr Kaufmann Weber dahier, 
uind zwar zu 20 Pfennig pro Liter. Im Vorjahre 
vurden 30 Pfennig für den Liter bezahlt. 
Vermischtes. 
Sit. Arnual, 2. Januar. Zwei 18jährige 
Burschen von hier geriethen am Neujahrsmorgen 
jegen 6 Uhr mit dem Aljaährigen Sohne einer 
diesigen Wittwe in Streit, wobei leider das Messer 
vieder einmal eine Rolle spielte, indem die beiden 
Ersteren dem Letzteren 6 Stiche beibrachten, wovon 
iner 6 Centimeler tief ist. Der Verwundete liegt 
chwer krank darnieder. Die beiden jugendlichen 
Thäter wurden noch im Laufe des gestrigen Tages 
yerhaftet und geschlossen nach Saarbrücken ins Ju⸗ 
tizarresthaus abgeführt. 
f Mex, 28. Dez. Am 24. ds. Mis. wollte 
ein junger Mann, welcher um 9 Uhr hier abfuhr, 
uim 9.3 in Pagny die französische Grenze passiren 
ind wurde von dem am Zollausgang postirten 
ranzösischen Polizeikommissar behufs seiner Legi⸗ 
imirung nach seinen Papieren gefragt. Der junge 
Mann holte statt der Papiere einen Revolver aus 
zer Tasche und erschoß sich vor den Augen des 
Polizeikommifsars. Die nach der Person des Selbst⸗ 
nörders angestellten Recherchen ergaben, daß er 
Zeinrich G. heißt, aus Konstanz i. B. gebürtig ift 
ind im Haruse Kahnweiler Sohne in Mannheim 
ingestellt war. 
Mez, 30. Dez. Untek den Wölfen und 
Wildschweinen in den Waldern bei Gravelotte wird 
ortwährend wacker aufgeräumt. Wie man der 
„Gaz. de Lorr.“ unterm 28. ds. aus Gravelotte 
chreibt, haben Jäger von dort und von Ars in 
der Woche vor Weihnachten nicht weniger als 6 
Wildschweine erlegt; dazu kommt als siebentes ein 
nächtiger Keiler, der einem Herrn U. Devezon im 
Walde von Vaur zum Opfer fiel. Ein anderer 
Jäger hat in den lezten Tagen 2 Wölfe getödtet. 
F Nach einer Anzeige des Mainzer Polizei- 
intes wurde im dasigen Centralbahnhof am 31. Dez. 
ein Päckchen, enthaltend Coupons und Geldbriefe 
im Werthe von 4505 Mk. verloren. Sämmiliche 
Foupons sind auf der Rückseite mit dem Firmen⸗ 
tempel „Gebr. Oppenheim, Mainz“ versehen. 
Frankfurt a. M. Was frißt der Ele⸗ 
ohant im Zoologischen Garten täglich? wird sich 
chon Mancher gefragt haben. Miß Bezzi ist zu⸗ 
tieden mit ca. 100 Pfund Heu, Z sechspfündigen 
daib Brod, einem Eimer Wasser und zur Adwech⸗ 
elung auch mit einigen Krautlöpfen. Da der 
xlephant ein Strohlager liebt, so erhalt er ein 
olches fehr dick bestreut. Um Morgen ist der 
Warter der Wegraͤumung überhoben, über Nacht 
sat er sein eigenes Bett gefressen. 
p'In Koln hat der 34jährige Schuhmacher 
Schmitz seine Geliebte auf offener Straße mit dem 
Taschenmesser er stoch en. Vorübergehende nahmen 
hn fest. Er behauptet, daß er von der Ermordeten 
estohlen worden ist. 
4 Düsseldorf, 28. Dez. Die Familie 
unseres Oberbürgermeisters wurde geftern durch einen 
Unfall in tiefe Trauer versetzt. Der älteste Sohn 
hatie als Weihnachtsgeschenk eine jener kleinen Loko⸗ 
mobilien erhalten, die als Spielzeug dienen, durch 
eine Spirituslampe geheizt werden und eine kleine 
Maschine in Bewegung seßen. Der Knabe beschäf⸗ 
nigte sich gestern damit, die Lokomobilie zu heizen; 
dieselbe explodirte und die Stücke flogen ihm in's 
Besicht. Derselbe wurde entsetzlich zugerichtet und 
das Geficht zerrissen. Man fürchtet sogar den Ver⸗ 
lust beider Augen. 
F Aus der Taubergegend, 30. Dez., 
schreibt man dem B. Landesb.“: Das Tagesge⸗ 
spräch bildet das Verschwinden des Kaufmanns 
Hirschhorn in Hochhausen, welches ganz ungeheures 
Aufsehen erregt. H. ist seit 8 Tagen in Begleit⸗ 
ung seiner Tochter nach Amerika gereist, Frau und 
Zinder hinterlassend. Das bereits konstatirte 
Defizit soll über 100,000 Mark betragen. H. 
tand im Rufe großen Reichthums und haben ECin⸗ 
zelne 10,000 bis 12,000 Mt. zu fordern. Leider 
verden auch mehrere gering bemittelte Leute durch 
Bürgschaften stark geschädigt werden. 
München, 31. Dez. Herr Karl Boshart, 
der in der bekannten Zeugnißzwangsaffaire vielge⸗ 
aannte Redakteur der „R. N.“, scheidet, wie das 
Blatt heute berichtet, auf eigenen Wunsch aus der 
Redaktion aus. 
F Wie Kleines zu Großem heran 
wächst, wenn es solid und gut ist, zeigt sich an 
zer in dem Städtchen Rothenburg ina der 
Iberlausitz begründten großen Vereins-Sterbekasse. 
Die Kasse wurde 1856 von acht Mann begründet. 
um sich und Anderen die Möglichkeit zu geben, 
ron der Familie die dringendste Noth bei Eintritt 
eines Todesfalles abzuwenden. Ende 1857 zählte 
zie Kasse 253 Mitglieder und ein Vermoögen von 
306 Thlr. 24 Sgr. 2 Pfg. 1867 2789 Mit- 
zlieder und 17,422 Thlr. Vermögen. 1872 wurde 
das Maximum des Sterbegeldes von 100 auf 200 
Thlr. erhöht, nun wuchs die Mitgliederzahl 1877 
auf 13,023, 1879 auf 24,084, 1881 auf 29,417 
1884 auf 70,512 mit einem Versicherungs⸗Kapital 
»on 21,186,525 Mk. Am 20. September ds. 
Is. wurde das 100,000ste Mitglied eingeschrieben. 
Das Vermögen der Kasse beträgt jetzt 1.772,621 Mtk. 
FHamburg, 30. Dez. Aus Struer (in 
Jütland, Bezirk Ribe) wird von heute Mittag ge⸗ 
neldet, daß seit Mitternacht ein großer Moorbrand 
tattfindet. Auf dem Haidemose, dicht an der Gisen⸗ 
zahn Skive⸗Vinderup brennen gegenwärtig 2 Mill. 
Torfsoden. Die Lagerschuppen und Arbeiterhäuser 
ind zerstoͤrt und es wird eine weitere Ausbreitung 
zes Brandes befürchtet. Es herrscht Südweststurm 
ind der Verkehr auf der KFisenbahn wird wahr⸗ 
cheinlich unterbrochen werden müssen. 
F In Berlin erhängte sich ein zehnjähriger 
enabe, weil ihm das Christkind kein Theater ge— 
zracht hatte, das er sich gewünscht. Es gelang, 
en kleinen Schlingel wieder abzuschneiden und in's 
deben zurückzurufen. Es war dies bereits der 
weite Selbstmordversuch, welchen der Junge verübte. 
F GOiebstahl.) Einem Kaufmann in der 
durfürstenstraße in Berlin wurden am zweiten 
Weihnachtsfeiertage Silbersachen im Gesammtwerthe 
»on etwa 1000 Ml. mittels Einbruchs aus seiner 
Wohnung gestohlen. Die Diebe waren so frech, 
daß sie auf einem in der Wohnung befindlichen 
reierkasten gespielt haben. 
FGasnennt man Feiertagsruhel 
Vierzehn Brände, darunter zwei Große, ein Mittel⸗ 
ZSokale und pfälzische Rachrichton. 
*St. Ingbert, 4. Jannar. Der Schul⸗ 
ienst⸗Erspeltant Joseph Scher ff von hier, welcher 
isher die Schule des erkrankten Lehrers Drumm