Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
de „St. Jugberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnuerstag, Samstag und Sonntag; 2 mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗
zlatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1.46 60 S einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 16 75 8, einschließlich
V zustellungsgebuhr. Die Einrücknugsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen,
auf welche die Expedition Auskunst ertheilt, 18 H, Reklamen 80 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet.
21. Jahrg.
126.
Sonntag, 4. Juli 1886.
Bestellungen
auf den
„St. Ingberter Anzeiger“
für das
AII. Ovuartal 1886 —
vehmen noch fortwährend an: die Postanstalten, die
hosiboten, die Austräger und
Die Expedition.
dirchheimbolanden treffen 11, Frankenthal 8, Neu⸗
tadt 8, Speyer 5, Kusel 3, Kaiserslautern 2 und
nuf Zweibrücken, Pirmasens und Homburg je ein
Berein. GN. B.Z.)
— In der Nacht vom 30. Juni auf 1. Juli
erhängte sich der ledige, 458 Jahre alte Metzger
Zeinrich Wagner aus Dürkheim im Amisge⸗
aͤchtsgefangnisse zu Speyer, woselbst derselbe
vegen Landstreicherei inhaftiert war. Wagner soll
oͤfters an Geistesstörung gelitten haben.
— Durkheim, 2. Juli. Heute Vormittag
erschoß sich dahier der Hotelier J. Sieber. Der
Berlebte befand sich in letzter Zeit in sehr schwer⸗
nüthiger Stimmung, in welcher derselbe wohl auch
die verzweifelte That ausführte. (D. A.)
Vermischtes.
Würzburg, 2. Juli. Ueber das Eisen⸗
hahn⸗Unglück berichtet die „N. Würzbg. Ztg.“:
Der Zusammenstoß war ein furchtbarer. Ein
veithin vernehmbarer Schlag gewaltiger als
eine Baiteriesalbe ertönend, erschreckte sofort
die Umgebung, namentlich die in einem na—
hen Steinbruche beschäftigten Arbeiter und die
Finwohner der Artilleriekaserne. Erstgenannte
waren zuerst zur Hilfeleistung zur Stelle, alsbald
kamen auch Mannschaften des Artillerie-Regiments,
die dann Wagen aus der Kaserne zur Unglücks-
dätte brachten, um die Verwundeten aufzunehmen.
Der Schauplatz des Unglücks bot ein furchtbares
Bild. Sofort wurde vom Bahnhof Würzburg ein
Extrazug mit Arbeitsmannschaft, dem Inspektions
personal, dem Bahnmeister, Ingenieur u. s. f. ab⸗
zelassen, um theils die Verwundeten aufzunehmen
heils die Passagiere herein zu befördern. Beide
dokomotiven waren dicht ineinander gefahren; der
Tender jener des Personenzugs „Krobsburg“ lag
zerbrochen zur Seite, der der Schnellzugsmaschine
„Gundelfingen“ aufrecht inmitten beider, wie eine
einzige Maschine dastehenden Lokomotiven. Der
Packwagen des Schnellzugs lag ganz zertrümmert
zur Seite, ebenso der Postwagen; die übrigen
Wagen des Schnellzugs waren losgekuppelt und
theilweise aus dem Geleise gerathen. Vom Schnell
zuge erlitt der Führer Weidner einen Beinbruch—
der Heizer Schemm blieb unverletzt.
—F Würzburg, l1. Juli, 9 Uhr Abends
Fine offizielle Mittheilung über das Eisenbahn⸗
Unglück sagt: „Der Postzug Nr. 49. stieß heute
auf offener Strecke zwischen Würzburg und Rotten⸗
dorf, und zwar auf dem Nürnberger Geleise, mit
dem Kurierzug Nr. 53 (Berliner Kurierzug) zu⸗
ammen und wurden infolge dieses Unfalles 10
Zassagiere und Bedienstete auf der Stelle getödtet,
10 Personen schwer und etwa 20 Personen leicht
»erwundet. Die Ursache des Unfalles erscheint
noch nicht festgestellt· — Der verhängnißvolle
Fehler scheint in Würzburg oder Rottendorf im
Zugablassen begangen worden zu sein. Fahrplan⸗
näßig soll der Postzug 1 Uhr 20 Minuten im
Bahnhof Würzburg einlaufen, der Kurierzug um
l Uhr 20 Min. nuslaufen; wird dies eingehalten,
so ist eine Kollision außerhalb des Bahnhofes un⸗
nöglich. Der Postzug hat eine Verspätung gehabt,
zer Kurierzug ist trotzdem ausgelaufen, merkwür ˖
digerweise auf dem nämlichen Geleise, obgleich die
Strecke bis Rottendorf zweigeleisig ist. (Tode hat's
leider mehr als 10 gegeben; die Zahl ist noch
ucht festgestellt. Von den Schwerverletzten sind
nehrere gestorben.)
Der „Rhein.Westf. Ztg.“ entnehmen wir einen
Bericht über „Das mutmaßliche Wetter
im Juli⸗Monat von 1836,“ welcher jeden⸗
falls auch für die Leser des Anzeigers Interesse
hat und lautet wie folgt; Wenn zu Zeiten bei
langer Dürre Gefilde und Weiden nach Regen
echzen, wenn bei anhaltenden Regenfällen über—
mäßige Nässe die Saaten ertränkt, wenn zur
Winterzeit Frost, Eis und Schnee wochenlang
den Verkehr hemmen, dann fragen wohl Tau⸗
sende und aber Tausende: ‚Wielange wird dies
vähren?“ Indes auf diese Frage vermag unsere
Wetterkunde bis jetzt keine andere Antwort zu er⸗
eilen, als jeder Mann des Volkes auch. Nur auf
einen oder vielleicht auf einige Tage hinaus gibt
uns die „gegenwärtige“ Wetterkunde fast ganz oder
ziemlich oder zum Theil zuverlässigen Aufschluß,
darüber hinaus bleibt auch bei ihr alles dunkel.
Und doch möchte unser Landmann, Industrieller,
Beschäftstreibender sich damit nicht mehr zufrieden
jeben. Er erwartet von der Meteorologie größere
deistungen. Seit lange schon sind auch manche
Forscher thätig, um solche Leistuagen anzubahnen.
Zu dem Zweck hat man z. B. längst die Veränder⸗
ungen auf dem Sonnenball studiert, die Flecken,
welche sich auf der Sonne zeigen, beobachtet, ihre
Zunahme, ihre Abnahme, ihr Verschwinden, ihr
Wiedererscheinen, und der Naturforscher Lockyer
glaubte zu finden, daß die Erscheinungen der Witter⸗
ung im großen und ganzen abhingen von einem gewis⸗
sen Cyklus, der mit der elfjährigen Periode der Son⸗
nenflecken im innigsten Zusammenhang stehe. In der
That hat diese Ansicht manchen neuen, ungeahnten
Aufschluß gegeben, und der rühmlichst bekannte Astro⸗
aom Hermann Klein zu Köln am Rhein schrieb in
bezug auf diese Entdeckung bereits im Jahre 1878
don einer „Meteorologie der Zukunft“.
Jedoch den gewünschten Erfolg hat diese Ent—⸗
deckung Lockyers bis jetzt ebenfalls nicht gehabt.
Sollte es denn nicht noch etwas anderes geben,
„wovon unsere Philosophie sich bis jetzt nicht träu⸗
men ließ?“ Ein Geheimnis des Wetters existiert,
— das erklären Wetterforscher ersten Ranges. Sie
zeben zu, daß eine unerwartete Entdeckung, das
Geheimnis enthüllen mag. Aber wo den Schleier
erfassen, der das Geheimniß verhüllt?! Gleich dem
Schüler Goethes steht der Mensch staunend vor
dem Anblick der Natur und ruft seufzend aus:
Die Blätter sind so kolossal
Und ihre Schrift gar seltsam abbreviert?
Die Natur in ihrer fesselfreien Allgewalt, sagt
man da, läßt sich an keine Regeln fesseln, — als
wenn „Allgewalt“ und „Regeln“ nicht auf Eins
svinauslaufen könuten. Gehorcht nicht Alles den⸗
elben großen ewigen Gesetzen? Auch die Regel⸗
osigleit“ der Witterungserscheinungen und ihrer
Folgen wird sich mehr und mehr einer großen Regel
unterworfen zeigen, deren Geltung man freilich nicht
in den beschränkten Raum eines oder mehrerer Jahre
bannen darf.
Die Prognose, welche der Unterzeichnete hier
veröffentlicht, beruht auf einer Reihe von Entdeck—
ungen, zu denen lange Forschungen ihn geleitet haben.
Nicht von Tag zu Tag wird hier das kommende
Wetter angezeigt, sondern der allgemeine Verlauf
während der einzelnen Monate von Sommer und
Winter, Frühling und Herbst. Wohl bin ich mir
bewußt, welchen Schwieriegkeiten von Seiten der
„Kritik“ ein solches Unternehmen begegnet, — je-
doch wer Gutes mitzutheilen weiß, darf vor solchen
Schwierigkeiten nicht zurückweichen. Es wird mir
Veutsches aRceich
München, 2. Juli. Das „Fremdenblatt“
ill wissen, das Kabinet Lutz habe gestern Abend
eine Demission eingereicht, welche spätestens heute
em Prinz⸗Regenten unterbreitet werde.
Berlin, 2. Juli. Es gilt als sicher, daß
et Kaiser Franz Josef dem Kaiser Wil-
selm eiwa Mitte Juli einen Besuch in Gastein
bsta tten werde.
Ems, 2. Juli. Der Kaiser hat heute den
zrinzen Leopold von Preußen, der von Bonn hier
ingelroffen ist, ferner den Erzbischof Kremenz von
dönn und den Grafen Solms⸗Roödelheim zur Tafel
gezogen. —
Ausland.
Paris, 1. Juli. Der Ministerrath lehnte
instimmig das Entlassungsgesuch Saussiers ab.
zoulanger ersuchte Saussier schriftlich auf seinem
bosten zu verbleiben.
Lokale und vfälzische Nachrichten.
p. Schnappach, 3. Juli. Gestern Nach—⸗
nittag wurde dahier der protest. Lehrer Friedrich
klensch beerdigt. Schon von anderer Seite
wurde demselben an dieser Stelle ein wohlverdien-
let ehrender Nachruf gewidmet. Die äußerst zahl⸗
teiche Leichenbegleitung — so zahlreich wie sie
unsere Gemeinde noch nicht sah — bewies, welch'
inigen Antheil sowohl die hiesige Bevolkerung wie
die benachbarten pfälzischen und preußischen Kol—
egen des Verstorbenen an diesem Trauerfalle
rahmen. Am Sterbehause und am Grabe sangen
iie Lehrer ihrem verstorbenen Kollegen das letzte
Lebewohl!“ nach. In einer ergreifenden und
nöͤstenden Trauerrede, die gar manches Auge zu
Thranen rührte, schilderte Herr Pfarter und Di⸗
liltsschulinspeltor Ferckel den Verstorbenen als
iebebollen Gatten und Vater, als treuen Freund,
ußs fleißigen Lehrer, als schlichten und redlichen
bürger. In eines Jeden Brust regte es sich: ein
duter Mensch wird hier begraben. Ja, wir
aben in dem Verstorbenen einen guten Menschen
zegraben, der bvon Allen, die ihn kannten, noch
aange in ehrendem Andenken behalten werden wird.
„S Es existiren gegenwärtig in der Pfalz
58 Vereine verschiedener Gattung, durch welche
wsschließlich das materielle Interesse der Mitglieder
serselben gefördert wird, nämlich: 40 Consum⸗
dereine mit 5745 Mitgliedern, 62 Viehversicher⸗
ingoͤdereine mit 4866 Mitgliedern, 74 Obstbau⸗
gereine mit 5156 Mitgliedern, 35 Bienenzucht
XX mit 2243 Mitgliedern, 4 Fischerei Vereine
mt 185 Mitgliedern, 9 Geflügelzucht⸗Vereine mit
197 Mitgliedern, JPferdezucht · Verein mit 615
Weitgliedern, 3 Rindviehzuchibereine mit 87 Mit-
liedern, 23 Credit .Vereine. Bei den 40 Consum-
dereinen wurden im abgelaufenen Jahre fur be—
ogene Waaren 632,019 Mark bezahlt und kommen
abon auf jedes Mitglied 110 M. Auf den Bezxirl