Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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21. Jahrg. 
Samstag, 10. Juli 1886. — 
Seutsches Reich. 
Muͤnchen, 5. Juli. Nach ergangenet Be⸗ 
ummung des Generalkommandos sind heuer die 
münarpflichtigen Schullehrer und Kandidaten des 
ʒchulamtes, welche in vorschriftsmäßiger Prüfung 
—* Befahigung für das Schulamt nachgewiesen 
sben, am 13. Juli einzuziehen und nach einer 
hswochigen Uebung am 24. Auqust wieder zu 
zeurlauben. 
Müunchen, 6. Juli. Das Handschreiben, 
vorin Prinz Luitpold das Gesuch des Ministeriums 
rescheidet, laͤutet: „Die sämtlichen Minister haben 
ur mit gemeinsamer Vorstellung vom 3. ds. M. 
die Bitie um Enthebung unterbreitet und in ein⸗ 
ehender Begründung namentlich, die sich mehrenden 
lugriffe auf das Gesammtministerium hervorge⸗ 
oben. Diese Angriffe vermögen jedoch nicht die in 
nir feststehende Ueberzeugung zu erschüttern, daß 
uß Gesammtministerium unter den schwierigsten 
herhältnissen seine aufopfernde Hingebung an Krone 
iud Land bewährt hat und für die Interessen, 
wvelche dasselbe zu schirmen und zu fördern berufen 
st, in ersprießlicher Weise eingetreten ist. Das 
hestreben des Gefammtministeriums ist, wie ich in 
igener reger Antheilnahme an den Staatsgeschäf⸗ 
en seit Jahren wahrzunehmen Gelegenheit hatte, 
atdauernd darauf gerichtet, in pflichtgemäßer ob⸗ 
der Würdigung der Sachlage die geistigen und 
maieriellen Güter des Volkes zu erhalten und zu 
nehren. Von dem hierbei Erzielten steht mir der 
zchutz der Religion und die Wahrung des Frie⸗ 
ens unter den Konfessionen obenan, und ich em⸗ 
finde es mit ganz besonderer Freude, daß zu öf⸗ 
Ain Malen von der höchsten latholischen Autorität 
die dolllommene Befriedigung über die Lage der 
atholischen Kirche in Bayern ausgesprochen worden 
s. Von großer Bedeutung find auch die zahl⸗ 
reichen Bestrebungen des Ministeriums, welche die 
Ztarlung des Wohlstandes und der Steuerkraft im 
jande bezwecken und nach beiden Beziehungen, so⸗ 
veit die Regierung hiezu beitragen kann, relatir 
ünstige Zusiände angebahnt und befestigt haben. 
in Eiwiderung der Vorstellung der sammtlichen 
Rinister spreche ich denselben meine volle Aner⸗ 
ennung für Ihr seitheriges Wirken, insbesondere 
sur Ihr reues gewissenhaftes Aushalten in den 
ehten schweren Zeiten, sowie mein volles Vertrauen 
mit dem Beifügen aus, daß ich des Rathes so 
diensterfahrener Männer nicht entbehren möchte, 
vielmehr deren Verbleiben im Amte ausdrücklich 
wünsche. Ich hoffe und erwarte, daß immer mehr 
ind mehr alle jene, denen das Wohl unseres teueren 
baterlandes am Herzen liegt, dazu mitwirken wer ⸗ 
den, dem Lande vor allem die Segnungen des 
nneren Friedens zu sichern. München, 6. Juli 
1886. Luitpold, Prinz von Bayern. des Konig⸗ 
reichs Bayern Verweser.“ 
Muͤnchen, 8. Juli. Se. Kgl. Hoheit der 
Zrinzregent wollte dem Kaiser Wilhelm einen Be⸗ 
uch abstatten; derselbe unterblieb bis jetzt mit Rück⸗ 
icht auf die Kur des Kaisers. Die Begegnung 
n Munchen gilt als feststehend. Sräter soll dann 
ver Besuch folgen. 
Munchen. Es wird bestätigt, daß Minister 
dr. Frhr. v. Lutz und Frhr. v. Crailsheim, 
dem Fürsten Bis mardeinen Besuch in Kis⸗ 
ngen abstatten werden, doch handelte es sich da 
bei im Grunde nur um einen Höflichkeitsbesuch 
wie er in früheren Jahren auch statigefunden hat 
Daß die Herren aber die Vorkommnisse der iünast. 
—E sieben 
Siegeln behandeln und etwa nur über den Salz⸗ 
zehalt der Kissinger Quellen reden werden, darüber 
braucht man wohl nitht erst die Leser aufzuklären. 
Berlin, 8. Juli. Der Prinzregent Luit 
pold von Bayern hat auf das Condolenzschreiben 
des Kaisers Wilhelm mit einem Dankschreiben ge⸗ 
antwortet, in welchem es unter anderem heißt: 
Mögen Ew. Kaiserliche Majestät sich überzeugt 
halien, daß auch Ich meinerseits nichts sehnlicher 
erstrebe, als die Aufrechthaltung und Befestigung 
der so glücklich bestehenden innigen und vertrauens⸗ 
vollen Veziehungen, welche zum Heile Deuischlandẽ 
die Kronen Preußens und Bayerns verbinden. 
Berlin 8. Juli. Gegenüber anderweitigen 
Nachrichten können wir auf das Bestimmieste ver⸗ 
fichern, daß es auch nicht einmal in Erwagung 
gezogen worden ist, den Reichstag im Spaätsommer 
zu berufen, um ihm eine Branntweinsteuervorlagt 
zu unterbreiten. Wenn nicht ein außerordentlicher 
Anlaß, wie etwa 1883, vorliegt, so wird der 
Reichstag vor dem üblichen Novembertermin nicht 
zusammentreten. 
Ems, 8. Juli. Zur kaiserlichen Tafel war 
gestern der Gesandte Bayerns in Berlin, Frhr. v. 
Lerchenfeld, gezogen. Für heute haben Einladungen 
erhalten der F,urst und die Fürstin Wied, sowie 
Prinz und Prinzessin Nicolas von Nassau. Die 
Abreise des Kaisers ist auf Sonntag Nachmittag 
uhe fesigefeßt. Der Kaiser begibt sich zunächf 
nach Koblenz zum Besuche der Kaiserin. F. J.) 
Breslau. Sieben polnische Studentenver⸗ 
eine sind hier aufgelöst worden. Ein Anschlag 
am schwarzen Brett der Universität macht dies be⸗ 
hannt und weist darauf hin, daß die Gründung 
derartiger neuer Verbindungen verboten und den 
Studierenden der Eintritt in polnische Vereine, 
velche außerhalb der Univerfität stehen, bei Ver⸗ 
meidung disziplinarischen Einschreitens, untersagt ist 
gehabt. Die Heimkehr von 850 Artilleristen aus 
dem Feldzuge don Tonkin wurde zu großen patrio⸗ 
tischen Kundgebungen benutzt, der Gouverneur von 
Paris, General Saussier, hatte sich mit seinem 
Stabe zur Begrüßung der Soldaten am Bahnhofe 
eingefuͤden. Auch die Spitzen der städtischen Be⸗ 
hörden, sowie zwölf Ehrenjungfrauen waren er⸗ 
schienen. Es wurden Ansprachen gehalten, in 
welchen es hieß, daß die Schande von Sedan nun 
endlich getilgt sei, daß die Vernarbung der Wun⸗ 
den des Valerlandes“ begonnen habe und daß 
Frankreich mit solchen Soldaten der Zukunft getrof 
entgegensehen köͤnne. Auch der Hinweis auf die 
Wiedereroberung der geraubten Provinzen Elsaß 
und Lothringen hat selbstverständlich nicht gefehlt 
bei den Festreden. 
London, 8. Juli. Das Reuter'sche Bureau 
bestätigt, daß die britische Regierung von der rus⸗ 
fischen Regierung die Anzeige von der Aufhebung 
des den Hafen von Batum betreffenden Artikels 
des Berliner Vertrages erhielt; eine ähnliche Mit- 
theilung ging den anderen Mächten zu. Hierdurch 
werde Batum ein integrirender Theil Rußlands, 
England dürfte aber seine Interessen durch die Auf⸗ 
hebung des betreffenden Artikels nicht als besonders 
hberuührt erachten, da der britische Handel jetzt über 
den perfischen Meerbusen gehe; die britische Regierung 
würde daher auch keine vereinzelte Aktion unter- 
nehmen, sondern mit den anderen Großmächten 
handeln. 
Die „Times“ äußert heute über das von der 
„Koln. Zig.“ gemeldete Vorgehen Rußlands 
bezüglich Batums: Die cynische Kündigung des 
beireffenden Artikels des Berliner Vertrages müsse 
den englischen Staatsmännern und der englischen 
oͤffentlichen Meinung gründlichen Argwohn gegen 
die Ehrlichkeit der russischen Regierung einflößen; 
fie habe eine verhängnißvolle Aehnlichkeit mit der 
Aufhebung der Klausel des Pariser Vertrages von 
1870 über das Schwarze Meer. Wenn England 
wieder angegangen werden sollte, an die Arglosig⸗ 
keit der russischen Diplomatie zu glauben, werde 
es fich jener düsteren Episoden erinnern und sich 
sagen, daß die Schwierigkeiten einer englischen 
iiberalen Regierung von Rußland in der Regel zur 
Begehung eines internationalen Vertrauensbruchs 
benutzt würden. 
Lokale und vfälzische Nachrichten. 
— Von der Blies, 6. Juli. Am 2. d. 
M. sprang in Breitfurt ein 10jahriger Knabe 
Doppelwaise) in die Blies, um den Tod durch 
Ertrinken zu suchen. Der jugendliche Lebensmüde 
wurde aber noch rechtzeitig aus dem Wasser gezogen. 
Die Motive dieses Selbstmordversuches sollen in 
der Art der Behandlung des Kindes durch seinen 
Pflegebater zu suchen sein. Gerichtliche Untersuch⸗ 
ung ist eingeleitet. 
— Kaiserslautern, 8. Juli. Herr 
Bezirksrabbiner, Dr. Landsberg hierselbst., hat fol⸗ 
gendes Dankschreiben erhalten: „Euer Wohlgeboren! 
Seine Königliche Hoheit der Prinzregent haben 
das von Ihnen eingesendete Exemplar Ihrer Trauer⸗ 
rede zum Gedächtnisse Weiland Seiner Majestät 
Koönigs Ludwigs II. gnädig entgegengenommen und 
lassen die Vorlage derselben mit dem Ausdruck des 
Allerhöchsten Dankes erwiedern. Mit vorzüglicher 
Hochachtung Euer Wohlgeboren ergebener Freyschlag 
von Freyenstein, Generalmajor, Generaladiutant 
Au⸗ælanbd. 
Wien, 8. Juli. Rerschiedene Blätter hringen 
die Nachricht, mehrere Höfe hätten dem Grafen von 
Paris vertraulich mittheilen lassen, sein eventueller 
Besuch würde angesichts seines Manifestes Miß 
deutungen veranlassen, welche befser zu vermeiden 
wären. 
Brüssel, 8. Juli. In Hofkteisen verlautet. 
der König wolle den Grafen von Paris nach dem 
ͤblen Eindruch, den das Manif est des Grafen her⸗ 
vorrief, nicht me hr empfangen. Thatsüchlich ist der 
projekürte Äufenthalt des Königs in Ostende, wo 
die Begegnung mit dem französischen Pratendenten 
stattfinden solle. abgesagt worden. 
Paris, 7. Juli. Heute fand die Enthüllung 
des Dentmals Lamartines statt. Der Präsiden' 
der Deputiertenkammer Floquet, hielt die Gedãucht⸗ 
nißrede. —— 
DDer Kardinalerzbischof von Paris 
ist so lebensgefährlich erkrankt. daß sein Coadjutor 
die Gläubigen aufgefordert hat, für ihn zu beten. 
(Nach einem heutigen Berichte ist der Erzbischos 
don Paris, Mons. Guibert, gestern gestorben.) 
Die Syndikatskammern von Paris haben 
in der gestern abgehaltenen Versammlung für X 
Herstellung einer nationalen Marke zum 
Schutze gegen Falschung franzöͤfischer Erzeugnisse 
ich ausgesprochen. 
Varis hat wieder einmal einen aroßen Tao