Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingber..
d St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2 mal wöchentlich mit Unterhaltungs-
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A 132
Deutsches Reich.
Müuüuchen, 9. Juli. Nach der „Allg. Z.“
teht zu erwarten, daß die bayerischen Bischoͤfe unter
gerufung auf den bekannten Brief des Papstes an
jnen französischen Kirchenfürsten, gegen die bewußte
hetzpresse einschreiten werden, was derselben wohl
den Todesstoß versetzen, dem Volke aber endlich die
Augen öffnen wird. Zu dieser Nachricht schreibt
ein Korrespondent der „F. Z.“ aus München:
das entspricht genau dem Programm, das mir vor
nigen Wochen die früheren Führer der patriotischen
pariei, als für Herrn von Lutz durch die Situa⸗
ion gegeben, entwarfen. —
Btänchen, 10. Juli. Der Prinzregent wird
nach Ablauf der Landestrauer sämmiliche Kreise
des Königreichs besuchen. Der Prinzregent mit
dem Hof und der ganzen offiziellen Beamtenwelt
werden am Oktoberfest theilnehmen. n
Karlsruhe, 9. Juli. Die Ankunft des
daisers auf der Insel Mainau, wohin er wie all⸗
ahrlich so auch heuer zum Besuche der großherzog⸗
ichen Herrschaften reisen will, wird nunmehr auf
den 14. dieses Monats erwartet. Der greise
Monarch gedenkt vier Tage auf der Insel Mainau
u verweilen.
Ems, 11. Juli. Der Kaiser ist um 4 Uhr
mittelst Extrazuges mit seinem Gefolge nach Kob-
lenz abgereist und wurde auf dem Wege zum Bahn⸗
hose von einer großen Volksmenge enthusiastisch
begrüßt. Auf dem Bahnhofe fand die Verabschied⸗
ung von den Spitzen der Behoͤrden und verschiedenen
distinguirten Badegästen statt. Der Kaiser sah
vortrefflich aus.
Wie das „W. T. B.“ aus Wien meldet, wird
sKaiser Wilhelm am 18. ds. Mts. in Gastein
ankommen und am 8. oder 9. August wieder ab⸗
reisen. Fur den Fürsten Bismard sind Zimmer
auf die erster Tage des Monats August bestellt.
Die „N. Preuß. Zig.“ führt in einem Artikel
unter der Ueberschrift Ein offenes Wort“ aus,
daß die Friedenspolitik, die Kaiser Wilhelm
und Fürst Bismarck seit 15 Jahren beobachtet,
denselben von der Well nicht gedankt werde.
„Eine alte psychologische Erfahrung lehrt“,
agt das Blatt, „daß die einzelnen Menschen wie
zie Volker der Regel nach nicht durch Wohlthaten
aund Freundlichkeiten gewonnen werden, sondern
aur durch Furcht, durch die sich unwidersiehlich
aufdringende Ueberzeugung einer Ueberlegenheit, die
im gegebenen Falle nicht viel Federlesens macht.
Alle großen Nationen der Welt lassen sich instinkt⸗
maßig von diesem Grundsatze leiten; alle wenden
die Macht, die sie nun einmal haben, in diesem
Sinne an; nur wir Deutschen können uns dazu
aicht entschließen, und deßhalb erleben wir es
taglich, daß man uns nicht die Stellung einrau⸗
men will, auf die wir an sich Anspruch hät⸗
sen und die uns ganz von selbst zufallen
wurde, wenn wir nicht fortwährend in“ dem
ten Irrthum befangen wären, daß fich die
Welt durch „Entgegenkommen“ regieren läßt. Sie
at es nie gethan und sie wird es niemals thun.
Der schlagendste Beweis ist die Aufnahme, welche die
ünfzebnjͤhrige Frie den 3p0lit ik des Deutschen
deiches in dem einigen Europa gefunden hat. Es
st dies der großartigsie Versuch, der im ganzen
nisherigen Verlauf der Geschichte je unternommen
vurde, um die Beziehungen der Nationen mit ein⸗
inder freundlich zu gestallen und praktisch durchzu-
—E
Montag, 12. Juli 18866.
2I. Jahrg.
bleiben muß und wird. Wird diese Politik, ob⸗
wohl sie der Welt Ströme von Blut und Thränen
erspart hat, dem Kaiser und seinem Kanzler irgend⸗
wo gedankt; zeigt sich ein Verständniß für die tief
jittliche Auffassung der Dinge, die ihr zu Grunde
liegt? Wir haben Jahre lang gehofft, daß sich
eine derartige Wirkung endlich einstellen würde,
müssen aber gestehen, daß dies eine Täuschung ge⸗
wesen ist. Jeder Tag lehrt uns um so mehr, daß
der Haß, den die Wiederaufrichtung des Reiches
erwecktt hat, nur helftiger und glühender wird, daß
rechts und links, wohin wir blicken, ein wilder
Ingrimm gährt, der nur auf seine Stunde wartet,
um gewalisam loszubrechen. Blind und taub
müßte man sein, sich in einem gedankenlosen Op⸗
simismus ohne Gleichen wiegen, wollte man das
nicht sehen, sich nicht klar darüber werden, daß
8 fich für unsere Nachbarn alles um die eint
Frage dreht: wie fangen wir es an, die Schöpf—
ung von 187071 wieder los zu werden, den un—
bequemen Regulator zu vernichten, der uns seitdem
gendthigt hat, in Bahnen zu wandeln, die nicht
die unseren sind, wenn es auch die Bahnen eines
Friedens sein mögen, welcher der Menschheit als
olcher zu Gute klommt. Soll dies eine Verur⸗
heilung dessen bedeuten, was die letzten funfzehn
Jahre gebracht? Nichts weniger als das. Der
Versuch mußte gemacht werden, die europäische
Politik auf eine andere Grundlage zu stellen, als
die der rohen Gewalt, das war sich das neue
Ddeutschland selber schaldig. Dieser Versuch mußte
ogar fortgesetzt werden, so lange es irgend geht
ind ohne Zweifel wird er es auch. Allein sein
jußerer Erfolg wird uns über den inneren ferner⸗
hin nicht taͤuschen dürfen. Wir müssen uns
agen, daß der thatsächliche Friedenszustand, der
uins hoffentlich noch lange erhalten bleibt, mit
dem freiwilligen, auf welchen die Politik des
Fürsten Bismarck abzielt, nicht verwechselt werden
darf; wenn wir uns das aber sagen, dann wer⸗
den wir auch zu der Schlußfolgerung gelangen,
daß wir im Interesse dieses Friedens durchaus
einen Grund haben, den Drohungen derer, die
hn eben nur gezwungen halten, mit einer Zuvor⸗
lommenheit zu begegnen, die sie durchweg nur für
Schwäche ansehen, und als solche zu mißachten
jewohnt find. Engländer und Franzosen sind
Jahrhunderte lang mit ihrem Uebermaß an Selbst⸗
hewußtsein weit besser gefahren, als wir mit dem
Begentheil. Für das Uebermaß treten wir nicht
ein, das rechte Maß aber werden wir uns aller⸗
dings angewöhnen müssen, wenn wir endlich ein⸗
mal das Ansehen genießen sollen. daß uns nach
Maßgabe unserer Macht wie unserer Bedeutung
ür die Kultur der Welt gebührt.“ —
DSeutschland und die Boerenurepu⸗
olik in Sudafrika haben einen Freundschafts⸗ und
dandelsvertrag abgeschlossen, der am 24. v. Mts.
in Berlin tatifizirt wurde.
Waffenfabrikanten namhafte Bestellungen gemach‘
verben. — Das Blatt „Paris“ meldet, daß auf
Befehl des Kriegsministers sechzehn Regimenter In⸗
'anterie und siebzehn Jägerbataillone mit Repetir⸗
jewehren ausgerüstet werden. Diese Mußregeln
'ewiesen, daß der Kriegsminister sich nicht zuvor-
ommen lasse, obgleich die Einführung von Repetir⸗
gewehren nicht von ihm ausgegangen sei.
Das ‚B. Vaterl.““ macht darauf aufmerksam,
daß Kardinal Guibert seit langem der erste
Pariser Erzbischof ist, der eines natürlichen Todes
starb. Sein Vorgänger wurde von den Kommu⸗
nards erschossen, dessen Vorgunger Erzbischof Affre
kraf eine Kugel, als er während der Revolution
sich zu den Verwundeten beggh.
Aus Madrid wird gemeldet: Der Regentin
ist die goldene Rose jetzt feierlichtt überreicht wor⸗
den. Die Zeremonie war kurz und einfach: nach
einer kurzen Ansprache und der Ueberreichung
der päpstlichen Urkunde begann die Messe. Die
S„chloßkapelle war von dem diplomatischen Korps,
dem Hofstaate und Neugierigen gefüllt. Die Königs⸗
treuen wünschen, daß der Aberglaube hinfichtüch
der Rose nicht erfüllt werde: Isabella hatte näm-
ich ein Jahr nach Empfang einer ähnlichen Aus⸗
eichnung durch den Papst aus dem Lande fliehen
nüssen, das abergläubische Volk fürchtet, daß auch
diese Rose unglücksverheißend see.
RPetersburg, 11. Juli. Der „Regierungs⸗
anzeiger“ veröffentlicht einen kaiserlichen Ucas,
vonach die Schließung des Freihafens von Vatum
vom 17. d. M. abgeordnet wird.
Eokale und pfaͤlzische Nachrichten.
SO St. Ingbert.“ Nach ergangener Be⸗
timmung des Kgl. bayer. General⸗Kommandos
ind dieses Jahr die militärdienstpflichtigen Schul⸗
ehrer und Kandidaten des Schulamtes, welche in
oorschriftsmäßiger Prüfung ihre Befähigung für
»as Schulamt nachgewiesen haben, am 15. Juli
inzuziehen und nach einer fechswöchigen Uebung
im 24. August wieder zu beurlauben. Profu
dißferien ẽ
MNA Raohrbach, 12. Juli. Der „Jüng⸗
ingsverein Rohrbach“ feierte gestern sein fünftes
Stiftungsfest. Eine stattliche Anzahl auswärtiger
Bereine (18) waren hiezu geladen und erschienen.
Unter Vorantritt der St. Ingberter Berglapelle be⸗
vegte sich der Zug durch die festlich geschmückte
Haupistraße des Ortes nach dem Festplatze. Hier
entwidelte fich bald ein froͤhliches, munteres Treiden,
die Kapelle ließ ihre heiteren Stücke erschallen, die
Besangvereine fuchten fich in ihren Leistungen gegen⸗
seitig zu überbieten und wen der Dämon des Dur⸗
stes plagte, der hatte Gelegenheit ihn mittelst des
vorzüglichen Stoffes, den Herr Bohnerth ausschenkte,
zu vertreiben. Bis gegen 8 Uhr verweilten die
Theilnehmer auf dem Festplatze. Abends vereinigte
die Mitglieder ein Ball auf Tivoli.
— Zweibrüden, 9. Juli. Gestern Mit⸗
tag schlug der Blitß in das am Auerbacher Weg
gelegene Wohnhaus der Frau Reichard ein, glück
licherweise ohne besonderen Schaden anzurichten.
7 Die 44. ordentliche Generalversammlung
des Vereins Pfälzer Thierärzte findet am Samstag
den 7. August, Vormittags 11 Uhr im Gasihof
zum Schwan in Kaiserslautern siatt.
— Der weite diesjahrige Extrazug von Straß ⸗
burg nach Berlin wird am Sonntag, den 8. Aug.
Auslaud.
Raris, 10. Juli. Die heutigen Morgen⸗
zlätter melden: Da das Gerücht verbreitet war, daß
ei den franzosischen Waffenfabrikanten große Be⸗
dellungen gemacht werden sollen, so befragte der
Abgeordneie Laur hierüber den Kriegsminister, wel⸗
her hierauf folgende Antwort gab: Es werden
iugenblicllich in Chatellerault mit gewissen Mustern
PVersuche gemacht; wenn dieselben günstig ausfallen
ollten, so werden noch vor dem Herbste bei den