Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
* e — 
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1544. Donnerstag, 12. August 1888. 21. Jahrg. 
Deutsches Reich. 
g8erlin, 9. August. Wie die „Koln Zig.“ 
nedet, ist anzunehmen, daß die Verhandlungen 
vischen Berlin und Rom über die weitere Revi⸗ 
p der preußischen Maigesetze in der Hauptsache 
un Abschluß gelangt find. 
Aus der noch immer andauernden Polemik der 
msischen Journale über die Beziehungen zwischen 
zußland und Deutschland ist die Ansicht der 
Rowoje Wremja! hervorzuheben. Dieselbe be· 
namlichdie rusfische Politit sei bemüht, 
sür den Fall eines Zusammenstoßes zwischen Deutsch⸗ 
Ind und Frankreich beide Theile im Unklaren zu 
jasen über Rußlands Absfichten. Dieser Zusammen⸗ 
soß würde der richtige Moment sein, zu entscheiden 
neue Siege Deutschlands für Rußland vortheil⸗ 
haft wären. 
Serlin, 10. August. Der deutsche Militär⸗ 
debemächtigte in Petersburg General von Werder 
f zum Gouverneur von Berlin, General von Ka⸗ 
ee zum Kommandanten von Stettin ernannt 
otden. 
o Herr von Giers wird vor seiner Rückkehr 
nach Petersburg dem Fürften Bismarck in Varzin 
der Friedrichsruh einen Besuch abstatten. 
Aussland. 18 
Gastein, 10. August. Heute Nachm. gegen 
Ahr erfolgie die Abreise des Kaisers Wilhelm 
ind des Prinzen Wilhelm. Die Verabschiedung 
don Kaiser Franz Josef war ungemein herzlich. — 
gütst Bismarck bleibt bis zum 24. August hier. 
Salzburg, 10. August. Der deuische Kaiser 
und Prinz Wilhelm von Preußen find heute Nach⸗ 
nittag 3 Uhr von Gastein hier eingetroffen. Die⸗ 
eber wurden auf dem Bahnhofe von den Spitzen 
der Behörden empfangen und begaben sich alsbald 
in den Europäschen Hof“, woselbst die Frau 
hroßherzogin von Sachsen sich zur Begrüßung Sr. 
Najestät eingefunden hatte. 
Brufsei, 10. August. Ein Befehl des 
iriegsministers konfignirt auf kommenden Sonntag 
ie saͤmmtlichen Truppen in den Kasernen. 
Paris, 10. August. Die hervorragenden 
publikanischen Blätter besprechen die Gasteiner 
daiserentrevue höchst resigniert, obgleich jedes Blatt 
zrankreichs Interessensphäre hervorhebt. Betont 
ritd allgemein die Thatsache, daß das DreieKaiser⸗ 
ethältniß einem unerschütterlichen Zwei⸗Kaiserbund 
llat gemacht habe, mit dem gerechnet werden müsse. 
dein hervorragendes Blatt befürwortet den Anschluß 
dankreichs an die geheimnißvolle Politik Rußlands. 
die „France“ sagt: Das beste Mittel uns Respekt 
u verschaffen, ist, uns weder von England noch 
n Rußland ins Schlepptau nehmen zu lassen. 
Paris, 10. August. Einem Telegramm des 
Anibers“ aus Rom zufolge wäre ein definitives 
lhkommen, bett. die diplomatische Vertretung des 
eiligen Stuhles in Peking, unterzeichnet. 
London, 10. August. Wie hierher gemeldet 
nird, werden die Vereinigten Staaten von Nord⸗ 
mmerika ihren Gesandten von Mexiko abberufen 
degen des Falles Cutting. 
Belfast, 10. August. Im Laufe des gest⸗ 
igen Abends fanden zwar noch mehrere Ruhestoͤr⸗ 
agen siatt, dieselben wurden aber vom Militär 
wd der Polizei unterdrüdt. Die Nacht ist ohne 
uhestörungen verlaufen und die Aufregung scheint 
achzulassen. Falls sich die Unruhen erneuern, wirt 
ie Verhän aunad des Belagerunagssszusßtandes erwartet 
Wie der Londoner Korrespondent der „Irish 
Times“ mittheilt, hat das englische Ministerium 
des Innern aus Newyork die Nachricht erhalten 
daß Agenten der Dynamitpartei. nach 
Paris gereist find, um, wie man glaubt, von 
dort zu geeigneter Zeit nach England zur Ausführ- 
ung von Attentaten herüberzukommen. Der fran⸗ 
zösischen Regierung ist bereits Mittheilung gemach' 
worden. Die englischen Behörden sehen die Sacht 
indessen nur als Schreckschuß an. 
Dublin, 10. August. Nach Belfast find 
heute weitere tausend Mann Infanterie und Ca— 
dallerie abgegangen. Der hiesige Oberrichler begat 
sich gestern Nachmitiag nach Belfast um für die 
Dauer der Unruhen alle höheren Milizoffiziere zu⸗ 
gleich zu Spezialrichtern zu bestellen. 
Newyortk, 7. August. Eine aus Mexiko 
eingegangene Depesche meldet, daß Cutting zu einem 
Jahr Strafarbeit und, einer Geldbuße von 600 
Doll derurtheilt wurde. Es wurde ihm gestattet, 
die Berufung gegen dieses Urtheil einzulegen; er 
lehnte dies jedoch mit dem Bemerken ab, daß er 
nur an seine Regierung appelliren wolle. Sollte 
er außer Stande sein, die Geldbuße“ zu zahlen 
muß er 100 Tage länger im Gefängniß bleiben 
Der „Newy. Herald“ veröffentlicht eine Depesche 
aus El Paso, derzufolge dort gestern Abend ein⸗ 
Versammlung abgehalten wurde, behufs Organisir 
ung eines Corps, welches in kürzester Zeit für 
irgend einen Nothfall in Bereitschaft sein soll. Es 
gilt als wahrscheinlich, daß ein Einfall in Mexiko 
zur Befreiung Cutting's gemacht wird. Die Kriegs 
stimmung hal jetzt den Fieberpunkt erreicht. Ame 
rikaner, die von Mexiko ankommen, erzählen, daß 
eine bittere Stimmung in allen Theilen der Re— 
publik herrsche. Die Einwohner von El Paso 
hegen Besorgnisse für ihre Sicherheit, da die Stadi 
vertheidigungslos und einem Angriff leicht ausge 
setzt ist. —— 
Newyork, 9. August. Nach einer von der 
mexikanischen Grenze eingegangenen Nachricht hätte 
der Redakteur Cutting, welcher heute nach Chi⸗ 
hughua abgeführt werden sollte, den Schut des 
Hhouverneurs von Texas angerufen, weil er fürchte 
wuf dem Wege nach Chihuahua getödtet zu werden. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 12. August.Gestern 
Mittag gegen 312 Uhr wurde unsere Bürgerschaft 
durch Feueralarm erschreckt. Es brannte in 
dem Saale des Wirthes Herrn Peter Schweitzer 
auf dem Hoͤfchen. In dem betreffenden Lokale 
agerten zufällig circa 70 Garben Korn, die sich 
auf bis jetzt noch unaufgeklärte Weise entzündet 
haiten und dem Feuer reichliche Nahrung boten. 
Zum Glücke wurde der Brand bald bemerkt und 
der raschen und thatkräftigen Hilfe det Nachbars⸗ 
eute gelang es auch, einer weiteren Ausbreitung 
deß Feuers zu wehren. Als dann die Feuerwehr 
auf der Brandstätte eintraf und kräftig eingriff 
war die Gefahr rasch beseitigt. Außer dem Ge⸗ 
rreide, das zugrunde ging, wurden noch einige 
Möbel und die Decke des Saales beschädigte Auch 
ein dem Laudwehrverein gehöriges Pianino,“ das 
im Saale stand, soll durch das Feuer etwas ge⸗ 
sitten haben. — 
— Drei wehrpflichtig e Burschen von Pirm a⸗ 
sens find' ihren Eltern heimlich durchgegangen, 
haben fich nach Frankreich gewendet und in Nanch 
jur Fremdenlegion anwerben lassen. — Von einem 
chweren Ungalück wurden am Samstag mehrere 
Familien des Pfarrdorfes Oppau betroffen. Die⸗ 
selben vermißten gegen Abend ihre viers bis acht⸗ 
zährigen Knaben. Nach längerem Suchen fand 
man sie unter einer Sandgrube verschüttet vor 
Während einer derselben, der bis zum Halse ver⸗ 
chüttet war, nur leichtere Verletzungen davontrug, 
mußte ein zweiter, der einen Beinbruch erlitt, 
schwer verwundet, die zwei anderen leider als Leichen 
vom Platze getꝛagen werden. 
— Winzingen, Y9. August. Heute ereig⸗ 
nete sich in der Kunstmühle des Hrn. Ph. Riel 
dahier ein Unglücksfall. Der daselbst als Müller 
beschäftigte Joh. Sauer wurde durch eine unvor⸗ 
sichtige Manipulation von einem Riemen erfaßt 
und zwischen zwei Zahnradgetriebe gebracht; von 
diesen wurden ihm die Oberschenkel buchstäblich zer— 
malmt und verschiedene andere Verletzungen beige— 
bracht. Der Schwerverletzte starb nach qualvollen 
Leiden. Der Verlebte, ein braver tüchtiger Arbei— 
ter, hinterläßt eine Wittwe mit 5 Kindern. 
——— 
— Annweiler, 10. August. Das Pro⸗ 
gramm des am 15. dse. hier stattfindenden Trifels⸗ 
Festes lautet: 1. Musikalischer Frühschoppen um 
11 Uhr bei Herrn Seibel. 2. Nach Ankunft des 
Zuges 1 Uhr 52 Min. Empfang der Festgäste am 
Bahnhofe. 3. Hierauf Zug mit Musik durch die 
Straßen der Stadt nach dem Festplatze. 4. Da⸗ 
selbst Begrüßung durch Herrn Bürgermeister Diehl. 
5. Abwechselnd Musik- und Gesangsborträge, Schau⸗ 
turnen, Deklamiren, Volksspiele. 6. Riesen⸗Polo⸗ 
naise. 7. Um 7 Uhr Rückkehr in die Stadt. 
— Dem Bezirksrabbiner Dr. Elias Grüne— 
baum zu Landau i. d. Pf. wurde das Ritterkreuz 
2. Klafse des Verdienstordens vom hl. Michael ver⸗ 
liehen. 
— In Speyer starb dieser Tage als Ho— 
spitalpfrundner der älteste dort wohnhafte Veteran 
und wohl auch der älteste Mann der Stadt, An⸗ 
dreas Mink, 93 Jahre alt, früher Besitzer der Neu⸗ 
mühle am Wormserthor, zuletzt städtischer Waag⸗ 
meister dort. Derselbe diente im 133. französischen 
Infanterie⸗Regiment bei der J. Kompagnie des 4. 
Bataillons, welches der 32. Division und dem 7. 
Armeekorps einverleibt war, vom Jahre 1811 bis 
18140 Er machte den Feldzug 1812- 1813 gegen 
Rußland, in Sachsen und Preußen mit und war 
in den Schlachten bei Lützen und Bautzen, an der 
Katzbach, bei Großbeeren und Jüterbogk, bei der 
großen Vöolkerschlacht bei Leipzig, wo von der 1. 
Kompagnie nur der Oberlieutenant und einige 
Mann davon kamen. 
.3 Vermischtes. J 
F.Aus dem Canton Albesdorf wird der 
„Lothringer Ztg.“ unterm 6. Nugust geschrieben: 
Bei Gelegenheit des französischen Nationalfestes in 
Sezanne wurde am 14. Juli ein Luftballon losge⸗ 
lassen. Am vorigen Dienstag nun, nach einer Reise 
bon 29 Tagen, fiel der Luftballon in ein der Frau 
Feisthammel aus Wittersburg gehöriges Kornfeld. 
In dem Ballon befand sich ein Schreiben des 
Bürgermeister von Sezanne, in welchem derielbe 
den Finder um Nachricht über das Niedersteigen 
des Ballons bittet und ihm zugleich eine Belohn⸗ 
ung zusichert. Es dürfite wohl ein einzig dastehen⸗ 
der Fall sein, daß ein Ballon erst nach 20tägigen 
duftreise die Erde berührt. 
F Lingen, 9.. August. Gestern Abend 
zegen 8 Uhr kam in kurzer Enifernung von der 
Stadt auf freiem Felde ein Lufthallon, in welchew