Full text: St. Ingberter Anzeiger

gasse t mit einem Prügel erschlagen. Der That— 
ist noch nicht ermittelt. 
Vermnischtes. 
fFriedrichsthal, 16. Aug. Heute 
wird zum zweiten Male in diesem Jahre auf 
hiesiger Grube gefeiert wegen zu geringen Absatzes. 
Auch feiert diesmal die Grube Maybach, auf wel⸗ 
cher bisher ohne Unterbrechung gearbeitet wurde. 
F Metz, 14. Aug. Seit 300 Jahren zum 
erstenmale wird hier von dem neugewählten Ge⸗ 
meinderath deutsch gesprochen und verhandelt, hof⸗ 
fentlich für immer. Auch die neue Bürger⸗ 
vertretung in Straßburg verhandelt in deutschert 
Sprache und nuu zeigt sich, daß viele seither 
Stumme sprechen können und gar nicht ‚gebrochen.“ 
7 Elbing,. 11. August. Ein entsetzlicher 
Fall von Mißbrauch der Polizeigewalt, der noch 
weit über den „Fall Plaug“ in Essen geht, 
kam gestern vor der hiefigen Strafkammer zur 
Verhandlung. Der Arbeiter Kretschmann aus 
Marienburg, ein rüstiger Sechziger, beging am 
25. März d. J. die Unvorfichtigkeit — aller⸗ 
dings in einer Seitenstraße Marienburgs — 
das auf der Straße zu thun, wofür man 
in größeren Städten eine genügende Anzahl von 
Austrittstellen errichtet hat. Eine solche mochte hier 
fehlen und K. fich unbeachtet glauben. Er war es 
jedenfalls nicht, denn der Polizeisergant Gottfried 
Plehn trat heran und fragte ihn nach seinem Namen 
Ke. verweigerte die Auskunft, worauf der Beamte 
ihn faßte, um ihn nach der Wache zu befördern. 
Es ist nicht fesigestellt, ob K. hierbei zufällig oder 
abfichtlich zur Erde fiel. Genug, der Beamte er⸗ 
griff den daumendicken Eichenstock des K. und 
schlug auf den am Boden liegenden ein. Als 
Kretschmann auch dadurch zum freiwilligen Gang 
nach der Wache nicht zu bewegen war, komman⸗ 
dirte der Polizeisergant zwei Hausknechte zur Hilfe⸗ 
leistung, und deren vereinten Kräften gelang es, 
Ktretschmann zur Wache zu befördern. Im Wacht⸗ 
zimmer war der Hilfspolizeisergant Gottlieb Jagusch 
anwesend. Mit den Worten: „Wie sieht das 
Schwein aus!“ versetzte dieser dem K. einen kräf⸗ 
tigen Schlag unters Kinn, so daß er rücklings zu 
Boden stürzie. Kretschmann erhebt fich wieder und 
setzte fich auf den Bettrand, was den hinzutreten⸗ 
den Gefängnißschließer Friedrich Reuter veranlaßte, 
Kretschmann noch einmal zu Boden zu schleudern, 
einen bezogenen Drahtstock — sogenannten Ochsen⸗ 
ziemr — der im Betie steckte, hervorzuziehen und 
nach K. (soweit sich feststellen ließ) einen kräftigen 
Hieb zu thun. Inzwischen hatte man dem Ver⸗ 
hafteten Handfesseln angelegt; er blutete. Von 
einem Stuhle, auf den er sich hiernach setzte, stieß 
ihn Reuter herunter, indem er ihn anschrie: „Ge⸗ 
sessen wird hier nicht!“ Kretschmann erhob fich 
noch einmal und setzte sich — vielleicht in einem 
Schwächeanfall — auf eine Bank. Da trat der 
Polizeisergant Plehn an ihn heran, und trotz des 
Wehrlosen Jammern und Bitten führte er, theils 
mit der Hand, theils mit der Faust, mindestens 
fünfzehn Schlage nach dessen Kopf. Das ging so 
weit, daß selbst einer der Beamten sagte: „So 
höre doch auf, zu schlagen, Du zerschlägst Dir ja 
die Hände.“ Plehn antiwortete: „Ich schlage den 
Hund auch gleich todt.“ Blutüberströmt wurde K 
nach der Haftzelle abgeführt und dermaßen hinein⸗ 
gestoßen, daß er wiederum zur Erde stürzte. Nach— 
dem K. dann noch um 6 Uhr Abends vom Polizei⸗ 
serganten Albrecht angekettet worden, streckte er sich 
auf die Pritsche. Hier fand ihn Albrecht bei einer 
Revision um 9 Uhr röchelnd und Schaum vor dem 
Munde. Er begnügte fich damit, die Ketten zu 
lösen und ging wieder hinaus, K. während der 
ganzen Nacht in einem mindestens Besorgniß er—⸗ 
regenden Zustand fich selbst überlassend. Um 10 
Uhr Morgens am andern Tage sollte der Gefangene 
zum Verhör kommen. Man fand ihn bewußtlos, 
aber dem Anscheine nach noch lebend an derselben 
Stelle. Nun erst wurde die Ueberführung nach 
dem Krankenhause angeordnet, Kretschmann ver⸗ 
schied jediech auf dem Trausport. Nach der ge⸗ 
richtlichen Obduktion steht, wie der „V. Z.“ be⸗ 
richtet wird, unzweifelhaft fest, daß Kretschmann 
infolge der ihm zu Theil gewordenen Behandlung 
gestorben sei. Die Schläge an den Kopf hatten 
eine Gehirnerschütterung zur Folge; es erfolgte ein 
Bluterguß ins Gehirn, Gehirnlähmung und so der 
Tod. Auf diesen sollen die am ganzen Körper 
norhandenen. von Schlägen berrüührenden blufuünter 
laufenen Stellen nach ärztlichem Gutachten keinerlei 
Einfluß gehabt haben. Kretschmann war, was 
ebenfalls die Obduktion ergab, gesund, kräftig und 
zut genährt. Der Staatsanwalt beantragte je 2 
Jahre Gefängniß gegen Plehn, Reuter und Jaguüsch, 
wobei er als strafmildernd erkannte, daß die Arbeiter 
der dortigen Gegend eine große Verrohung zur 
Schau tragen. Der Gerichtshof erkannte auf we⸗ 
niger, nämlich gegen Plehn, wegen Mißhandlung 
orbestraft, auf 1 Jahr und 8 Monate Gefängniß; 
zegen Reuter, wegen Mißhandlung mit 8 Monate 
Befängniß vorbestraft, auf 1 Jahr Gefängniß und 
Anfähigkeit, in den nächsten 3 Jahren ein öffent⸗ 
iches Amt zu begleiten; ferner gegen Jagusch auf 
) Monate Gefängniß. Drei Monate Uniersuch— 
ingshaft werden jedem der Verurtheilten auf die 
rkannte Strafe angerechnet. 
fBruchsal. Wie der „Bad. Landesztg.“ 
nitgetheilt wird, wurde auch der Zweikampfgegner 
)es s. Z. beim Festzuge zu Heidelberg betheiligten 
ind von dem Großherzog begnadigten stud. jur. 
Bumiller, der seit einem Tage in Rastatt anwesende 
Reserveoffizier Baer von Heidelberg auf telegraph⸗ 
ischen Befehl des Großherzogs ebenfalls begnadigt 
und sofort, aus der kaum angetretenen Haft ent⸗ 
lassen. 
FMannheim, 13. Aug. Laut heute er⸗ 
jolgtem Ausschreiben des 1. hiesigen Staatsan- 
walts wird seit letzten Sonntag, den 8. d. M., 
der 24jährige Mouerer Felix Eberenz von Sas⸗ 
bach, zuletzt hier in Arbeit, vermißt, Es besteht 
VBerdacht, daß derselbe, vielleicht durch Ertränken, 
Jetödtet wurde. Als der Ermordung dringend 
derdächtig wurde der Metzgergeselle Bonget auf dem 
Waldhof verhaftet. — Die Untersuchung betreffs 
des Unteroffiziers Ries ist nunmehr beendet. Da 
die gestern früh 7 Uhr in Gernsheim stattgehabte 
Sektion der Leiche nicht ergeben hat, daß cine 
Mißhandlung des Ries stattgesunden, auch weitere 
Berdachtsmomente, welche die Annahme eines ge⸗ 
valtsamen Todes rechtferigen, nicht vorliegen, so 
wurden heute Abend auch die beiden noch inhaftirt 
zewesenen Neckauer Burschen wieder auf freien 
Fuß gesetzt. 
f Heidelberg. Wie schon früher gemeldet 
ind waährend der Jubiläumstage im Ganzen 56 
Taschen · Diebstähle zur Anzeige gebracht worden. 
berhaftet wurden 12 Individuen verschiedener 
Nationallität, die schon theilweise des Taschen⸗ 
Diebstahls überführt sind. Ueber die Verhaftung 
eines weiblichen Industrieritters, einer Russin, wird 
noch besonders berichtet: Als man die Spur von 
ieser — nebenbei bemerkt, anständig gekleideten 
ßaunerin — ausfindig gemacht hatte und man zu 
)eren Verhaftung schreiten konnte, suchte dieselbe 
hre Schuld auf folgende raffinirte Art und Weise 
zu verbergen. Als sie sich nämlich in der Schlinge 
jefangen sah, steckte sfie schnell atwas in den Mund, 
vas dem betr. Kriminalbeamten köchst verdächtig 
erschien. Derselbe, kurz entschlossen, packte im In— 
seresse dee Dienstes die Dame (79) an der Gurgel 
und drückte sie sehr unsanft, so daß dieselbe das 
Zchlucken vergaß. Nunmehr öffnete unwillkürlich 
das Weib den Mund und, siehe da, es kam eine 
Postquittung über einen ansehnlichen Betrag zum 
Vorschein, den die saubere Dame aus den Taschen 
nehrerer Festbesucher escamotirt hatte und nach 
muswärts sandte, damit man bei ihr kein gestohlenes 
But vorfinde. 
FKindersegen. Der Himmel theilt be—⸗ 
tanntlich seine Gaben nicht immer gleichmäßig aus, 
und namentlich was den Kindersegen betrifft, pflegt 
er die Hütten schwach besoldeter Lehrer vom Lande 
oft mehr als diesen wackeren Pädagogen lieb ist, 
mit Nachkommenschaft zu bedenken. Fehlt es dem 
deutschen Vaterlande nicht an Vertheidigern, so 
darf man sagen, daß die deutschen Dorfschulmeister 
denen man überdies nachrühmi, die „Sieger von 
öniggrätz“ herangebildet zu haben,) zu diesem 
züücklichen Reichthum an jungen Wehrkräften ihr 
redliches Contingent beitrugen. So z. B. macht 
uns ein sorgenbedrängter hessischer Lehrer zum Ver⸗ 
rauten seiner Noth und Hilfsbedürftigkeit. Der 
Nann hat bei schwachem Gehalt 12 lebendige 
dinder und das dreizehnte ist unterwegs. Unter 
ieser Kinderschaar ist ein hübsches und intelligentes 
Mädchen von 12 Jahren, das gerne Lehrerin 
verden möchte, wenn großmüthige Unterstützung 
»en Eltern zu diesem Zwecke zu Theil würde. Wir 
jeben diesen Wunsch den wohlthätigen Men⸗ 
chenfreunden unter unseren Lefern anheim. Fran⸗ 
öfische Blätter hbrachten unlänast ein Vissß wi— 
ein junges Paar, welches auch de 
Vertheitiger schenken will und daher n Wn 
tonsens vom Brautvater mit den patriotische — 
erbittet: Papa, cest pour la Prance“ Im orter 
wärtigen Falle kann der ersehnte Beistand en 
dem Vater so vieler Söhne und Töchter va 
mit dem Motto: „Fur Deutschland!“ * 
werden. 3 
FGEinsschurkischer Lieb haber) 
s einem in Frankfurt am Main konditionit ð 
dommis nicht glücken wollte, die Liebe en 
hm in demselben Geschaäfte angestellten —8* 
zu erlangen, so nahm er sich vor, sich an oee 
zu rächen. Er entwendete aus dem Geschaft ne 
Stücke Band und Spitzen und steckte das —2 
n die Tasche des in der Garderobe hnnee 
Regenmantels des Mädchens. Alsdann rief er den 
des Ladens und zeigte demselben, daß die Ladnerin * 
Diebin sei. Das Madchen wurde gerufen, in d 
wart des gesammten Personals als Diebin —** 
und behandelt, und obgleich es unter Thränen sein 
Unschuld vorfichterte, sofort aus dem Geschäft a 
wiesen. Ueber Nacht bekam der Anstifter des m 
heils Reue. Er ging zum Chef und erzählte ihn 
den genaueren Sachverhalt, worauf das Mdqhe 
in Ehren zurückgeholt wurde. Der Vater a 
Mädchens stellte gegen den Kommis wegen seim, 
ichurkischen Handlungsweise Strafantrag. 
F* Würzburg, 12. August. Ein Soldaten— 
chinder brutalster Art stand heute in dem Unle 
ffizier Mendgen (gebürtig aus der Gegend von 
Trier) des 8. Infanterie Regiments 2. Kompaquri 
'n Metz vor dem Militärbezirksgericht. Wäͤhrerd 
seiner Korporalschaftsführung war keiner seine 
Antergebenen vor Puffen, Ohrfeigen, Schlägen 
ficher; noch nach 9 Uhr ließ er seine Soldaten in 
Zimmer in voller Ausrüstung antreten und zwar 
dis zur Dauer von *« Stunden mit angefaßten 
Bewehre. Einen Soldaten, Namens Lotter drang 
jalirte Mendgen so, daß derselbe von seiner Ab⸗ 
theilung flüchtete, und sich erst wieder stellte, alß 
er von der Versetzung Mendgens vernommen 
Mendgen erhielt wegen fortgesetzten Verbrechens des 
Mißbrauchs der Dienstgewalt durch körperliche Miß 
handlung von Untergebenen und fortgesetzten Ver 
zehens der Anmaßung einer Strafbefugniß, sowi 
oorschriftswidiger Behandlung 6 Monate Gefäng⸗ 
nißstrafe zuerkannt. 
F Dettelbach, 10. Aug. Ein Schieferdece 
von Würzburg stürzte vom Dache der hiesige 
Stadtkirche, fiel 60 Fuß tief auf das Dach eine 
Wohnhauses, durchbrach dasselbe theilweise und 
blieb liegen. Er hatte merkwürgiger Weise nur 
einige Beulen erlitten. 
Im Postverkehr zwischen Bayern, den 
Reichspostgebiet und Württemberg sind nachstehend 
Aenderungen eingetreten: Auf der Außenseite einen 
Zriefpostsendung darf, außer den auf die Beförder 
ing bezüglichen Angaben, noch der Name und 
Stand bezw. die Firma, sowie die Wohnung der 
Absenders angegeben sein. Bei Briefen könner 
veitere Angaben und Abbildungen, welche sich au 
den Stand, die Firma oder das Geschäft des Ab 
enders beziehen. unter der Bedingung hinzugefühl 
werden, daß die sämmtlichen, nicht die Befoörderung 
betreffenden Vermerke ꝛc. in ihrer Ausdehnung etwn 
den sechsten Theil des Briefumschlages nicht über 
schreiten und am oberen Rande des Briefumschlages 
auf der Vorder⸗ oder Rückseite sich befinden. Pos 
darten mit Beklebung, z. B. mit aufgeklebten Pho · 
tographien, ound angefügten Warenproben find hvor 
der Postbeförderung ausgeschlossen. Drudjachen 
find zwar wie seither in Form offener Karten zu 
jassig, es dürfen jedoch solche Karten — gleich den 
internationalen Verkehr — nicht die Bezeichnun— 
„Postkarte“ tragen. Nachnahmen find fortan n 
Briefen und Packeten bis zum Betrage von 40 
Mark einschließlich zulässig. 
GSre vbeiden Schächer.) Ein wohr 
habender Bauer in einem Dörfchen an der Lah 
ag im Sierben. Et winkle seinen Lieblingssohr 
Bottfried zu sich und sagte mit brechender Stimm, 
„Ruf' mir 'mal de Schuͤltes un aach de Rechnen 
Vurgermeister und Gemeindekaffenverwalter.) Er 
chrocken blickte der Sohn den Vater an, denn jen 
Maänner waren seit Jahren die heftigsten Feinde 
des Alten. Eine beharrende Geberde des Vvenn 
sieß ihn aber nicht saumen, und er Lilte fort. R 
nicht geringem Erstaunen vernahmen das Dorsoben 
Jaupt und der Gemeindesückelführer die Bitte, un 
wenn der letztere auch meinte: „Oha — merlst 
dat der alf Spikbinn wonhl' sich gern versobne.