Full text: St. Ingberter Anzeiger

y Jugbert Imzeiger 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: ꝛir — ontag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2 mal wochentlich mit Unterhaltungs⸗ 
vlat und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 4 60 4 einjchließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 124 75 4, einschließlich 
40 ⸗Zustellungsgebühr. Die Einrückungsgebühr fur die Agespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 4—, bei außerpfalzischen und solchen, 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 13 9, Neklamen 80 . Bei 4maliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet. 
M 122. Montag, 23. August 188s8. 21. Jahrg. 
SDentiches Reich. 
entflammen lassen; Dänemarck müsse deshalb darauf 
»edacht sein, nicht der Spielball der Kämpfenden 
u werden. Das sind etwas unvorsichtige Aeußer⸗ 
ungen seitens eines Ministers; indessen kennt man 
die Stimmung gewisser danischer Kreise gegen 
Deutschland genug, um durch solche Reden nicht 
iberrascht zu werden. — 
Uebereinstimmende Depeschen aus Bukaresit 
ind Ktonstantinopel melden, daß Fürst 
Alexander von Bulgarien bei einer In⸗ 
pektion in Widdin gefangen genommen 
md als Gefangener nach Lompalanka geführt wor⸗ 
en ist; einer späteren Nachricht zufolge befindet er 
ich bereits außerhalb Bulgariens. In Sofia ist 
eine Absetzung ausgerufen und eine provisorische 
stegierung von Zankow und Karawelow, den Füh⸗ 
rern der beiden bisher feindlichen Parteien, gebildet 
vorden. 
finden sollte, ist ein guter Theil unverkauft ge⸗ 
blieben, denn dieselben sind in den letzten Tagen 
nassenhaft in Berlin zum Verkaufe ausgeboien 
vorden, namentlich in den Zigarrenläden. Da 
edoch die Bayerischen Kirchenbau⸗- Lotterien in 
Lreußen nicht genehmigt sind so hat die Berliner 
Polizei vor. Woche ganz unvermuthet eine große 
Kazzia abgehalten und alle St. Ingberter ⸗ Loose, 
deren sie habhaft werden konnte, nebst dazu ge⸗ 
sörenden Plakaten ꝛc. mit Beschlag belegt. 
— Bierbach, 20. August. Gesiern Abend 
im 210 Uhr brach in der Behausung des dahier 
vohnhaften Korbmachers Ch. Lawall auf unbekannie 
Beise Feuer aus. Durch das rasche und besonnene 
kinschreiten der hiesigen Feuerwehr blieb der Brand 
auf seinen Herd beschränkt. Lawall ist dem Ver⸗ 
nehmen nach versichert. 
— Zweibrücken, 20. August. Geschäfts- 
mann Rammel von Homburgwurde gestern hier 
ins Untersuchungsgefüngniß verbracht. (Z3w. 3.) 
— Der dieser Tage in Karlsbad verstorbene 
ßfarrer Sch ander von Zeiskam hat vor seiner 
Abreise ins Bad sein Testament gemacht und so u. 
a. seine Heimathgemeinde Orb mit Mark 16,000 
für ein Spital, den Diözesanfondds Speher mit 
Mark 10,000, die kathol. Pfarrgemeinde Zeiskam 
nit Mk. 5000 fur einen Hochaltar bedacht. Außer 
dem erhielten seine Anverwandten und Haushälterin 
ansehnliche Legate. Ehre dem edlen Geberi 
Muͤnchen, 20. August. Im Auftrage des 
hayerischen Staatsministeriumz werden sämmtliche 
Ortspolizeibehrden auf die kaiserliche Verordnung 
oom 14. Juni 1879 aufmerksam gemacht, wonach 
jeder aus Rußland kommende Reisende verpflichtet 
ist, sich durch einen Paß auszuweisen, welcher von 
der deutschen Botschaft in St. Petersburg oder 
einet deutschen Konsularbehörde in Rußland visirt 
worden ist. Dentzufolge hat jeder in Deutschland 
ich aufhaltende Russe durch einen von der deuischen 
Botschaft in Petersburg oder einem deutschen 
donsulate in Rußland visirten russischen Paß sich 
uuszuweisen. Es werden daher die Gemeindebe⸗ 
jͤrden beauftragt, die Legitimation der im Gemein⸗ 
xedezirt sich allenfall aufhaltenden Russen einer 
brüfung, ob dieselben der erwähnten kaiserlichen 
berordnung entsprechen, zu unterziehen. 
Kaiser Wilhelm wird bekanntlich im Sep⸗ 
ember den Manövern in Elsaß⸗Eothringen 
zeiwohnen und bei diesem Anlaß mehrere Tage 
n Straßburg verweilen. Es versteht sich von 
elbst, daß dem Kaiser namentlich von Seiten der 
angewanderten Deutschen herzliche Ovationen be— 
reitet werden. Sein Einzug wird unter dem 
Blockengeläute des Münsters und sämmtlicher Kirchen 
yer Stadt erfolgen; in den Straßen durch die er 
ahrt, bilden die Schulkinder und die Kriegervereine 
Spalier. Der Gemeinderath hat für den würdigen 
kimpfang des Kaisers 20,000 Mk. ausgesetzt, und 
Wunder! selbst die der Protestpartei angehören⸗ 
en Gemeinderäthe, voran der straßburger Reichs⸗ 
agsabgeordnete Kabloͤ haben ohne Anstand für 
den Posten gestimmt. Darob bittere Klagen selbst 
in einem so gemaäßigten französischen Blatte wie 
das „Journal des Débats“. Aber nicht blos in 
Straßburg, sondern auch in Metz hat der Gemeinde⸗ 
raih den zu dem gleichen Zwec geforderten Kredit 
einsimmig bewilligt; und wenn sfranzösische Blät⸗ 
ter aus diesem Anlaß zornige Bemerkungen über 
den Wechsel der Gesinnung in den Reichslanden 
machen, haben · wir in Deutschland gewiß ein volles 
Recht, uns dieses Wechsels zu freuen. 
Bürgerliches Gesetzbuch. Die Kom⸗ 
mission fuͤr Ausarbeitung des Entwurfs eines 
deutschen bürgerlichen Gesetzbuches ist nunmehr nach 
beendigter Ferienpause wieder vollzählig in Berlin 
beisammen und hat ihre Thätigkeit wieder aufge⸗ 
aommen. Der Abhschluß ihrer umfassenden Arbeiten 
wird um die Mitte des nächsten Jahres erwartet. 
Lokale und pfalzische Nachrichten. 
fSit. Ingbert. Das am Samstag Abend 
on der Gesellschaft „Harmonie“ gegebene Konzert 
jatte sich recht zahlreichen Besuches zu erfreuen. 
Sämmtliche Piecen wurden mit Sicherheit und Ge⸗ 
nauigkeit vorgetragen. Besonders angesprochen hat 
das Sopransolo„Tausendschön“, außerdem das 
Duett „Fliege, du Vöglein“ und das Sertett, Ueber 
»'Alma“. Nach Beendigung des Konzertes belu⸗ 
tigten sich die Anwesenden mit Tanzen, wozu die 
Bergkapelle ihre munteren Weisen ertönen ließ, so 
zaß der weitere Verlauf des Abends ein äußerst 
emütlicher war. e. 
A St. Ingbert, 23. August. Die am 
‚origen Samstag seitens der Harmonie veranstaltete 
nusikalische Unterhaltung hob sich um so mehr aus 
em gegenwärtigen äußeren Vereinsleben herbot, 
veil einerseits durch Solo⸗Vorträge das lebhafte 
zInieresse der Zuhörer gewonnen und gesichert war 
ind anderseits ein relativ sehr junger gemischter 
5hor erst zum zweiten Male sich öffentlich hören 
ieß.Freilich darf bei letzterem nicht unberücdficht 
leiben, daß dem Dirigirten namentlich in den 
Frauenstimmen wirkliche Kräfte zu gebote standen, 
vas zum großen Theil für die verständnisvolle und 
ichere Ausführung der Chöre und des Sextetts 
jon vornherein garantierte. Was nun die Einzel⸗ 
borträge anlangt, so wäre für Frl. Eifler zu wün⸗ 
chen, daß sie auf dem begonnenen Wege nicht 
tehen bleibt, sondern ihrer sympathischen und auch 
in den hohen Tönen klangvollen Stimme noch 
weitere Pflege und Vervollkommnung angedeihen 
äßt. Desgleichen war der Violin⸗Vortrag des 
kleinen Schlaudecker nett und gewandt und konnte 
bei dem jugendlichen Alter beider Solisten großer 
Beifall nicht ausbleiben. Was die übrigen Vor⸗ 
räge betrifft, so erreichten sie ihren Zweck in hohem 
hrade und zeugten von dem praktischen Sinn des 
herrn Dirigenten Schlaudecker, der ihn immer das 
Zweckentsprechendste auswählen läßt, aber auch 
eugten sie von der Lebenstüchtigkeit und musika⸗ 
lischen Fahigkeit des gemischten Chores, den besonders 
zu hüten und zu pflegen die „Harmonie“ jedenfalls 
nicht verfehlen wird. Der beschließende Festmarsch 
der Bergkapelle ward recht kräftig und wacker 
ausgeführt und erst frühmorgens als die Hähne 
rähten zog man in fröhlichster Stimmung der 
Lagerstätte entgegen. 
*Konfiszirte Lotterieloose. Von 
den Loosen der St. Ingberter Kirchenbau-Lotterie, 
deren „definitive“ Ziehung am 18. August statt⸗ 
Vermischtes. 
Was in Heidelberg während der Fest⸗ 
age besonders viel gestohlen wurde, find Küsse, 
und zwar ganz offen vor aller Welt und ohne wei—⸗ 
ere Strafverfolgung. Als in fürchterlicher Enge 
m Freitag tausende und abertiausende die Auf⸗ 
vickelung des Riesenzuges anstaunten, schoben sich 
ruppenweise lustige Musensöhne langsam durch das 
vedränge der Hauptstraße, und wo ein hübsches 
Nädchen stand, bekam sie, ehe sie noch wußte, wie's 
jeschah, unter fröhlichem Gelächter der Umftehenden 
inen herzhaften Kuß. Beim mächtigen Heidelberger 
raß ging's am Abend des großen Volksfestes auf 
er Schloßruine noch kecker her. Da mußten die 
chönen Kinder eine Zeit lang einen halbdunklen 
chmalen Gang entlang wahrhaft Spießruthen im 
küssen laufen. Ein Ausweichen und Entrinnen 
var nicht moͤglich; so machten die Meisten die Augen 
zu und thaten herzhaft mit. denn: 9 
Trifft ein jemand einen jemand 
I4 In dem Korn allein 
.Und der jemand küßt den jemand, 
Soll der jemand schrei'n ? 
„„Nein!““ 
So steht's im Fremdenbuch des Ausflugshäuschens 
ami Bergsattel des Koönigsstuhls zu lesen, und das 
Nein“ rührt von zierlicher Damenhand her. 
F Bamberg, 19.. August. Bei der Ab⸗ 
jahrt des hiesigen 5. Infanterie ⸗Regimentes 
zu den Manövern stieg ein Soldat, um sich eine 
Zigarre zu holen, aus dem Wagen, wurde aber 
don einem eben vorbeifahrenden Rangir⸗Zuge er⸗ 
faßt und thatsächlich in zwei Hälften zerschnitten. 
f Auf eine eigenthümliche Art wurde die Krank⸗ 
jeit veranlaßt, welche in Folge tödtlichen Verlaufes 
en Direktor der schwäbischen Kreisausstellung Kosch 
mus dem schönsten Schaffen riß. Beim Putzen der 
Zähne schluckte Koch eine Borste des Zahnbürstchens, 
velche in den Blinddarm gerieih, dort Darmverei⸗ 
erung und dann den Tod verursachte. 
XXC —XWR 
Die Befestigung Kopenhagens wurde von dem 
daͤunischen Kriegsminisier, General Bahnsou, vor 
nner konservativen Versammlung in Fredericia be⸗ 
prochen. Derselbe erllärt die Befestigung Kopen⸗ 
agens für um so nöthiger, nachdem die deuische 
Flotte stärker als die danische geworden sei. Ko— 
denhagen müfse befestigt werden, damit Dänemark 
inen Stützpunkt bis dahin habe, wo ein Bundes⸗ 
senosse ihm zu Hilfe kommen könne. Komme keine 
dilfe und Dänemark müsse fallen, dann sei es 
choͤner und ehrenhafter, wenn etz z. B. nach einem 
weimonatlichen Kampfe falle, als wenn es sich so⸗ 
deich ergeben müsse. Wenn Folkethingspräsident 
derg gesagt habe, daß man noch warten koͤnne, so 
ei das Nonsens, Dänemarck habe keine Zeit zu 
erlieren. Der Tod eines Mannes könne jeden 
Jugendlick eintreten und einen europsischen Kampf