Jugherter Auzeiaer.
Amtlihes Organ des konigl. Amtsgerichts St. Ingbert.
*
a„Et. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich füufmalr Am Moutag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2 mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗
ñ und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljahrlich 14M 60 einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1 M 78 4, einichließlich
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auf welche die Erpedition Auskunst ertheilt, I3 4. Neklamen 80 8. Bei 4mäliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet.
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Samfstag, 28. August 1888.
21. Jahrg.
Bestellungen
auf de
„St. Ingberter Anzeiger“
für den Monat J
— sbentemnber —
—T fortwährend an: die Postanstalten, die
siboten, die Austräger und
Die Expedition.
gegen deren Staatsstreich die Bepölkerung aufsteht,
auf rusfisches Gebiet entführten Fürsten Alexander
in Gefangenschaft behalten wollte. Es scheint nur
eine Pflicht zu geben: daß Rußland den Fürsten
in Freiheit fetzt und eine europäische Konferenz ver⸗
langt. Denn man beachte, daß aller Wahrschein⸗
lichteit nach die angebliche Abdankung des Fürsten
ebenfalls eine Mystifikation ist.“
Die „Kreuz⸗Zeitung“, die von Rußland eine so
gute Meinung hat, daß sie selbst glaubt, die Art.—
wie der revolutionäre Akt in Sofia ausgeführt
worden sei, werde selbst in Petersburg peinlich be⸗
rührt haben, schreibt, Rußland würde den Fürsten,
wvenn es nicht gerade einen Gewaltakt begehen wollte,
nicht gefangen halten dürfen. Dasselbe Blatt ist
in der Lage, mitzutheilen, daß der Fürst Alexander
zereits im Juli d. J. sich privatim dahin geäußert
Jat, die ihm von Rußland drohende Gefahr erkenne
r sehr wohl, er halte sich indessen der Treue von
darawelow und der Armee verfichert.
Nach der „Vossischen Zig.“ haben die in Leip⸗
‚ig studierenden Serben die Nachricht erhalten, daß
hre Einziehung bevorsteht. Briefe aus Serbien
melden von einer großen Bewegung auf der Bal⸗
kanhalbinsel.
Berlin, 25. August. Die „Nordd. Allg.
Ztg.“ sagt, die Einladung zur Theilnahme an dem
Feste der Wiedereroberung Ofens sei von Berlin
n gesuchtartiger Form, aber dennoch mit nicht
tichhaltiger Notivirung, von München in schroffer
Weise abgelehnt worden. Die höfliche sowohl wie
die unhöfliche Art der Ablehnung zeuge von gleichem
Mangei an politischem Takt. „Wir verstehen es
jern, daß das Gefühl der Deutschen durch die Be⸗
jandlung ihrer Brüder in Siebenbürgen seitens der
Angarn verletzt sei, aber unsere Beziehungen zu
Angarn sind derart, daß wir besser thun, uns der
Punkte zu erinnern, die uns mit Ungarn vereinen
ils derer, die uns von ihm trennen.“
Berlin, 26. August. Der König von Por-
ugal ist um 1 Uhr eingetroffen und vom Kaiser,
em Kronprinzen ꝛc. herzlichst begrüßt worden. Der
daiser umarmie und kuüͤßte ihn dreimal. Auch mit dem
dronprinzen und dem Prinzen Wilhelm tauschte der
Zönig Umarmung und Kuß aus.
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Auslaud.
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nars ist heute Nachmitiag 214 Uhr hier eingetroffen
ind wurde am Bahnhose von Minister v. Giers
ind dessen Familie begrüßt. Fürst Bismarck fuhr
nit Herrn v. Giers, die Fürstin Bismarck mit Frau
Giers nach dem mit österreichischen und deutschen
Flaggen und mit Blumen reich geschmückten Hotel
übner, wo für den Fürsten Bismarck und dessen
Hefolge der erste und zweite Stock reservirt ist.
Das Diner um 5 Uhr Nachmittags nahm der Fürst
vei v. Giers ein. Außer dem Boischafter Staal
ind auch der Botschafter Mohrenheim, sowie die
russischen Gesandten von Kopenhogen und Was—⸗
jington hier eingetroffen.
Wien, 26. August. Prinz Alexander von
Dessen telegraphirte gestern nach Jugenheim an die
Frafin SahnWittgenstein: „Ich danke für die
zütige Theilnahme.“Mein armer Sohn ist heute
ndlich in Reni freigelassen worden und hierher
gereist, während das Volk von Bulgarien ihn sehn⸗
üchtig zuruͤckruft. Prinz Alexander.“
Wien, 26. August. Trotz hoher Befriedig⸗
ing über die Wendung der Dinge in Bulgarien
rachten die Wiener Blätter fast ausnahmslos die
Rückkehr des Fursten auf den bulgarischen Thron
als äußerst schwierig, weil dieses die politische Ge⸗
jammtlage noch mehr verwideln würde, als fie es
bor Ausbruch der Revolution schon war. Dies
ist auch in diplomotischen Kreisen die überwiegende
Anschauung. Russische Kreise verkünden offen und
energisch die Unmöglichkeit einer Resftauration.
Wien, 26. August. Die „N. Fr. Pr.“
bringt einige nachträgliche Details aus Widdin,
alafat und Bukarest: An Bord der Yacht bot
man dem Fürsten Alexander 83000 Napo-
leons als Abfertigung, welche zurückgewiesen wur⸗
den. In Reni wurde der Fürst thatfächlich den
russischen Behörden ausgeliefert, auf Anordnung
der Regierung aber in Freiheit gesetzt. Stambulow
befürchtet, der Fürst werde seine Rückkehr von einem
Beschlusse des Familienraths abhängig machen.
Paris, 265. August. Die Nachrichten von
der Gegenbewegung in Bulgarien rufen hier eine
zroße Aufregung hervor, denn man sieht neuen
Verwicklungen entgegen. J
Paris, 25. August. „Morken wieder lustik“,
das scheint auch die Parole des Herrn Boulanger
zu sein. Er hat jetzt angeordnet, raß die einrücken⸗
den Rekruten und Reservisten an den Bahnhöfen
abgeholt und bei ihrer Entlassung ebenso auch dahin
begleitet werden müssen. Bei der geschäftigen Viel⸗
fältigkeit dieses Mannes wird es augenscheinlich den
anderen Ministern angst und bange, weshalb Frey⸗
rinet dem Kriegsministereingeschärft haben soll,
aichts mehr zu schreiben und zu thun, ohne es den
dollegen vorher mitzutheilen.
In Frankreich glaubt die Mehrzahl der
Blätter nicht, daß die Freundschaft zwischen Ruß⸗
land und Deutschland⸗Oesterreich noch lange dauern
werde. Rußland werde immer weiter gehen und
endlich den unvermeidlichen Zusammenstoß herbei⸗
führen. Alle Geschicklichkeit Fürst Bismarcks würde
das nicht hindern können.
London, 25. August. Die Regierung hai
wichtige Depeschen aus dem Orient erhalten; Sa⸗
lisbury ist nach London berufen. — Glad—⸗
stone ist nach München abgereist. — Die Times“
sagt, die weitere Entwickelung der Ereignisse in
Bulgarien rücke die Gefährdung des europischen
Friedens näher. Wenn Fürst Alexander friedlich
entthront wäre, wenn der Wille der bulgarischen
Bevölkerung sich mit der Entthronung einverstanden
usgesprochen hätte, wäre guter Grund zu der Er⸗
warlung gewesen, daß die Aufrechterhaltung des
Friedens gewahrt worden wäre! Rußland scheine
sedoch in einer Weise zu Werke gegangen zu sein,
welches den Bürgerkrieg in Bulgarien unvermeidlich
und fruchtlos mache, damit derselbe einen Vorwand
für die Intervention Rußlands liefern solle. Eine
solche Intervention würde die Interessen von mehr als
einer europäischen Macht kompromittiren. — Die
„Morning Post“ meint, die Mächte würden bald
wischen der russischen oder türkischen Intervention
in Bulgarien zu wählen haben.
Eondon, 26. August. Der „Standard“
erwartet, die Regierung werde / heute Abend dem
Parlament Mittheilung über⸗den Stand der bul-
jarischen Frage machen. Die Königin telegraphirte nach
Zukarest um Nachrichten über den Fürsten Alexander.
Petersburg, 25. August. Zahlreiche Offi⸗
iere im Lager- von Krasnoje⸗Selo feierten gestern
Abend die Absetzung des Fürsten von Bulgarien
durch ein großes militärisches Fest mit Musik und
Zapfenstreich. Die Prinzen Bozidar und Alexander
darageorgewitsch wohnten diesem Feste bei.
Deutsches Reich.
Nannheim, 25. August. Wie die „N. B.
rführt, erhielt der Vater des Fürsten Alexan⸗
der sich in Jugenheim an der Bergstraße auf⸗
i, Nachts ein Telegramm aus Sofia dat. 24.
hust Abends von Karawelow welcher meldet,
ß der Sturz der provisorischen Regierung eine
hetjache sei. Es soll auch von dem neuen Kabi⸗
dem Kapitän des Schiffes, auf welchem Fürst
rander fortgebracht wurde, sofortige Rückkehr be⸗
sn sein. Ob die Ordre den Kapitan erreicht
ist noch nicht bekannt. ——
Darmstadt, 25. August. Die „N. H.
usbl.“ melden: Nach einem um 5 Uhr in Ju⸗
nheim bei dem Prinzen Alerander eingetroffenen
Aegramm des Fuͤrsten von Bulgarien ist derselbe
Rist (Keni 7) von dem Kapitan des Schiffes,
aches ihn entführt hatte, ans Land gesetzt und
sischen Gendarmen übergeben worden. Aus
ciersburg traf hierauf der Befehl ein, den Fürsten
ugeben. Derselbe reist auf der Lemberger Bahn
er Breslgu nach Darmstadt. Prinz Ludwig von
enberg reist heute Abend seinen Brüdern ent⸗
raukfurt, 26. August. In der Stadt ist
zerücht verbreitet, Fürst Alexander von Bul-
en werde mit dem Zuge um 82/4 Uhr von
bra auf der Reise nach Darmstadt hier durch⸗
men. Wir können bestimmt erklaären, daß bis
znoch nicht das Geringste über die Reisedispo⸗
ionen des Fürsten bekannt ist. Prinz Ludwig
d Battenberg reiste heute Mittag 12 Uhr 40
inuten hier durch nach Breslau, wo er morgen
en Fürsten zu treffen hofft. In hiesigen unter⸗
chtelen Kreisen erwartet man die Anknnft des
ursten am Samstag früh.
zugenheim a. d. B., 26. August. Der
ist von Bulgarien wurde von dem Capitän des
chffes in Reni den russischen Gendarmen ausge⸗
sert; man hatte ihm nicht einen Diener belassen.
uf Befehl aus Petersburg erfolgte die Freilassung
d reiste der Fuͤrst mit seinem Bruder zunächst
w Breslau.
ZSerlin, 25. August. Die meisten Blätter
uden Sorge aus für das Leben des Fürsten
exander. Die „Voss. Ztg.“ warnt den Zaren,
möͤge bedenken, daß der Prinz von Baitenberg
a Deutscher sei. Jede ihm zugefügte Gewaltthat
eine Beleidigung des deutschen Volkes, die nicht
egessen werde. Das „Tageblatt“ erklärt, falls
ind an den Fürsten gelegt werde, werde die öffent⸗
he Meinung nicht ruffische Henkersknechte. sondern
eeuropäische Diplomatie für die entsetzliche That
cuntwortlich machen.
Ddie „National⸗Ztg.“ schreibt: „Es wäre ein
zorgang ohne Beispiel, wenn die russische Regier⸗
ug den von einer Bande nächtlicher Verschwörer,