Full text: St. Ingberter Anzeiger

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t. Jugherter Atzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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21. Jahrg. 
— 
Montag, 20. September 1886. 
Deutsches Reich. 
Der Kaiser hat unserm Prinzen 
udwig von Bayern das in Straß⸗ 
zurg garnisonirende 47. Inf.⸗Regt. 
zchlefien) verliehen. 
Straßburg, 19. Sept. Der Kaiser begab 
gestern Vormittag 10 Uhr zu den Manövern 
a Rommenheim. Heute Nachmittag empfängt 
ze. Maj⸗stät die Deputation des Metzer Gemeinde⸗ 
uhs, welche auch zur kaiserlichen Tafel geladen ist. 
jin heute Abend 81s Uhr ist ein Festzug der Straß⸗ 
urger Vereine in Aussicht genommen. 
Straßzburg, 19. Sept. Se. Maj. der 
aiser ist mit Ihrer Koönigl. Hoheit der Frau 
großherzogin von Baden heute Mittag 1 Uhr nach 
aden⸗Baden abgereist, nachdem Allerhöchstderselbe 
n Sr. K. Kgl. Hoheit dem Kronprinzen, Sr. 
9l. Hoheit dem Prinzen Wilhelm, dem Statthalter 
zürsten Hohenlohe, dem Staatssecreiär v. Hofmann 
ind der Generalität Abschied genommen hatte 
dem Bürgermeister Back drückte Se. Majestät noch⸗ 
nals seine höchste Zufriedenheit über den hiesigen 
Impfang aus. Auf dem Bahnhofe war eine große 
holksmenge versammelt, welche Se. Maj. mit Ent⸗ 
usiasmus begrüßte. Den Armen der Stadt hat 
ʒe. Majestät 3000 Mark und den Wohlthätigkeits⸗ 
nftolten Ihre Majestät die Kaiserin 2000 Mark ge⸗ 
bendet. 
Aus Metz, den 19. September bringt ein 
erna· Blatt der „Metzer Ztg.“ folgende Mittheil⸗ 
ig: In Vertretung S. M. des Kaisers trifft 
ꝛet Kronprinz begleitet von Prinz Wilhelm am 
Pontag Vormittags 11 Uhr in Metz ein. Die 
lrbeiten zur Wiederherstellung der Via triumphalis, 
nd heute früh wieder in vollen Gange. Das 
ir den Empfang Sr. Maj. des Kaisers vorge⸗ 
ehene Programm wird (mit Ausnahme des Aus⸗ 
iugs nach dem Schlachtfelde) ziemlich unverändert 
ur Ausführung kommen. — Ueber das Programm 
nird uns soeben noch mitgetheilt: Um 11 Uhr 
vird S. K. Hoheit eintreffen und durch die Via 
umphalis, in welcher die Schuljugend, die Ver— 
me und die Ehrenjungfrauen in der für den Em⸗ 
sang des Kaisers festgesetzten Ordnung Aufstellung 
ehmen, nach dem Bezirkspräsidium fahren. Gegen 
Uhr Besichtigung der Kathedrale und der Garni— 
onkicche; hierauf Grundsteinlegung des Mathilden⸗ 
iftz und Besuch des Hospitals St. Nicolaus. 
dachmittags Huldigung der Landbevölkerung auf 
dem Kaiser Wilhelms- (seither Königs-) Platz. 
Uends Lampionzug der Vereine. Festvorstellung 
w Theater, welche sich voraussichtlich der Ehre 
Besuchs des Kronprinzen zu erfreuen haben wird. 
Baden⸗Baden, 19. Sept. Der Kaiser ist 
un halb 3 Uhr hier eingetroffen. Ein Empfang 
nd nicht statt, es war nur das erbgroßherzogliche 
baar anwesend.“ Die versammelte Volksmenge be— 
stüßte den Kaiser, welcher recht wohl, aber von 
er Sonne gebräunt aussah, mit lebhaften Hochrufen. 
Berlin, 18. Sepibr. Der Kaiser hat den 
atssekretar Grafen Herbert Bismarck nach Maß⸗ 
abe des Gesetzes vom 17. März 1878 mit der 
Stellvertretung des Reichskanzlers im Bereiche des 
suswärtigen Amtes betraut. — 
Der Pester „Nemzet“ spricht sich über die Frage: 
Weßhalb wili Deutschland keinen 
—X 
„Nach jenen großen Erfolgen, welche Deutsch⸗ 
and errungen, ist es mächtig genug, um die großen 
paischen Konflikte zu vertagen, und es will sie ver⸗ 
acen, weil es sich nicht statk genug glaubt, um dieselben 
zu lösen. Dies und nicht das hohe Alter des 
Zaisers Wilhelm oder des Fürsten Bismarch ist eine 
der Hauptursachen dessen, daß Deutschland keinen 
drieg will. Wer je deutsche und franzöfische Kriegs⸗ 
ruppen gesehen hat, wird nach den Aeußerlichkeiten 
und unter dem Eindrucke der vor anderthalb Jahr⸗ 
‚ehnten errungenen großen militärischen Erfolge 
uibedingt zur Ansicht gelangt sein, daß die ersteren 
des Sieges sicher sein können. Die deutsche Re⸗ 
zierung hält den Erfolg für nicht ganz so sicher 
im Falle eines Zusammenstoßes. Allerdings fieh' 
cie ruhig der Zukunft entgegen; aber sie weiß auch, 
daß, nachdem die deutsche Einheit innerlich noch 
uicht vollkommen konsolidirt ist, im Kriegsfalle das 
döchste: die Einheit selbst, auf dem Spiele wäre 
Die zweite Ursache ist die Entwickelung der deut⸗ 
chen volkswirthschaftlichen Verhältnisse, die auch 
aür im Frieden vor sich gehen kann. Die Psycho- 
'ogie der Berliner Politik besteht darin, daß die 
‚eutsche Regierung die bereits erreichten ‚und die 
noch zu erreichenden Errungenschaften nicht riskiren 
vill. Vom deutschen Standpunkt ist dies rine sehn 
luget und sehr korrekte Politik, da dieselbe nichte 
ausgibt und nichts auf das Spiel setzt. Selbf 
dom ungarischen Standpunkte ist dies die richtige 
Politik. Im Falle eines großen europütischer 
drieges — und jeder Krieg wird ein solcher — 
an welchem Deutschland an unserer Seite theil⸗ 
nimmt, würden wir ebenfalls sehr viel, wenn nich 
Alles risliren. Je später dieser große Krieg los 
zricht, desto besser für uns, denn umsomehr nationale 
Arbeit können wir verrichten. Selbstverständlich ist 
die Vertagung des verhängnißvollen Konfliktes nur 
in dem Falle nützlich, wenn unsere Interessen im 
Frieden nicht leiden müssen. Der jetzige Friede ist 
iber unseren auswärtigen Interessen günstig. Die 
ingarische Politik ist daher mit der deutschen Politil 
zurch die Gemeinsamkeit der Interessen verbunden.“ 
Die Polen⸗Ausweisung. Wie dem 
„W. Fr. Bl.“ aus Lemberg geschrieben wird, 
zauerte in den Monaten Juli und August die 
heimkehr der aus Preußen ausgewiesenen russischen 
ind österreichischen Unterthanen polnischer Natio⸗ 
ialität noch fort. Im Monat Juli sind von Aus— 
Jewiesenen der ersterwähnten Kategorie 20 Familien 
nit 59 Personen und von der zweiten Kategorie 9 
Familien in Galizien eingetroffen. Im Monat 
August betrug die Zahl der Ausgewiesenen und in 
Balizien eingetreffenen Familien der erfsleren Kate⸗ 
zorie 24 Familien (mit 80 Personen) und der 
weiten Kategorie 6 Familien. Den in Galizien 
fungirenden Hilfskomite's gelang es, die überwie— 
gende Mehrzahl der Ausgewiesenen zu untetstützen. 
Von den seit dem Herbst 1888 bis Ende Augus 
aufenden Jahres aus Preußen ausgewiesenen und 
in Galizien eingetroffenen 578 russisch⸗ polnischen 
Familien mit 1726 Personen fanden bisher nun 
55 Familien mit 137 Personen kein Placement. 
für welches jedoch bald vorgesorgt werden dürfte.“ 
derbreitete Depesche aus Libourne berichtigt die dem 
striegsminister vom „Soleil“ zugeschriebene Aeußer⸗ 
ung mit dem Bemerken,. daß der Minister nicht 
von Politik gesprochen, sondern den General Cornat 
lediglich zu seiner offensiven Strategie beglück⸗ 
wvaͤnscht habe. 
Die zwischen England und Fraukreich be⸗ 
stehende Spannung verschärft sich zusehends. Der 
englische Minister des Aeußern, Lord Iddesleigh, 
jat der französischen Regierung einen energischen 
Protest gegen das willkürliche Vorgehen der Fran⸗ 
zosen auf den Neuen Hebriden übersandt. Die 
australischen Kolonien haben Berichte von englischen 
Missionsgesellschaften übermittelt, deren Ländereien 
zum Theil von der französischen Hebriden Kompagnie 
besetzt worden seien; der franzoͤsische Kommandant 
drohe, mit Waffengewalt die Missionen zum Auf⸗ 
zeben aller Ländereien zu zwingen, sonst werde er 
die Häuser der eingeborenen Christen zerstören. Die 
Missionen verlangen die Intervention eines eng⸗ 
lischen Geschwaders. Indessen ist die Angelegenheit 
der Hebriden geringfügig gegen die egyptische Frage, 
die augenblicklich Frankreich so stark beunruhigt, 
daß selbst die Revanchegedanken gegen Deutschland 
in den Hintergrund getreten sind. 
Petersburg, 18. Sept. Der hiesige türkische 
Botschafter Schakir Pascha ist nach Konstantinopel 
herufen worden, wohin derselbe gestern über Odessa 
abgereist ist. 
Moskau, 17. Sept. Die „Moskauer Zig.“ 
schreibt, anknüpfend an die Auszeichnung des 
Keriegsministers durch die Brillantabzeichen des 
Alexander Newski Ordens für Verdienste um die 
Zebung der russischen Wehrkraft: „Der Krieg von 
1877 traf Rußland inmitten der durch Einführung 
der allgemeinen Wehrpflicht hervorgerufenen Reor⸗ 
Jjanisationen an; gleichwohl schlug sich die russische 
Armee gut. Jetzt hätten die Reformen der letzten 
6 Jahre das Ihrige gethan. Ein Plewna sei jetzt 
anmöglich geworden. Welche Wendung die Ereig⸗ 
nisse auch nehmen möchten, die russische Armee 
tönne denselben im Bewußtsein ihrer Kraft ruhig 
entgegensehen. Sie könne ein mächtiger Verbün⸗ 
deter, ein schrecklicher Feind sein. Eine solche Armee 
sei ein sicheres Unterpfand des Friedens, die ehren⸗ 
hdaften, vitalen Interessen des Landes schützenden 
Friedens. Diese Thatsache könne und müsse die 
Diplomatie im Auge haben. Auf der Balkanhalb⸗ 
insel könne nicht nur gemacht werden, was Ruß⸗ 
land wolle, wie jüngst ein offiziöses Wiener Blatt 
bemerkt, sondern dort werde gemacht werden, was 
Rußland für nothwendig halte, wovon es irgend 
wem zu Gefallen nicht abstehen könne. Die Zeit 
der Konzessionen sei vorbei, die Manöver von 
Brest⸗Litowsk seien das Examen für die Armee ge⸗ 
wesen, das die gewünschten Resultate ergeben habe. 
Jetzt komme die Reihe an die Diplomatie.“ 
Lakale und vfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 20. Septbr. Da Herr 
Eduard Adt, Bürgermeister und Fabrikbesitzer in 
Ens heim an der heute ihren Anfang nehmenden 
3. Schwurgerichtssession, wegen Verhinderung nicht 
cheil nehmen kann, so wurde derselbe dispensirt und 
an dessen Stelle Herr Johann Wannenmacher, 
türgermeister in Ommersheim als Geschwo⸗ 
rener ausgeloost. 
— Im Laufe des Herbstes soll in der Pfalz 
ine Gersten⸗Aussteblbung; mit Prämirung 
bgehalten werden. Die Bedingungen sowie die 
— 
— Ausland. 
Der Parißer „Soleil“, das Hauptorgan der 
Drleanisten, hatte gestern eine Depesche gebracht, 
vonach der Kriegsminister General Boulanger, bei 
einem den fremden Militärs nach dem Manöver 
gegebenen Dejeuner, dem General Cronat zu dem 
—D— gratulirend, ge⸗ 
jagt haben sollte: Wir können endlich auf die 
raurige Defensivpolitit verzichten! 
ankreich muß künftig eine stolze Offensiv 
»olitif treiben.“ Eine von der „Agence Havas“ 
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