Full text: St. Ingberter Anzeiger

athol. Kirche (Ludwigskirche) erwarb ver Fabrik⸗ 
rath am 6. d. Land auf dem oberen Kirchberge 
son Wwe. Ludwig Völker und Friedrich Gleich. 
Der Platz bildet einen sanft sich erhebenden Hügel. 
Der Kaufpreis beträgt über 20,000 Mark. 
F Von den im Ersatzjahre 188586 in die 
deutsche Armee eingestellten Rekruten konnten 
weder schreiben noch lesen 1657 oder 1,08 pCt. 
gegenüber 1,21 pCt. im Vorjahre. Die Bezirke, 
welche den bedeutendsten Prozentsatz von Anal—⸗ 
phabeten lieferten, sind, in Prozenten ausgedrückt 
in den Bezirken: Marienwerder 8,84, Posen 8,02, 
Bromberg 6,72, Gumbinnen 6,70,Königsberg 
1,47, Danzig 3.,64, Oppeln 2,76, Niederbaiern 
D,54, Oberpfalz 0,36, in Elsaß⸗Lothringen 0,44 pCt. 
7 Saarbrücken, 4. Okt. Vor der Straf⸗ 
kammer des kgl. Landgerichts wurde am Samstag 
der schon oft bestrafte Schuster Heinrich Gl—r aus 
Albersweiler, der Anführer einer aus 4 Personen 
beflehenden Diebesbande, zu 12 Jahren Zuchthaus 
perurtheilt. Dieselben hatten fich in den ersten 
Monaten dieses Jahres namentlich im Birkenfeld⸗ 
ichen herumgetrieben und zah'reiche Einbrüche ver⸗ 
übt, wobei stets dem Schuhmacher die Hauptrolle 
zugefallen war. 
FSaarbrüchken, 6. Okt. Bei Erweiterungs⸗ 
arbeiten, welche auf dem etwa 1 Kilometer von 
hier entfernten Bahnhofe Schleifmühle — Station 
der Fischbachthalbahn — ausgeführt werden, ist 
nach der Fr. Ztg. ein Quantum von ungefähr 
300 Zentnern Kohlben, fast zutage liegend, auf⸗ 
gefunden worden. Der indirekte Werth dieses 
Fundes übersteigt jedenfalls den direkten. 
FSaarburg, 3. Okt. Gestern Vormittag 
fand die Versammlung der bei dem Konkurs 
Mez i erss betheiligten Gläubiger statt. Nach den 
Mittheilungen, welche dabei gemacht wurden, befand 
sich Meziere bereits seit zehn Jahren in Vermögene⸗ 
derfall, und zwar infolge schlechter Spekulationen 
und ungemessener, gewissen Geschäftsfreunden be⸗ 
willigten Kredite; er wird außerdem über thörichte 
und seiner Situation wenig angemessene Ausgaben, 
welche er machte, Rechenschaft abzulegen habeu. In 
Saarburg speziell hat erran Simon⸗Lievre und 
Weil zu große Kredite bewilligt. Von Simon- 
Liebre hatte er einen Wechsel im Betrage von 
425 000 Fres. erhalten und in Umlauf gesetzt; 
Weil schuldet der Masse 408 359 Fres obwohi 
seine Aktiva kaum den zehnten Theil darftellen. 
—A 
wird für die Gläubiger im Durchschnitt kaum 23 
yCt. herauskommen. 
Vermischtes. 
*Der Straßb urg er Männergesangvberein 
beabsichtigt in Straßburg ein Sängerhaus zu bauen, 
welches der deutschen Sangeskunst im Elsaß eine 
vürdige Heim⸗ und Pflegestätte bieten und besonders 
Abhaltung großer, auf die Massen wirkender Musik⸗ 
und Gesangfeste, sowie allgemeinen gesellschaftlichen 
Zwecken dienen soll. Zur Verwirklichung dieses 
Bedankens gibt derselbe ein Album unter dem Titel 
„Straßburger Sängerhaus“, enthaltend ungedruckte 
musikalische und poetische Beiträge von namhaften 
deutschen Dichtern und Komponisten heraus, das 
zum Besten des Unternehmens zum Preise von 20 
Mark verkauft werden soll. Bestellungen auf das 
Album nehmen Rechtsanwalt Leiber, Kapellmeister 
Hilbert und Landgerichtssekretär Hertzig in Straß⸗ 
burg entgegen. 
fTrier, 6. Dit. Aus dem Schatz der 
Schatzkammer des Domes ist am Dienstag Nach— 
nittag, während der Schatz vorgezeigt wurde, auf 
unerklärliche Weife ein kostbarer Ring abhanden ge⸗ 
kommen. Heute Morgen ist der Ring in einem 
ouvert, welches der Poststempel Trier trug, ohne 
Begleitschreiben wieder eingeschicktkt worden. Von 
nun an wird der Domschatz nach der Kol. Zig, 
nicht mehr frei ausgestellt, sondern bleibt in den 
Schränken. 
fEssen, 5. Olt. Die Firma F. Krupp 
heabfichtigt hier im Verein mit anderen Kapitalisten 
iine Straßenbahn zu erbauen. Nach dem 
Projekt sollen auch die größeren Orte der Um⸗ 
gegend in das Bahnnetz aufgenommen werden. 
F Mainz, 6. Oll. Heute früh wurden dem 
Zugführer Erben der Hess. Ludw.⸗Bahn bei der 
Station Rüsselsheim von einem Güterzuge beide 
Beine, das eine am Knöchel, das andere dicht unter 
dom QOnie bhnefahron 
Iun Cannstadt tagte in voriger Woche 
der Verein für Bienenzucht bom mittleren Neckar. 
zinige interessante Einzelnheiten aus den Verhand⸗ 
ungen sind kurzer Mittheilung werth. Das abge⸗ 
aufene „Honigjahr“ wurde als das ungünstigste 
eit 1825 bezeichnet. — Die Erörterung der Frage, 
vie die beste Einwinterung der Bienen geschehe. 
ührte zu dem Ergebniß, daß das sofortige Füttern 
der Bienendölker mit Krystallzucker im heurigen, 
eit 60 Jahren ungunstigsten Jahrgange als die 
cationellste Betriebsweise bezeichnet wurde. — Im 
Zeptember nächsten Jahres wird die 82. Wander⸗ 
ersammlung deutscher und österreichischer Bienen⸗ 
üchter in Stuttgart tagen. 
München, 6. Oktt. Der Sarg des Königs 
st nunmehr vollendet. Es ist ein Zinnsarg, in 
velchem der mit Sammt überkleidete Holzsarg mit 
zer sterblichen Hülle- des Königs Ludwigs II. in 
er Gruft der St. Michaels-Hofklirche AÄufstellung 
inden soll. Der Sarg wurde von Hofbaurath 
)ofmann entworfen und von Zinngießermeistet 
dößle (Firma A. Schneider) der schon seit vielen 
zahren mit derlei Arbeiten betraut ist, ausgefühct. 
Bon Feinzinn gefertigt, trägt der Sarg in Mitte 
des Deckels auf einem Kissen die Königskrone, wäh⸗ 
end an der Stirnseite fich das baher. Wappen in 
xnamentaler Umrahmung anlehnt, darunter in er⸗ 
jabener Schrift: Ludwig II. König von Bayern. 
veboren 25. August 1845. Gestorben 18. Juni 
1886. Zwei Urnen mit emporzüngelnden Flammen 
efinden sich an den beiden Langseiten. Der Sar⸗ 
ophag hat eine Länge von 2,74, eine Breite von 
,19 Meter und ein Gewicht von 20 Zentnern. 
In allen seinen Theilen oxidirt, macht derselbe 
inen ernsten würdigen Eindruck. Behufs Verbring⸗ 
ing des Zinnsarges zur Hofkirche muß die Werk⸗ 
lätte ausgebrochen und in der Kirche besondere 
Borrichtung zum Hinablafssen in die Königsgruft 
jemacht werden. 
f Ein bayerischer Kameruner. 
luf den Oktoberfest ⸗Wiesen in München schrie fich 
orgestern ein zur Schau gestellter Neger so in 
ie Hitze, daß er infolge heftigen Schwitzens zum 
lgemeinen Gelächter der schaulustigen Menge Farbe 
ieß. Die Heimath des Negers scheint in nich 
ehr weiter Ferne zu sin. 
. In latonischer Weise wird der „N. W. Z3.“ 
uus Neustadt a. S. folgende Jagdgeschichte ge⸗ 
neldet: Gestern (27. Sept.) gingen sieben Jäser 
iuf die Jagd. Sie schossen 18 Hasen, Werth 50 
Nark, einen Rehbock, Werth 30 Mark, eine Katze, 
Verth O Mark, uns einen Jagdhund, Werth 100 
MNark. 
fUeber einPistolen-Duell, das am 
k. ct. in Grunewald stattgefunden hat, und das 
ür einen der Betheiligten einen tödtlichen Ausgang 
zahm, hört man, daß der Erschossene ein Student 
Berlach, ein geborener Thüringer ist, während 
der Gegner angeblich ein Offizier sein soll. Die 
derausforderung soll in einem Wirthshaus⸗Streit 
zu suchen sein. 
tHamburg, 4. Okt. Heute begingen die 
jiefigen Bürgerbereine eine eigenthümliche Feier, 
ine Ehrenerklärung der am 4. Olt. 1686 
zingerichteten Bürger Jastramund Schnittger, 
die als angebliche Vaterlandsverräther ihr Leben 
inter dem Beile des Henkers aushauchen mußten. 
deide Patrioten wurden ohne alle Beweise be⸗ 
chuldigt, mit dem Feinde, Christian V. von Däne⸗ 
narck, der mit 17,000 Mann vor den Thoren 
hand, unterhandelt zu haben. Es bildet diese 
doppelhinrichtung einen Schandfleck in der Ge⸗ 
chichte Hamburgs. Der Kurfürst von Branden⸗ 
urg tadelte seiner Zeit alsbald dem Rathe gegen⸗ 
iber das Bluturtheil in scharfer Weise und bemerkte, 
aß dasselbe lediglich „aus Rachgier gefällt sei.“ 
der Chronist beschreibt, daß den Verurtheilten 
wei Finger der rechten Hand und dann der Kopf 
ibgehauen wurde. Man riß die Eingeweide aus 
em bluttriefenden Körper heraus und zerhackte 
en Leib in vier Theile. Die Köpfe wurden am 
Millern. resp. Steinthore auf Pfahlen ausgestellt. 
BGegen das gegen die 12jahrige Morderin 
MN. Schneider in Berlin gefällie Uriheil hat der 
Hertheidiger Dt. Friedmann die Revision angemel⸗ 
det. Er behauptet, das Mödchen sei geistig unzu⸗ 
cechnungsfähig. 
F Die Equitable Life Insurance Company in 
dewyork hat an der Ecke der Friedrich und 
deipzigerstrͤäße in Berlin zu dem Preise 
von 2,925, 000 Mark 2 Grundstücke angekauft, 
im darquf einen Nasock hinzusstessen dv»r AMsses 
vas Berlin an hervorragenden Bauten besitzt me 
zinter sich lassen soll. hei 
(EEin Papagei als Zeuge) d 
Theehändler Georg Simmons hatte, wie der 
A. Z.“ aus Manchester geschrieben wird, F 
Zapagei, der ihm vor einigen Wochen *8 — 
benerdig gelegenen Wohnung abhanden gekon ner 
war. Sinmimons schrieb eine Belohnung snn 
Wiederbringung des Papageis aus und madet 
hm ein Mann, der Voget befinde sich im —*9 
des Kaufmanns Josef Gibbons. Simmons ne 
die Anzeige; bei der Hausdurchsuchung far ʒ 
in der That einen Papagei vor, dieser ward n 
Bericht gebracht und nun ghalt es, festzustellen, a 
der wirkliche Eigenthümer des Papageis sei, a 
der Kaufmann dewies, daß er denselben bei einen 
dändler gekauft habe. Simmons erzählt, daßen 
in seinem Geschäfte zweimal die Reise nach Chim 
auf dem Dampfer „Krokodil“ gemacht, wobei de 
Vogel ihn begleitete, und wenn man ihm gestau 
eine kleine Demonstration aufzuführen, wer⸗ 
nachweisen, daß der Vogel ihm gehöre. Dies ward 
zʒewilligt, und Simmons nahm kin gestreiftes Fou 
ard⸗ Tuch aus der Tasche, band desselbe um den 
dopf und legte sich vor dem Thiere, das auf den 
Berichtstische stand, zu Boden. Der Papagei schui 
wie besessen: „Tag ist's, Tag ist's Schlingel koche 
neinen Thee.“ Hierauf erhob sich Simmons, he 
jann die Nationalhymne zu pfeifen, da schrie der 
bapagei: „Lange lebe die Königin, noch lange 
ch.“ Unter großer Heiterkeit des Auditorimm 
chritt Simmons zur letzten Probe. Er brachteen 
svlas Wasser und ein Tuch herbei, nahte fich dem 
Bogel damit, da rief dieser wie wild: „Du bist 
chmutzig! „Du bist schmutzig!“ Der Richter 
Nr. Sannders sagte: „Nach dem Gesehenen un 
Behörten wäre es die höchste Ungerechtigkeit, dan 
u zweifeln, daß Mr. Simmons der Eigenthümer 
ei und ich ermächtige denselben, den Papapei heim— 
unehmen.“ Simmons packte den Käsig und sagt⸗ 
dem Papagei: „So, jetzt komme, vorher abe 
mußt du dich bei dem Herrn da bedanken.“ Gia— 
zitätisch wandte sich der Vogel dem Gerichtstisch⸗ 
zu und rief: „Gib' mir einen Kuß! Gib' wi⸗ 
inen Kuß!“ 
fZürich, 6. Ott. Neun wegen Strikehan⸗ 
del zu Mitte Juni verhaftete, des Widerstandes 
und des Ungehorsams gegen Verfügungen der 
Staatsgewalt, ferner der Anreizung zum Aufruh 
uind der Koörpervderletzung beschuldigt, wurden von 
Bezirksgericht mit 3 Wochen Gefängniß bis 
Monat Arbeitshaus bestraft. Die Deutschen Wüste 
feld, Rühmer und der Oesterreicher Baider außer 
dem zu sechsjähriger Landesverweisung. 
T.Ein Krupp'sches Riesengeschüß 
In Antwerpen wurde am 4. Okt. eine für di⸗ 
italienische Artillerie bestimmte Krupp'sche 40. Cen⸗ 
timeter⸗Kanone in den Dampfer „Engineer! ein⸗ 
jeladen. Es kam das Geschütz in dem dafür 
peziell gebauten Krupp'schen Eifenbahnwagen an 
velcher eine Totallänge von fast 23 Metern hat 
und auf 32 Rädern länft. Die Kanone hat die 
norme Länge von 14 Meter und wiegt ohne den 
Verschluß, der nicht im Rohre war, beinahe 118000 
dilogramm, mit dem Verschluß 121 000 Kilogr. 
x8 ist dies also das schwerste Geschütz, welches 
Jegenwärtig existiert. So weit bekannt, geht das 
sohr nach Spezzia, um dort in einem Panzet 
chhurm aufgestellt zu werden. 
r Paris, 6. Olt. In dem aristokratischer 
TFercle „Imperiale“ erschoß sich gestern der ilalie 
nische Prinz Melissana wegen Spielberluste im 
Besammtbetrage von 1400 000 Francs. J 
F Paris, 4. Okt. Auf dem Platze von 
dem Gefaängnisse La Roquette wurden heute Morgen 
die zwei wegen des an einer Hotelwirthin begangenen 
Mordes zum Tode verurtheilten Freh und Ri— 
piére durch den Pariser Scharfrichter Deiblet 
zingerichtet. Am Samfstag war aus Mont⸗sous⸗ 
Vaudrey der abschlägige Bescheid des Präsidenten 
»er Republik auf das Gnadengesuch der Verun— 
heilten eingettoffen und, obwohl die Sache ziemlich 
zeheim gehalten wurde, war der Richlplatz doch 
gegen Mitternacht mit Neugierigen angefüllt. so 
daß die Polizei große Mühe hatte, sie zurüchzu— 
drängen. Um 3 Uhr wurde mit der Aufftellung 
der Guillotine begonnen und um 5 Uhr wurden 
die Verurtheilten geweckt, um sich zum letzten Gange 
borzubereiten. Rivioͤre, der waährend drei Monat 
zuf seine Begnadigung gehofft hatte, war außet 
ich vor Wuth und konnte nur mit Mühe gefessel 
perden Tren hingegen benabm sich verbhältniß