Full text: St. Ingberter Anzeiger

oᷣt Iugberter Amziger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbhert. 
er „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonutag; 2 mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
latt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1 4 60 S einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1 75 4, einschließlich 
0 ¶ Zustellungsgebühr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gefpaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen, 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, I3 H, Reklamen 39 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
200. 
Politische Uebersicht. 
Bekanntlich hatte die demokratische Partei 
a Mannheim, nachdem v. Feder abgelehnt, die 
deichstagskandidaur dem Prof. Dr. Mittermaier 
n Heidelberg angeboten. Wie nun die „Frtf. Ztg.“ 
rfährt, muß derselbe von der Annahme aus „Ge⸗ 
indheitsrücksichten“ absehen. 
Kaiser Wilhelm hat die Einladung des 
ztinz Regenten von Braunschweig, den gegen Ende 
IRtober bei Blankenburg stattfindenden Hofjagden 
eizuwohnen, endgültig angenommen. Da der Ge⸗ 
undheitszustand des greisen Monarchen zur Zeit 
icht das Geringste zu wünschen übhrig läßt, so ist 
nzunehmen, daß der Kaiser seine Zusage verwirk⸗ 
chen wird. 
Der deutsche Kronprinz wird mit Familie 
»noe d. Mts. aus Portofino bei Genua nach Pots- 
am zurückkehren. 
Der Herzog von Cumberland regt 
eder einmal. Der welfische Prätendent hat 
einen Beirath, Herrn Dr. Windthorst, an 
aunschweigische Staatsministerium das Er⸗ 
um Herausgabe der noch nicht verabfolgten 
jensobjecte aus dem Privatvermögen des 
; Wilhelm gerichtet. Gleichzeitig ließ der 
von Cumberland den Wunsch laut werden, 
linisterium möge Bevollmächtigte ernennen, 
it denen des Herzogs über die fragliche An— 
ciegenheit zu unterhandeln. Die braunschweigische 
degierung soll keine Neigung bekunden, auf die 
seuesten Forderungen des „Cumberländers“ einzu⸗ 
ehen, was man ihr nicht verdenken kann, denn 
3 x üͤßten da z. B. das gesammte Mobiliar und 
as Silberzeug, die Linnenvorräthe u. s. w. in 
een herzoglichen Schlössern zu Braunschweig und 
ßlankenburg, das Inventar des Hoftheaters und 
es Oberstallmeisteramtes, die Schätze und Kunst⸗ 
egenstände des Braunschweiger Museums u. s. w. 
erausgegeben werden. 
Die politischen Zustände im Reichslande 
nd jetzt recht befriedigende. Man kann sich zum 
zeweise dessen auch auf das Zeugniß der gewiß 
inparteiischen Berichterstatter englischer und itlali— 
aischer Blätter berufen, welche die hiesigen Ver—⸗ 
älinisse bei Gelegenheit der Kaisertage aus eigener 
inschauung kennen gelernt haben. Der Bericht⸗ 
cstatter der „Daily News“ stellt fest, daß die 
jerschmelzung zwischen Eingeborenen und Einge⸗ 
vanderten große Fortschritte gemacht hat, und der 
rorrespondent des „Manchester Guardian“ betont, 
aß er keinen Unterschied zwischen den Kaisertagen 
m Elsaß und derjenigen, die er in Schlesien und 
der Rheinprovinz mitgemacht, habe finden können; 
as eigentliche Volk im Elsaß sei deutsch nach 
tleidung, Sprache und Gesinnung. Der Bericht⸗ 
tstatter der „Perseveranza“ meint, daß, wenn erst 
»ie heutige Jugend erwachsen sein werde, dieses 
geschlecht die zwei Jahrhunderte französischer 
derrschaft verleugnen und sich durch und durch 
eutich fühlen werde. 
Die Verhaftungen der Wiener Anarchisten 
yeinen nunmehr zum Abschluß gelangt zu sein, 
och wird mit Nachrichten über das von ihnen ge⸗ 
lante schändliche Complot — abgesehen von dem, 
Zamstag, 16. Oktober 1886. 
21. Jahrg. 
vas hierüber schon bekannt ist — von der Wiener 
Holizei aus begreiflichen Gründen sehr zurückgehal⸗ 
en. Auch die Pester Polizen ist mit Nachforsch⸗ 
ingen nach einem beabsichtigten Verbrechen beschäftigt. 
Der ehemalige Kapuziner Huth soll lebensgefährliche 
Drohungen gegen die österreichische Kaiserfamilie 
zusgestoßen haben und ilt in Neupest ein Indivi— 
uum verhafiet worden, auf welches das Signal⸗ 
lement des Huth paßt. 
unterrichtete eine geistige Gesundheit für unmöglich 
jalten muß. Nur gelegentlich zeigen sich die vor— 
handenen Reste normaler Geisteskräfte abwechselnd 
nit Zeiten der Erregung und Verwirrtheit. Von 
ziner zeitweiligen Geistesverfassung, in welcher der 
kranke, seine hohe Stellung erkennend, Anordnungen 
träfe oder gar Handlungen unternähme, ist keine 
Rede. Das körperliche Befinden ist trotzdem un⸗ 
gestört, alle vegetativen Funktionen verlaufen nor— 
mal. Die Prognose geht aufs bestimmteste dahin, 
daß eine Heilung undenkbar; auf die Lebensdauer 
jat das Leiden keinen Einfluß, da diese Art von 
Beifteserkrankung abläuft, ohne das organische Leben 
zu zerstören oder auch nur zu benahtheiligen. 
Berlin, 13. Okt. Sämmiliche Erörterungen 
über die bulgarische Krisis laufen jetzt auf die 
Frage hinaus, ob es der Regentschaft gelingen 
vird, in irgend ein erträgliches Verhältniß zu 
stußland zu gelangen. Die „Nordd. Allg. Zig.“ 
meint lakonisch: „Was heute an Informations⸗ 
material aus und über Bulgarien vorliegt, erscheint 
aicht mehr als das der früheren Tage darnach an⸗ 
jethan, die Hoffnung auf ein besseres Verhältniß 
wischen den russischen Agenten und dem Regent- 
chaftsministerium aufkommen zu lassen. Die russische 
Parthei ist nach wie vor tief verstimmt und diese 
Thatsache drückt der ganzen Situation ihr Gepräge 
uf. 
Der Kriegsministe Boulanger hat täglich 
neue Bedürfnisse; so verlangt er jetzt wieder für 
den Ankauf von Federmatratzen einen Kredit von 
3803 000 Franks. 
* In einem am Dienstag Vormittag stattge⸗ 
fundenen Ministerrathe theilte Freycinet mit daß 
die Lage auf Madagascar sich beständig bessere; 
Privatnachrichtn aus Madagascar wissen freilich 
jas Gegentheil zu berichten. — Luise Michel, die 
ekannte Anarchistin, ist nach mehrmonatlicher Ge⸗ 
ängnißhaft, die sie wegen Aufreizung zum Aufruhr 
derbüßte, begnadigt worden. 
* Der glänzende Erfolg der bulgarischen 
Regierung bei den Wahlen zur großen Natio⸗ 
nalversammlung, bei denen nur 20 Anhaänger der 
stussenpartei durchdrangen gegenüber 420 An⸗ 
zängern der Regierung, ist der schlagendste Beweis, 
zaß das Bulgarenvolk zu der jetzigen Regentschaft 
as größte Vertrauen hegt. Von dieser Thatsache 
vird man wohl oder übel auch in Petersburg 
denntniß nehmen müssen, denn aus dem Ausfall 
er Wahlen erhellt, daß weder das brutale Auf⸗ 
reten des Generals Kaulbars, noch alle russischen 
Intriguen und Machinationen vermocht haben, die 
zulgaren einzuschüchtern und sie den Wünschen 
ind Forderungen Rußlands gefügig zu machen. 
borerst wettert freilich die Petersburger Regierungs⸗ 
zresse gegen die bulgarische Regierung weiter und 
rklaͤrt, Rußland betrachte nach wie vor die neue 
Zobranje für null und nichtig. Auch versuchen 
zie Petersburger Blätter aus den Ruhestörungen 
n Sofia Capital für die russische Regierung zu 
chlagen, indem sie ausführen, wie sehr die letzteren 
zewiesen, daß Rußland's Forderung, die Wahlen 
u verschieben, gerechtfertigt gewesen sei; daß der ver⸗ 
inglückte ,Putsch“ der Landleute in Sofia erst durch 
uffisches Gold ins Werk gesetzt worden ist, davon 
vill man natürlich an der Newa nichis wissen. 
Jedenfalls ist die Situation in Bulgarien durch 
den Wahlssieg der Regierung einer und dem seitens 
jes russischen Vertreters erfolgten Abbruche der 
ffiziellen Beziehungen anderseits eine recht pikante 
zeworden und man darf gespannt sein, welchen 
Ton jetzt die russischen Politiker gegen das „un⸗ 
ankbate Bulgarien anschlagen werden. 
Ausland. 
Wien, 18. Okt. Die „Pol. Korr.“ demen⸗ 
iert entschieden die Nachrichten polnischer Blätter 
etreffend angeblich Truppenverschiebungen 
us dem Norden Rußlands in die südwestlichen 
distrikte. 
Eokale und pfaälzische Nachrichten. 
* St. In gbert, 15. Okt. Gestern fand 
dherr Metzgermeister Kling dahier beim Ausgraben 
;on Rummeln (Runkelrüben) eine solche, welche 
zas enorme Gewicht von 19 Pfund übersteigt. 
O. B. V. Die in Folge der hohen Temperatur 
her vorigen Wochen verschobene Verloofung 
des Obst- und Gartenbauvereins findet 
run am 24. d. M. im Oberhäuser'schen Saale 
talt und wird zugleich eine Au sstellung von 
Abst-und Gartenerzeugnissen damit 
serbunden sein. Für letztere darf man gewiß all⸗ 
eitiges Interesse von Seiten der Mitglieder vor⸗ 
zussetzen. Möge es schon jetzt nicht versäumt 
verden, von Allem, was Garten und Feld getragen, 
»as Schönste für die Ausstellung zurückzulegen, 
zamit das geplante Unternehmen sich würdig gestalte 
ind durch erfreuliches Gelingen die Bestrebungen 
)es Vereins fördern helfe. 
— Wie man mittheilt, ist ein Arzt in Kon⸗ 
tantinopel, der viel beim Sultan gilt, ein Zwei⸗ 
rücker und der Leibzuckerbäcker des Sultans ist 
zekanntlich eiin Edenkobener. 
— Zweib rücken, 15. Okt. Bei der vor⸗ 
jestern stattgehabten Zwangsversteigerung des Oeko⸗ 
nomiegutes Sturzen hof, Gemeinde Buben-— 
sausen, wurde dasselbe um den Preis von 16,300 
Mk. von Herrn Jakob Burckhard von Mittelberbach 
ersteigert. 
— Pirmasens, 14. Okt. (P. A.) Der 
Fitcus Bügler wurde gestern durch den heftigen 
—A 
uintergebrachte große Dromedar beinahe zu Grunde 
gegangen wäre. Der Schaden für Herrn Bügler 
st sehr bedeutend. 
* In Serbien haben am Dienstag Nach- 
vahlen zur Skupschtina stattgefunden, bei denen 
ie Regierungscandidaten überall mit großer Mehr⸗ 
jeit siegten. 
—A 
München, 13. Okt. Ueber das Befinden 
des unglücklichen Königs Otto wird heute ein 
yolizeiliches Bülletin veröffentlicht. Dasselbe besagt: 
der König leidet an Paranoia, er wird von Hallu⸗ 
inationen und Wahnvorstellungen derartig vom 
virklichen Leben abgezogen, daß auch jeder Nicht⸗