Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
mtliche gan des königl. Amtsgerichts St Ingbert. 
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202. Montag, 18. Oktober 1886. 21. Jahrg. 
Politische Uebersicht. 7 
die Dispositionen für den Besuch des Prinz⸗ 
zegenien Luitpold von Bayeru am Ber⸗ 
mer Hofe, der für Mitte November angekündigt 
vdar, sehen noch keineswegs fest. Wie die Mun⸗ 
hener „Allgemeine Zeitung“ meldet, sind über den 
Jeitbunkt fuͤr die Reise des Prinz ⸗Regenten nach 
zeclin noch keinerlei Bestimmungen getroffen, doch 
vbird nicht bezweifelt, daß sie im Laufe djs. Irs. 
tattfindet. — 
*Der Kaiser hat, wie nachträglich bekannt 
vird, während seines Baden⸗Badener Aufenthaltes 
mn einer leichten Unpäßlichkeit zu leiden gehabt, 
porüber in den offiziellen Hofberichten nichts zu 
inden war. Das Unwohlsein bessand in einem 
Ragenkatarrh, wodurch der hohe Herr einige Tage 
ang in seinen Ausfahrten beschränkt wurde; indessen 
sat sich der Monarch durch sein Unwohlsein in 
einer Weise an der Erledigung der laufenden Ge- 
hhäfte hindern lassen und ist dasselbe erfreulicher 
Beise bereits wieder gänzlich gehoben. Nach den 
nunmehr feststehenden Dispositionen trifft der Kaiser 
m diesem Donnerstag wiederum in Berlin ein; 
* Die zuerst vom „Corriere della Sera“ in 
Henua gebrachte und dann auch in deutsche Blätter 
ibergegangene Meldung, der deutsche Kron⸗ 
prinz sei in seiner Herbst-Villeggiatur in Pontre⸗ 
ina von mehreren Individuen französischer Natio— 
nalität belästigt worden, hat bis jetzt von compe— 
lenter Seite noch keine Bestätigung erfahren. Die 
hetreffenden Individuen sollten versucht haben, in 
Zie von der kronprinzlichen Familie bewohnte Villa 
des Lord Carnavon einzudringen und hätten sie bei 
hrer Festnahme erklärt, sie wollten dem Kronprinzen 
eine Bitsschrift überreichen; eine solche sei aber bei 
ihnen nicht vorgefunden worden? — Wenn über⸗ 
Jaupt etwas an der Sache ist. so' stellt sich dasselbe 
d geringfügig dar, daß man an amtlicher Stelle 
n Berlin gar kein Aufheben weiter von der Affaire 
nacht; wahrscheinlich hat es sich nur um eine un⸗ 
erschämte Bettelei gehandelt. 
* Der Kronprinz des deutschen Reiches und 
yon Preußen beging am Montag die Feier seines 
35. Geburtstages. Wenngleich Kronprinz Friedrich 
Wilhelm sein Geburtsfest diesmal nicht in der Hei— 
nath, sondern auf italienischem Boden feierte, so 
tonnte dies doch der herzlichen, Antheilnahme des 
)eutschen Volkes an der Feier dieses Tages-keinen 
Abbruch thun und auch über die Alpen hinweg 
andte Deutschland dem. ritterlichen Erben seines 
daiserthrones die herzlichsten Wünsche zu. In 
Hortofino selbst, dem gegenwärtigen Aufenthaltsorte 
Her kronprinzlichen Familie, fanden indessen keiner— 
ei besonderen Festlichkeiten statt, wie solche anfäng⸗ 
ich von der dortigen Bevölkerung geplant worden 
varen, da sich der Kronprinz denselben durch einen 
aͤngeren Ausflug, den er am Montag mit seiner 
Familie unternahm, entzogen hatte, 
In Fraukfurt a. M. fand am Freitag 
die feiersiche Einweihung des neuen Hafens und 
der neuen Kaianlagen in Gegenwart von Ver—⸗ 
retern des preußischen, bayerischen, hessischen u. 
w. Staatsministerien und eines zahlreichen Pu⸗ 
uitums statt. — 
Nn35 ptelcommentire *»u,— 
Futit 
hielmehr Prinz Alexander von Batten⸗ 
berg habe einer Versammlung in Rustschuk tele ⸗ 
zraphisch seine Bereitwilligkeit erklärt, eine Wieder⸗ 
vahl als Fürst von Bulgarien anzunehmen, wird 
om englischen Viceconsul in Rustschuk als eine 
reine Erfindung bezeichnet. Derselbe Vertreter Eng 
ands erklärt ferner die Behauptung, daß der eng- 
ische Consul in der erwähnten Rustschuker Ver⸗ 
amimlung dazu gerathen habe, den Forderungen 
Rußlands Widerstand zu leisten, als durchaus un⸗ 
egründet, es habe überhaupt gar keine derartige 
Bersammlung stattgefunden. 
.* In' dem wüsten Nevanchegeschrei, 
zas fortwährend von jenseits der Vogesen herüber⸗ 
önt, nimmt sich eine Stimme, die Vernunft predigt, 
‚oppelt erfreulich aus. Eine solche Stimme ist die 
republikanische Pariser „Liberte“, ein Blatt, welches 
ich schon öfters durch feine Objektivität gegenüber 
Deutschland· demerklich gemacht hat. In einem 
hrer jüngsten Artikel führt die „Liberte“, anknüpfend 
mn die Auslassungen englischer Blätter über die Mög⸗ 
ichkeit eines deutsch franzosischen Krieges aus, daß 
rugenblicklich kein einziger schwieriger Punkt zwischen 
Datschland und Frankreich vorhanden sei? vielmehr 
säbe es mehrere Fragen,“ in dene sich dis Inter⸗ 
sen und Ansichten beider Ländet mäherten.Die 
versuche der britischen Blätter, schließt die Liberte“, 
ie eingeschläferten nationalen Leidenschaften zwischen 
deutschland und Frankreich anzufachen, seien ein 
stanbber, um den Samen der Zwietracht zwischen 
ʒrankreich und den Großmächten auszustreuen. — 
daß die nationalen Leidenschaften jenseits der Vo⸗ 
jesen eingeschlafen sein sollien, entspricht freilich 
uiicht den thatsächlichen Verhälinissen, wohl aber 
jat die „Liberte“ Recht, wenn sie meint, die Inter⸗ 
ssen Deutschlands und Frankreichs berührtrn sich 
n so manchen Fragen — schade darum, daß dies 
jur die Stimme eines Ptedigers in der Wüste ist! 
*Die französfische Deputirtenbammerhab 
ich vorläufig wieder bis zum Dienstag vertagt. 
Auͤs ihrer Eröffnungssitzung vom Donnerstag ist 
servorzuheben, daß die Regierung Vorlagen. über 
zZen Bau der Pariser Stadtbahn und über die Re⸗ 
xganisation der Flotte einbrachte; für letzteren 
Zweck werden allein 40 Millionen Fres. gefordert. 
* Der Cardinal⸗Staatssekretär Jaeo⸗ 
bini ist von seinem Unwohlsein günzlich wieder⸗ 
jergestellt und am Sonnabend aus dem Bade, wo 
r Genesung suchte und fand, nach. Rom zurückge⸗ 
DSeutiches Reich. 
Berlin, 16. Ott. Das Reichsversicherungs- 
imt hat nein Rundschreiben an die Berufsgenos⸗ 
enschaften, exlassen, in welchem hetont wird, daß 
3 grundjätziich in der Frage, ob die Genossen⸗ 
chasien in Seckionen getheilt werden sollen, weder 
ine Entscheidung getroffen noch einen Rath ertheilt 
abe. Es wird in dem Rundschreiben noch beson⸗ 
hers aufgefordert, die Verwaltung sparsam zu 
ühren und alle unndthigen Kosten zu vermeiden. 
Berlin, 16. Okt. Der „Reichsanzeiger“ 
uublizirt die Bekanntmachung betreffend das Privi- 
egium der Stadt Fcankfurt a. M. wegen Ausgabe 
uf jeden Inhaber lautender Anleihescheine zum 
geirage aon6, 000, 000 Mk. — Die National- 
daten wollen als Kandidaten für die Berlin⸗ 
Reichstagswahl den Stadtrakh Markgraf voder den 
Beh. Rath Simon aufstellen. 
Es derlautei von zuverlüssiger Seite,“ daß die 
franzoͤsische Regierung dem italienischen Kabinet die 
amtliche Versicherung ertheilt habe, daß Frankreich 
— entgegen den Behauptungen seitens der deutschen 
Presse — keine Absichten auf Tripolis habe. 
Berlin, 16. Oltbr. Zahlreiche Streiks, die 
in der letzten Zeit für die Arbeiter ungünstig ver⸗ 
aufen sind, haben zwischen den Führern der Lohn⸗ 
hewegung und den Fachvereinen zu sehr eingehenden 
Besprechuͤngen geführt, in denen hervorgehoben 
vpurde. daß man nur in alleraugersten Nothfällen 
und nach lange wohl überlegtem Plan zur Arbeits⸗ 
ainstellung greifen durfe.Für leichtsinnig unter⸗ 
nommmene Streiks dürfe sich in keiner Weise die 
vetreffende Gewerkschaft engagiren. Welche hohe 
Summen bei einem Streik verloren gehen. mag 
auch die Thatsache illustriren, daß für Unterstützung 
ftreilenden Bäder in Hamburg? allein über 
15,000 Mark aufgebracht wurden. Trotzdem find 
ndiesem Streik die Arbeiter vollständig unterlegen. 
Die offizielle Sozialdemokratie verhaͤlt sich bekannt- 
uch zu den Streiks aus perschiedenen Gründen fehr 
ublehnend.. 3 
Berlin, 17. Okt. Der, neue⸗ französische 
Botschafter Herbette ist heute früh num 7Z Uhr 
hier eingetroffen. J 
— 7 M2—5 
Ausland. 
Brüuüssel IG. Okt. Nach fünftägigen Ver⸗ 
Jandlungen sprachen heute Abend die Geschworenen 
ZRes Assisengerichts in Mons deü Advokaten Baͤen⸗ 
dersmissen, gegen welchen der Prozeß zum 
weitenmal geführt wurde, schuldig, mit Absicht 
and freiwillig seine Gattin gerödtet zu haben. Der 
Berichtshof verurtheilte Vandersmissen zu 10 Jahren 
Zwangsarbeit. — 
Paris, 16. Olt. Das Gericht von Bourges 
verurtheilte den Generalratz Bau ien und die 
Gemeinderäthe Rossignol und Feline zu 2Monaten 
Hefangniß wegen Widerstands gegen die Polizei 
mnläßlich des Streiks in Vierzan. 
Lokale und pfälzische Nachrisnten. 
Fdenkoben, 15. Okt. Gestern wurde 
ahier ein“ neunjähriger Knabe beerdigt, welcher 
im Starrkrampf. ganz rasch gestorben war.“ Die 
irsprüngliche Verletzung — Eindringen eines Stu⸗ 
Zenbodensplitters unter den rechten Großzehennagel 
— war anscheinend so unbedeutend, daß der Knabe 
üͤber acht Tage ohne besondere Beschwerden herum⸗ 
ef⸗Als in der Nacht von Sonntag auf Mon⸗ 
iag Nackensteifigkeit auftrat und endlich Montag 
Nachmittag der Arzt geholt wurde, war es zu spät, 
nach 16 Stunden war der Knabe todt. Darum 
Vorsicht bei derartigen Verletzungen! 
—Deide ghieim, 16. Olt.“ Die Firmen 
soch · Herzog hier und Heinrich Eckel zu, Munchen 
ersteigten heute den Most des Bürgerhospitals zu 
Mt. 60,30 pro 40 Lir. aus dem Distrikt „Acht⸗ 
morgen“, zu 45 Mk. aus dem Distrikt „Grain“ 
und saus dem „Grund“ zu 38,50 Mk. 3 
— Oppau, 15. Okh, Seit Montag Abend 
vird der verheirathete Tagner Adam Höfle von 
sier vermißt. Bis jehzte hat man noch nicht die 
geringste Spur von dem Verschwundenen. 
Am Donnerstag schiffte sich Herr Henry 
Zilgard · Villard in London zut Ueberfahrt nach 
ewyork mit Famulie ein. Unsere besten Wünsche 
aleiten denselben .. *