fKlingenmunster, 15. Oktbr. Heute
wurde dahier der älteste Ortseinwohner Jakob
Menges, welcher auch in weiteren Kreisen unter
dem Namen ‚Vetter Jockel“ wegen seines urwüch⸗
figen Humors und seiner rüstigen Gesundheit be⸗
kannt war, beerdigt. Da er Ende April 1793
geboren war, so braucht man sich nicht zu ver⸗
wundern, daß keine Geburtsurkunde von ihm vor⸗
handen ist. Der Verlebte war längere Zeit Ge⸗
meinderathsmitglied und Kirchen⸗Fabrikrath. Dite
Stelle eines Fleischbeschauers versah er bis an sein
Ende und als Brandmezzger schlachtete er noch im
letzten Winter einige Schweine. Obgleich Menges
vor einigen Wochen noch bis nach Landau und
Bergzabern laufen konnte, so ging es doch auf
einmal schnell mit ihm abwärts und zwar an Geifl
und Körper. Diese seine Geistesschwäche soll leider
in letzter Zeit auswärts zu einem unliebsamen
oͤffentlichen Auftritt geführt haben. Außer Menges
starben im letzten Jahre hier noch ein Mann im
Alter von 92 Jahren und 5 Monaten und eine
Frau im Alter von 84 Jahren und 5 Monaten
Vermischtes.
Sobernheim, 17. Okt.“ Das Dienfi—
mädchen eines Gasthauses war am Freitag Morgen
im Begriffe, die Stiefel eines dort logierenden
Reisenden in Glanz zu setzen, als dasselbe ein
Päckchen Papier im Vorderfuße des Stiefels fühlte.
Das Mädchen zog das Bündel heraus und warf
es in den Kohlenkasten. Die Neugierde, was die
Papiere enthielten, veranlaßte das Madchen zum
weiteren Nachsehen, und was enthielt das Bundel?
1127 Mark in Kassenscheinen und Coupons. —
Hoffentlich ist dem ehrlichen Mädchen eine gute
Belohnung geworden.
7 Aachen, 16. Okibr. Eine Nummer des
„Aachener Anzeigers“ vom 13. ds. Mts. ist des
Aachener Setzerstreils wegen lithographirt erschienen.
fF Der kleinste Staat Europas — 6
Quadrat⸗ Kilometer groß — ist das Territorium
Moresnet, zwischen Verviers und Aachen.
Dasselhe enthält reiche Zinkgruben, welche von der
Gesellschaft Vieille Montagne ausgebeutet werden.
Im Jahre 1815 war eine Kommission damit be—
traut worden, die Grenzen Preußens und der Nie⸗
derlande festzustellen; über alle Punkte wurde eine
Einigung erzielt, nur über Moresnet kam eine
Einigung nicht zu Stande. Jede der beiden Mächte
forderte die Zinkgruben oder eine angeniessene Ent-
schädigung; schließlich beschloß man, das armselige
Stück Land, das bei den Zinkwerken nur 80 elende
Hütten aufwies, unabhängig und neutral zu lassen.
Die Verhältnisse des Terriloriums haben sfich feit-
dem gewaltig verändert. Es gibt jetzt 800 Häuser
daselbst, hübsche, gut ausgestatiete Laden, die Ein⸗
wohner find zum Theil wohlhabend. Das Gebiei
ist neutral geblieben und es herrschen daselbst pa⸗
triarchalische Zustände. Preußen und Belgien
haben bei diesem Staate je einen Kommissar, die
alle etwaigen Schwierigkeiten in Güte ausgleichen,
fonst aber nicht einschreiten. An der Spitze
des Staates steht ein Bürgermeister, welcher sich
selbst feine 10 Beifitzer wählt; er verwaltet die
Archive, hat den Katasterplan ünter sich und ift
der unbeschränkte Gebietet. Seit 2 Jahren ist es
der Bauer Schmitz, der sich als Beisitzenden einen
alten, von Jung und Alt gekannten Arzt gewählt
hat. Diese Beiden sind thatsächlich die „Regier⸗
ung“, alle anderen Beisitzer ffimmen zu; es gibt
nur einstimmige Beschlüsse! Der ganze Stadtrath
verausgabt jahrlich für seine Verwaltung 12,000
Franks; jeder Einwohner zahlt an Steuern durch⸗
schnittlich per Jahr 6 Franks. Damit werden die
Wege und Schulen unterhalten. Militärdienst gibt
es nicht; die öffentliche Macht besteht aus einem
Mann, der eine Spezialuniform trägt, als Amts
zeichen der Republik Moresnet“. Da der Ort in
einem lieblichen Thale liegt, auch ein hübscher See,
an dessen Ufer eine alte Burg aus Karl's des
Großen Zeiten emporragt, die Gegend verschönt
find oft die Bürger der Städte Aachen und Ver—
viers Sonntags in der „Republik“ zum Weinae—
lage gemüthlich vereint.
fBlutvergiftung durch Tinte. Ein
Schuldiener in Elberfeld verletzte sich vor einigen
Tagen bei dem Reinigen von Tintenfässern an der
linken Hand. Die in die Wunde getretene Tinte
verursachte zuerst Anschwellung, machte spatere Ab⸗
nahme eines Fingers noͤthig und führie schließlich
den Tod des Mannes herbei.
TRannheim, 186. Okt. Ein entsetzliches
Unglück ereignete sich gestern Nachmittag am Ver⸗
bindungskanal. Beim Schieben von Eisenbahn⸗
waggons gerieth ein Schiffsführer: von Broich
(Amt Düsseldorf) unglücklicher Weise zwischen die
Puffer zweier Waggons, welche ihm die rechte Seite
des Oberkoöͤrpers so greulich zerquetschte, daß kaum
aoch eine Hoffnung für das Aufkommen des Ver ⸗
unglückten besteht. Der Aermste steht in den vier⸗
ziger Jahren und ist verheitathte.
AfBaden⸗Baden, 17. Olt. Die Gräfin
Arnim wurde heute in der Murg bei Weisenbach
nufgefunden: Der Leichnam · lag im Schlamm
einer Stauung des Flusses und wurde durch einen
Fischer entdeck.
7BadenBaden, 18. Oktober. Der Leichen⸗
sund der Gräfin Arnem in der Murg zwischen
Langenbrand und Weifendach im Murgthat ESchnei⸗
dermeister Merkel von' Langenbrand vermißte seit
Samstag früh seine etwas gemüthskranke Schwieger⸗
mutter und als dieselbe auch während des Nachts
nicht nach Hause zurückkehrte, ging Merkel gestern
Sonntag früh mit seinen beiden Schwägern Leo—
pold Gerster und Alois Heitzler Sohn auf die
Suche in der Voraussetzung, die Schwiegermuttet
habe fich in der Murg ertränkt. Die drer Suchen⸗
den gingen nun an letzterem Fluß entlang und
als dieselben am sog. Auer Gumpen in der Hirschau
wo die Murg sehr tief ist, vorgingen, rief Merkel
erschreltt aus: „Ach Gott die Mutter!“ fie gingen
auf den am Rand der Murg im Gebüsch hängen⸗
den Leichnam zu, von welchem nur die Hand und
ein Theil des ganz zerfetzten Kleides zu sehen war
und als fie das an der Hand befindliche goldent
Armband erblickten, war ihnen sofort klar. daß
dies die schon längst vermißte Gräfin Arnim sein
wird. Auf sofort erstattete Anzeige in dem zu
nächst gelegenen Ort Weisenbach strömte in kurzer
Zeit eine große Menschenmenge zusammen. Grajf
Arnim, in Bühl wohnhaft, wurde sofort telegraphisch
berufen und traf mit Extrapost ein. »Der Leich
nam, welcher alshald ins Wachtlokal nach Weisen-
bach verbracht wurde;, war an Hand und Fus
berletzt. Die Griäfin hatte das mitgenommene
Held von 3 einhundert Marktscheinen noch bei sich,
welche in Folge des Wassers vollständig schwarz;
waren. Der Goldschmuck war noch vorhanden
Die Busennadel, welche die Verunglückte bei fich
trug, lag etwa 8 Stubenlängen vom Ufer entfernt
Jedenfalls ist die Gräfin Arnim in einem Seiten
bache der Murg verunglückt und dom letzten Hoch⸗
wasser an diese Stelle geschwemrat worden
Die Seene, als der Graf seine Frau gesehen und
wiedererkannt hat, soll unbeschreiblich gewesen sein
Vermuthlich wird die aufgefundene Leiche hieher
gebracht werden. Die Finder der Leiche erhalten
außer den 10,000 Mark Finderlohn noch reichliche
Geschenke. I
7 Würzburg, 15. Okt. Gestern wurde
der „N. W. 3.“ zufolge. der badische Oberkon⸗
dukteur Hammer beerdigt, der bei dem jüngften
TFisenbahnzusammenstoße in Eichelsheim fungirt
hatte und unverletzt davongekommen war. Hammer
befand sich seit dieser Zeit in hochgradiger Aufreg ·
ung; das Springen eines Blutgefäßes veranlaßit
eine plötzliche Herzlähmung, welcher Hammer erlag
FWürzburg, 17. Oktbr. Vom Schwur⸗
gericht wurde gestern Abend der hiesige Redakteur
Memminger zu zwei Monaten Gefängniß
wegen Ministerbeleidigung verurtheilt, gleichzeitig
aber von vier gleichen Beschuldigungen freigesprochen
Der Vorsitzende drohte mit Räumung der Tribünen
Us nach dem brillanten Plaidoyer des Verthei⸗
digers Rechtspraktikant Dr. Silberschmitt, das
Publikum in lautes „Bravo“ ausbrach. Der Ab—⸗
Jeordnete Gabler deponirte, daß nach Mittheilung
eines hohen Ministerialbeamten das Ministerium
schon „frühet“ vom Wahnsinn des Konigs gewuß!
jabe. GBerl. Tagbl.)
F Ein Festspielhaus nach Bayreuther
Muster wollen, nach der „Tägl. Rundschau“, die
Franzosen schaffen. In demselben sollen ausschließ⸗
lich die dramatischen Schöpfungen von Viktor Hago
in mustergiltiger Besetzung alljährlich zur Aufführ⸗
ung gelangen. An der Spitze Derjenigen, welche
für die Errichtung eines derartigen Fesispielhauses
eintreten, steht Saint⸗Saẽns.
*Zur Verhaftung des Moͤrders des
Münchener Gendarmen Behringer, welche wir
in unserer Sonntagsnummer meldeten, wird weiter
aus Passau berichtet: Gestern, Nachmittags 2
Uhr. kam ein Mann in die Restauration de
„Stadt Wien“ und ließ sich ein Glas Bier b
dedeinetin dort haut dan Siae edm
Bendarmenmoörders in den Münch. N R. vl de
und kam darauf, daß der Mensch, der schon r
Male dort gezecht. der verfolgie Mörder sei nig
jetzte ihre Herrschaft in Kenntniß, welche um —8*
zeimannschaft schicte. Zufällig gingen im Ade
—
über, während ein dritter aus dem —8*
herbeieilte, Nun namen sie den Mann fest —
sich derart wiedersetzte, daß der Reftaurate undh
noch 4 Galle ihn kaum zu Boden bringen konnten
Ein Padtraget legte ihn im Geraufe Linen Gin
um die Füße und riß ihn zu Boden. Es wurd.
ihm · Z Kevolver, ein Abschraubegewehr um 8
Säckchen mit Schrot, ein Päckchen Patronen, da
schiedene Brechwerlzeuge, darunter auch ein feine
Bohrer · ats Stahl⸗ und einiges Geld abgenommen
Ein Revolver war geladen und mit einem weißer
Sacktuch umwickelt. Nach furchtbarer Gegenweh
wurde der Mannm *endlich geschlossen und mittel⸗
des Strickes hinausgezogen und dann in die Frohn
feste verbracht. Er wurde zwei Stunden fruͤher in
Hausflurx des Bankhauses Lenze, Schropp und Ci⸗
von dem Hausmeister betroffen, als er sich umhet
jehend erkundigte, wann da aufgemacht werde
worauf der Hausmeister erwiederte: Um 2 Uhr“
dann ging der Mann fort. Bei Bankier Ulrid
hat er zweimal schon Geld wechseln lassen, un
von der Restauration zur „Stadt Wien“ aus sal
er immer auf das Ulrich'sche Bankgeschäft. Jeden
falls würde er diesem einen nächtlichen Besuch ab.
gestattet haben. nachdem ihm am 26. v. M. de
Kintruch bei Lenze, Schropp und Komp. nicht ge
lungen ist. (Der Verbaftete wurde nach München
eingeliefert und soll hereits ein Geständniß abgeleg
haben.! —
fF Das Kriegsministerium gibt bekannt
daß für die Stellen, der Rentamisdiener ein dren
monatliches Kommando, für die Stellen der Steuer—
aufseher und Aufschlagseinnehmer ein einjähriges
Kommande zur insormatorischen Beschäftigung ein—
treten kann.
F. Alt münsterol, 10. Oklt. Gestern
Nachmittag wurde von den franzoösischen Sicher
heitsbehöden an die deutschen Gendarmen ein
junger Mann von etwa 20 Jahren übergeben,
welcher seinerzeit als Lehrling in einem Nürnberge
Geschäft seinem Prinzipal 80,000 Mtk., darunten
1000 Mtk. in Baar, der Rest in Obligationen
entwendet hatte. In Paris, wo er dingfest ge
macht worden war, fand man bei demselben fast da⸗
ganze Geld vor. Derselbe wurde zur Aburtheiluno
nach Nürnberg gebracht.
7 Leirzig, 15. Oltbr. Die Untersuchung
wider den des Hochverraths angeklagten Schriftjetzen
Drobner, aus Leipzig wird außerordentlich gehein
betrieben. Es steht zu erwarten, daß der Prozeß
welcher am 30. Oktober vor dem Reichsgecicht zur
Verhandland gelangt, einen tiefen Einblick in dae
Treiben der Anarchisten gewähren wird. Wie sr.
Zeit der Polizeibricht meldete, ist. Drobner sicher
ein Mitglied der Anarchistenparteiee.
fNMeisse, 11. Olt. In der Zeit vom Mo
1884 bis Januar 1886 wurden die Kreise Neisse
Neustadt, Grottkau, Falkenberg und die angren⸗
zenden, nördlich bis Oels, südöstlich bis Leobschüt
hin, von einer Räuberbande beunruhigt, deren Haup
rin ehemaliger Schmiedegeselle, Johann Duxa au
Silberkopf, Kreis Ratibor, war. Dura, jetzt 26
Jahre alt, hätte, unterstützt von seinem angenehmen
Aeußern, eine glänzende Karriere machen können,
wenn er seine Klugheit und Geschicklichkeit und sein
Organisationstalent auf etwas Besseres hätte ver-
wenden wollen. So aber widmete er sich von
seinem 17. Jahr ab dem Diebeshandwerke, ver⸗
brachte einen bedeutenden Theil seiner Jünzlings⸗
jahre in Gefängnissen und Zuchthäusern und orga⸗
nisierte, aus seiner vierten Haft entlassen, aus
anderen Dieben, Dirnen und Hehlern eine groß
artige Bande. deren verbrecherischer Thätigkeit ein
Ende gemacht wurde, als der Anführer die Beute
seines letzten Raubzuges in Jägerndorf verkauf'
hatte und bei der Rückkehr über die Grenze am
22. Februar d. J. durch einen Grenzbeamten ver⸗
haftet wurde. Das Schwurgericht zu Neisse verur⸗
heilte ihn am 830. Juni cr. wegen Raubes zu 8
Jahren Zuchthaus, welche er in Brieg verbüßt.
Dieser Raub war aus der Menge von Verbrecher
herausgeschält worden, um die bloßen Einbruch⸗
diebstähle und Hehlereien vor der Strafkammer
1aburtheilen zu können, weil die Verhandlung alle—