Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Awmches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2 mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
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Die Vermehrung unserer Flotte. 
Bei dem lebhaften Interesse, welches man in 
)en weitesten Kreisen unserer verhältnißmäßig noch 
o jungen Marine und allen hiermit zusammen— 
angenden Fragen entgegenträgt, wird die Denk— 
chrift, welche den diesjährigen Marine-Etat be— 
Jleitet, allgemeine Beachtung finden. Dieselbe be— 
teitet auf wichtige Veränderungen im Gründungs— 
nan der deutschen Flotte vor, die darin gipfeln, 
zaß zum besseren Schutze der deutschen Küste zehn 
neue Panzerfahrzeuge und gepanzerte Kanonenboote 
gjebaut und an den Mündungen der großen Flüsse 
aationirt werden sollen. Sechs dieser neuen Schiffe 
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die Kosten für jedes der zu bauenden Panzerfahr— 
zeuge sind auf je 3,8300,000 M. veranschlagt und 
deren Bemannung erfordert eine Vermehrung der 
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jere und 300 Mann, so daß demnach die Ge⸗ 
sammimehrforderungen des Marine-Etats für die 
nächsten fünf Jahre sich auf etwa 40 Millionen 
Mark belaufen. 
Sehr interessant ist die Art und Weise, in 
welcher die Denkschrift die Nothwendigkeit der Ver⸗ 
mehrung unserer Flotte und die große Mehrbe— 
lastung des Marine-Etats begründet. Die Marine— 
verwaltung geht hierbei von der Annahme aus, 
daß die deutsche Kriegsmarine mit ihren jetzigen 
Mitteln nicht mehr auskomme, wenn sie ihren 
zußereuropäischen Friedensdienst nicht vernachlässsgen 
ind im Kriegsfalle die Hochseeflotte — die eigent⸗ 
iiche Schlachtenflotte — nicht vernachlässigen wollte. 
hei der ansehnlichen Vermehrung, welche die 
xeußisch⸗deutsche Flotte seit Bestehen des Flotten⸗ 
gründungsplanes erfahren hat, könnte die Behaup⸗ 
uung, die jetzt vorhandenen Mittel seien nicht mehr 
genuͤgend, wenn die deutsche Flotte ihrer Aufgabe 
doll gewachsen sein wolle, einigermaßen verwundern, 
wenn man sich nicht vor Allem erinnerte, daß an⸗ 
zere Mächte rastlos an der Vermehrung und Ver⸗ 
zesserung ihrer Seewehr arbeiten und daß auch die 
deutschen Colonialerwerbungen, die ja erst in das 
jegenwärtige Jahrzehnt fallen, ganz andere Anfor⸗— 
derungen an unsere Marine stellen. 
Auf diese Thatsachen weist denn auch die Denk⸗ 
chrift mit hin. Es wird in ihr hervorgehoben, 
aß besonders Rußland und Italien gewaltige An⸗ 
irengungen zur Hebung ihrer Seestreitkräfte mach 
jen und daß hierdurch Deutschland in Gefahr käme, 
zu einer Seemacht dritten Ranges herabzusinken, 
um so mehr, als auch Spanien, Nordamerika, ja 
sogar die Türkei und Griechenland in dieser Rich— 
uung sehr thätig seien. Nachdem die Denkschrift 
darauf hingewiesen, daß zur Durchführung eines 
ausgedehnten Kreuzer⸗ und wirkungsvollen Küsten⸗ 
lrieges unser Flottenmaterial entschieden nicht aus— 
reichend sei, schließt die Denkschrift diesen wichtigen 
Theil ihrer motivirenden Ausfuͤhrungen mit folgen⸗ 
vn hemerkenswerthen Sätzen: „Die Erkenntnif 
Sonntag, 7. November 1886. 
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— 21. Aahrg. 
des schnellwachsenden Werthes überseeischer Bezieh— 
ingen, die Unmöglichkeit, den eigenen Einfluß noch 
änger auf Europa beschränken zu wollen, das Be⸗ 
wußtsein von der Rückwirkung anderer Welttheile 
bis in die intimsten Fragen eigener Wirthschafts— 
politik haben — ganz abgesehen von der Colonial- 
politik — fast alle europäischen Staaten im Laufe 
der letzten Jahre zu einer Vermehrung ihrer See. 
macht geführt. Wenn man dem gegenüber noch 
setzt glaubt, mit einigen dreißig Schiffen den An— 
orderungen des politischen Dienstes im Frieden 
und des Kreuzerdienstes im Kriege gerecht werden 
zu können, so darf doch nicht verschwiegen werden, 
daß die Beschaffenheit eines großen Theiles dieser 
unserer Schiffe den heutigen Anforderungen an 
einen Kriegskreuzer nicht mehr genügt.“ Zum 
Schlusse betont die Marineverwaltung, daß die für 
Deutschland besonders wichtige Küstenvertheidigung 
den Bau kleinerer Schiffstypen erheische, wie sie 
eben die neuen Panzerfahrzeuge repräsentiren sollen. 
Diese Ausführungen sind so überzeugender und 
sachlich begründeter Art, daß die genannten bedeu— 
tenden Mehrforderungen, wesche der Marine-Eta 
in den nächsten Jahren enthalten wird, vollkommen 
gerechtfertigt erscheinen. Bei der Bereitwilligkeit, 
mit welcher der Reichstag seither gerade die Mittel 
zur kräftigen Weiterentwickelung unserer Marine 
dewilligt hat, steht zu erwarten, daß er sich auch 
der Nothwendigkeit dieser neuen Forderungen trotz 
der keineswegs günstigen Gesammtfinanzlage des 
Reiches nicht verschließen und die im Interesse der 
Erhaltung und Stärkung der Wehrkraft des Reiches 
zur See unerläßlichen finanziellen Opfer bringen 
wird. 
zogen, wo er am Dienstag früh, 72 Jahre alt, 
verschieden ist. Löwe-Calbe gehörte im Frankfurter 
Parlament der entschieden democratischen Richtung 
an und als das letztere nach Stuttgart übersiedelte 
und hier noch einige Zeit als „Rumpfparlament“ 
— man kann wohl sagen, weiter vegetirte — über—⸗ 
nahm er das Präsidium desselben. Wie so viele 
andere, mußte schließlich auch Löwe wegen seiner 
politischen Gesinnung aus dem Vaterlande flüchten 
und lebte 12 Jahre im Exil. Nach der Amnestie 
bom Jahre 1861 kehrte er zurück und ließ sich 
1863 in das preußische Abgeordnetenhaus wählen, 
dem er bis zu seinem Tode, zuletzt als Vertreter 
Bochums, angehörte; auch im Reichstage saß er 
bis 1881. Löwe-Calbe hatte sich nach seiner Rück— 
kehr der Fortschrittspartei angeschlossen, schließlich 
aber neigte er mehr nach rechts hin und stimmte 
erIdenn auch vielfach mit den Nationalliberalen. 
* Der Lordmayorstag — der Tag des 
alljährlichen Personalwechses im Londoner 
Oberbürgermeisteramte — der 9. November, scheint 
einen bedenklichen Putsch der englischen 
Revolutionaire bringen zu wollen. Die 
Sozialisten haben erklärt, den verbbtenen Umzug— 
doch in Scene setzen zu wollen, während die Poli— 
zeibehörden unter keinen Umständen eine andere 
zffentliche Kundgebung dulden wollen, als die 
übliche Lordmayorsprocessiin. Was die Polizei 
selber am 9. November erwartet, geht daraus her⸗ 
vor, daß sie alle Lädenbesitzer angewiesen hat, an 
dem genannten Tage die Läden zu schließen und 
ihre Fenster durch Bretter zu schützen, wenn keine 
Fensterläden da seien. Hoffentlich blamirt sich 
diesmal die Londoner Polizei nicht wieder so, wie 
bei den Vöbelexcessen auf Trafalgarsquare u. s. w! 
Politische Uehersicht. 
Aus offiziösen Berliner Kreisen ver— 
lautet, die Russen beabsichtigen jetzt eine theil— 
wveise Besetzung Bulgariens, und es sei 
den Mächten bereits Mittheilung über das unmittel⸗ 
bar Bevorstehende gemacht worden. Die militärische 
Besetzung werde von Rußland als nothwendig hin⸗ 
gestellt, um Ruhe und Ordnung in Bulgarien auf—⸗ 
recht zu erhalten. Um die Empsindlichkeit der 
Mächte zu schonen, werde ausdrücklich betont, es 
jandle sich nur um eine vorübergehende, im Inter— 
sse der Erhaltung des allgemeinen Friedens dringend 
zebotene Maßregel. „Sobald die Verhältnisse in 
Bulgaͤrien die Gewähr für Wiederherstellung ge— 
ordneter Zustände böten, solle die Besetzung aufage— 
hoben werden“ (12) 
Der „Times“ wird unterm 2. ds. aus Sofia 
zemeldet: General Kaulbars sagt, daß er in seinem 
Bericht an den Czaren die militärische Okkupation 
Bulgariens als die einzige Maßregel, welche den 
russischen Einfluß in dem Lande wiederherstellen 
könnte, befürwortete, und er fügt hinzu, daß diese 
Anschauung von Sr. Majestät gebilligt wurde. 
Der General läßt die Nachricht verbreiten, daß er 
im Begriff sei, Bulgarien zu verlassen, und zwar 
in Verwirklichung der in seinem Ultimatum ent— 
haltenen Drohung. 
* In den Vereinigten Staaten hat 
man eine große Wahlwoche hinter sich. In der 
Stadt New-NYork handelte es sich um die Bürger⸗ 
meisterwahl, bei welcher schließ lich der Demokrat 
Hewitt gegenüber seinen Mitbewerbern, dem Repu⸗ 
oͤlikaner Rooseveldi und dem Sozialisten George, 
als Sieger hervorging. Außerdem fanden in 
sämmtlichen Staaten die Wablen zur Staatslegis⸗ 
iatur statt, bei denen die Republikaner, wie ge— 
wöhnlich, in den nördlicheren, die Demokraten da— 
gegen in den südlicheren Staaten siegten. In den 
Slädten Milwaukee und Chicago setzten die Arbeiter 
ihre Kandiaten durch. Im Allgemeinen scheinen 
die Republikaner im Vortheile geblieben zu sein 
und wird sich also die gegenwärtige demokratische 
Mehrheit im Kongresse voraussichtlich bedeutend 
derringern. 
Das, Repräsentantenhaus der Legislatur von 
Vermont nahm ein Gesetz an, wonach weiblichen 
Personen, welche Steuern zahlen, das Stimmrecht 
herliehen wird. 
* Auf dem Gebiete der Parteibewegung ist der 
Entschluß der Berliner Nationalliberalen zu ver⸗ 
seichnen, bei den bevorstehenden Ersatzwahlen zum 
Reichstage und zum preußischen Abgeordnetenhauste 
im ersten Berliner Wahlkreise besondere Candidaten 
aufzustellen. Mit dem vielerörterten Zusammen— 
zehen der regierungsfreundlichen Parteien wenigstens 
bei dieser Wahl ist es also nichts und das ist ge— 
rade kein ermunterndes Beispiel für die auf einen 
engeren Zusammenschluß der nationalen Parteien 
zielende gegenwärtige Bewegung! 
* Ein alter parlamentarischer Kämpe aus der 
bewegten Zeit von 184849 ist dahingeschieden — 
Dr. Wilhelm Löwe-Calbe, so nach dem 
Wahlkreise genannt, den er in der Frankfurter 
Paulskirche vertreten hatte. Löwe, schon seit längerer 
Zeit leidend. hatte sich nach Meranin Tyrol zurückge—