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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
„St. Ingberter Anjzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal? Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2 mal wöchentlich mit Unierhaltungs⸗
u und Sonntags mit Sfeitiger illustrirter Beilage. Das Blait kostet vierteljährlich 1 60 — einschlieklich Trägerlohn; durch die Post bezogen IM 75 , einschließlich
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, I3 4, Neklamen 30 —. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet.
ve 216.
Politische Uebersicht.
Der deutsche Kronprinz ist am Sonn⸗
Abend nach längerer Abwesenheit wieder in
rhin eingetroffen, nachdem er am Freitag noch
alänzenden Vermählungsfestlichkeiten am Hofe
Weimar und am Sonntag der Einweihung
restaurirten altehrwürdigen Domes in Merse—
irg beigewohnt hatte. Die Frau Kronprinzessin
id dagegen nebst ihren Töchtern erst im Laufe
ser Woche Italien verlassen und auf der Heim⸗
je dem Vernehmen nach in München noch einen
rtägigen Aufenthalt nehmen.
Ueber den Termin für den Zusammen⸗
Andes Reichstages herrscht in den Regie⸗
gakreisen noch immer tiefes Schweigen und alle
mheilungen, welche hierüber in der letzten Zeit
Umlauf waren, müssen als bloße Vermuthungen
rachtet werden. Augenscheinlich hängt die Ver⸗
erung in der Bekanntgebung des Termines da⸗
tzusammen. daß der Bundesrath noch immer
ht mit den Etatsarbeiten zu Stande ge—⸗
umen ist und heißt es sogar, daß dies wahr⸗
einlich erst in übernächster Woche geschehen werde.
mit würde allerdings die Aussicht, daß der
ichstag bis zu den Weihnachtsferien den Etat
der Hauptsache fertig stellen könne, sich bedeutend
mndern und es würden sich demnach die Etats⸗
zandlungen bis weit in das neue Jahr hinein⸗
en. Zu dieser Zeit tritt aber auch das preu⸗
he Abgeordnetenhaus zusammen, um zunächst
enfalls die Budgetberathung vorzunehmen und so
den wir abermals vor der Concurrenz zwischen
chstag und preußischem Landtag, welche die alte
clamität, die Ausdehnung der parlamentarischen
aison bis in den Sommer hinein, nach sich zu
hen droht.
Aus der in voriger Woche abgehaltenen Plle⸗
arsitzung des Bundesraths ist die Annahme
s Ausschußantrages, 20-Pfennig-Nickelmünzen im
eirage bis zu 5 Millionen Mark auszuprägen, her⸗
czuheben. Der Gesammtentwurf über die Ab⸗
derung des Gerichtskostengesetzes und der Ge⸗
srenordnung für Rechtsanwälte wurde an die
tändigen Ausschüsse verwiesen.
In der Schweiz tritt man jetzt der Frage
wVerstaatlichung der Eisenbahnen ebenfalls näher.
mächst handelt es sich um den Ankauf der Nord⸗
kbahn durch den Staat und hat der Bundesrath
neits die hierauf bezüglichen Anträge des Eisen—
hndepartements angenommen und die Vorstände
Eisenbahn⸗, des Finanz- und des Justizdepar⸗
ments mit den Unterhandlungen hierüber beauf⸗
Die Londoner Sozialistenführer haben
Grontwechsel vollzogen. Der Umzug der
jalistischen Partei am Lordmayorstag soll nun
stattfinden, dagegen werden die, Genossen“ aufge⸗
tdert, sich am 9. Rovember möglichst zahlreich auf
afalgare⸗Square zu versammeln; einen Krakeehl
itd es da also doch wohl geben.
cach einer Pariser Depesche des „B. T.“
nentirt das franzöfische Ministerium die Meld⸗
aß der Botschafter in Berlin, Herbette, mit
zismarck Verhandlungen über die Betheilig—
Montag, 8. November 1888. —A
ing Deutschlands an der Ausstellung im Jahre
1889 gepflogen habe.
Vor einigen Tagen wurde zu Ehren Castelar's
in Paris ein Festmahl von 200 Gedecken ver⸗
anstaltet. Außer Franzosen, Spaniern und Ita⸗
sienern waren Griechen, Armenier, Slovaken, Ma⸗
yaren, Neger u. s. w. vertreten. Castelar zeigte
n zweistündiger, begeisterter, beklaischter Rede, daß
ie lateinischen Brüder, als welche er auch die
Slaven und überhaupt alle Feinde der „Tudesken“
nezeichnete nur Eine Lebensaufgabe haben, die
zinauswerfung der barbarischen und raublustigen
deuischen aus Europa. Ehe Deutschland nicht ge⸗
ändigt sei, dürfe kein lateinischer Bruder aufuthmen.
bisher im russischen Konsulat verborgen. Es ist
Janz unzweifelhaft, daß die Verschwörung von den
stuffen unter dem Schutze der diplomatischen Im⸗
nunität angestiftet wurde. Bisher liegen vor Bur⸗
zas keine russischen Kriegsschiffe, doch befürchtet man
zier, daß Rußland aus der von ihm selbst angezet⸗
elten Revolution einen Vorwand zur Besetzung
iehmen wird. Unter den in Burgas Verhaften
hjefindet sich auch ein Deutscher, der Kapitän v. Mach.
Nach den (freilich sehr fragwürdigen) Schilder⸗
ingen russischer Blätter herrscht in den Städten
tzulgariens volle Anarchie. Die örtlichen Behörden
jandelten ganz willkürlich und weigerten sich, Be⸗
ehlen und Anordnungen der Zentralregierung nach⸗
ukommen. In Philippopel sei es zu Schlä—
jereien zwischen Ofsizieren und Soldaten gekommen.
In der Thatist, wie der „K. Z3.“ gemeldet wird,
in Philippopel auf wiederholte dringende Bitte der
hortigen Militär⸗ und Zivilbehörden, der Be—⸗
agerungszustand verhängt worden.
Tirnowa, 6. Nob. Die Stadt Burgas wird
jon den Regierungstruppen fest umschlossengehalten.
Die Führer der aufständischen suchen sich durch die
Flucht zu retten. Die Aufständischen setzten Sträf⸗
lͤnge und gemeine Verbrecher auf freien Fuß,
tedten dieselben in Gendarmerie-Uniformen und
jeßen durch diese den Sicherheitsdienst versehen.
Die Bewohner suchen das freie Feld zu gewinnen.
Nabokow selbst verließ Burgg8sgs.
Tirnowa, 6. Novp, Eben trifft die Nachricht
hier ein, daß Burgas von den Regiernngstruppen
jenommen worden ist. Hauptmann Karaiwanow
st ohne Kampf in die Stadt eingerückt. Die An⸗
ührer find auf der Flucht.
S Tirnowa, 7. Nob. Wie aus Burgas be⸗
cichtet wird, ist die Wiederherstellung der Ordnung
dafelbst ohne jedes Bluwergießen erfolgt.
Deutsches Reich.
Berlin, 6. Nop. Das „Berliner Tageblatt“
bill, wie vorgestern aus London, so heute aus un⸗
errichteter Berliner Quelle erfahren haben, daß die
Nächte angefichts der fortdauernden Unklarheit der
ussischen Politik unter Anschluß Deutschlands dem⸗
rächst in gemeinsamer Vorstellung eine klare Stel⸗
ungnahme in der Bulgarenfrage von Rußland
ordern wollen.
Berlin, 6. Nov. Die Thronrede des Kaisers
yon Oestereich mit welcher derselbe heute die Dele—
zation eröffnete sagt u. A.“ Die“ Bemühung der
sterreichischen Regierung bezwecke bei Regelung der
Zulgarenfrage — unter Mitwirkung der Mächte
— legale Zustände zu schaffen, welche die zulässigen
VBünsche der Balgaren berücksichtigend, den be⸗
tehenden Verträgen, wie Interessen Europas ent⸗
prechen. Die friedlichen Versicherungen der Re⸗
zierungen lassen trotz der schwierigen Orientlage
zie Erhaltung des Friedens erhoffen.“
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ö— — — ———
Ausland.
Wien, 6. Nov. Nach einem Londoner Briefe
der „Pol. Corr.“ wurde im letzten englischen Mi—
nisterraih einhellig beschlossen, in der bulgarischen
rgrage ein Einvernehmen mit dem Wiener Kabinet
u suchen und eventuelle Schritte desselben zu un⸗
erstützen, aber jede Aktion zu vermeiden, welche
den Frieden stören könnte.
Tirnowa, 5. Nov. Nach einer hier einge⸗
angenen telegr. Nachrichten ist in Burgas ein
domplott zum Ausbruch gekommen, bei welchem
amentlich Montenegriner betheiligt sind. Dieselben
burden von dem ehemaligen russischen Offizier Naba⸗
off und einem Popen geführt, welcher bereits bei der
zor einigen Monaten (im Mai d. J.) in Burgas
nideckten Verschwörung gegen den Fürsten Aler⸗
inder betheiligt war. Die Verschwörer wurden von
inem Theile der Garnison unterstützt und nahmen
»en Kommandanten und drei Offiziere gefangen.
dem Kommandanten gelang es, mit einer Kom⸗
jagnie zu entkommen, doch mußte er die Stadt in
den Händen der Aufständischen lassen. Es sind
Truppen abgesandt worden, um den Aufstand zu
interdrücken. Gegenwärtig ist die Stadt von Re⸗
zierungstruppen eingeschlossen. Bisher ist es zu
einem Blutvergießen gekommen.
Laut weiteren telegr. Nachrichten aus Burgas
ijing nur eine Kompagnie zu den Auffständischen
iber; die andern Kompagnien scheinen gefangen zu
ein. Der montenegrinische Pope, der jetzt Stadt⸗
»mmandant, ist russischer Schutzbefohlener und war
Lokale und pfälzische Nachrichten.
— Ein durchgeprügelter Geist. Daß ein
Schoppen zu viel, aber zu rechter Zeit getrunken,
nicht blos „mildernde Umstände“, sondern auch
Fourage verleiht, zeigt folgender. Vorfall: Ein
ingeheiterter Bürger in Linden ging unlängst von
randstuhl, jedoch noch vor Eintritt der Geisterstunde,
nach Hause. An einer, selbst bei Tage unheimlichen
Stelle, zwischen Queidersbach und Linden, sah er
zlötzlich zwei große, weiße Gestalten, die mit Ketten
urchtbar rasselten, aus dem Walde heraus auf sich
ukommen. In nüchternem Zustande wäre vielleicht
inser „Linnemer“ durchgebrannt oder vor den Gei⸗
tern, die es wahrscheinlich auf ein anderes Geschöpf
ibgesehen hatten, zu Kreuz gekrochen: so aber ging
r beherzt auf die Geister los jund bearbeitete den
inen so, daß der andere Reißaus nahm und der
jeprügelte mit der Fiskel forwwährend bat: „Ich
jin ja kein Geist!“ Aber der immer couragirter
jewordene Linnemer prügelte den Geist windelweich,
is auch dieser Reißaus nahm und seine Kette, eine
duhkettie, im Stiche ließ. Der wackere Geisterfreier
nahm die Kette als Trophäe mit und deponirte
ieselbe bei dem Adjunkten von Linden, wo sie bis
heute noch nicht reklamirt wurde.
— Speieer, 5. Nov. Aljährlich in der ersten
Woche des Januar werden nach den Statuten des
fälzischen Dienstbotenstifts aus den Zinsen des
dapitalstoges zur Belohnung braver Dienstboten
Breise vergeben. Um einen solchen Aufmunterungs⸗
reis können jene Dienstboten sich bewerben, welche
ich durch mindestens fünfjährige, bei ein und der—