Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
4 
8t. Ingberter Anzeiger“ erscheint woöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donuerstag, Samstag und Sonntag; 2 mal wöchenilich mit Unterhaltungs⸗ 
qu und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 146 60 einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 146 75 4, einschließlich 
4 Zustellungsgebü hr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 B, bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, I5 4. Reklamen 39 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
e 218. 
Donnerstag, 11. November 1886. 
21. Jahrg. 
Deutiches Reich. 
— 
Halle, a. S. 9. Nov. Der „Saalezeitung“ 
d'vus Mag debur g gemeldet, die dort vorge⸗ 
mminen Verhaftungen von Arbeitern bezifferten 
Kauf 40 bis 50 und erfolgten wegen hochver⸗ 
herischer Umtriebe. —X 
ihe Halle'sche Arbeiter kompromittirt würden, 
junden worden. 
Berlin, 9. Nov. Der „Reichsanzeiger“ ver— 
entlicht eine kaiserliche Verordnung von gestern 
zu die Einberufung des Reichstages auf den 25. 
Mtis. 
Berlin, 10. Nov. Fürst Bismark kommt 
oxgen nach Berlin zurück, man meint wegen der 
ilgarischen Frage, da er erst nächste Woche nach 
riedrichsruh reist. 
London, 9. Nov. Die Lordmayors⸗Prozession 
verlief ohne jede Ruhestörung. Große Volksmengen 
üllten die Straßen, doch sind nirgends Unordnungen 
vorgekommen. 
Tirnowa, 10. Nov. Die große Sobranje 
wählle in boffentlicher Sitzung den Prinzen Wal— 
»eimar von Dänemark zuͤm Fürsten von Bul⸗ 
zarien nahezu einstimmig, nachdem die bei der 
seheimen Abstimmung hervorgetretene Stimmenzer— 
plitterung ausgeglichen wurde. 
Prinz Waldemar von Dänemark ist geboren 
im 27. Oktober 1858 als sechtes Kind des Königs 
Shristian IX. von Dänemark und also ein Bruder 
der Kaiserin von Rußland. Am 25. Oktober 
vorigen Jahres vermählte er sich mit Prinzessin 
Matie von Orleans, der 21jährigen Tochter des 
Zerzogs von Chartres. 
nalliberale „Kaiserslauterer Ztg.“ soll nämlich an 
ein Konsoctium übergehen und unter der Redaktion 
des bekannten sozialdemokratischen Agenten Lowen- 
burg weiter erscheinen. — Bei der gestern Nach⸗ 
mitiag von Hertn Notar Vogel dahier abgehaltenen 
Versteigerung der Wirthschaft „zur Burg“ ging 
diese um den Preis von 833,000 Mt. in den Besitz 
der bayerischen Brauerei über. 
—Der durch ihre vortrefflichen Gänseleber⸗ 
Paste ten weithin bestbekannten Firma G. Brück 
n Landau wurde die ehrenvolle Auszeichnang zu 
Theil, den Titel „Hofliefe rant Sr. K. Hoheit 
des Prinz Regenten Luitpold“ führen zu dürfen. 
Wir begrüßen diese wohlverdiente hohe Ehrung 
eines pfälzischen Geschäfts dieser Branche um so 
mehr, als dieselbe davon glänzendes Zeugniß ab⸗ 
legi, daß es Herrn Brück gelungen ist, troß größter 
auswärtiger Concurrenz auf diesem Gebiete, seine 
Firma zu solch' rühmlichen Ansehen zu bringen. 
Möge deßhalb diese Auszeichnung dazu beitragen, 
die trefflichen Erzeugnisse beregter Firma in immer 
weiteren Kreisen aller Feinschmecker einzuführen! 
— Spehy er. Ein hiesiger Privatmann wurde 
am 5. ds. vom Schöffengericht wegen durch ano— 
nhmes Briefschreiben verübter Beleidigung zu 100 
Dere und den nicht unbedeutenden Kosten verur⸗ 
theilt. 
— Der Landrath der Pfalz wurde am Montag 
zu Speier durch den k. Regierungspräsidenten Herrn 
v. Braun eröffnet. 
— Das Oberste Landesgericht in München hat 
die Revision des Staatsanwaltes in Frankenth al 
in dem Prozeß wegen des Tragens von rothen 
Rosen bei einer Beerdigung durch Ehrhardt und 
Genossen in Ludwigshafen verworfen und deren 
Freisprechung bestätigt. 
Ausland. 
Wien, 9. Nov. Hiesigen Blättern wird ge⸗— 
idet: Ueber Ostrumelien ist der Belagerungs⸗ 
stand verhängt, nachdem Karawelow den Ukas 
nerschtieben hat. Morgen Mittwoch findet die 
rstenwahl statt. Die angezeigte Kandidatur 
aldemar von Dänemark ist feststehend. Die kom⸗ 
omittirten und später auf Intervention des Ge⸗ 
rals Kaulbars befreiten Offiziere Pakow, Bellow 
id Encsevics versuchten die Stadt Slivno zu in⸗ 
giren, wurden aber durch die Regierungsorgane 
umtlich festgenommen. Die Regierung sicherte 
für morgen eine freie Telegraphen Linie bis 
Frankreich, um nach vollzogener Wahl direkt 
dem gewählten Fürsten zu verkehren. Die 
»ue Fr. Pr.“ meldet: Das angebliche englisch⸗ 
treichische Einverständniß wendet sich nicht gegen 
Erfüllung der Forderungen Rußlands bei der 
uordnung der bulgarischen Verhältnisse, sondern 
gen die Absicht Rußlands, die Neuordnung nach 
senem Belieben und unbekümmert um den Ber⸗ 
ner Vertrag zu bewerkstelligen. J 
Lemberg, 10. Nov. Reisende berichten, wie 
o Fr. Journ.“ hört, über große Truppenan— 
amlungen längs der österreichischen Grenze. 
Paris, 8. Nov. Wie in London, so rühren 
dauch bei uns die Sozialisten. In Deca⸗ 
oille hielten sie gestern eine Versammlung von 
500, und in Epernay eine solche von 2000 Per⸗ 
nen ab. In Decazeville hielt der Abgeordnete 
zsly einen Vortrag für die Streiklenden und dann 
utden zwei Tagesordnungen angenommen, die 
wauf die Ernennung von Beigeordneten der Ar⸗ 
uer bei den Grubengesellschaften beziehen. In 
vernay stiegen Reden von Camélinat und Jules 
uesde, die natürlich den hellen Aufruhr predigten. 
mn wurde eine Geldsammlung zugunsten der 
treilenden von Vierzon veranstaltet und die Ver⸗ 
mmlung geschlossen unter den Rufen: „Vive le 
ti ouvrier! Vive la Révolution sociale!“ 
som. Der 19. Jahrestag der Schlacht bei 
entana, in welcher Napoleon III. bekanntlich das 
assepot · Gewehr „probieren“ ließ und in welcher 
aribaldi, der Führer der gegen Rom rückenden 
teischärler, verwundet wurde, ist in ganz Italien 
ner ungeheurer Betheiligung gefeiert worden. Die 
idl der Theilnehmer betrug in Mentana selbst 
gen 30,000. Sämmtliche Redner drohten dem 
atikan energisch mit Repressalien; würde Italien 
aals einen so traurigen Tag der Niederlage wie— 
erleben, so würde Dynamit mit dem Vatikan 
mmer aufräumen. — Mit solchen Rodamon⸗ 
vru wird der Sache Italiens keineswegs genützt. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. In gbert, 11. Nov. Unserer vorgestr. 
Notiz ist berichtigend nachzutragen, daß Geld und 
Wertihsendungen mit feinem Lack mittelst Petschaft⸗ 
ibdruck verschlossen sein müssen, Sendungen ohne 
Werth dürfen mit Siegellack-Verschlüssen oder mit 
Siegelmarken versehen sein. 
G St. Ingbert, 10. Rovbbr. Wir hatten 
estern Abend - Gelegenheit die Lebeth'sche Kapelle 
m Horst'schen Säälchen spielen zu hören und können 
nicht umhin besagter Kapelle unsere größte Aner⸗ 
ennung auszudrücken. Sämmtliche Piecen kamen 
nit einer Reinheit und Präzision zum Vortrag, 
vie sich's nur von gut geübten und geschulten 
dünstlern erhoffen läßt. Mit nur geringen Er⸗ 
vartungen betraten wir das Säüälchen und wie über⸗ 
ius befriedigt konnten wir es — nach mehreren 
Ztunden — verlassen. Das Repertoir obengenannter 
dapelle ist geradezu ein unerschöpfliches zu nennen. 
zeider scheint uns die Lebeth'sche Kapelle hier nicht 
jenug bekannt zu sein, denn das Concert war, wenn 
iuch nicht gerade schwach — doch nicht so besucht 
vie es die Leistungen der Kapelle von Seiten des 
nusikliebenden Theils der hiesigen Bevölkerung ver⸗ 
ient hätten; unsere Damen fehlten — mit wenigen 
Ausnahmen — fast alle und es sind doch so viele 
unstsinnige unter ihnen, die sich diesen reinen 
genuß nicht so leicht hätten entgehen lassen. — 
die Alkustik des Säälchens — die in gewissen Kreisen 
chon öfters zu lebhaften Debatten Anlaß gegeben 
zjat — haben wir mit Freuden bemerkt, ist eine 
ehr gute zu nennen, wovon sich alle Anwesenden 
iberzeugen konnten — sich quasi überzeugt haben 
nmüfsen. — Der Kapelle wünschen wir recht viel 
Zlück und baldige Wiederkehr! 
— Zweibrücken, 10. Nov. Gestern Abend 
wischen 10 und 11 Uhr ist zwischen Hannweiler 
ind Saargemünd ein Güterzug entgleist. Es sollen 
11 Wagen entgleist und teilweise zertrümmert, ein 
gremser todt und einer schwer verwundet sein. 
— Zweibrücken, 7. Nov. Der bisher in⸗ 
jaftirle Geschäfts!mann Rummel von Homburg 
st gegen Kaution aus der Haft entlassen worden. 
— Weidenthal, 8. Nop. Im hiefigen 
Jemeindewalde ist heute ein gräßliches Unglück ge— 
chehen. Beim Fällen eines Baumes wurde der Tag⸗ 
ier Jak. Orth von hier von demselben erschlagen 
ind der Tagner Adam Hepp schwer verletzt. 
— Kaiserslautern, 9. Novbr. In den 
siesigen Preßverhältnissen tritt — dem Vernehmen 
ach — mit dem nächsten 1. Januar eine sehr 
emerkenswerthe Aenderung ein. Die seither natio— 
*VWVermischtes. 
Neunkirchen, 9. Nov. Bei der gestern 
Nachmittag erfolgien Versteigerung des sog. Doktor⸗ 
hauses (in den 80er und 60er Jahren „Gasthof 
jur Post“) ging dasselbe für den Preis von 60,000 
Mark in den Besitz des Herrn Hoteliers J. Wey⸗ 
and über; jedoch muß noch die Genehmigung der 
höhern Behörde eingeholt werden. 
— Genern Mittag hat sich in Saarbrücken 
in Schuhmacher erschossen. Decselbe war verhei⸗ 
rathet und hinterläßt mehrere Kinder. 
Reichshofen, 3. Novbr. Ein ebenso 
rauriger als seltsamer Vorfall machte heute in 
inserm Städtchen viel von sich reden und gab zu 
den verschiedensten Kombinationen Anlaß. Bei 
einer hiesigen allgemein geachteten Familie war im 
vorigen Jahre ein junges blühendes Mädchen in 
Dienst getreten. Dasselbe wurde, obgleich Tags 
uvor noch kerngesund, eines Morgens todt in seinem 
Zette angetroffen. Als nun vorgestern die 18jähr. 
Schwester dieses Mädchens zur genannten Familie 
ils Ersatz kam, wurde auch sie, ohne vorher krank 
jewesen zu sein, am folgenden Tage leblos in dem 
zümlichen Bette aufgefunden, in welchem seinerzeit 
nuch ihre Schwester plötzlich verstorben war. Die 
gerichtliche Leichenschau konstatirte Herzschlag, ver⸗ 
muthlich durch eine ungewöhnliche Angst und Auf⸗ 
cegung herbeigeführt und somit ist die Schuld an 
dem beregten Todesfall durch eine andere Person 
uusgeschlossen. Wie verlautet, war die Verstorbene 
nur'mit Furcht und Widerwillen in ihren neuen 
Wirkungskreis getreten. 
Metz, 8. Nov. Wie die Lothr. Ztg. hört, 
vird in den nächsten Tagen in Metz eine Pribpat⸗