Full text: St. Ingberter Anzeiger

zt. Jughexter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
e „St · Jugberter Auzeiger“ erscheint woͤchentlich funfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonuntag; 2mal wöochentlich mit Unterhaltung⸗ 
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21. Jahrg. 
—B 28 Dienstag, 2. Februar 1886. 
Deutsches Reich. 
Mmünchen. Finanzausschuß. Für die Pfalz 
aden u. a. bewilligt: für den kathol. Kultus: 
s80 Mark für eine Kaplanei in Ludwigshafen 
n Rhein, und 900 Mark für eine solche in Maß⸗ 
ler, während anstatt der letzten Position die 
emeinde Reifenberg um Errichtung einer selbst- 
digen Pfarrei bittet; nach Lage der Verhält⸗ 
se werden obige Beträge bewilligt. wodurch di⸗ 
zähnte Petition erledigt ist. Die Gemeinde 
—D—— 
ex Bitte zur Zeit nicht stattgegeben weiden kann, 
il dort noch keine Kirche vorhanden ist. Die 
emneinde Leimersheim bittet um Errichtung einer 
cplanei daselbst auf Staatskosten, wofür der 
jerent 900 Mark einzusetzen beantragt, dagegen 
und von mehreren Rednern zwar das Bedürfniß 
xwErrichtung einer Kaplanei daselbst anerkannt, 
der beanstandet, daß die Gemeinde nichts hiefür 
zun zu wollen scheint, so daß der Referent seinen 
mtrag zurücknimmt und die Petition einer Staats⸗ 
gierung zur Würdigung hinübergegeben wird. 
aͤr die Kaplanei Dahn wird um Ergänzung der 
xtalion gebeten, welche Petition ebenso behandelt 
ird. Endlich bittet Edeshein um 800 Mark 
aatszuschuß zum Gehalt eines Kaplans, welche 
zitte das gleiche Schicksal hat. Der Abgeordnete 
dx. Buhl regt die Errichtung einer zweiten Ka— 
mei in Homburg an und empfiehlt diese Ange⸗ 
serheit zur Berücksichtigung bei der nächsten Etats⸗ 
ufstellung; das gleiche bittet der Referent bezüg- 
d Kaiserslautern. — Fäür den protest. Kultus 
erden u. a. bewilligt: 836 Mk. für eine zweite 
sarrstelle in Ludwigshafen, für Sustentationen 
xr Pfalz 16,000 Mk. und für Alterszulagen da⸗ 
ubst 82,000 Mark, für den israelitischen Kultus 
4000 Mark zur Aufbesserung den Einkommens 
ring dotirter Rabbinnatsstellen. — Für die 
hrerbildungsanstalt in Kaiserslautern ist ein neues 
htsaalgebäude nöthig, für welches 117,700 Mk. 
jordert werden; durch einige Vereinfachungen im 
lane kann die Bausumme auf 100,000 Mark 
näßigt werden, welcher Betrag bewilligt wird. 
er Erlss aus dem alten Gebäude wird seinerzeit 
Staatskasse wieder zugute kommen. 
berlin, 30. Januar. Der dem Bundesrath 
de zugegangene Gesetzentwurf betr. die Aus⸗ 
igung von Zwanzigpfennigstücken in einer Nickel⸗ 
etung ist damit motivirt, daß die silbernen 
vanzigpfennigstücke sich als unpraktisch erwiesen 
»en und im Verkehr nicht beliebt seien. 
zerlin, 31. Jan. Die „Berl. Pol. Nachr.“ 
ben: „Die Erklärung des Reichskanzler Fürsten 
marck, daß er sich durch die Obstruktion 
wKeichstagsmehrheit nicht vom Wege 
xer steuer· und wirthschaftspolitischen Reformen 
tangen lassen werde, muß jeden ehrlichen, auf⸗ 
nigen Patrioten mit wahrer:⸗Genugthuung er⸗ 
len. Denn es harren zu zahlreiche und unab— 
uiliche Bedürfnisse in Reich, Staat und Kom⸗ 
une ihrer Befriedigung, als daß einer fanatischen 
drosition verstattet bleiben könnte, dieselben zum 
ummelplatz ihrer agitatorischen Kraftstückchen zu 
den. Die Reform der direkten Steuern, die 
nlastung der Kommunen, die Ueberweisung der 
wunde und Gebäudesteuer, die staatsseitige Ueber— 
tihme der Hälfte der Schullasten — alles das sind 
derungen, welche in der Gestaltung der Ver⸗ 
ünisse ihre mehr als zureichende Rechtfertigung 
b und für welche daher, und zwar in mög— 
ihst kurzer Frinn Ratb aschaffr werden mußk. Dir 
naturgemäße, so zu sagen in die Augen fallende 
Weg, alle Schwierigkeiten verhältnißmäßig leicht 
uind mühelvs Herr zu werden, bietet sich in der 
erstärkten Heranziehung des Branntweins und 
war in Gestalt des Monopols. Wenn die Schnaps⸗ 
hänker und Schnapsbrüder sich aus aller Kraft 
»awider stemmen, so meinen sie vielleicht sehr klug 
ür ihr eigenes Interesse zu sorgen, während sie 
yoch in Wahrheit nur in Gefolge der deutschfrei⸗ 
innigen Obstruktion, unter Führung des Herrn 
kugen Richter und seines Schnapsreptils, Frohn⸗ 
zienste verrichen, um der freisinnigen Agitation 
etzt die leeren Kassen zu füllen und hinterher mehr 
elastet zu werden, als jetzt das Monobdol in Aus⸗ 
icht nimmt.“ 
Berlin, 1. Febr. Am Mittwoch ist parla⸗ 
nentarisches Essen beim Reich skanzler, zu 
velchem die Mitglieder des Reichstags und des 
»reuß. Landtages Einladungen erhalten haben. 
Straßburg i. E., 830. Jan. Bei dem 
Statthalter Fürsten Hohenlohe, fand heute 
in Diner statt, welchem die Mitglieder des Landes- 
uusschusses und die Spitzen der Behörden beiwohnten. 
In einer bei diefer Gelegenheit gehaltenen Ansprache 
rinnerte der Statthalter daran, daß er selbst einer 
harlamertarischen Körperschaft. angehört habe. Er 
)ertraue auf den gesunden Sinn und die politische 
Erfahrung des Landesausschusses. Er wollte kein 
olitisches Programm entwickeln, denn selbst der 
Staatsmann, der die Macht habe, seine Versprech⸗ 
ungen zu erfüllen, wisse nicht, ob die Verhältnisse 
die Durchführung gestatteten. Wer aber, wie er— 
der Statthalter, mit Faltoren zu rechnen habe, 
die außerhalb der Sphäre seiner Einwirkung ständen, 
müsse doppelt vorsichtig sein. Das beste Programm 
sei eine gute Verwaltung. Darin erblicke er zu⸗ 
nächst seine Aufgabe. Er werde sie zu erfüllen 
suchen mit Gewissenhaftigkeit und Pflichtgefühl und 
mit dem Gefühl des Dankes für das Vertrauen, 
daß das Land ihm entgegengebracht habe. 
Ausland. 
Wien, 30. Jan. Die hiesigen Journale sind 
in treuer Ausdruck des außerordentlichen Interesses, 
as des Fürsten Bismarck Reden über die Polen— 
rage geweckt haben. Die „Neue Freie Presse“ 
zill in diesen Reden eine gewisse Herbigkeit gegen 
Zesterreich entdecken; sie glaubt, daß die galizischen 
dolen jetzt nicht Freunde des österreichischdeutschen 
zündnisses werden sein können, und folgert daraus, 
»aß die äußere Politik Oesterreichs mit der jetzigen 
Majorität nicht meihr fortzusetzen sei. Die Regie— 
rungs-Journale sind dagegen bereit, des Fürsten 
Zismarck Standpunkt vollständig anzuerkennen. 
tzismarcks Aktion, sagt die „Presse“, sei eine zur 
Vertheidigung des Deutschthums, nicht zur Bekämpfung 
»er katholischen Religion unternommene Germani— 
irung der östlichen Probinzen. Wir würdigen die 
Theilnahme, sagt die Presse, welche die Polen in 
Desterreich ihren preußischen Stammesgenossen 
vidmen, aber wir zweifeln nicht, daß jeder unbe—- 
angene Politiker das souveräne Recht eines natio⸗ 
nalen Staates respektiren wird. Wie die Beding- 
ingen sind auch die Mittel staatlicher Selbsterhal⸗ 
ung verschieden. 
Wien, 31. Jan. Wegen Fürst Bismarcks 
leußerung, daß die Maßregeln gegen die Polen im 
cinverständniß mit den Nachbarmächten getroffen 
vorden sein, soll im ungarischen Reichstag eine 
Intervellation eingebracht werden 
Wien, 1. Febr. Der deutsche Klub 
des Abgeordnetenhauses beschloß heute, dem Fürsten 
Bismarck anlaäßlich seiner Rede im preußischen 
Abgeordnetenhause Dank und Anerkennung auszu—⸗ 
prechen. 
London, 1. Febr. Lord Hartington lehnte 
den Eintritt in das Kabinet Gladstone ab. 
Eondon, 1. Febt. Ueber Gladstone's 
Jdeen in der auswärtigen Politik werden schon 
zanz abenteuerliche Gerüchte laut. Man will wissen. 
ex werde die Ernennung des Königs Georg von 
Griechenland zum Statthalter von Kreta oder von 
Fpirus beantragen. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 2. Februar. Gestern 
Mittag stürzte in der Elversbergerstraße, wahr—⸗ 
cheinlich in Folge der Nässe und des starken 
Sturmes, die Hinterfront des dem Bergmanne 
Weber gehörigen Wohnhauses ein. Zum Glücke 
wurde niemand verletzt; doch wurde ein Bett, in 
dem sonst die Kinder schlafen, fast ganz von 
Steinen verschüttet. Wäre also der Einfturz in der 
Nacht erfolgt, so hätten sicher die in dem betreffenden 
Bette ruhenden Kinder Schoden genommen, wenn nicht 
jar den Tod gefunden. Noch gestern mußte das 
Haus auf polizeiliche Veranlassung von seinen Be⸗ 
wohnern geräumt werden. 
— Eschringen, 26. Januar. Gestern 
wurde der Hüttenarbeiter Hartz auf dem Heimwege 
vom Brebacher Hüttenwerke auf der Chaussee 
wischen Fechingen und hier von hinterher überfallen 
mit dem Rufe: „Das Geld her!“ Gleichzeitig 
nachte der Räuber von dem Messer Gebrauch, 
nußte aber in der Eile und besonders der großen 
Dunkelheit wegen nicht bemerkt haben, daß der 
leberfallene, um den Regen abzuhalten, den Schirm 
auf der Schulter trug und verfehlten so die Siiche, 
die dem Genicke gegolten haben mögen, ihr Ziel, 
ndem sie nur den Schirm durchlöcherten. Hartz 
)rehte sich rasch um, schloß den Schirm und stieß 
elbigen dem Unholde unter den Bart, daß er hin⸗ 
fürzte, versetzte ihm mit dem Messer einige Hiebe 
ind ergriff dann, Helfershelfer des Angreifers 
ürchtend, die Flucht. Es ist dies schon der vierte 
Kaubanfall und fast immer an derselben Stelle. 
nahe an Fechingen. 
— Pirmasens, 29. Januar. In der 
dammer der Abgeordneten in München wurde vom 
Finanzausschuß der Antrag des Abgeordneten 
Freudenberg und Genossen, betreffs „Errichtung 
einer Hufbeschlagschule in Zweibrücken“ abgelehnt. 
— Bürgermeister Schenk in Weidenthal 
jat das seit 23 Jahren bekleidete Amt des Bür— 
germeisters niedergelegt. 
— Der pfälzische Frühjahrs⸗Saatgut⸗ 
markt zu Kaiserslautern findet am 23. und 24. 
Februar statt. Die Bedingungen sind die gleichen wie 
in früheren Jahren. Der Saatgqutmarit wird nur 
mit Proben beschickt und sind dieselben bis längstens 
15. Februar an die Saatgutmarkt-Kommission zu 
aiserslautern portofrei einzuschicken. Gegenstände 
des Frühjahrsmarktes sind: Sommerweizen, Som⸗ 
nerroggen, Gerste, Hafer, Hülsenfrüchte, Hanf- und 
Leinsamen, Kleesamen und sonstige Sämereien, 
Seradella, Mais und Kartoffeln. Als Aussteller 
wird Jeder zugelassen, der sich den von der Markt⸗ 
ommission gestellten Bedingungen unterwirft, gleich— 
biel ob derselbe innerhalb oder außerhalb der Pfalz 
seinen Wohnsitz hat. Das einzusendende Sorten 
nuster darf bei Kartoffeln nicht unter 5 Kildaramm