Full text: St. Ingberter Anzeiger

für die Wintersaison dortrefflich gewählt, und können 
wir dem wackern Verein „Gemüthlichkeit“ nur gra— 
tuliren. 
* Stt. Jugbert, 19. Novb. In der letzten 
Strafkammersitzung des kgl. Landgerichts Zweibrücken 
wurde u. a. auch gegen den siebzehnjährigen Metzger⸗ 
zurschen Johann Winter und dessen Complicen, 
den gleichalierigen Tagner Jakob Müll er, beide 
von Elversberg, verhandelt. Beide waren des 
Diebstahls angeklagt und ist das Vergehen, das sie 
»or die Schranken des Gerichts brachte, unsern 
desern schon bekannt. Winter stieg in den Monaten 
Juli bis Siptember d. J. zu fünf verschiedenen 
Malen über die Mauer in den Hof der Seifenfabrik 
Wolfgang Kahn und Söhne dahier eiu, öffnete seinem 
Zenossen Müller das Thor und nun entwendeten 
deide in Gemeinschaft im Ganzen 31 Häute in 
inem Gesamtwerte von etwa 800 Mark. Ihre 
Beute versilberten die Burschen. bei einem Gerber 
zu Saarbrücken und hielten mit dem Erlös „Kir⸗ 
nes“. Ervwischt wurden sie am 22. September. 
Dreimal will Winter den Einstieg verübt und zwei⸗ 
mal das. Thor geöffnet gefunden haben. Muüller 
gibt an, verleitet worder zu sein. Der Gerichtshof 
herurteitte Winter zu einer Gesammtgefängnißstrafe 
»ou 2 Jahren und Müller, als den Verführten, 
zu einer solchen von 1 Jahr und 6 Monaten, so⸗ 
wie beide solidarisch zum Tragen der Kosten. — 
In derselben Sitzung wurde der 25 Jahre alte 
Schmiedezuschläget Peter Neuhäuser von 
der Sulzbacher Glashütte wegen eines Sittlichkeits⸗ 
derbrechens zu einer Zuchthausstrafe von 
3 Jahren und der 76 Jahre alte Schweinehirt 
Johann Eckel von Schnappach wegen eines 
Jleichen Verbrechens zu einer Zuchthausst rafe 
don 1 Jahr verurteilt. 
— Zweibrücden, 16. Nov. ESitzung der 
Strafkammer des k. Landgerichts Zweibrücken.) Das 
Hauptinteresse der heutigen Sitzung aahm der be⸗— 
sannte Post- Prozeß in Anspruch. Unterem 7. Juli 
d. J. wurde am Postschalter zu Zweibrücken ein 
Werthbrief zu 4000 Mk. aufgegeben, der seinen 
Bestimmungsort (Würzbung) nie erreichte, vielniehr 
im Postbureau zu Zweibrücken auf bis zur Stunde 
unaufgeklärte Art und Weise zu Verlust ging. 
Belegentlich der in Folge dieses Verkommnisses durch 
das klg. Oberpostamt veranlaßten Erhebungen, bezw. 
Vernehmungen des Postpersonals ergaben sich solche 
bestimmte Anhaltspunkte für seitens verschiedener 
Postbeamten bei Behandlung der Postkassegelder 
bdorgekom mene Umegelmäßigkeiten, daß die Einleitung 
einer strafrechtlichen Untersuchung erfolgte, welche 
nmit der heutigen Stellung nachbenannter Porsonen 
dor Gericht abschloß, nämlich: der früheren Post⸗ 
adjuntten Johann Karl und Josef Obet, beide bis⸗ 
her in Zweibrücken. angeklagt der Unierschlag im 
Amte, sowie des kgl. Posterpeditors Fried. Pfeiffer 
don Zweibrücken, zuletzt im Dienst suspendirt, wegen 
Anstistung zu dem Vergehen der Amtsunterschlag- 
ung. Ferner war gegen einen vierten, den nun⸗ 
mehr aus dem Postdienste ausgeschiedenen früheren 
Adjunkten Josef Baumann von Zweibrücken gleich- 
alls Anklage wegen Amtsunterschlagung erhoben. 
lleber dieselbe konnte heute jedoch nicht verhandelt 
verden, da Baumann nicht erschien. Zur Anklage 
gegen Obet und Karl, so wurde gegen dieselben er⸗ 
vwiesen, daß sie im Monate Juni abhin von den 
hnen in ihrer Eigenschaft als Postbeamte anver⸗ 
rauten Geldern der Postanweisungsschalterkasse zu 
Zweibrücken und zwar Karl den Betrag von 100 
MNk., Obet einen solchen von 65 Mk., wiederrecht⸗ 
lich und in der auch verwirklichten Absicht sich an⸗ 
eigneten, diese Beträge zu Privatzwecken zu ver⸗ 
wenden. Die fehlenden Beträge, an Stelle welcher 
sog. „Gutscheine“ in die Kasse eingelegt worden 
paren, wurden dann erst Anfangs Juli darauf, 
zu welchem Zeitpunkte eine Kassenrevision in Aus⸗ 
ächt stand, wieder ersetzt — Manipulationen, die alle 
Erfordernisse zu dem Vergehen der Amtsunterschag⸗ 
ung des 8 350 St.G.⸗B. in sich fassen, welchen 
Vergehens Karl und Obet auch überwiesen erklärt 
wurden. — Zu der Anschuldigung gegen Friedrich 
Pfeiffer wegen Anstiftung zu dem Vergehen der 
Amtsunterschlagung bezw. Betrugs, dahingehend, 
‚daß Pfeiffer Anfangs Juni 1886 in Kenntniß 
der obgeschilderten Unregelmäßigkeiten einen Schal⸗ 
lerdienst habenden Postadjunkten veranlaßt haben 
soll, zur Zahlung eines an ihn — Pfeiffer — ge⸗ 
langten Pokauftrags den Betrag von 35 Mk. der 
Schalterkasse zu entnehmen, welches Geld erst später 
ersetzt worden sei“, so konnte Pfeiffer durch die 
deutige Verhandlung einer strafbaren That nicht 
überführt werden. Das im Gefolge des Gesagten 
erlassene Urtheil lautete: gegen Karl und Obet 
wegen je eines Vergehens der Unterschlagung im 
Amte auf 3 monatliche Gefängnißstrafe, gegen 
Bfeiffer auf Freisprechung; wider den nicht er⸗ 
chienen früheren Postadjunken Baumann wurde 
Haftbefehl verfügt. 683. 3.) 
— Wir Westricher registrirten schon mit 
Jewissem Stolz die zweite Blüthe einiger Obstbäume. 
In der Vorderpfalz aber gibt es nicht nur 
dusgewachsenes Odst. wie man der „N. Bgzig“ 
aus Deidesheim und Weisenheim meldet, nicht allein 
sum zweitenmal reife Erd⸗ und Himbeeren, blü⸗ 
jende Apfel- und Birnbäume, reife Kirschen, reife 
piflaumen, sondern logar auch zum zweitenmale 
Spargel. WB 
Bischeim, 16. Nov. Gestern Abend er⸗ 
ränkte sich die Ehefrau des Tagners Gottfried 
Fuhrmann von hier in dem Mühlweiher. Der 
Zrund zu dieser unseligen That ist jedenfalls in 
solgendem Vorkommnisse zu suchen. Am 11. J. 
M. gebar die Ehefrau Fuhrmann ihr 12. Kind, 
welches bald nach der Geburt starb, jedoch bei der 
Besichtigung durch den Leichenbeschauer sonderbare 
Berletzungen an Hals, Kopf und den übrigen 
dörpertheilen aufwies, die auf keinen natürlichen 
Tod schließen ließen, weshalb der Leichenbeschauer 
Unzeige erstattete. Heute sollte die Sektion der 
reiche des Kindes erfolgen und zog es nun die 
Muiter vor, diese nicht zu überleben, zehn noch lebende 
Kinder zurücklassend. 
— Neustadt a. H. 17. Nov. Herr Ober⸗ 
imtsrichter Schmahl dahier ist heute Mittag 8 Uhr 
an einem Herzschlag gestorben. 
— Wessenheima. S., 16. Nov. (F. T.) Die 
Hhohrversuche auf Braunkohlen gestalten sich immer 
zünstiger. Ein Schacht wird bald eröffnet. Zu 
jem westfälischen Kapitalisten gesellte sich noch als 
dompagnon ein Elsässer Herr. Beide waren dieser 
Tagzhier. Bis Freitag kommt ein Beamter des 
gl. Bergamtes von Zweibrücken hierher. Alles 
vünscht, daß das schließliche Resultat ein sehr zu—⸗ 
riedenstellendes sein möge! 
Vermitichtes. 
Saabrücken, 17. Nov. Nach dem sta⸗ 
istischen Annahmen der „Südwestlichen Gruppe 
es Vereines deutscher Eisen⸗- und Stahl-Industriel⸗ 
er“ betrug die Roheisenproduction auf den dieser 
hruppe zugehörenden Werken im Saar⸗ und Mosel 
kebier in dem verflossenen Monat October: Pud⸗ 
elroheisen 31,775. Tonnen, Thomas⸗Eisen 15,007 
Tonnen und Gießerreiroheisen 80375 Tonnen, zu ˖ 
ammen 53820,5 Tonnen. Die Production ist 
im 4,4 pCt. größer, als diejenige des voraufge— 
angenen Monats September, welche 52521,6 
Tonnen betrug. Im Monat October 1885 betrug 
ie Gesammtproduction 53 284,3 Tonnen, dieselbe 
jat sich also im gleichn Monat 1886 um 2.9 
—A 
Merzig, 14. Nov. In seiner letzten Sitz⸗ 
ing hat unser Stadtrath den Beschluß gefaßt, eine 
Narktiordnung für unsere Stadt einzuführen. Nach 
iesem Beschlusse sollen küaftighin auf unsern Wo— 
henmärkten fremde Verkaufer von Kruzwaren und 
ihnlichen Waaren nicht mehr zugelassen; werden. 
»ie lmehr nur Einheimische. In den nächsten Tagen soll 
der stadträt'iche Beschlnß der Reqgierung zur Geneh ⸗ 
nigung zugehen. 
Tholey, 17. Noo. (S. u. Bl. 83.) In 
dem in unserer Nähe gelegenen Dorfe Mett nich 
jat gestern Abend zwischen 5 und 6 Uhr ein 
Zzruder den anderen, beim Dispute wegen eines 
Ackerstückes, mit der Heugabel niedergeschlagen und 
mit den Worten: „jetzt solltt Du auch geschlachtet 
verden,“ mit einem Messer durch verschiedene Schnitte 
und Stiche todtgestochen. Der Mörder Kch. ist flüchtig. 
Mannheim, 16. Nov. Ein anf der 
Nuhlau beschäftigter Arbeiter befand sich am Montag 
Ibend in einer höchst mißlichen Lage und es ist 
ls ein Wunder zubezeichnen, daß er seine Wag⸗ 
alfigkeit nicht mit dem Leben bezahlen mußte. 
derselbe war nämlich vor der Gruberschen Halle 
eschaftigt und wollte sich noch schnell über den 
zaͤhnkörber begeben, als ein Güterzug, der daselbst 
nanöberirte, mit ungefähr 20 Wagen angefahren 
am. Der Mann war sich sofort seiner Lage be— 
vußt und überzeugt, daß er das Geleise nicht mehr 
erlassen konnte, ohne von dem Zuge erfaßt zu 
verden. Cr ließ sich deshalb zwischen den Schienen— 
trang, auf dem sich der Zug rückwärts auf ihn 
ewegte, fallen. und streckte seinen Körber so gut 
— 
als möglich aus. Wunderbarer Weise gingeu 
zefahr 18 Wagen über den Arbeiter hinwen 
hn im Mindesten zu streifen oder ihn gar F 
etzen. Der Mann kam nur mit dem Shhre 
davon, wird wohl aber in Zukunft ein —** 
Wagniß nicht mehr unternehmen. Erwähnun 
verth ist, daß der anwesende Signal-Bläfer, * 
den Arbeiter vorher auf dem Geleise sah, e 
schriftsmäßiges Signal gegeben hat, Jeuer * 
zasselbe nicht heachtete. 
F Würzburg, 11. Nov. Ein Soldat vom 
d. Infanterie-Regiment wurde gestern nach 332 
äagiger Krankheit als Ganzinvalide entlassen 
hälte Ende Dezember hier auf Posten gestanden in 
sich dabei die Füße erforen, so daß ihm die Zehen 
am rechten Fuß und am linken Bein der halbe 
Fuß abgenommen werden mußte. Der Invalid 
eines Zeichens ein Schuhmacher von Stadtschwatzehh, 
tann fich nur mit Hilfe eines Stockes foribewgen, 
p'Eichstättt, 14. Nop. In Gundelshein 
niethete sich vor einiger Zeit ein vermögensloser 
aber fleißiger Mann ein und mit ibm zugleich ein 
edige Frauensperson mit einigen Kindern. Di— 
zeadsichtigte, Verehelichung verzögerte sich, doch 
varen endlich alle Hindernisse beseitigt und die 
tandesamtliche und kirchliche Trauung auf den 
Dienstng der ablaufenden Woche festgestellt. Doch 
ämmtliche Gemeindemitglieder weigerten sich, sich 
ils Trauzeugen herzugeben. Ein zufällig dort an— 
vesender Techniler aus Ansbach begab sich auf 
Ansuchen als Zeuge mit dem trostlosen Brautpaar⸗ 
zum Standesbeamten. Doch dieser verlangie noch 
einen zweiten Zeugen. Schweren Herzens mach— 
der Bräutigam dem behufs Vornahme der kirchlichen 
Trauung bereits harrenden Geistlichen Mittheilung 
don seinem Mißerfolge. Der Geistliche eilt nach 
Hause, endeldigte sich seines Chorrocks ꝛc. und be 
gab sich mit den Brautleuten zu dem Standesbe 
amten. um durch Vertretung eines zweiten Zeugen 
die geplante Trauung zu ermöglichen. 
fF München. Der Bazar zum Bau einer 
dritten protestantischen Kirche hat Dank der überaus 
eifrigen Unterstützung und Förderung aus allen 
Ständen und Confessiouen das glänzende Ergebniß 
hon 25,000 Mark ergeben. 
7 Die Ziehung der Lotterie der Berliner 
Jubilaums-Kunstausstellung hat zu 
einem großartigen Streite Anlaß gegeben, dessen 
Ende sich vorerst nicht absehen läßt. Ins die Trom 
nel, welche die Gewinn⸗-Rummern enthielt, wurde 
durch ein Versehen eine Nummer zu wenig einge⸗ 
legt, so daß statt der 28, 162 Gewinne nur 28,16) 
gezogen werden konnten. Nun behaupten die Ge 
vinner der kleineren Werthgegenstände, wenn die 
fehlende Nummer in der Gewinntrommel gewesen 
väre, so hätte eine vollständige Verschiebung statt 
iinden und ihnen ein bedeutenderer Gewinn zufallen 
sönnen. Besonders verwickelt wird die Sache not 
dadurch, daß ein Theil der größeren Gewinne be 
reits in fremde Hünde übergegangen ist. Wie di 
Zache enden wird, läßt sich noch nicht sagen; 
möglich ist es aber recht leicht, daß die Ziehung 
eine lange Reihe von Prozessen nach sich ziehen wurd. 
Wien. Aus Schmmerz über den Tod ihrn 
heueren Mutter hat sich ein junges Mädchen auh 
entsetzliche Att zu tödten versucht. Nachdem der 
Arzt constatirt hatte, daß die Mutter in den letzien 
Züge liege, eilte das Mädchen in das dritte Stol 
verk, und stürzte sich mit dem Ausruf: „Ich folge 
dir nach. Mutter!“ von einem Fenster in di 
Tiefe und blieb mit gebrochenen Fußen, jedoch noc 
lebend in dem geplasterten Hofraum liegen. Dai 
die Bedauernswerthe, die auch schwere innere Ver— 
letzungen erlitten hat, nicht sofort den Tod fand, 
ist dadurch zu erklären, daß sie auf eine Fecllthir 
iel, wodurch die Wucht des Sturzes verwindet 
vpurde. Die Arme ücgt. im Spitale hoffnungslo 
Zarnieder, ihre Mutter hat wenige Minuten, nach 
dem die Tochter das Sterbebett derlassen, die Seeh 
ausgehaucht. W 
GEin Felssturz.) In der Freitag Nadh 
vurden die Bewohner von Altdorf (Schweiz) und 
Amgebung durch gewaltiges Krachen vom Banwah— 
zer in Augst und Schrecken versetzt. Bekannllt 
pird das Dorf im Osten durch einen gewaltige 
Fewaldelen Berg mit Flühen und „Gnößzen“ flankier 
der sich noch bedeutend südlich und nördlich aus 
dehnt. Weit oben unter dem wieder bewaldel 
Fipfel steht eine kahle Felspartie, die „Waldinossen 
senannt. Von dieser lösten sich nun am Freits— 
Abend mehrere gewaldige Felsblöcke los, stürzte 
nit unheimlichem Donnern in die Tiefe und blieben