Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
a „Et. Ingberter Anzeiger. aicheint wochentich fünfmal: Am Montag / Dienstag, Donnerstag Samstas und Soputeg; I nl vdhenty Purrre 
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21. Jahrg. 
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2401. 
Montag, 13. Dezember 1886 
Politische Uebersicht. 
⸗»Der Reichskanzler befindet sich seit einigen 
Tagen leidend und ist hierdurch seine für Mitte 
ieser Woche in Aussicht gestellte Rückkehr von 
zredrichsruhe nach Berlin wieder sehr fraglich ge— 
norden. 
familie. Kaiser Alexander empfing letzthin den 
Herzog in Gatschina, was allerdings auf den Ernst 
dieser Candidatur schließen läßt. 
Deutiches Reich. 
Muͤnchen, 12. Dez. Der Prinz Regent ist 
nittelst Sonderzuges heute Früh kurz nach 8 Uhr 
Jhierher zurückgekehrt. Derselbe wurde am Bahnhofe 
zon dem Prinzen Arnulf und der Generalität em— 
pfangen und von dem sehr zahlreichen Publikum, 
wvelches sich am Bahndofe und in dessen Nähe ver⸗ 
jammelt hatte, mit lebhaften Hochrufen begrüßt. 
Dresden, 11. Dez. Der König verlieh 
dem Prinzregenten Luitpold das dritte sächsische 
Infanterieregiment Nr. 102 (Zittau). Der Oberst 
desselben, 2 Haupleute und ein Premierlieutenant 
aberbrachten bereits heute dem Prinz Regenten die 
Huldigung des Regiments« Nachmittags stattete 
der Regent dem baiherischen Gesandten einen Be— 
such ab und besichtigte das Panorama. Die Abreise 
erfoͤlgte Abends 8 Uhr mit einem Erxtragzug über 
Regensburg. Von der Königin'und der Prinzessin 
Mathilde verabschiedete sich der Regent im Schloß. 
Der Konig, die Prinzen Georg, Friedrich und August 
begleiteten den Regenten auf den Bahnhof, wo sie 
sich sehr herzlich verabschiedeten. Eine Deputation 
des Zittauer Regiments war am Bahnhofe anwesend. 
Berlin, 12. Dez. Wie man hört, soll 
Brinz Luitpold zu den Pfälzer Abgeordneten gesagt 
Jaben, daß gerade die bairische Pfalz, falls es zum 
riege kommen sollte, besonders bedroht sei. 
Berlin, 11. Dez. In der Militärkommission 
gab Major Haberling eine ausführlichen Statistik 
uͤber die Heeresverhältnisse in den Nachbarländern. 
Darnach ständen Frankreich und Deutschland 
ziemlich gleich, dagegen Rußland etwas 
höher. In Frankreich entzögen sich dem Dienste 
sährlich höchstens sechstausend, in Deutschland aber 
dierzigtausend. Die weiteren Angaben waren ver— 
raulich. In der Debatte erklärt sich Wind horst, 
Hasenclever (Soz.), Richter und Rickert gegen, 
während Wöllwarth (Reichsp.) und v. Köller (tons.) 
für die Vorlage. Die Fortsetzung der Debatte 
findet Montag tatt. 
bezweckt, zur Beratung gelangen. In weiten Kreisen 
unserer Bevölkerung wird dieses Projekt wohlwollend 
aufgenommen, von den intereisierten Mitbürgern 
mitꝰ lebhafter Befriedigung begrüßt. Gilt es ja 
doch, nicht allein in ihren Lebensinteressen schwer 
geschädigten Anwohnern einer ganzen Straße wieder 
— verhelfen, so weit dies 
noch möglich ist, sondern auch tief und vielseitig 
empfundene Verkehrsstörungen zu beseitigen, die wahr⸗ 
lich zu notorisch sind, als daß wir noch nötig hat⸗ 
sen, sie des Weiteren auseinanderzusetzen. Im 
dollsten Vertrauen auf die Einsicht und den Ge⸗ 
rechtigkeitssinn unseres Stadtrates zweifeln wir um 
so weniger an der Annahme dieser Position, als 
die eingestellte Summe von 2700 M. bei der gün— 
stigen Finanzlage der Stadt und den verhaͤltniß⸗ 
naͤßig geringen Anfsprüchen des kommenden Jahres 
für die Gestaltung des Budgets von kaum nennens- 
werter Bedeutung ist. 
— Wattweiler, 10, Dez. Den Eheleuten 
VBal. Klein dahier wurde anfangs dieses Jahres zu⸗ 
erst das Oekonomiegebäude und einige Wochen später 
das Wohnhaus vom Feuer zerstört. Vorgestern 
brannte nun wieder das neuerbaute Oekonomiege⸗ 
bäude mit allen darin befindlichen Vorräthen nieder. 
Die Colleete in den katolischen Kirchen der 
Pfalz für die Erweiterung der Kirche in Rodalben 
hat 2289 Mk. 19 Pf. ertragen. 
Der katholischen Filialgemeinde Käinds bach 
wurde zur Aufbringung der Mitiel für den Neubau 
einer Kirche eine Collecle in sämmtlichenkatolischen 
Zirchen der Pfalz bewilligt. Zur Vornahme dieser 
Collecte hat die igl. Regierung der Pfalz im Ein⸗ 
— — Speyer 
das Weihnachtsfest, 258. Dez. d. J., bestimmt. 
— Landau, 11. Dez. Der in der Georges⸗ 
schen Buchdruckerei hier beschäftigte Schriftsetzer Bar⸗ 
tholhme aus Baden wurde wegen Majestäts · Be⸗ 
leidigung gestern Abend durch die hiesige Gendarmerie 
in genanntem Geschäft verhaftet. Derselbe soll 
ürzlich in einer hiesigen Wirtschaft seine sozialdemo⸗ 
kratischen Anhein entwikelt und dabei in gravirend⸗ 
tter Weise sich über Se. Majestät den deutschen 
aiser ausgesprochen haben, in Folge dessen die 
Berhaftung erfolgte. (C. Tagbl) 
ADie Berwaltung der Kreisirrenan-— 
stalt Klingenmünster macht darauf aufmerk. 
am, daß Weihnachtsgaben für die in der Anstallt 
—EX—— Mts. 
an die Verwaltung einzusenden sind. Verpflegsgelder 
ürfen diesen Sendungen nicht beigefüat werden. 
Die kürzliche Anwesenheit des Oberbürger⸗ 
neisters von Frankfurt a. M., Herrn Dr. Miquel's, 
Berlin, hatte zu dem Gerüchte Veranlassung ge— 
,hen, daß es sich um seinen bevorstehenden Eintritt 
n das preußische Ministerium handele. Der Aufent⸗ 
zalt des Herrn Dr. Miquel in der Reichshauptstadt 
sing indessen lediglich mit mehreren für Frankfurt 
ichtigen Angelegenheiten, in erster Linie der Main— 
anolisation zusammen. 
* Das Branntweinmonopol erfährt in der 
5chweiz ein besseres Geschick als in Deutschland. 
In der Freitagssitzung des schweizer Nationalrathes 
wurde der Branntweinmonopolenwurf nach artikel⸗ 
weiser Berathung mit allen gegen 6 Stimmen bei 
det Generalabstimmung genehmigt. Die Annahme 
Fer Vorlage durch den Ständerath gilt ebenfalls 
uls gesichert. Der Reinertrag des Monopols nach 
em angenommenen Entwurfe wird seitens des 
Fumdestaths auf 8,820. 000 Fres. geschätzi. 
eDas neue franzosische Kabinet Goblet ist 
noch immer nicht ganz zusammengeflickt. Die Haupt⸗ 
chwierigkeit bildet die Besetzung des Ministeriums 
dez Aeußeren; Duclerc wie de Courcel haben das— 
elbe abgelehni und ist nun der französische Gesandte 
in Lissabon, Billot, von Goblet telegraphisch zur 
sehernahme des Portefeuilles des Aeußeren aufge— 
jordert worden; auch sonst steht die neue Minister⸗ 
iste noch nicht fest. Jedenfalls wird auch das 
Ministerium Goblet nur Stüdk-und Flickwerk bleiben. 
Mit großer Aufmerksamkeit folgen die russischen 
tzlätter den Verhandlungen des deutschen Reichs- 
ages über die Heeresvorlage. 
Die „Nowoje Wremja“ äußert, daß noch un⸗ 
längst derartige „Verwarnungen,, wie sie die 
Motivirung des Militärgesetzes enthalte, in Paris 
mit den weitgehendsten Friedensversicherungen be— 
antwortet worden seien. Das sei nun anders ge⸗ 
worden; Frankreich halte eine solche ofsizielle 
Scheinheiligkeit' nicht mehr für angezeigt. Vom 
tussischen Standpunkt könne man sich hierüber nur 
sreuen, um so mehr, als ja in jeder Motivirung 
ieden Frankreich auch Rußland als eine Macht 
dezeichnel wurde, die Deutschland zu einer aber— 
maligen Verstärkung seiner Armee zwinge. „Gleich 
Frankreich muß auch Rußland sich vorbereiten auf 
e Folgen einer Sach Ordnung, Dank welcher die 
dentsche Regierung zu Kriegszeiten über einige 
Armeckorps mehr derfügen wird. Für Gleiches bei 
uns Sorge tragen kann, ja manzmuß bei unserem 
faatlichen Bau, ohne irgend wie die gefaßten Be⸗— 
chlüsse kund zu geben.“ Solche Beschlüsse müßten 
aber möglichst schnell verwirktlicht werden. „Es 
wird die Zeit kommen, wo solche Maßnahmen für 
Rußland daß beste und zuverlässigste Mittel zur 
Erhaltung des europäischen Friedens bilden 
werden.“ 
Auelaud. 
Wien, 11. Dez. Es ist eine friedliche 
Störmung infolge Rußlands Einlenken bemerkbar. 
Fine Foige der russischen Nachgiebigkeit war der 
privatime Empfang der Bulgaren durch Lobanow. 
Burgas, 10. Dez. Der Köoln. Ztg. wird 
depeschirt: Aus sicherer Quelle erfahre ich, daß 
ie türkischen Truppen vnn Vasiliko, Agathopolis 
henso wie die Kriegsschiffe von Iniade zurückge— 
zogen worden sind. Eine Abordnung aus den 
umliegenden Dörfern ist hier eingetroffen und hat 
eine Erklärung für die Wiederwahl des Fürsten 
Alexander übereicht, die man ernstlich überhaupt 
aoch nicht aufgegeben habe. Eine ähnliche Beweg⸗ 
ung scheint auch anderwäris vorhanden zu sein. 
Bfälzisches Schwurgericht. 
IV. Quartal. 
Zweibrücken, 8. Dez. Verhandlung gegen 
Anna Ader, 22 Jahre alt, Dienstmagd von 
HFraäfenhausen, zuletzt in Landau, wegen Kinds⸗ 
nord. Auf Antrag der k Staatsbehörde wurde 
im Hinblick auf 8 178 G. V-G. im Interesse der 
offentlichen Sittlichkeit die Offentlichkeit der Ver⸗ 
handlung bis zur Verkündigung des Spruchs der 
Geschworenen ausgeschlossen und kann deshalb keine 
weitere öffentliche Berichterstattung geschehen. Die 
Geschwor nen bejahten die Frage auf Kindsmord 
unter Annahme mildernder Umstände. Obmann 
war Herr Heene. Die Angeklagte machte einen 
zuten Eindruck, da sie ihre That anscheinend bitter 
bereut. Der Gelrichtshof verurtheilte sie zu einer 
Gefaängnißstrafe von 2 Jahren 6 Monaten. 
Zweibrücken, 9. Dez. In der heutigen 
Sitzung des Schwurgerichts wurde die Dienstmagd 
Lokc'et Id proeiztiche RNachrichten. 
mn. St. Ingbert, 12. Dezember. Von gut 
unterrichteter Seile erfahren wir, daß die städtische 
Budgeikommission in den nächsten Tagen zusammen⸗ 
ritt, um den Etat für das kommende Jahr zur 
Vorlage an den Stadtrat aufzustellen. Es soll dabei 
inter anderem auch eine Position von M. 2700 
um Bau einer Umerführung, welche die Wieder⸗ 
herstellung der durch den neuen Bahnbau unter ˖ 
hrochenen Verbindung der alten Bahnhofstraße mit 
dem jenseits des Bahnkörpers gelegenen Stadtteile 
«Russischerseits wird eine neue Candidatur für 
den bulgarischen Thron vorbereitet, die des Herzogs 
don Leuchtenberg, eines Verwandten der Czaren—