Full text: St. Ingberter Anzeiger

fGevolveraffäre in Dar mstadt.)! 
In der Sonntagsnacht geriethen mehrere Darm⸗ 
siädter Arbeiter bei ihrem Nachhausegang aus dem 
Wirthshause in Streit. Bei der sich entspinnenden 
Rauferei wurde einer derselben zu Boden geworfen, 
und als er sich wieder erhoben hatte um abermals 
auf seinen Gegner loszugehen von diesem durch 
zwei Revolverschüsse an den Schläfen lebensgefähr- 
üch verwundet. “Der Verletzte konnte zwar am 
folgenden Vormittag von der Staatsanwaltschaft 
noch vernommen werden, sein Ableben ist jedoch nach 
den Aussagen der Hospitalärzte stündlich zu erwarten. 
Der Thäter, welcher auch unter das sich ansammelnde 
Bublikum geschossen hatte, wurde von ein em 
Schutzmanne entwaffnet und zur Haft gebracht. 
Derselbe ist verheirathet und besitzt mehrere Kinder. 
7Kreuznach, 14. Dez. Die Hunsrücker 
Bahn wird nach dem Rh. Krnicht in Bretzen heim. 
sondern ob Simmern in Langenlonsheim ihren 
Ausgangspunkt nehmen. Die Vorarbeiten werden 
bis Frühjahr 1887 beendigt und der Bau alsdann 
jofo begonnen. 
(GEin neues Werkdes Herzogs 
Karl Theodor) Vor Kurzem erschien im Ver ⸗ 
lage von Bergmann in Wiesbaden ein sechs Bogen 
starkes, mit zwölf Illustrationen versehenes Werk, 
welches eines der schwierigsten Kapitel der Augen⸗ 
heilkunde in meisterhafter Weise behandelt und in 
achmännischen Kreisen gerechtes Auffehen macht. 
Der Titel des Werkes ist: „Ein Beitrag zur 
bathalogischen Anatomie des Auges bei Nierenleiben., 
4 Karlsruhe, 185. Dez. Der —XWBE 
Weniger ist wegen Unierschlagung von 200000 
Mark zu sieben Jahren Zuchthaus, seine Zuhälter⸗ 
in Elise Lang zu fünf Jahren Gefangnis ver⸗ 
arteilt. — 
Karlsruhe, 15. Dez. Dem Vernehmen 
nach hat der hier verhaftete französische Of⸗ 
fizier immer noch keine näheren Angaben gemacht. 
xs soll sich jedoch nicht um Zeichnungen don Rastatt 
sfondern um Terainaufnahmen der hie⸗ 
fiegen Umgegend, speziell des Rheinüber— 
zangs bei Marau, handeln. Der Offizier 
weilte seit ca. 6 Wochen unangemeldet hier und ist 
ta. 20 Jahre alt. 
(.Das deutsche Reichsge richt über 
die “Ssch wiegermütter.“ Verweigert eine 
Fhegattin die Rückkehr in die von ihr verlassene 
Wohnung ihres Ehegatten bis zur Entfernung ihrer 
Schwiegermutter aus dieser Wohnung, weil die 
gegen den Willen der Ehegattin miwohnende 
Schwiegermutter unter wissentlicher Duldung des 
Fbemannes sir wiederholt beschimpft oder verächt⸗ 
lich behandelt hat, so können, nach einem Urtheile 
des Reichsgerichts, IV. Zivinsenats, vom 21. Okl⸗ 
ober, diese Thatsachen sehr wohl der Weigerung 
der Ehefrau zur Rüdkehr den Charakter der Bös⸗ 
williglichkeit entziehen. 
FMünchen, 14. Dez. Der verhaftete Mör⸗ 
der des Gendarmen Perin ger in München hatte 
vbelanntlich vorherzin einem Bankgeschäfte in Passau 
inen Einbruchsdiebstahl zu verüden versucht. Sein 
Komplice bei diesem Verbrechen wurde als bartlose 
—R—— Der hiefigen Poli⸗ 
zeidirektion ist cs aun gelungen, diesen Komplizen 
ia Gestalt einer mit Revoder und Einhruchswert⸗ 
zeugen ausgerüsteten Weibaperson dingfest zu 
nachen. Sie hatie Männertracht angenommen. 
7 Ausstellung in Munchen 1888. Die 
HBeneralbersemmlung des bayerischen Kunstgewerbe ⸗ 
Fereins beschloß, mit der für das Jahr 1888 in 
Aussicht genommenen inernationalen Kunstausstell⸗ 
ung eine deutsch- nationale Kunstgewerbeausstellung 
zu verbinden; beide Ausstellungen sollen in Munchen 
n dem Glaspalast, welcher durch Ausbautien er 
veitert wird, statifinden. Der in der Versammlung 
anwesende Staatsrath Ziegler gab der Sympathie 
)er bayerischen Regierung für das gesammte Pro⸗ 
rekt Ausdruck. 
In Müuchen ist durch einen Rohrbruch und 
Jusströmen von Gas ein entsetzlisches Ungllick ver⸗ 
laßt worden. In einem Hause an der Baader · 
traße wurde in den Vormittagsstunden ein starker 
Basgeruch wahrgenommen. Der Beamte der Gas⸗ 
instalt, welcher die Leitung nachsehen wollte, jand 
m Erdgeschoß eine Thür verschlossen. Beim ge⸗ 
waltsamen Oeffnen derselben fand man die Weiß⸗ 
serberswitiwe Magdalena Palmberger als Leiche 
nit geöffnetem Munde im Bette. Ihre Lieblings⸗ 
tatze lag todt neben ihr. In der gegenüberliegenden 
Parterrewohnung logirte eine Kellnerin Walburga 
ẽͤberl. Als man ihr Zimmer öffnete, fand man 
die Leiche zwischen Sopha und Waschkasten mit 
hereits genetzten Haaren. Sie war offenbar auf⸗ 
Jestauden und daran gegangen, Toilette zu machen, 
IAs sie dem Gasgift erlag. 
Ein fürchterliches Reche nexem peil hat 
dieset Tage ein leidenschaftlicher Schachspieler in 
Nüunchen gelöst. Nämlich die 32 Figuren des 
zchachspiels könnten 1121 Quattnordecillionen 
erschiedene Sellungen haben, eine Zahl, die man 
nit 88 Nullen schreibt, Um sich einen Begriff von 
Fer unendlichen Zahl zu machen, sagt der Rechen⸗ 
neister, denkte man fich jedes Saatkorn der Erde 
is cinen beboölkerlen Weltlorper von der Schöpfung 
in mit einer gleichen Zahl Menschen bewohnt als 
i Erde. Wenn alle diese Menschen seit 5646 
zahren nichts gethan hätten, als zu zwei und 
wei Schach gespielt- und in jeder Stunde eine 
zartie gespieit, so wären noch nicht alle möglichen 
hZänge erschöpft. — Die Richtigkeit des Exempels 
aßt sich durch nachrechnen ermitteln. 
Gerbotene Spiritistensoireen. 
dem Magnetiseur Theodor Böllert, welcher seit einigen 
Vochen in Nürnderg äußerst zahlreich besuchte Vor⸗ 
tellungen gegeben hat, ist die Fortsetzung derselben 
‚olizeilich untersagt worden, bis er einen Wander⸗ 
ewerbschein beigebracht haven wird. Der Beziiks⸗ 
irzt, Medizinalrath Dr. Merkel, hatte sogar ein 
mbedingtes Verbot dieser Vorstellungen bei der 
Ztadtbehörde beantragt, weil die vorgeführten Ex⸗ 
rimene eine Schädigung der Gesundheit der be— 
treffenden Petsonen, die sich zu „Medien“? hergehen. 
Hefurchten iassen — jedenfalls aber seien die Ex⸗ 
erimente keine innerhalb des wissenschaftlichen 
dahmens mehr liegende, sondern bloße Schausfell⸗ 
ingen, die untec das Gewerbegesetz fallen. In 
ihnsicher Weise, nur noch schärfer, hat sich in einer 
fffentlichen Erklärung der hiesige ärztliche Bezirks⸗ 
erein ausgesprochen, welcher betonte, daß Böllert 
nit seinen“ Vorstellungen „auf die Tribüne des 
narktschreierischen Charlatans herabgestiegen,“ sei 
Fine polizeiliche Neberwachung der Böllert schen 
horstellungen war übrigens schon vor einigen Tagen 
ingeordnet worden. Der obenerwähnte Beschluß 
e Nürnberger Stadimagistrats wird den Magist⸗ 
aten anderer bayerischer Städte zur Kenntniß ge⸗ 
nacht werden, da Böllert in nächster Zeit in Mün⸗ 
hen ac, auftreten will. Böllert ist beiläufig be— 
erkt, ein Schüler Hausen's, den er mehrete Jahre 
sindurch begleitet hat. 
. Bingen, 15 Dez. Seit einiger Zeit 
errscht ein Güterve rkehr auf dem Rhein, 
die er seit langen Jahren nicht mehr in gleicher 
debhaftigkeit beobachtet wurde. Vorgestern kam bei⸗ 
hielsweise der gewiß seltene Fall vor, daß einige 
zchiffe dte festgesetzte Abfahrt um einige Stunden 
erschieben mußten da sämmtliche Steuerleute bereits 
deisen auf-uUnd abwärts angetreten hatten, und man 
eshalb erst deren Rückkehr abwarten mußte. 
p Dem 809jährigen militärischen 
dienstjub iläum des Käifers sieht man in 
Uen Kreisen der Bevölkerung mit der lebhaftesten 
Freude und dem größten Interesse entgegen. Daß 
er greise Monarch diesen Tage bereits am 1. 
zanuar 1887 und nicht erst an seinem nächsten 
heburtstage feiert, hat folgende Bewandtniß. Als 
koͤnig Friedrich Wilhelm III. zum Neu⸗ 
ahrsseste 1807 nach Königsberg tkam und die 
anze königliche Familie sich dort um ihn zur Gratu⸗ 
aion versammelte, wandte er sich mit folgenden 
Vorten an seinen zweiten Sohn Wi Uhelm: „Da 
Deinem Geburistage keine Gelegenheit sein wird, 
dich ordentlich einzukleiden, weil iht nach Meimel 
rüßt, so ernenne ich Dich heute schon zum Offizier. 
da liegt Deine Interimsuniform.“ Und in der 
hat lag der damals sogenannte „Interimsrock, 
er Garde ⸗Offiziere, welcher einen rothen, nach der 
Art der Zivilröcke umgeschlagenen Kragen hatte, 
iebst Degen, Stock und Hut mit Federbusch schon 
uf einem Tische bereit. Nalürlich wurden die 
Zachen sofort angelegt und auch der damals noch 
ibliche Puder und Zopf nicht vergessen, obgleich 
as eigene Haar noch nicht lang genug war, also 
in faischer eingebunden werden mußte. 
Einssegr verlockende Heiratsofferte war vor etwa 
rei Wochen in einer Berliner Zeitung zu lesen: 
Wer eine reiche Russin mit Kapital von 100000 
qubel heirathenwill, wende sich vertrauensvoll an 
zakowik, Fontanka Nro.9 Qu. 17, St. Peters⸗ 
urg.“ Hunderttausend Rubel zu besitzen, muß ein 
chönes Gefühl sein. Liebhaher zu diesem Kapitol 
gebst der daran hängenden Rgfin moözern sich ge⸗ 
ug gefanden und bertrauensvoll an den Menschen— 
reund in St. Petersburg geschricken 
ieser fordere ja für seine e en enn 
uur die Kleinigkeit von einer Mark für u 
pondenz.“ Bei einem Kapital von 100000 Id, 
st das jadeine lächersiche Lappalie, und so r u 
iele vertrauenselig genug gewesen sein, die n 
joffnugsfroh nach Petersburg zu schicken. —* 
en elneeScriftseter sunes gegee 
— plagte zwar auch die Negngierde 
Näheres uber die „reiche Russin“ zu erfahren, 
ind so setzte er sich hin und schrieb einen Vrief 
in den F„Menschenfreund“ in Petersburg. Allei 
er hütete sich wohl, die verlangte Mark vnen 
zersprach jedoch im Falle der Heirath den Vermmt— 
ler für alle seine Unkesten und Mühen Ffurstuih 
u belohnen“. — Die Antwort, die daranf zu 
Theil wurde, liegt uns in Gestalt einer Postkarie 
»hne Namensunterschrift vor und Ppielt getreulich 
die Stimmung wieder, in welcher sich dert Peters. 
»urger Menscheufreund ob der ihm ent gangenee 
Matk befand. Der Inhalt der Poßtkarte lauen 
nämlich wörtlich: „Ihr inperdinetes Schreibtn 
velches überhaupt seiner Bestimmung harrt () 
inde ich micht der Muthe wert zu beantworten 
Aber eine Lehre will ich Ihne geben damit Sie 
aicht so ohne Jemanden zu kennen, urtheilen. Was 
vissen Sie was reel ist ?. Glauben Sie die Marken 
ur die Korrespondenz kbosten nicht ? Sie scheinen 
iue D. .. .Seele zu setin. Für Sie ist keine 
— Es liegt wohl klar 
nuf der Hand, daß es bei der ganzen. Heirgthe— 
geschichte nur auf die einzusendende Mark abgefehen 
ste und daß der in der Szene gesezte Apyarat 
onst weiter keinen Zweck hatte. Ob Alle die sich 
ruf obiges phantastische Inserat gemeldet haben, 
uch se gescheut waren, wie der besagte Soͤrift 
etzer 
F (GGiff thaltiges Mehl.) In Rürndetg 
rfolgte auf dem städtischen Lagerplatz bei der Tull⸗ 
au die Verbrennung, von 17 Säcken Mehles, 
velche wegen einer starken Vermengung mit Arsenil 
eschagnahmt worden waren, Obwohl eine große 
Zuantität von Holz und Petroleum verwendet 
vurde, nahm das Werkder Bernichtung doch wehrere 
ztuuden in Auspruch, 
f Ein entsetzlicher Prio z.e ß begann 
estern in Privas (Frankreich), nähmlich die Ver⸗ 
Jandlungen gegen Jean Faure und seine Frau, die 
nit Hilfe des Bruders der letzteren, Ptancher, Faure's 
gruder Claude ermordeten, die Leoche kachten, 
zas Fleisch an Schweine verfütterden, die Knochen 
östeteten und in die Sevennenschluchten verstreuten. 
Frau Claude ist die Enkelin eines Maanes, der 
zine Gatlin lebendig briket; sie stammt ven 
Pirthe Leblanc, der um 1830 hingerichtet wurde, 
heil er' 25 Jahre lang in seinem Bergwirtshaus 
inkehrende Reisen de ermordete und ihr Fleisch 
ocht e. 
GDie weiblichen Nexrzte in Ruß— 
an d.) Wie aus Petersburg berichtet wird, hat 
e medizinische Akademie jüngst einen für die dem 
ztudium der Medizin sich widmenden Frauen wiche 
igen Beschluß gefaßt. Auf eine Frage des Unten 
ichtsministeriums, ob das Diplom der Frauen as 
leichwerthig mit dem Diplome der mannlichen 
lerzte anzusehen ist, antwortete die Akademie be 
ahend auf Grund einer Abstimmung, welche18 
Simimen für und 8 gegen ergab. Demgemäöß sir 
ie weibuchen Aerzte in Rußland auch in wissen 
chaftlicher Hinficht den männuichen gleichgestel 
vorden. 
Metalltechnisches.) —XV 
ng des „Standard“ aus Newyork hat Profeho 
Thomson eine Methode entdeckt, —W 
erschiedene Metalle dadurch zusammenzuschweitem. 
aß man durch dieselben einen straken eleltrischen 
Strom unier schwerem Drucke leitet. 
Gas Dampfboot „White“ bet 
ra'n dut) auf der Reise von Vlicksbutgera 
New⸗Otlecus. Fünfzig Personen, zumeist Frau— 
ind Kinder, lamen um, J 
4— Ein seltsames Abente,uer halte dien 
Fage in Newcaftle ein dort wohlbekannter Bidir 
nann aus dem Westen des Landes, der Aben 
cinen Zug verfehlte und nun nach dera Wir 
sause gjurückkehrte, wo er Tags über schon ele 
Jand Eifrischungen zu sich genommen hette, den 
r Abends noch so viel hinzufügte, daß er enh 
m höchst animirten Zustande die Treppen hun 
tfolperte, um sich zur Ruhe zu begeben. uinhe 
degs ging ihm aber die Kerze aus und ur 
ucute er im Dunkeln hrummend jein Schlatzimn