Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Vermischtes. 
Eine kleine Aenderung hat im Vordruck der 
ppfiatten det deutschen Reichspost seit kurzem 
unden. Die Linie für den Wohnort des 
len ist nämlich, bedeutend (Cum 34 Milli⸗ 
aer) derlängert und unter der Punktierung mit 
n dicken Strich versehen, welcher die Angabe 
e hervortreten läßt. Die darunter befindliche 
ej welche zu näheren Notitzen über die Adresse 
fimmt ist, enthält jetzt den Vordruck „Wohnung 
Araße und Hausnummer).“ Wir glauben, daß 
iser Hinweis der besonders in kaufmännischen 
usen eingebürgerten Gewohnheit, die Straßzen⸗ 
duese direkt unter dem Namen des Adressaten, 
so über die Stadtadresse zu schreiben, entgegen— 
yrten soll. Man meinte bisher, der Postverwaltung 
urch diese Anordnung der Adresse den Dienst zu 
Jeichtern, doch scheint diese Annahme nicht gerecht⸗ 
igt. Ein Hinweis hierauf veranlaßt vielleicht 
dle, auch bei den Adressen der Briefe zu der alten 
Fewohnheit, die Wohnung unter, nicht über den 
Isimmungsort zu setzen, zurüchzukehren. Die 
ueste Mode ist übrigens die, die gesammte Adresse 
uf die gefaltete und geklebte Rückseite des Kouveris 
u setzen. Der Gedanke, ein unbefagtes Oeffnen 
z. riefes zu erschweren, scheint diese Neuerung 
eranlaßt zu haben. 
f Bildstock, 8. Mai. Gestern Mittag ver- 
nglückte der Zimmerhäuer Bach von hier. Er 
so unglücklich von dem Seilleitungsgerüst am 
lenenschachte der Grube Friedrichsthal, daß er 
hends im Knappschafts⸗Lazareth zu Sulzbach seinem 
eiden erlag. Er hinterläßt eine Frau und sechẽ 
moersorgte Kinder. 
f Mannheim, 9. Mai. Der Banquier W. 
zöster jun,, welcher im vorigen Jahr den Lieute— 
an Schele im Duell erschoß und zu zwei Jahren 
restung (Ehrenbreitstein) verurtheilt wurde, ist vom 
zaiser begnadigt worden und bereits wieder in 
Nannheim eingetroffen. 
Die Rundreise des Prinzregenten 
aachen mehrere Herren von der Münchener Presse, 
owie Herr Dr. Zöller von der „Köln. Zeitung“ 
ait, welchen ein Wagen 1. Klasse mit Toiletten⸗ 
immer eingeräumt ist. Sämmtliche Journalisten 
nuß überhaupt das Entgegenkommen der betreffen⸗ 
en hohen Herren und Herren Beamten am kgl. 
hoflager gegenüber den Vertretern der Presse höchst 
ingenehm berühren. 
Muͤnchen, 6. Mai. Das gestern nach 
anger Pause wieder einmal versammelte Exekutiv⸗ 
omitee für die Zentenarfeier beschloß einstimmig. 
em Centralausschuß den Antrag vorzulegen, das 
gest erst im nächsten Jahr, wo die internationale 
jubiläums⸗Ausstellung, sowie die deutschnationale 
unstgewerbe⸗ Ausstellung hier in München abge— 
alten werden, zu feiern. Wahrscheinlich wird als 
Jeitphunkt der Monat Juli des Jahres 1888 ge⸗ 
dählt werden. 
München, 7. Mai. In dem Mädchen⸗ 
Institut im Hause Nr. 7 der Ludwigsstraße ent⸗ 
tand gestern durch Umwerfen einer Petroleumlampe 
in Brand, wodurch das Haus bis auf das Erd⸗ 
zeschoß zerstört wurde Die im oberen Stockwerke 
pohnenden Zöglinge mußten durch den Rettungs⸗ 
chlauch in Sicherheit gebracht werden. Zwei Feuer⸗ 
pehtmänner wurden verletzt. 
f Bamberg, 5. Mai. Bei Abnahme der 
harade hier zeigte Se. K. H. der Prinz-Regent 
in besonderes Interesse für die Krieger-Vereine. 
zo ging er auf einen alten, mit Ehrenzeichen ge⸗ 
hmückten Veteranen zu und fragte diesen, wo er 
ieselben verdient habe. Dieser antwortete: „Im 
ahre 1813.“ Dabei ließ der Alte, ein hoher 
ber, vor Erregung und Schwäche den Hut fallen. 
Zofort bückte sich Se. K. H., hob den Hut auf 
ind gab ihn dem Alten wieder in die Hand. 
F.Lohr, 5. Mai. Bei dem vorgestrigen 
NVilitärersatzgeschäft kam der seltene Fall vor, daß 
in Vater drei militärpflichtige Söhne eines Jahr⸗ 
aanges zur Musterung stellte, dem glücklichen Vater 
daren nämlich in einem Jahre ein Sohn und 
zwillinge geboren worden. 
Wiesbaden, 7. Mai. Mit großen Zetteln 
n den Hüten durchzogen am Donnerstag fruh ganze 
rupps fröhliger junger Leute, mit Sträußchen ge⸗ 
hmückt, die Straßen unserer Stadt. Es waren 
e ausgelosten Militärpflichtigen, die ersten, 
ie nach dem Heimfall von Nassau an Preußen 
8 Preußßen geboren sind und jeht ihrer Militär⸗ 
flicht Genüge thun. Um diesem Vewußtsein ihrer 
Vuͤrde“ Ausdrud zu verleihen, hatten die jungen 
deute die Worte aufgedruckt: Wir sind die ersten 
Preußen von 1876!* 
FFreiburg i. Br. 5. Mai. Eine hoch— 
nteressante Schoffengerichtssitzung fand, wie die 
„Basler. Nachr.“ melden, gestern in dem unweit 
jon hier gelegenen Staufen statt. Als Angekiag⸗ 
ler erschien der katholische Vicar Vögtle, beschuldigt, 
er habe zur Zeit der Reichstagswahlen einmal die 
Aeußerung fallen lassen: „Der Papst ist ein altes 
Weib; er ist Italiener und hat als Ausländer sich 
in unsere Reichstagswahlen nicht zu mischen.“ Die 
Amtsanwaltschaft, der diese Worte des Vicars hinter⸗ 
zracht wurden, erhob Anklage wegen groben Un— 
ugs. Die Zeugenaussagen ließen keinen Zweifel 
in der Schuld des Vecars, der denn auch zu einer 
Beldstrafe von 20 Mk, sowie in die Kosten ver—⸗ 
uirtheilt wurde. Ein katholischer Vicar, der vom 
Berichte gestraft wird, weil er den Papst ein altes 
Weib genannt, zählt immerhin zu den Seltenheiten 
und deßhalb schon dürfte der Prozeß auch weitere 
ttreise interessiren. 
— Mit Bezug auf die neuerliche Unentischiedenheit in 
der deutschen Rechtsch reibung scherzt Ludw. Steub 
in der „Abendztg.“. „Mußten wir's vor kurzer 
Zeit erleben, daß in der Stadt ** ein wohlge⸗ 
ogenes Mädchen 14 und 5 Fehler zugerechnet er— 
sielt, weil sie in einer Schulaufgabe 14mal Styl 
ind Smal Gothen geschrieben, während der Lehrer 
Stil und Goten für die einzig rechtgläubigen Schreib⸗ 
arten hielt, obgleich die letztere hinter den Ohren 
aum trocken ist. Das Mädchen war für dies 
ZSemester todt geschlagen und bekam zu Hause die 
mpfindlichste Schelte, aber die ganze Stadt nahm 
)en innigsten Theil an ihrem Schicksab!“ 
F Ludwig Devrient war nicht minder 
denn als Mime als Zecher bedeutend und sein 
Stammlokal war die Weinstube von Luther und 
Wegner in Berlin. — Wenn auch nicht zum 
Nachtheil seiner Kunst, so doch sicher zur bedauerns⸗ 
verthen Kürzung ihrer Ausübung verweilte der 
zroße Mime oft und lange, meistens tief in die 
Nacht hinein in dem historischen Eckzimmer. Sicher 
iber mußte dies Leben seine bürgerliche Existenz 
mit Sorgen belasten, seine Gesundtheit untergraben; 
r starb, erst 48 Jahre alt. — Aus den Vor⸗ 
ommnissen in dem bezeichneten Eckzimmer sei ein 
histörchen erzählt, werth, denen, die es bereits ge— 
annt hatten, in die Erinnerung zurückgerufen zu 
verden. Gleich seinem Shakespeare'schen Urbilde 
n der Belastung des Kerbholzes ließ auch Ludwig 
»en Buchhalter der Luther und Wegner'schen Wein— 
jandlung nicht zur Ruhe kommen, sein Soll und 
daben auszugleichen. Dies finanzielle Räthsel zu 
ösen, sollte der Genialität Devrients vorbehalten 
»leiben. Die Summe des Solls war zu bedenk⸗ 
ichet Größe angewachsen und veranlaßte die 
sßläubigerin zu einer wenn auch höfllichen, aber 
voch sehr ernsten Mahnung. Dramatische Künstler 
ind empfindlich, Ludwig glaubte auch nach dieser 
Richtung hin sich auszeichnen zu dürfen. Tief ver⸗ 
etzt setzte er der Mahnung Sillschweigen entgegen 
ind blieb dem Eckzimmer fern, mit ihm auch nach 
nach die übrigen Gäste, denen der interessante 
„tammgast, seine witzsprühende Unterhaltung fehlten. 
In einer anderen Weinhandlung fand man sich 
vieder zusammen. Die nutzbringende Gesellschaft 
vieder an dem verödeten Stammtisch zu sehen, 
ann die Firma Luther u. Wegner über Mittel 
iach und glaubte, ein solches durch ein Schreiben 
an Ludwig gefunden zu haben, nach dessen Inhalt 
ie sich erbot, die Hälfte der Schuld zu streichen, 
ind den Verlorenen bat, sich wieder in dem alten 
ẽckzimmer einzufinden. Er sandte das Schreiben 
urück, versehen mit folgender Randglosse: „Ich 
vill Ihnen an Edelmuth nicht nachstehen. Sie 
treichen die eine Hälfte, ich die andere, komme 
vieder und bleibe ewig der Ihrige.“ Und so ge— 
chah es. 
F Einen Zahn herauszuziehen ist ein 
Zunststück, das wohl jeder Barbier fertig bringt. 
Aber ein Gebiß sammt drei Zähnen und dies nicht 
inmal aus dem Munde, sondern aus der ... 
duftröhre zu entfernen, dieses Virtuosenstück hat 
Zerr d. Berginann, der berühmte Berliner 
Operateur in der zweiten klinischen Stunde, welche 
r seit Beginn des neuen Semesters am Samstag 
ibgehalten hat, in eleganter Weise fertig gebracht. 
x8 handelt sich um einen jungen Mann, der zu 
sen nicht mehr seltenen Sterblichen zählt, welche 
nn Ermangelung natürlicher Kauwerkzeuge künstliche 
nuden Dienst stellen müssen. Bei einer forcirten 
rzinathmung hatte er das Malheur, das Gebiß in 
die „falsche Kehle“, d. h. in den Kehlkopf zu 
aspiriren, wo dasselbe stecken blieb, ohne indessen 
sofort einen Erstickungsanfall auszulösen. Der 
Patient wandte sich an den bekannten Spezialarzt 
für Nasen- und Kehlkopftranke, Herrn Dr. Lub⸗ 
linski, der den Fremdkörper im Kehlkopf auch kon⸗ 
statirte, ihn aher trotz sehr sorgfältiger unter An⸗ 
wendung des Keblkopfspiegels ausgeführter Extrak⸗ 
ionsbersuche vom Munde aus nicht entfernen 
konnte. Der Mann mit dem Gebiß an der falschen 
Stelle wurde deshalb Herrn v. Bergmann über⸗ 
geben, der in Anbetracht der Lebensjahre des Pa— 
tienten sich alsbald zur blutigen Entfernung des 
Corpus delicti durch die Tracheotemie Eroffnung 
er Luftröhre) entschioß. Rachdem dieselbe ausge⸗ 
führt war, ging der Operateur mit dem Finger 
in die Luftröhre ein und holte ein zierliches Gebiß 
mit drei Zähnen unter allgemeiner Heiterkeit im 
Auditorium heraus. 
F Vor einigen Tagen wurde zu Amsterdam 
im Flusse die Leiche eines Mädchens gefunden und 
nan nahm anfänglich an, daß ein Raubmord vor⸗ 
liege. Jetzt hat man sich überzeugt, daß man es 
mit einem entsetzlichen Familiendrama zu thun habe 
An der Leiche des jungen Mädchens entdeckte man, 
daß ein Theil des Armes abgeschnitten war. Dieses 
Borkommniß schien um so geheimnißvoller, als 8 
Tage früher in demselben Wasser und an demselben 
Irte die Leiche einer Frau gefunden worden war, 
in welcher ein Arm gänzlich fehlte. Nachforschungen 
exgaben, daß in der zweiten Leiche die Mutter des 
ungen Mädchens erkannt wurde. Die Leichen 
vurden als Frau und Tochter des verstorbenen 
direktors des Telegraphenamtes, von Alkmaar, er—⸗ 
annt. Da der Staat den Wittwen und Kindern 
von Telegraphenbeamten keine Pension gewährt, so 
vat die Wittwe dem bittersten Elend preisgegeben. 
Man forschte weiter nach und kam zu dem Resul⸗ 
at, daß Mutter und Tochter sich aneinander fest⸗ 
gebunden und dann gemeinsam den Tod in den 
Wellen gesucht hatten. Die Leichen geriethen in 
die Räder eines Dampfschiffes und die Arme der 
Frtrunkenen wurden von der Maschine abgerissen. 
Zwei Schwestern der ertrunkenen Frau hatten vor 
iniger Zeit gleichfalls ihrem Leben durch Seldst⸗ 
mord ein Ende gemacht. 
F Liebestollheit. Ein hübsches Mädchen 
yon Vivis hatte eine Anzahl von Liebhaber, die 
8 umschwärmten. Jungst befand sie sich mit vieren 
derselben auf dem Dampfschiff. Die allzu vielen 
duldigungen wurden ihl schließlich lastig, allein 
die Wahl that ihr weh. Deshalb wandte sie sich 
an den Kapitän um einen Rath. Nach einigen 
Augenblicken des Besinnens sagte er ihr: „Glauben 
Sie mir, werfen sie sich ins Wasser und geben sie 
»ann Ihre Hand Demjenigen, der Sie aus dem 
Wasser ziehen wird.“ Das junge Mädchen befolgte 
ofort diesen weisen Rath und stürzte sich übet 
Bord ins Wasser. Sofort springen ihr drei Lieb— 
jaber nach und retteten sie. Neue Verlegenheit 
und neues Gesuch an den Kapitän um seinen guten 
Rath. „Nun wohl,“ sagte er, „heirathen Sie 
Den, der Ihnen nicht zur Hilfe geeilt ist, er ist 
bon den Vieren der am wenigsten dumme.“ 
cür die PRevaktion veran— r3lich æ. Derre“ 
vchwarze Tuche nud Satins für Herren- und 
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portofrei ins Haus Oettinger & CoO, Frank 
urt a. N., Buxrkin⸗Fabrik⸗Depot. — Direkter Ver 
andt an Private. Muster ⸗-Collektionen bereit α 
iranco. 
Anter chrift amtlich bestaͤtigt. 
Ochsenfnrt (Unterfranken.) Unlerzeichneter beftätigt 
daß sich bei ihm die Apotheker R. Brandt's Schweizer⸗ 
bisllen als ausgezeichnetes Blutreinigungsmittel gegen Hä— 
norrhoiden und Rheumatismus bestens bewährt haben 
veßhalb ich dieselben nur empfehlen kann. Peter Metzger, 
Brivatier. Die Unterschrift beglaubigt Stadtmagistrat 
Ochsenfurt (L. S.) Apotheker R. Brandt's Schweizerpillen 
ind a Schachtel 1 M. in den Apotheken erhältlich, doch 
ichte man auf das weiße Kreuz im rothen Grunde mit 
em Namenszug R. Brandt's. Haupidepot: Ludwigshafer 
Adlerapotheke. — 
Schwedische Reichshypotheken-Bank, 402 pGCt 
Pfandbriefe von 1879. Die nächste Ziehung 
findet am 1. Juni statt. Gegen den Coursder— 
lust von ca. 5 pCt. bei der Ausloosung über— 
nimmt das Bankhaus Carl Neuburger, Berlin 
Französische Straße 13, die Versicher ung für eine 
Prämie von 4 Pf. pro 100 Markt.