Full text: St. Ingberter Anzeiger

bührengesetzes vom 18. August 1879 bestimmte 
Schreibgehühr beanfprucht werden. 
— Blieskastel, 24. Mai. Die Versehung 
der durch die vorübergehende Penfionirung des 
Herrn Dörr an der hiefigen Präparandenschule 
bakant gewordene Stelle ist Herr Schulberweser 
Eidt in Speier übertragen. 
— In München verschied Oberberge und Sa⸗ 
linenrath Barthold, geboren 1829 zu Zwei⸗ 
brücken als Sohn eines Zimmermanns. 
— Pirmasens, 24. Mai. Sokeben gelangt 
die Nachricht hierher, daß gestern eine Zigeuner— 
bande bei Rittelberg auf freiem Felde einen 18— 
jährigen Burschen erschlagen haben soll. Die 
Hornbacher sowie die hiesige Gendarmerie wurde 
sofort hierbon in Kenntniß gesetzt. 
— Durch die Kammgarnspinnerei Kaisers⸗ 
lautern wurde gelegentlich ihres diesjährigen Ge⸗ 
schäftsabschlusses dem unangreifbaren Stammver⸗ 
mögen des pfälzischen Gewerbe-⸗Museums die 
Summe von 1000 M. schenkweise überwiesen. 
— Freudenstadt. Von Baiersbronn 
wird folgendes Jagdabenteuer berichtet: Dieser 
Tage ging der Holzhauer N. im Wald an sein 
Geschäft. Unterwegs begegnete ihm auf dem Auf— 
stiege daselbst eine Wildsau (Bache) mit ihren 
Jungen (Frischlingen). Er fing eines dadon, nahm 
es auf den Arm, um es nach Hause zu tragen, 
allein durch das Schreien desselben wurde die 
Mutter auf ihren Verlust aufmerlsam; sie sprang 
dem Mann nach, griff ihn an und biß ihm das 
Fleisch von der Wade weg. Vor Schmerz ließ 
natürlich der Holzhauer das Junge, aber auch bei 
der Abwehr seinen Laib Brod fallen, über welchen 
sich das Wildschwein hermachte, wodurch sich der 
Ueberfallene durch Flucht weiteren Angriffen des 
grimmigen Thieres entziehen konnte. 
— Mutterstadt, 25. Mai. Der unermüd⸗ 
lichen Thätigkeit der hiesigen Gendarmerie nebsl 
Polizei ist es gelungen, auch in dem Wohnhause 
des in Frankenthal in Untersuchungshaft befind— 
lichen Dauhner eine Masse gestohlener Gegen 
stände aufzufinden. Die betr. Gegenstände waren 
auf dem Speicher eingemauert. 
— Ludwigshafen, 24. Mai. Zwei neue 
Lehrstellen dahier, die erst am 1. Oktober d. J. 
besetzt werden sollten, sollen jetzt sofort ausgeschrieben 
werden, da die große Zunahme von schulpflichtigen 
Kindern dies nöthig macht. 
Vermischtes. 
F Dudweiler, 26. Mai. Frebelmüthige 
Personen, deren man bis jetzt aber leider noch nicht 
hat habhaft werden können, haben in der Nacht 
von Dienstag auf Mittwoch auf der Provinciolstraße 
zwischen hier und Jägersfreude 8 Stück junge 
Linden abgebrochen. Auf die Ermittelung der 
Thäter ist von der Provinzial-Wegebauinspection 
eine Belohnung von 100 Mark ausgesetzt worden. 
Mannheim soll nun endlich eine feste 
Brücke an Stelle der Kettenbrüde über den 
Neckar erhalten. Die Großh. Oberdireklion des 
Wasser⸗ und Straßenbaues erläßt nämlich nach 
stehendes Preisausschreiben: „Die Großherzoglich 
Badische Regierung beabsichtigt, an Stelle der be— 
stehenden Kettenbrücke über den Neckar in Mann⸗ 
heim eine feste Straßenbrücke zu erbauen, und 
wird behufs Erlangung geeigneter Entwürfe und 
Kostenanschläge eine Weitbewerbung ausgeschrieben, 
an welcher sich alle Ingenieure deuischer Reichs 
angehörigkeit betheiligen können. Die Entwürfe 
find spätestens bis 15. Oktober 1887 an die 
Großherzogliche Ober⸗Direktion des Wasser⸗ und 
Straßenbaues in Karlsruhe einzureichen. Für die 
drei vom Preisgericht als die besten anerkannten 
und nach den Bedingungen und Bauvorschriften 
gefertigten Arbeiten werden Preise im Betrag von 
4000 M. bezw. 2000 und 1500 M. ausgesetzt. 
Die zur Beurtheilung der Arbeiten ernannte Koims 
mission besteht aus den Herren: Oberbaudirektor 
Siebert in München, Geheimer Oberbaurath Dr. 
Schäffer in Darmstadt, Baurath Professor Engesser 
in Karlsruhe, Baudirektor Honsell und Oberbau— 
rath Seyb daselbst. Die näheren Bedingungen, 
Bauvorschriften und Pläne zur Wettbewerbung sind 
gegen Einsendung einer Gebühr von der unter⸗ 
zeichneten Stelle zu beziehen.“ 
f. Karlsruhe, 25. Mai. Heute Nachmittag 
nach 5 Uhr fuhr plötzlich ein greller Blitzstrahl au⸗ 
den Wolken, dem unmittelbar ein kolossaier Donner⸗ 
schlag folgte. Merkwürdig an dieser Erscheinung 
ist. daß weder vor, noch nach dem Schlag etwas 
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von Gewitter zu sehen oder zu hoͤren war; nur 
ein leichter Regen ging nieder. Dem Vernehmen 
nach hat der Blitz in die Waldhornstraße (Real⸗ 
gymnasiumsgebäude) eingeschlagen, jedoch außer der 
Demolirung mehreter Ziegel keinen Schaden ange⸗ 
richtet. Begreiflicherweife hat der Blitzstrahl und 
dec folgende Donnerschiag Alles in momentanen 
Schrecken versetzt. Möge diese ungewohnte Er— 
cheinung endlich einen Umschlag in der Witterung 
mit sich bringen. Leider hat es dazu nicht den 
Anschein. 
fF München, 25. Mai. Se. kgli. Hoheit 
der Prinzregent hat dem Herrn Stemmler in 
Biesingen (Rheinpfalz), der unter dem Gefolge des 
ttönigs Otto aus der Reise nach Griechenland war 
und am 21. Mai seine goldene Hochzeit feierte 
ein Ehrengeschenk von 30 Mark zugewendet. — 
Die Kaiserin von Oesterreich besuchte gestern dit 
Gruft Weiland König Ludwig II. und legte einer 
drächtigen Blumenkranz am Sarge nieder. — Wit 
die „N. N.“ vernehmen, haben die Herren Mestern 
und Helldobler, Elektrotechniker dahier, einen Ap 
zarat erfunden, der die Schwingungen der Telephon 
nembrane in einer eigenthümlichen jedoch mil 
reiem Auge leicht lesbaren Schrift darstellt. Et 
dürfte dies einen gewaltigen Umschwung im heuti 
zen Telegraphenwesen verursachen. 
F Herzog Dr. Karl in Bayern hat, 
vie man aus Meran schreibt, auch heuer wie 
in früheren Jahren während seines Aufenthaltes 
n Meran in aufopfernder, selbstloser Weise augen⸗ 
aärzurhe Prexis geubt und sich dadurch aufs Neue 
den Dant uunseret B völkerung verdient. Ueber 
220 Operationen hat der Herzog während der 
urzen Zeit seines Verweilens hier im allgemeinen 
drankenhause zur Ausführung gebracht und an 
Tausende von Augenleidenden ärztlichen Rath er— 
heilt. Am 19. d. M. begab sich, um die Thätig 
leit des erlauchten Arztes zu ehren, unter Führung 
des Bezirkshauptmanns von Grabmayr, eine ans 
deun Bürgermeistern und Gemeindevorstehern von 
etwa 25 Ortschaften des Burggrafenamtes bestehende 
Deputation, welcher sich auch der Kurvorsteher von 
bernwerth, sowie der Präsident des hiesigen Aerzte⸗ 
»ereins Dr. Rochelt anschlossen, zum Herzog, um 
demselben den Dank der Bevölkerung zum Aus- 
druck zu bringen. Gleichzeitig wurde ihm von der 
Musikkapelle ein Ständchen gebracht, für die nächsten 
Tage ist, wenn das Weiter es gestattet, eine all 
gemeine Bergbeleuchtung angesagt. Der Herzot 
war von der Kundgebung sichtlich ecfreut und nahm 
mit besonderem Dank die ihm vom Aerzte⸗Vereir 
botirte Adresse entgegen. In derselben heißt es 
u. a.: „Noch vor wenigen Jahren wies die all⸗ 
ährlich aufgestellte Blindenstatistik im Bezirk Meran 
130 Blinde aus; seitdem kgl. Hoheit Ihre segens 
ceiche Thätigkeit hier entfalten, ist die Zahl der 
Blinden auf 30 gesunken. Wie nun in diesen 
Tagen alle berusenen Faktoren sich rüsten, Euer 
kal. Hoheit den Dank der Bevölkerung in geeigneter 
Weise kund zu thun, wollen auch wir Aerzte, die 
vir an demselben hohen Werke, der Heilung der 
leidenden Menschheit — jeder nach seinen Kräften 
— mitzuarbeiten bestrebt sind, unserer Freude und 
inserer Befriedigung Ausdruck verleihen über die 
Thätigkeit unseres erlauchten Berufsgenossen. Ge— 
ruhen Eure kgl. Hoheit die Versicherung entgegen 
zu nehmen, daß wir Aerzte des Meraner Sektions⸗ 
zebietes mit Freude und Bewunderung die von 
Ihnen erzielten Erfolge begrüßen, und geruhen 
Sie unsere Glückwünsche zu denselben entgegen zu 
nehmen.“ 
fAugsburg, 26. Mai In der Lohgerberei 
von Pfmersee bei Augsburg protestirten laut Fr. 
Jour. die deutschen Arbeiter gegen die Aufnahme 
don böhmischen Arbeitern. Bei dem hierbei ent⸗ 
ttandenen Tumnlt kam es zu Thätlichkeiten. Ein 
Tzeche wurde mißhandelt. Die Gendarmerie schritt 
ein und verhaftete 6 Rädelsführer. Augenblicklich 
Jerrscht Ruhe. 
F Die Haßfurter Lotterie mußte abermal— 
und zwar auf den 6. Juli verschoben worden. 
Brund: schwacher Loosabsatz. Jener Herr, welcher im 
Münchener Hofbräukeller wettete, die Ziehung 
müsse am 25. stattfinden, hat demnach seine 1000 
Mark verloren. 
FeFrantfurt a. M. Die Vorbereitungen 
zum deutschen Schützenfeste sind so weit gediehen, 
daß der Festausschuß sein Programm vorlegen 
onnte. Demnach wird das Probebankett am 26 
Juni stattfinden. Das eigentliche Fest beginnt am 
2. Juli mit der Begruüßung der eintreffenden 
Schützen in der Römerhalle. Die in gro 
Gruppen eintreffenden Schützen werden gernen 
Bahn mit Musik nach dem „Römer“ geleitet de 
die Fahnen bis zum andern Tage aufgestellt' n 
die Wohnungskarten in Empfang genommen an 
den. Am 3. Juli findet der Festzug stau 
NUebergabe der Bundesfahne erfolgt auf dem 
platze am Gabentempel. Der nach —E 
Jeordnete Zug zerfällt in 14 Gruppen. Die 
Bruppe umfaßt die Turner, die zweite die 
ländischen (amerikanischen) Schützen, die ug 
die Schützen aus Oesterreich und Tirol. Hien 
chließen sich die Gauverbände Bayern, die 
Pfalz, Elsaß Lothringen, die norddeutschen 
bände. der mittelrheinische Schützenhund und de 
rheinische Schützenbund. Den Schluß * 
viederum Turner und Feuerwehr. Jeder Gruphꝛ 
werden Innungen, soweit dieselben ihre —R 
zugesagt, beigegeben. Einen Hauptanziehungspunt 
des Zuges wird der Jubiläumswagen mu der 
Figur der „Francofurtia“ bilden. Um 1 X 
das Festbankett, woselbst die Schützen im Name 
der Stadt begrüßt werden. Für den 4. Juli iñ 
ein Monstrekonzert von 300 Musikern in Aussich 
genommen, für den 5. ein Konzert der Sangn 
bereinigung und des Lehrer-Sangerchors. Am'6 
Juli findet Vorstellung der Turner statt, am7 
Vorstellung der Radfahrer. Für den 8. ist ein 
zweites Konzert der Sänger angesagt, während am 
9 die vereinigten Musikkapellen konzertiren werden 
Ein Bankett am 10. Juln und die Verihein 
der ersten zehn Preise auf der Festscheibe biud 
den Schluß der Fefstlichkeiten. 
F Mainz, 23. Mai. Bekanntlich entfloh 
vor einigen Wochen der Gold⸗ und Juwelenhändle 
Levy von hier, eine große Menge Schulden hinter— 
lassend; jetzt ist die Masse ausgeschüttet worden, 
die Aktiva betragen 17,000 M., die Passide 
420,000 () Hauptsächlich sind Frankfurter, Main— 
zer und Pforzheimer Firmen betheiligt. (W. 8 
f Bonn, 24. Mai. Ein Anstreicherlehrling 
der heute Morgen in einem Hause der Köolnet 
Chaussee beschäftigt war, machte sich daselbst in 
Keller zu schaffen, und lockte ihn ein Faß mit an— 
scheinend verheißungsvollem Inhalt. Er öjfnete 
den Krahnen und ließ das geheimnißvolle Naß ir 
seinen Mund laufen. Leider bestand dasselbe aut 
Karbol. In völlig bewußtlosem Zustande wurd 
der Bedauernswerthe zur Klinik geschafft und wird 
wahrscheinlich seinen Leiden erliegen. 
Der Berliner Mordprozeß Günzel 
ist gestern mit der Verurtheilung des Angeklagter 
zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe beendigt worden 
Nach dem vorgebrachten Indizienbeweis wird diese 
Urtheil überall Sensation hervorrufen. Zweifello 
hat zu dem Verdikt der Geschworenen die 215 
ftündige geradezu großartige Rede des Saatsan— 
walts viel beigetragen. Nachdem der Vertheidiger 
3 Stunden gesprochen hatte, wurde der Angeklagt⸗ 
zum letzten Worte verstattet; er erhob die Recht 
und sprach mit lauter Stimme: „Meine Herrn 
Geschworenen! Bei Gott dem Allmächtigen, an 
diesem Verbrechen bin ich unschuldig, ich bitte um 
Gerechtigkeit!“ Dennoch bejahten die Geschworenen 
die zweite Schuldfrage anf Todischlchlag und 
schweren Raub durch eine selbstständige Handlung 
F Ein hübsches Bonmot über Windthorf 
zirkulirt im Reichstage und erregt viel Heiterkeit 
Bekanntlich findet bei der Einsetzung der Kardinäl⸗ 
die Zeremonie der Mundschließung statt, welch 
vom Papst in Person vollzogen wird. Es hieh 
nun, wie das K. J. erzählt, Papst Leo habe de 
kleinen Exzellenz die Ernennung zum Kaͤrdindh 
angeboten, dieser aber den rothen Hut mit der 
Bemerkung abgelehnt, er wolle nicht — daß ibn 
der Mund geschlossen werde. 
fDer deutsche Verein für Knaben— 
Ddandarbeit errichtet mit dem 1. Juli in Leip— 
zig ein Lehrer ⸗˖Seminar. Für dasselbe sind küchtigt 
lechnische Kräfte gewonnen. Die theoretische Unter 
weisung haben Professor Dr. Biedermann, Ober 
lehrer Dr. Götze und Landtagsabg. von Schencken 
dorff übernommen. Das Seminat eröffnet zunäch! 
zwei vierwöchentliche, in sich zusammenhangende 
Turse, don denen der erste am 1. Juli und der 
zweits am 1. August seinen Anfang nehmen wird. 
Doch ist bie Theilnahme auch an einem einzelnen 
Curfus geflattet. Der Zutritt steht allen deutschen 
Lehrern frei. Mit der Eröffnung dieses Seminar⸗ 
beginnt der deutsche Verein seine eigentliche prab⸗ 
tische Arbeit, die wir im Hinblick darauͤf, daß sie einer 
Tulturidee dient und die Arbeit der Hand im