Full text: St. Ingberter Anzeiger

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ntlid königl. Amtsgerichts St. Ingbert 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
Der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2 mal wöochentlich mit Unterhaltungs 
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22. Jahrg. 
A 6. 
Samstag, 22. Januar 1887.“ 
Nalitische Aebersicht. 
Am vergangenen Dienstag waren sechzehn 
Jahre verflossen, daß König Wilhelm von Preußen 
in der Spiegelgallerie des Schlosses zu Versailles 
unter den jubelnden Zurufen der deutschen Fürsten 
und Heerführer und der freudigsten Antheilnahme 
aller deutschen Stämme zum Kaiser von Deutsch⸗ 
land proclamirt wurde. Der 18. Januar bildet 
somit den Geburtstag des neuen deutschen Reiches 
und wenn dieses weltgeschichtliche Datum auch nicht 
offiziell begangen wird, so feiert man seine alljähr⸗ 
liche Wiederkehr um so mehr in privaten Kreisen. 
Auch diesmal ist der Gedenktag der Kaiserprokla⸗ 
mation an zahlreichen Orten unseres Vaterlandes 
aamentlich in den Kreisen der ehemaligen activen 
Angehörigen der Armee festlich begangen worden 
und es kann nur als hocherfreulich bezeichnet wer⸗ 
den, daß die Erinnerung an dieses für die deutsche 
Nation so hochbedeutsame Ereigniß trotz aller poli⸗ 
tischen Tageslämpfe in den Herzen der Zeitgenossen 
in ungeschwächter Kraft und Frische fortlebt. Möge 
es auch die heranwachsende Generation so halten! 
Am Jahrestag der Kaiserproclamation fand, wie 
in gestr. Anz. gemeldet, am Berliner Hofe auch 
das alljährliche Capitel des Ordens vom Schwar⸗ 
jen Adler stati, welches vom Kaiser in der üblichen 
Weise abgehalten wurde. 
Zwei bedeutsame Momente hat die sich 
an die Auflösung des Reichstages knüpfende Wahl⸗ 
»ewegung bereits gezeitigt: Den Wiederein— 
tritt Bennigsen's und Miquel's in das 
politische Leben und das Wahlcartell zwi— 
schen den drei regierungsfreundlichen Parteien.“ Seit 
Jahren hatten sich die genannien beiden hervor⸗ 
cagendsten Führer der national⸗liberalen Partei vom 
darlamentarischen und politischen Leben fast ganz 
lich zurückgezogen und erst die unsere Nation so 
tief erregende Frage der Heeresverstärkung hat jetzt 
nach Auflösung des Reichstages, Bennigsen und 
Miquel veranlaßt, aus ihrer Zurückgezogenheit 
wieder hervorzutreten. Ihre Namen stehen mit 
unter dem Wahlaufrufe der Nationalliberalen und 
haben sich beide Herren zur erneuten Uebernahme 
eines Reichstagsmandat bereit erklärt Jund dürfte 
bor Allem das Wiedereingreifen einer Peesönlichkeit, 
welche wie Herr v. Bennigsen, nicht nur in den 
Reihen der eigenen Parteigenossen das größte An⸗ 
sehen genießt, sondern deren Bedeutung auch von 
anderen Parteien gewürdigt wird, in die politische 
Thätigkeit seine Wirkungen nicht verfehlen. Was 
naun das Wahlcartell zwischen den beiden conser⸗ 
dativen Parteien und den Nationalliberalen anbe— 
iangt, so ist dasselbe ganz speciell für die bevor⸗ 
stehenden Reichstagswahlen und mit Hintansetzung 
aller die genannten Parteien sonft trennenden 
prinecipiellen Unterschiede abgeschlossen worden. Die 
Parteien verpflichten sich gegenseitig, nur fuür die 
Wahl solcher Candidaten einzugreifen, welche fich 
als entschiedene Anhanger des Sepiennats bekennen 
und wird im Uebrigen ein moglichst geschlofsenes 
und einheitliches Vorgehen der drei Parteien unter 
jegenseitiger Garantirung des jetzigen Besitzstandes 
ausgesprochen. Vorläufig ist aber dieses Cartell 
nur von den Centralvorländen der pactirenden 
Parteien abgeschlossen worden und es bleibt noch 
abzuwarten, inwieweit dasselbe im Lande respecktirt 
werden wird. In München wenigstens haben sich 
der nationalliberale Verein und der Verein Frei⸗ 
münchen“, welcher die Anhänger der freisinnigen 
Richtung in der bayerischen Haupistadt umschließt, 
zu gemeinsamem Vorgeben bei den Reichsstaaswahlen 
entschlossen, wobei allerdings berücksichtigt werden 
muß, daß in München, und überhaupt in Bayern, 
die Parteiverhältnisse vielfach eigenartiger gestaltet 
sind, als in anderen Theilen des Reiches. 
„„Audemar fréres“ im Hotel Royal abgestiegen 
waren. Das Hotel ist dei der Kaserne Bissuel 
gelegen, wo sich das Bureau des Stabes befindet 
und ein Bataillon Jäger zu Fuß liegt. Ein Jäger, 
dessen Bekannischaft die Fremden gemacht hatten, 
zeigte sie an und sagte aus, sie hätten ihm 2000 
Franken geboten, wenn er ihnen ein neues Modell⸗ 
gewehr mit Patronen ausliefere. Die Polizei über⸗ 
raschte hierauf die Fremden in der Brauerei Fritz, 
aber einem der Fremden gelang es, zu entkommen. 
Der zweite erklärte, er nenne sich Audemar Sydney 
und sei aus London gebürtig. Der dritte ist dessen 
Diener Charles Waletzz. Die Untersuchung ist ein⸗ 
geleitet. 
Konstantinopel, 18. Jan. Der Sultan 
hat dem Papst einen prächtigen Ring zum Geschenk 
gemacht und schidt den katholischen Patriarchen Aza⸗ 
rian nach Rom, um das Schmudstück zu über⸗ 
bringen. 
Kousftantinopel, 18. Januar. Drei bis 
vpiertausend bewaffnete Albanesen haben die Qua— 
rantänestation bei Mitrowitza angegriffen und ge⸗ 
hlündert. Der Kriegsminister beauftragte die 
Commandanten von Salonik und Monastir mit 
Absendung größerer Truppentheile, um die Beweg⸗ 
ung zu unterdrücken, die türkischerseits dem öster⸗ 
reichischen Einflusse zugeschrieben wird. — Der 
Ministerraeh beschloß die Anschaffung einer großen 
Mengde Vatronen aus Deutschland. 
Deutsches Reich. 
Muͤnchen, 18. Januar. Von hier wird dem 
„Frankf. Journ.‘ berichtet: „In Reichstagskreisen 
war in der vorigen Woche schon die Nachricht ver⸗ 
hreitet, der Papst habe an das Centrum den Befehl 
gjelangen lassen, für das Septennat zu stimmen. 
Wenn noch Zweifel an der Richtigkeit der Nach— 
richt vorhanden waren, so müssen dieselben ange⸗ 
siichts der Quelle verschwinden, aus der ich erfahre, 
daß Leo XIII. in der That in einem an den hie⸗ 
igen Nuntius gerichteten Schreiben diesen Befehl 
ertheilt hat, welchem von hier aus insoweit Folge 
zegeben wurde, daß dem Centrumsführer Mittheil⸗ 
und gemacht worden ist. Daß Herr Windthorst 
»en päpstlichen Befehl nicht sogleich berücksichtigt 
jat, zeigt nur aufs neue, wie bereit er ist, gegen 
den Stachel zu löken, wenn seine welfischen Inter⸗ 
efsen in Mitleidenschaft gezogen werden. 
München, 18. Jan. Hier glaubt man, 
wie der Augsh. Abdz.“ mitgetheilt wird, annehmen 
zu dürfen, daß die Reise des Staatsministers 
Frhern. von Crailsheim nach Berlin mit der Vor⸗ 
zereitung einer gemeinsamen Wahlproklamation 
aller deutschen Bundesfürsten im Zusammenhange 
steht. 
Berlin, 19. Jan. Die angestellten Erhe⸗ 
bungen über“, Pferdeausfuhr scheinen einen 
Zustand ergeben zu haben, der dazu nötigt, in 
allernächster Zeit ein Ausfuhrverbot au er⸗ 
lassen. 
Berlin, 20. Jan. Die „Nordd. Allg. Zig.“ 
bringt einen Leiterartikel über die »Mobilmachung 
des preußischen rothen Kreuzes“ und kündigt an, 
daß die internationale Conferenz des rothen 
Kreuzes am 109. September in Karlsruhe statt- 
finden werde. Auf der Tagesordnung steht die 
Organisirung des Frauen-Vereins und die Leistungen 
jür den Mobilmachungsfall der freiwilligen Kranken- 
pflege. Mit dem Centralcomits wird der Anschluß 
des freiwilligen rothen Kreuzes an den Militärischen 
durch das Kriegsministerium vollzogen, wodurch 
für ihn der inter nationale Schutz erlangt ist. 
Berlin, 20. Jan. Die „Norddeutsche All⸗ 
gemeine Zeitung“ schreibt: Gegenwärtig finden 
in Zabern und Romansweiler und im Breusch⸗ 
thale seitens franzöfischer Holzhändler bedeutende 
Anläufe von Brettern und Balken statt. Man 
pricht von drei Millionen Brettern, welche von der 
ranzoͤsischen Regierung bestellt und zu der Errichtung 
zon Militärbaracken an der deutschen Grenze be⸗ 
timmt sein sollen. Das fragliche Holz wird mit 
der Eisenbahn befördert. Es sind bereits von 
Romansweiler fünf Wagen nach Nancy und vier 
Wagen nach Verdun abgegangen, während weitere 
Wagen zur Beladung bestellt wurden. Die gleichen 
Berladungen finden in Rosheim und Oberehnheim 
tatt. Es lann hiernach keinem Zweifel unterliegen, 
daß Frankreich an der Grenze größere Truppen⸗ 
massen zusammenzieht, als in den Festungen und 
Garnisonen daselbst untergebracht werden können. 
Leo ale und pfälzische Nachrichten. 
— Für die bevorstehende Reichstagswahl 
wurde die Pfalz in sechs Wahlkreisen eingetheilt 
und als Wahlkommissäre ernannt: 1) Wahlkreis 
Speyer, bestehend aus den Bezirlsämtern Speher, 
Frankenthal, Ludwigshafen: der kgl. Regierungsrat 
und Bezirksamtmann Emmerich von zMoers in 
Speyer; 2) Wahlkreis Landau, bestehend aus den 
kgl. Bezirksämtern Landau und Neustadt: der kgl. 
Bezirksamtmann Adolf von Hartlieb in Landau; 
3) Wahlkreis Germersheim, bestehend aus den klg. 
Bezirksämtern Germersheim und Bergzabern: der 
kgl. Bezirkdamtmann Gustav Ott in Germersheim; 
9 Wahlkreis Zweibrücken, bestehend aus den klg. 
Bezirksämiern Zweibrücken und Pirmasens: der kgl. 
Bezirksamtmann Dr. Emil Schlagintweit in Zwei⸗ 
brücken; 5) Wahikreis Homburg, bestehend aus 
den klg. Bezirksaͤmtern Homburg und Kusel: der 
igl. Bezirksamtmann Wilhelm Spöhrer zu Hom⸗ 
burg; 6) Wahlkreis Kaiserslautern, bestehend aus 
den igl. Bezirksämtern Kaiserslautern nnd Kirch⸗ 
heimbolanden: der kgl. Bezirksamtmann Gusftav 
Schmitt in Kaiserslautern. 
— Zweibrücken, 20. Jan. Der Verein 
Areditreform für den Landgerichtsbezirk Zweibrücken 
hat dieser Tage seine Jahresliste pto 1886 hinaus- 
gegeben. Wenn dieselbe diesmal etwas kürzer aus⸗ 
fiel, besonders mit Namen aus hiesiger Gegend, 
jo darf dies wohl dahin gedeutet werden, daß 
einestheils die hiesigen Verkäufer durch die Listen 
vor dem frührer üblichen allzuleichten Kreditgewähren 
gewarnt, anderntheils den Hauptpumpern durch 
deren Eintragung in die Listen das Handwerk des 
Anschmierens wesentlich erschwert worden ist. Der 
Berein hat die Anregung zu einem Gauverband 
von Vereinen Kreditreform in Elsaß⸗Lothringen und 
Südwestdeutschland gegeben, welcher letzten Sonn⸗ 
tag in Saargemünd gegründet worden ist und in 
dessen Folge unter anderem die Listen der sämmt⸗ 
lichen betheiligten Vereine an die Mitglieder ge⸗ 
meinschaftlich gegeben werden, was für letztere bei 
AAIanpd. 
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In Lyon wurden von der Polizei in ver⸗ 
zangener Nacht drei Ausländer verhaftet, die vor 
acht Tagen angekommen und unter dem Namen