Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert . 
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22. Jahrg. 
Zum Sedansfeste. 
Fin ewig denkwürdiger Tag isit und bleibt der 
Stptember. Für uns Deutsche ein Tag des 
auterlandischen Stolzes, für unsere Feinde ein Mene 
el, eine Mahnung, in der Weltgeschichte ein 
— bedeutungsvolles Ereigniß. Jahrhunderte 
gen verrauschen, andere Zeiten kommen. solche 
wichtige Marksteine der Geschichte werden sie nicht 
rücken. 
r Siebzehn volle Jahre sind mit dem heutigen 
jage verflossen, seit fich jener gewaltige Ringkampf 
wischen Deulschen und Wälschen vollzog. Die 
llauf verdiente Niederlage der Letzteren hat statt 
et Einsicht und Selbsterkenntniß inzwischen einen 
dachehaß wachgerufen, der um so brennender ge⸗ 
rorden, je mehr die Verwirklichung des Rache⸗ 
ans sich Hindernisse entgegenstellen, je mehr der 
amalß in Blut und Feuer gehärtete Bau des 
euen Reiches sich bewährt. Ohnmächtige Wuth 
aͤhrt und steigert diesen Haß und kaum wird es 
z erspart bleiben, noch einmal zur Abwehr das 
zhwert ziehen zu müssen. 
Eine neue Generation ist inzwischen herange⸗ 
wachsen; in wenigen Jahren führen junge Manner 
e Büchse, die als Saugling in der Wiege lagen, 
ithrend drautzen die Valer Blut und Leben daran- 
zien, den Erbfeind niederzuringen. Möge der 
danstag allen deutschen Jünglingen ein Tag des 
—E 
ir das theure Vaterland, mit williger Berufstreue 
ie schweren Pflichten des Wehrstandes zu erfüllen. 
Und wohl ist dies vonnöthen. Nicht nur im 
hesten lauert der Feind, auch im Osten loht der 
haß gegen das deutsche Reich. So lange es ohn⸗ 
gachtzg zersplittert und im Innern uneinig, der 
spott des Auslandes war, da hatie es keine Neider, 
*war nicht geachtet und. auch nicht gefürchtet. 
zeit den glorreichen Jahren seiner Wiederaufrich⸗ 
ung aber sind ihm Neider entstanden und die 
ihrende Rolle, die es in Europa kraft seiner Macht 
ind seines Ansehens und Dank der Genialität 
einez leitenden Staatmannes übernommen, haben 
naurgemäß diesen Haß, der seine ureigentlichste 
dutzel im Neide hat, nicht ins Gegenihbeil ber. 
ebten können. 
Ader so lange Deutschlund ein „einiges Deutsch⸗ 
mnd' bleidt — und das soll Goit verhüten, daß 
je anders werde — können wir des Hasses, des 
leides und aller Feindschaft lachen und uns mit 
vm Spruche trösten: 
„Viel Feind, viel Ehr!“ 
dingt uns der Haß unserer Nachbarn indeß je 
uen Kampf auf — wir werden ibn mit Gottes 
dilje zu bestehen wissen. 
Der 2. September ist ein Ehrentag für das 
ruche Volk und soll es bleiben. An ihm ge— 
denlen wir ganz besonders der Helden von 1870 
. 71. Kind und Kindes Kinder sollen desgleichen 
hun. Singen und sagen soll man von dem Tag 
m dem ein Sieg erfochten, eine Schlacht gewonnen 
vidleich sich keine andere Nanion ruüͤhmen lann— 
Mögen sie drüben an der Sein— mit Zähne⸗ 
aishon des 2. Sepiembers gedenken, wir haben 
gune Ursache, an dem herrlichen Tag unsferer 
durde Zügel anzulegen. Das Mens tekol aber, 
w mit Flammenschrift am 2. September 1870 
ndie Weltgeschichte eingeschrieben wutde, ist noch 
verloscht, sein Schein dringt auch bis zu 
na. wenn man dor anders die Augen nicht 
sestüehenin. 
Soch Maite unn Neinn 
Deutsches Reich. 
Kaiser Wilhelm wird in den nächsten 
Tagen mit dem Sohne Alexander M. von 
Lußland, dem jetzigen Czaren in Stet— 
in zusammentreffen und wird Fürst Bis— 
narck der Entrevue auch beiwohnen. Es ist 
ein hochwichtiger Akt für die europäische Po⸗ 
litik, der sich in Stettin abspielen wird. 
Berlin, 1. Sept. Die Parade des Garde⸗ 
torps vor dem Kaiser fand bei prachtvollem Wetter 
datt und ist außerst glänzend verlaufen. Der 
Zaiser fuhr, von der Kaiserin, der Prinzessin Wil⸗ 
helm und einer glänzenden Suite gefolgt, worin 
ich der japanesische Prinz Komatsu und die 
remdländischen Militärattachés mit den zum Be⸗ 
uch hier anwesenden britischen Offizieren befanden, 
zuerñ die Front der in zwei Treffen aufgestellten 
Truppen entlang und ließ dieselben dann zwei 
Ral vorüberdelfiliren. Der Kaiser und die Kaiserin 
vurden auf dem Hin veg, sowohl wie auf dem 
Kückweg von der die Straßen füllenden Bevölkerung 
dürmisch begrüßt. 
Berlin, 31. August. Die Nachricht von 
iner bevorstehenden Zusammkunft der Kaiser von 
Deutschland und Rußland haf natürlich in der 
politischen Presse die gebührende Beachtung gefunden. 
Im Wesentlichen bescheidet man sich freilich damit, 
der Köln. Ztg“ die Verantwortung für ihre Mit⸗ 
heilung zu überlassen. Die „Nat. Ztg.“ meint, 
nan dürfe allerdings mit der Eventualirät einer 
Zusammenkunft zwischen unserem Kaiser und dem 
Tzaren rechnen, wenn auch darüber nach den in 
Frage kommenden persönlichen Verhältnissen eine 
ibschließende Bestimmung nicht getroffen sein mag 
und die Hervorhebung von Danzig als Ort der 
Zusammenkunft rein willkürlich erscheine. Nach 
Biener Meldungen soll übrigens nicht Danzig 
ondern Stettin für die Begegnung der Kaiser in 
AIusficht genommen sein, und zwar fügt man hin⸗ 
ju, der Czar werde vom 11. bis zum 12. Sept. 
als Gast des deutschen Kaisers in der Oderstadi 
xerbleiben. Bevor nicht von kompetenter Seite eint 
Bestätigung vorliegt, wird man gleichwohl die Re; 
erve jenen Mittheilungen gegenüber nicht aufgeben 
—X 
Berlin, 31. August. Ueber das Verhältniß 
Deutschlands zu Danemark wird jetzt auch der 
ffizidsen Wiener „Pol. Kor.“ aus Kopenhagen 
jeschrieben, das daänische Kabinet sei im Befitze 
eruhigender Versicherung, daß die deutsche Re⸗ 
zJierung den gegen Dänemark gerichteten Artikeln 
der deutschen Hetzpresse fernstehe. Diese Erklärungen, 
velche in Kopenhagen mit großer Befri edigung auf⸗ 
zjenommen wurden, werden nunmehr seitens der 
jonvernementalen dänischen Presse mit Versicherungen 
eantwortet, daß den Fortifiations · Arbeiten in 
Danemark keine Bedeutung beizumessen sei, an 
velcher man deutscherseits Anstoß nehmen könnte, 
ind daß der dänischen Bevölkerung nicht ferner 
'ege, als eine deutschfeindliche Haltung zu be⸗ 
bachten oder den Gegnern euischlands Veran⸗ 
affung zu Spekulationen auf eine Unterstützung der⸗ 
elben seitens Dänemarks zu geben. 
Berlin, 1. Sept. Der „Reichsanzeiger“ 
neldet: Der Leibarzt des Kronprinzen, Wegner, 
prach fich im Einvernehmen mit Dr. Mackenzie 
ahin aus, daß der Gesundheitszustand des Kron⸗ 
rinzen in der letzten Zeit gute Fortschritte gemacht 
vaße da höchstdessen Allgemeinbefinden vartrefflich 
ist. Die Stimme ist noch heiser. Die Wiederkehr 
von Anschwellungen ist nicht unwahrscheinlich. 
Sie würde zwar die Genesung verzögern, jedoch 
nicht bedenklich erscheinen. Die voͤllige Schonung 
der Stimme und die Vermeidung kalt und feuchter 
Luft find die wichtigsten vorbeugenden Maßregeln 
für nüchste Zeit. 
Die jüngste Meldung über ein Attentat auf den 
TFzaren hat noch immer keine Bestätigung gefunden. 
Nun bringen Londoner Blätter übereinstimmend 
nus Kopenhagen die Mesdung, daß der Czar das 
Zimmer hüte, und den linken Arm in einer Schlinge 
rage. Es wird hinzugefügt, daß Alexander LI. 
Schmerzen in der Schulter und auf der Seereise 
ich eine starke Erkältung zugezogen habe. Die 
Meldung über jenes angebliche Attentat besagte 
jekanntlich, die zweite von dem Attentäter abge⸗ 
chosfene Kugel habe den Rockärmel getroffen. Man 
ann nun, Angeßchts jener Meldung aus Kopen⸗ 
jagen, schwer die Vermuthung unterdrücken, daß 
»as Attentat wirklich stattgefunden und daß der 
Fzar eine leichte Verwundung am Arme davonge⸗ 
ragen hat. 
Bei einem Besuch, den 80 Elfässer, die 
gelegentlich der Katholiken-Versammlung in Trier 
veilten, Herrn Bischof Dr. Korum, ihrem vor⸗ 
naligen Erzpriester abstatteten — es waren auch 
ziele Geiflliche unter den Besuchern — kam. wie 
ver „Post“ aus Trier berichtet wird, Herr Dr. 
dorum auch auf das Verhältniß der Elsasser zu 
Deutschland and zu Frankreich zu sprechen und er⸗ 
nahnte seine Landsleute, sich auf den Standpunkt 
zer gottgewollten Ordnung zu stellen. Die Gewalt, 
velche von der Vorsehung zur Herrschaft berufen 
erscheine, auch von der Vorsehung als mit der Gabe 
dersehen, die Geschicke ihrer neuen Unterthanen in 
zeeigneter Weise zu führen und zu verwalten. 
Paris, 31. Aug. Der Maire don Saint 
Zaudens hat sich nach der Fr. Zig.“ geweigert, 
die zur Mobilisirung einberufenen Reserbdisten im 
sortigen Moͤnchskloster einzuquartiiren, bis ein be⸗ 
onderer Befehl dazu aus Toulouse eintraf. — In 
Tahors brannte heute früh um 4 Uhr die zur 
Aufnahme der Reservisten geräumte Kaserne theil⸗ 
veise ab. — Nach der „France“ ist in Toulouse 
ind Umgebung eine große Menge Deutscher ange⸗ 
ommen, die genau überwacht werden. Selbstver⸗ 
faändlich sind dies lauter Spione!! 
VParis, 1. Sept. In Agen wurde, laut „Fr. 
Ztg.“, ein Pariser Journalist, der Notizen über 
die Mobilifirung sammelte, irrthümlich als Spion 
verhaftet. „Evenement“ verlangt Verschärfung des 
Spionengesetzes, da in Deutschland und Rußland 
diel schärfere Bestimmungen in Kraft seien. 
Sofia, 1. Sept. Von diplomatischer Seite 
eingehende Nachrichten melden, die Pforte acceptire 
die russische Proposition der Entsendung Ernroths 
rach Bulgarien definitid. Heute fand unter dem 
Borsitze des Fursten ein Ministerrath statt, welcher 
ich mit dieser Frage beschäftigte; man ist zu dem 
mnergischsten Widerstand entschlossen. (Frkf. 3.) 
Ausland. 
Lokale und pfaälzische Nachrichten. 
— Die Einmrichtung einer Telephonber— 
zindung der pfalzischen Staädte unter— 
einander und mit den wichtigsten nächsten Plätzen 
schäftiate n A. auch die inasfe Sikniag *82*