Full text: St. Ingberter Anzeiger

Kind. Da aber die Kleider fast gänzlich verbrannt 
waren, so konnte Herr Notar Weil nur noch das 
Kohlen derselben vollends dämpfen. Das Kind 
hat solch schwere Brandwunden davongetragen, daß 
an seinem Aufkommen gezweifelt wird. 
— Neustadt. Der frühere Bürgermeister 
Herr Mad ist nunmehr auch aus dem Stadtrathe 
ausgetreten. 
— Kaiserslautern, 31. Dez. Der 
Stand der Gebäudeversicherung in hiesiger Stadt 
ist folgender: es find dersichert 2570 Haupt; und 
Nebengebäude mit einem Versicherungskapitale von 
23,932,870 Mt. 
— Edenkoben. Das sehr seltene Schauspiel 
eines Mondregenbogez ließ sich vorgestern Abend 
um 9 Uhr beohachten. Bei hellglänzendem Mond⸗ 
lichte zeigte sich der Regenbogen (nicht mit dem 
„Hof“ zu verwechseln) nur oberhalb des Mondes 
in weitem Abstand von letzterem und waren die 
prismatischen Farben alle deutlich und scharf her—⸗ 
vortretend. 
— Otterberg, 1. Jan. Das neue Jahr 
schloß einem müden Wandecer und Buürger, Herrn 
Jakob Glück, Privatier dahier, dem ältesten Mann 
hiesiger Gemeinde, die Augen, um über den Sternen, 
im Jenseits — noch von seinen zahlreichen Freun⸗ 
den und Bekannten unvergeßlich zu bleiben. — 
Sein Leben, das die seltene Höhe von 90 Jahren 
erreichte, war einfach treu, bieder und ehrlich. Wie 
in seiner Familie ein treuer Hausvater, war er 
im ˖Gemeindewesen früher, vom Vertrauen seiner 
Mitkürger erwählt, stets ein zuverlässiges, getreues 
Mitglied, im gesellschaftlichen Leben ein angesehener 
Freund und vor 30 Jahren der erfahrene und be⸗ 
rufstreue Bürgermeister der Stadt! Nun hat der 
Tod — das Loos Aller — ihn von den Beschwer 
den des Alters und Erdenlebens erlöst. Er ruht 
in Frieden. (Pf. Vlksztg.) 
— Weißenburg, 30. Dez. Nicht übel 
In einem der benarchbarten Dörfer macht der — 
als Krämer genannte und Pulververkäufer bekanntt 
— „Büttel“, d. i. Gemeindediener, zum allge⸗ 
meinen Gaudium mit der Schelle die Botschaft 
kund: „Es werd bekannt gemacht, in der Neu⸗ 
johrsnacht soll nit g'schosse werde — wer aber 
Pulver will, kann bei mir kriege!“ 
Vermischtes. 
F Ein Rechenkünstler macht uns über die 
Zahl 1888 folgende interefsante Auseinandersetzung 
„Diese Jahreszahl“, so sagt er, „ist eine besonder? 
auffäliige; daß darin dreimal die Ziffer 8 auftritt, 
ist nicht das merkwürdigste an derselben, das ift 
ja vor tausend Jahren einmal vorgekommen und 
kommt nach abermals tausend Jahren schon wieder 
vor. Ob aber je wieder gleich scharfe Quersummen⸗ 
Verhältnisse, wie bei 1888 in einer spateren Jahres⸗ 
zahl mit drei gleichen Ziffern enthalten sind, mögen 
geduldigere Mathematiker ermitteln. Es verhalien 
fich namlich die Quersummen der beiden Hälften 
18) und (84—8), zur Quersumme der ganzen 
Zahl (14888), wie 91625 oder wie 
3 34—α, oder turzer ausgedruͤckt 
324252. Wir sehen hier also die Quadrate 
der pythagoräischen Zahlen 8, 4, 5 vor uns. 
Mögen diese schneidigen Zahlenverhältnisse für uns 
ein gutes Jahr bedeuten, wir lieben in Deutschland 
ja klare Zahlen über alles. 
T Das Jahr 1888 begrüßt der „Kladderadatsch“ 
in nachstehender hoffnungsvoller und bedeutsamern 
Weise: 
„O neues Jahr, kaum auf die Schwelle 
Trittst du, empfängt dich Jubel schon. 
Willkommen an des alten Stelle, 
Das tiefbeschämt davongeflohn! 
Fort mit dem abgelebten alten, 
Das wenig uns ersprießlich war! 
Du neues, zeige durch dein Schalten 
Dich als ein nicht gemeines Jahr! 
Du findest viel bei uns zu schaffen, 
Was sich nicht leicht vollbringen läßt. 
Die ganze Welt fast starrt von Waffen, 
Zum Kriege rüsten Ost und West. 
Viel ist zu ordnen und zu schlichten, 
Doch guten Muths erachte du 
—A 
Daß du Europa wahrst die Ruh'. 
Nicht draußen nur sei Fried', auch drinnen 
Im Vaterland nach leid'gem Streit! 
daß endlich, neues Jahr, beginnen 
Die Tage der Zufriedenheit! 
Zum Frieden, zur Versoͤhnung lenke 
Das Herz in müden Kämpfers Brust! 
Laß schweigen das Partei⸗Gezänke, 
Das uns vom Leben nimmt die Lust! 
Bedeckt von winterlicher Hülle 
Ist rings umher das Land zu sehn, 
O laß dereinst in goldnec Fülle 
Die neue Saat daraus ersteh'n! 
Erweis dicht auch dem Zecher milde, 
Der einen guten Trunk begehrt! 
Drei Achten führest du im Schilde — 
Wohlan, benimm dich achtenswerth! 
fUnerwartete Belohnungen. Der 
„Sieb. Ztg.“ wird aus Neunkirchen geschrieben: 
Im Sommer kam eine alte Wittwe aus Elberfeld 
zierher zu Besuch und fühlte sich plötzlich auf der 
Straße unwohl. Mit Mühe schleppte sie sich in 
das nächste Haus, wo ihr die Hausfrau schnell 
eine Tasse Kaffee bereitete. Mit der Bemerkung: 
„Das soll Euer Schaden nicht sein“, nahm die 
Frau dann Abschied. Dieser Tage traf nun aus 
kẽlberfeld die Botschaft ein, daß jene alte, kinderlose 
Frau gestorben sei und den Leuten, die sie im 
Sommer erquickt hatten, fast ihr gesammtes Ver 
mögen, nahezu 45,000 Mk., vermacht habe. 
F Malstatt-Burbach, 2. Jan. Von einem 
unerwartet schnellem Tode ist am Neujahrstage 
der hies. hochbetagte Z. itungsbote des „St. Johann⸗ 
Saarbrücker⸗Anzeigers“ ereilt worden. Mit dem 
Umhertragen seines „Zeitungsboten⸗Grußes“ be⸗ 
chäftigt, glitt er auf der Treppe eines am Krin⸗ 
zelsberg belegenen Hauses aus und verletzte sich 
abei derart, daß er nach wenigen Stunden seinen 
Beist aufgab. Das Schicksal des alten biederen 
Nannes, der in seinem Amte eine rege Pünktlich⸗ 
deit an den Tag legte, wird allgemein getheilt. 
F Völklingen, 31. Dez. Gestern Nach⸗ 
nittag um 5 Uhr verunglückte ein junger Arbeiter 
nus Warpingen, welcher bei einer Firma aus West⸗ 
alen, die den Aufzug und Brücke des neuen Hoch⸗ 
fens hiesiger Hütte hergestellt, dadurch, daß eine 
schwere Eisenplatte von der Aufzugsbrücke auf den 
Mann herunterfiel und ihn sofort tödtete. (S. 3) 
F München, 31. Dez. Das Ritterkreuz 
des Verdienstordens der bayerischen Krone wurde 
dem Senatspräsidenten des Reichsgerichts in Leip⸗ 
zig Hocheder und Professor Marquardsen in Er—⸗ 
langen verliehen. 
7 München, 2. Jan. Die Polizeidirektion 
hat den mehrfach genannten Zeitungsunternehmer 
Morgenstern aus München ausgewiesen und bei 
dem Ministerium beantragt, ihn aus dem ganzen 
stönigreich auszuweisen. 
F Muünchen. Der hiesige Magistrat hat den 
Saal im noͤrdlichen Schrannenpavillon hier auf 
Montag den 16. Januar zur Vornahme der 
Zwieseler Ziehung an die Kirchenverwaltung Zwiesel 
abgetreten. 
F Würzburg. Wie aus New⸗NYork gemeldet 
wird, ist in Wausau (Wisconsin) der vor mehreren 
Jahren von hier dorthin ausgewanderte Arbeiter 
sarl Honikel bei dem Brande seines Hauses sammt 
seinen fünf Kindern um's Leben gekommen. Seine 
gleichfalls schwer verletzte Frau wurde wahnfinnig, 
als man sie von dem Schichsal ihrer Angehörigen 
benachrichtigte. Der Brand war angelegt. 
F Zwiesel. Die vom Kgl. Ministerium zur 
Deponirung der Loose und Gelder der Zwieseler 
Lotterie aufgestellte Bayer. Hypoth.- u. Wechselbanl 
in München hat am 30. Dez. bestätigt, daß sämmt⸗ 
liche 150,000 Loose der II. kathol. Kirchenbau⸗ 
Lotterie Zwiesel entnommen und die dom Kgl. 
Staatsministerium des Innern vorgeschriebenen 
Summen vollständig sicher gestellt sind. Der Zwie 
seler Gewinnziehung am Montag den 16. Januar 
steht daher nichts im Wege. Die Abschrift dieser 
Bankerklärung liegt zur Zeit bei den Loosverkauf⸗ 
stellen zur Einficht auf. 
F Die feste Einhaltung eines Ziehungstages 
oͤrdert die Lotterien am meisten. Das sieht man 
nun wieder bei der Zwieseler Lotterie, die den 
äußerften vom Ministerium vorgeschriebenen Termin 
sofort auch als Ziehungstag ansetzte. Die Nach⸗ 
jrage nach Zwieseler Loosen ist dadurch eine sehr 
lebhafte und wurden in hiesigen Agenturen bereitd 
mehr Zwieseler Loose verkauft, als von irgend 
einer anderen Lotterie. 
F Berlin, 30. Dez. Einem Provinzialen isi 
hier seine Brieftasche mit einem Vermogen ent⸗ 
wendet worden. Dieselbe enthielt 10 bis 11 Hundert 
markscheine, einen Koupon über 20 Mk., einen 
Fünfmarkschein, eine Feuerpolice über 20,688 Mk. 
eine Lebenspolice über 10,000 Mk., eine Zucker. 
fabrik⸗Aktie über 1000 Mk. und drei Wechsel über 
720, 1500 und 2000 Mk. 
7 Berlin. Welche Früchte die Kriegefurcht 
in den Grenzgebieten zu zeitigen vermag, zeigt 
folgender Bericht aus der Provinz Schlesien über 
die Stimmung dort, besonders aber in den gegen 
Rußland gelegenen und hervorragend in den suüd— 
»stlichen, zugleich Rußland und Galizien nahen 
Bezirken, den wir in der ‚Nationalzeitung“ finden. 
„Die Gewerbetreibenden“, heißt es dort, „scheuer 
vor jeder in ihrem Ziel über die nächsten Wochen. 
ja, fast möchte man sagen, Tage hinausgehenden 
Entschließung zurück und in Kreisen wie Beuthen, 
attowitz und Pleß will man vom Vertrauen auf 
die Bestaäͤndigkeit des Friedens nichts, gar nicht 
wissen. Die Beunruhigung ist tiefgehend und all⸗ 
gemein. Gerade im Interesse dieser durch ihre 
geographische Lage so sehr unguünstig gestellten 
Provinz wäre eine baldige volle Klärung der Lage 
dringend zu wünschen. Wir vermögen aber leider 
nicht, an das nahe Eintreffen derselben zu glauben.“ 
Der Glaube findet sich hoffentlich jetzt recht bald 
und führt wieder die Beruhigung herbei. 
Das weeche D. In Leipzig wurde kürzlich 
ein glücklicher Familienvater durch die Geburt einen 
vierten Töchterchens erfreut. Beim Ausfullen des 
standesamtlichen Formulars gerieth er bezüglich de 
Namens in Verlegenheit. Sein anwesender Onke 
befreite ihn aus dieser wie folgt: „Weeßte wat 
nei lieber Heinrich? Bleib Du ruhig beim A. B.C 
Das erschte Mädel heeßt Alma, das zweete Bertha 
das dritte Clara“ — „na, da würde ich's viert⸗ 
Madel, Deekla“ doofen lassen.“ 
F In dem württembergischen Markifleden 
önigswald applizirte der Lehrer, ein Amis⸗ 
oerweser, einem 12jährigen Knaben als Strafe fu 
seine Unaufmerksamkeit zwei Tatzen; auf seiner 
Platß zurückgekehrt, fiel der Knabe, ein sonst fleißiger 
talentvoller Schüler, sofort um und war todt. Dem 
zufällig im Schulhause anwesenden Arzt, welcher 
s'ofort gerufen wurde, blieb nichts übrig, als die 
traurige Thatsache zu bestätigen. Die sofort einge⸗ 
leitete Untersuchung ergab keinen Anhaltspunlt 
dafür, daß der Lehrer sein Zuchtigungsrecht über⸗ 
schritten, noch weniger aber die aufs Peinlichfle 
voslzogene Sektion des Leichnams ein Symptom 
das auf eine andere Todesursache schließen ließe. 
FLuxemburg. Wie ein glückliches Idyl 
inmitten des waffenstarrenden Heldengesangs vor 
der Militärlast der großen Staaten lesen sich di 
Darlegungen üder die luxemburgische Militärmacht 
welche der Staatsminister Thilges in der Kammer- 
—IIOV 
heißt es woͤrtlich: Gleich nach dem Votum det 
Besetzes von 1885 habe ich den Bestand der Gen 
darmerie um 10 Mann vermehrt. Von dent 
bewilligten Pferden habe ich jetzt nur 2 angeschafft; 
für die 4 anderen erst das Sattelzeug. Nöthigen⸗ 
falls sind ja 4 Pferde bei irgend einem Pferde⸗ 
jändler schnell gekauft. Man hat von Maßregeln 
gesprochen, welche im Kriegsfall u. s. w. zu treffen 
wären. Unser dreihundert Mann starkes Korpte 
zenügt allen Auforderungen. Die bewaffnete Mach 
besitzt ausgezeichnete Waffen, vermittelst deren un— 
sere 300 Mann in einer Minute bis an die 2000 
Schüsse abgeben. Bei solchen Umständen wär— 
auch eine Abtheilung von nur 28 Mann gegen ein 
große Uebeizahl Meuterer stark genug. Dazu be⸗ 
itzen unsere Gendarmen noch ihre Revolber. Ein⸗ 
zroße Truppenverstärkung wird also nicht nöthig 
sein, obschon uns das Gesetz diese um 50 —80 
Mann erlaubt. Eine Berstärkung von 30— 40 
Mann hatte übrigens während der Wirren in Bel⸗ 
aien stattgefunden. 
FParis, 831. Dez. Zufolge aus China 
—XXXVVV 
in Amoy eine Pulvermühle mit 40000 Kilt 
Pulver. Viele Menschen wurden geloͤdtet und ein 
ganzer Stadttheil zerstört. 
fParis. Das Elisee bietet seit dem Einzug 
des neuen Präsidenten einen lebhafteren Anblis 
als unter Grevy dar. Die Repräsentation Grevye 
beschränkte sich auf zwei Balle und drei offiziellt 
Diners, wofür er 300,000 Franken einschob. Sadi 
Carnot wird jeden Donnerstag ein Diner geben, 
wozu der Reihe nach Einladungen erfolgen werden. 
Bei den Einladungen werden nicht allein Diplo— 
matie und Politik, sondern auch Wissenschaft, Kunf 
und Literatur berücksichtigt werden. An diese Dinert 
werden sich Concerte und Baͤlle mit besonderer