Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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r,‚t⸗ Zugterter Argige erscheint wochentlich fünfmalz Am Montag, Dienstag, Donnerstag Samstag und Sonutagz2 mal woͤchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
u unmd Sonniags mit ach seitiger ill ustrirter eee Das vBlatt bostet vierteljahrlich1 As vnschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 175 einschlie ßlich 
J Zufellungsgebuhr. Die Errngenerhr fur die Igespaltene Garmondzeile oder eren RKaum beirägt bei Inseraten aus der Pfalz 10 H, bei außerpfalzischen und lolchen 
An welche die Ervedition Auskunft ertheilt, 15 AReklamen 80 4. Vei Amaliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
23. Jahrg. 
um Z65 
Sonntag, 25. März 1888. 
Deutsches Reich. 
qu München, 21. Marz. ( Kammer der Reichs⸗ 
— Der pfälz. Hypothekengesetzentwurf wird 
de. Ausschusse zur Vorberaihung überwiesen. 
ser Gesetzentwurf betr. die Ausführung des Reichs⸗ 
jetes vom 15. Mai 1886 über die Unfall ˖ und 
nankenversicherung der lande und forstwirthschaft ⸗ 
Ahihen Arbeiter wird ohne Debatte nach den Be⸗ 
chlüssen der Abgeordneten ⸗ Kammer einstimmig 
sugenommen. — Den Rückäußerungen der Abge⸗ 
vihorduete nlammer über die Modifikationsbeschlüsse 
italtzum Korgesetze der Zuchtstiere wird nach laͤngerer 
ge Debalte in namentlicher Abstimmung mit 26 gegen 
un17 Stimmen zugestimmt. 
in München, 22. Marz. Der Landtag be⸗ 
g willigte 1,000,000 Mk. für die theilweise Deckung 
uͤn der Kosten des neuen Justizzebäudes in München, 
eenl4,876 Mi. für Wiedererrichtung des Bezirksamtes 
Wegscheid und Teuschnitz, 73.000 Mk. für den 
Neubau der hrotestantischen Pfarrkirche in Bischofs— 
zrun. 
s Muünchen, 22. März. Das hbeute ausge⸗ 
gebene „Militär-Verordnungsblatt“ enthält folgen⸗ 
zühhen Armeebefehl: Heute, am Geburtstage 
im veiland Sr. Maj. des deutschen Kaisers Wil⸗ 
olhelm, Königs von Preußen, bestimme Ich, daß 
dos 6. Infanterie-Regiment fur alle Zeiten 
Si⸗e Benennung: „Kaiser Wilhelm, König 
uden Preußen“, zu führen habe, damit der glor⸗ 
teche Name des höchstseligen Kaisers in der hayer⸗ 
ischen Armee fortlebe. (gez.) Luitpold, Prinz-Regent 
s von Bayern. In Vertretung: Leopold, Prinz von 
JBayern, General der Kavallerie.“ — Wie die „N. 
P.“ vernehmen, beabsichtict Se. k. Hoheit der 
Prinz-Regent, aus eügenen Mittehn ein 
denkmal für die Großthaten der Feld⸗ 
sugsjahre 187071 in der Feldherrnballe er— 
cichten zu lassen. 
Muünchen, 28. Marz. Gestern Abend fand 
in von sämmtlichen Vereinen und Corporationen 
veranstalteter Fackelzug statt, der vor dem am 
Siegesthor errichteten Trauerkatafalk eine ergreifende 
Trauerfeier abhielt und dann dem Prinz-⸗Regenten 
vor der Residenz seine Huldigung darbrachte. 
Darmstadt, 28. März. Durch Verfügung 
des Kreisamtes ist die Dienstags- und Mittwochs— 
nummer der dahier erscheinenden sozialdemokratischen 
„Hessischen Bürgerzeitung“ und zugleich das fer⸗ 
nere Erscheinen dieses Blattes verboten worden. 
Der Reichstag hat bereits am Dienstag seine 
Session deendei, nachdem er vor seinem Schlusse 
noch die kaiserliche Botschaft bezüglich des Thron⸗ 
wechsels entgegengenommen und dieselbe durch eine 
Dankes⸗ und Huldigungsadresse von Kaiser Friedrich 
deantwortet hatte. 
Berlin, 22. Maärz. Der Kaiser hat eine 
cecht gute Nacht verbracht und wohnte dem um 
11 Uhr in der Schloßkapelle zu Charlottenbuig 
stattgehabten Gottesdienst, der etwa *« Stunden 
währte, in einem Sesselibis zum Schluß bei. Dem 
„B. T.“ geht eine Mittheilung zu, wonach der 
kaiser seit vorgestern fast ganz frei von Husten 
n Auswurf ist. Auch Professor v. Bergmann 
oll den jetzigen Zustand und die Aussichten für 
die nächste Zukunft günstiger auffassen als in San 
Remo, obwohl er an seiner Ansicht uͤber den Grund 
der Krankheit festhält. Mackenzie soll, wie der 
„Nowoje Wremja“ aus Berlin gemeldet worden ist, 
die feste Zuversicht hegen, das Leben des Kaisers 
viele Jahre erhalten zu können. 
Berlin, 22. Mörz. Wie die „Freis. Ztq.“ 
don zuverlässiger Seite erfährt, ist ein Amnestieer⸗ 
aß in Vorbereitung begriffen. Es scheint aber, 
daß zum Zweck der Abgrenzung des Erlasses im 
Finzelnen noch umfassende Erhebungen stattfinden. 
Aus mehreren Orten wird gemeldet, daß in Er⸗ 
wartung des Erlasses vorläufige Entlassungen aus 
dem Gefängniß bereits stattgefunden haben. Man 
imimt an, daß in den Hauptzügen die Grundlagen 
des Amnestieerlasses bereits am vorigen Sonntag 
bei dem Vortrag des Justizministers in Charlotten⸗ 
zurg festgestellt worden sind. 
Berlin, 23. März. Die Adresse des Ab · 
geordnetenhauses wurde gestern durch Vermittlung 
des Hofmarschallamts dem Kaiser übergeben, da 
cine Audienz zur Zeit nicht stattfinden konnte. 
Berlin, 28. Marz. Für heute Nachmittag 
st eine Sitzung des Staatsministeriums unler dem 
Vorsitz des Kaisers im Schloß Charlottenburg in 
Aussicht genommen. Wahrscheinlich dürfte in der⸗ 
elben die Vereidigung der Minister statifinden. 
Ausland. 
Seit Donnerstag halten die österreichischen 
und ungarischen Minister in Wien Con⸗ 
erenzen ab, um sich über die Summen zu verstän⸗ 
zigen, welche die Doppelmonarchie über den Etat 
zinaus für außerordentliche mililärische Zwecke auf⸗ 
Denden will. In den Wiener Zeitungen spricht 
nan von 30, in den Budapester Blättern aber von 
30 Millionen Gulden zu diesem Zwecke. 
In den maßgebenden Kreisen des englischen 
Parlaments spricht sich doch mehr und mehr 
e Ueberzeugung durch, daß die Gesetzgebung zur 
Milderung der irischen Frage weitere Schritie thun 
nüsse. Der Antrag des Führers der Irländer, 
Mr. Parnell, im Unterhause zur Reform des 
rischen Bodengesehes, daß die rückständigen Pacht⸗ 
gelder erlassen und den Gutsherren verboten werden 
solle, saumige Pächter aus dem Pachtverhältniß zu 
entlassen, wurde narürlich nicht angenommen, wohl 
aber wurde der Antrag Williams genehmigt, wo⸗ 
nach bei der Aenderung des Bodengesetzes auf die 
dage der Pächter möglichste Rücksicht genommen 
verden soll. 
Pfalzisches Schwurgericht. 
1. Quartal 1888. 
Zweibrücken, 20. März. Anklage gegen 
Phil. Teutsch, 19 Jahre alt, Blechschmied von 
Fdenkoben, wegen Körperverletzung mit nach⸗ 
Jefolgtem Tode. Vertreter der Staatsbehörde: 
rittec Staatsanwalt Meyer: Vertbeidiger Rechts⸗ 
anwalt Schuletr. 
In Edenkoben zechten am 16. Janunr J. Is. 
mehrere junge Burschen in der Klein'schen Wirth⸗ 
schaft und, anstatt zu arbeiten, belustigten sie sich 
auf der Kegelbahn. Es war an einem Montage. 
Rach einer kleinen Keilerei zog ein Theil derselben 
in die Hurtig'sche Wirthschaft. Auf dem Wege da⸗ 
din begegneten sie dem nunmehe verstorbenen Kast, 
velcher erklärte, bald nachzukommen. Nach kurzer 
Zeit fand er sich auch in der Wirthschaft ein, wo 
nan ihm von der bei Klein stattgefundenen Schlägerei 
rzaͤhlte. Der Angeklagte war damals auf den 
Boden geworfen worden. Kast stand mit dem 
Teutsch nicht auf bestem Fuße, es kam zu Sticheleien, 
Schimpfertien und schließlich zu Thätlichkeiten, bei 
denen außer dem Verlebten und dem heutigen An— 
geklagten noch der Eine oder der Andere betheiligt 
waren. Teuisch verließ um 10 Uhr etwa das 
Wirthshaus. Kast ging mit einem Kameraden auch 
„ald darauf fort, um nach Hause zu gehen. Auf 
)em Wege irafen sie den Teulsch wieder: Kast und 
Teutsch geriethen wieder aneinander. Kast hatte 
einen Blechhammer und schlug denselben mindestens 
weimal auf den Kopf des heutigen Angeklagten. 
Dieser taumelte zurück, zog sofort ein Messer und 
sieß dem Kast von unten nach oben in die linke 
Brustseite. Der Stich hatte die Brustwand durch⸗ 
rungen und das Herz durchstochen, wodurch der 
Tod des Gestochenen veranlaßt wurde, der auch 
—XVV 
Der Angeklagte gibt zu, daß er den tödtlichen 
Stich geführt habe, allein er sei vorher mit dem 
Blechhammer geschlagen worden. 
Der Staalsanwalt schildert den Hergang des 
Verbrechens und plaidirt auf eine Verurtheilung. 
ẽkr gebe zwar zu, daß der Angeklagte nach den 
hocgegangenen Vorfällen gereizt war, allein ein 
Mensch. der so mit dem Messer umgehe, verdiene 
leine Rachsicht und Schonung. Die Schläge mit 
dem Blechhammer (kleiner Hammer von Holz), 
welche dem Angeklagten von Kast beigebracht wor⸗ 
den seien', wären keinesfalls so schlimmer Natur 
zewesen. 
Der Vertheidiger machte in längerer Aus⸗ 
ührung Nothwehr geltend. Es sei nicht nach⸗ 
jewiesen, wer den Streit auf der Straße begongen 
Jabe, es stehe aber fest, daß Teuisch von Kast ge⸗ 
chlagen wurde. Zu seiner Vertheidigung habe er 
zum Messer gegriffen und habe leider den unglüdck— 
ichen Streich gethan. Man könne ihm vielleicht 
zorwerfen, er sei zu weit gegangen und habe die 
stothwehr überschriiten, allein sein Klient habe in 
Bestürzung und Schrecken gehandelt und sei deshalb 
iraflos. Mildernde Umstände seien aber sicherlich 
gegeben. Reumüthig habe er seine That eingestanden, 
velche auf seinem Gewissen lastet; schwer leide er 
darunter — ein Zeichen, daß er kein verworfener 
Mensch sei. Er bdesitze einen guten Leumund und 
hätte fleißig gearbeitet. 
Die Geschworenen bejahten die Schuldfrage 
inter Annahme mildernder Umstände. Obmann 
var Herr Hahn. Der Gerichtshof verurtheilte den 
Angeklagten, wie bereits miigetheilt, zu einer Ge⸗ 
jängnißstrafe von drei Jahren. 
Mit dieser Verhandlung wurden die Sitzungen 
des ersten Vierteljahres 1888 abgeschlsssen, in dem 
schwere Straffälle zur Abhandlung kamen. Unter 
11 Fällen wurden vier Verbrechen abgeurtheilt, 
die ein Menschenleben zum Opfer forderten, was 
im so betrübender ist, als die Pfalz nach 
Jatistischer Zusammenstellung eine relativ große 
Anzahl derartiger Delikte aufzuweisen hat. 
Nach Abschluß der Verhandlung Teutsch ent⸗ 
ieß der Herr Vorsitzende des Schwurgerichts die 
herren Geschworenen mit einer kurzen Ansprache, 
n der er betonte, daß fie mit gewissenhaftem Fleiß 
ind Ausdauer und mit größter Aufmerksamkeit der 
VBerhandlung gefolgt seien; er wunsche ihnen eine 
Jüückliche Reise in ihre Heimath, in die sie mit 
dem Bewußtsein treuester Pflichterfüllung zurück. 
kehren könnten. Schluß 5 Uhr Nachmittaas. 
Statistil. Im Ganzen wurde erkannt auf 
Zuchthaus in der Dauer von 22 Jahren in vier 
Fällen. Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte 
in der Dauer von 28 Jahren in drei Fällen; 
auf Gefängniß zusammen 11140 Jahre. In drei 
Lokale und pfaͤlzische Nachrichten. 
x* St. Ingbert, 24. März. In Ergänzung 
des Berichtes über den in der hiesigen katholischen 
Zirche am verflossenen Miitwoch abgehaltenen