Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
i gugderter Anzeiger erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage. 2 mal wöochentlich mit Unterhaltungs-Slatt und Mittwochs und Samsiags mi 
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ickungsge eren Raum betragi bei Inseraten aus der io Abei außervpfalzischen und solchen auf welche die Srvedition 
9 ehee en is ekiamen 80 4. Bei 4maliger Einruckuna wird nur ee fwelch 
— — 
—159. 
Dienstag, 24. Juli 1888. 
2. Jahrg 
sie Gemeindeverwaltungen und 
die Altersversicherung. 
3P 0. Die Ausführung der Altersversicherung 
ud die Arbeitslast der Gemeindeverwaltungen in 
geringem Grade erhöhen. Nicht entfernt kann 
n dem großen Umfange dieser neu zuwachsenden 
sheit jene verglichen werden, welche für 
Gemeindebehoͤrden durch die Unfallverficherung, 
selhst mit der vollständigen Durchführung der 
anlenversicherung bereits entstanden ist. 
Un eine ungefähre Vorstellung des den — 
imnde und Orispolizeie Behörden neu zuwachsenden 
treibwerks zu ermözlichen, wollen wic hier die 
esen den zufallenden Obliegenheiten kurz zu⸗ 
mmenfossen. 
der Verficherungszwang wird ausgedehnt auf 
uͤrbeiter, Gesellen, Lehrlinge, Gesinde, männ⸗ 
den und weiblichen Geschlechts im Alter von über 
dahren. Dies sind mindestens zwölf Millio⸗ 
in Personen, mehr als der vierte 
theii der Bevölkerung des deutschen 
zaichz. Der Bundesrath kann diese Versicherung 
ach noch ausdehnen auf die Meister in der Haus- 
uͤsttie und solche Meister, welche nicht regelmaͤßig 
nühstens einen Arbeiter beschäftigen. 
die Arbeitgeber sind bei Strafe verpflichtet, 
tuder zu wachen, daß jeder bei ihnen beschäftigte 
heiler ein Quittungsbuch besitzt, in welches al- 
adentlich die betr. Quittungsmarken (14 oder 
pfg.) einzukleben sind. Die Gemeindebehörde 
ie Nachweisungen über die Zahl der Arbeiter 
vderlangen, und das Vorhandensein der Quittungs⸗ 
chher zu kontroliren und zwar nicht blos bei den 
ibeilern der Greßindustriellen, sondern auch bei 
chenigen der Kleinmeister, bei dem Hausgesinde, 
vorübergehend im Ort beschäftigten Personen 
zeitweise zur Arbeit Herangezogenen u. s. w. 
ie Gemeindebehörde hat Streitigkeiten zu en 
seiden, wer Arbeiter und Arbeitgeber im Siune 
q Gesetzes ist; auch Arbeiter, welche täglich die 
deitgeber wechseln (wie Raheriunen, Wascherinnen 
fallen unter dieses Gesetz. 
Für zwölf Millionen Personen haben die Ge— 
rendebehörden hienach Quittungsbücher auszustellen 
ein Quittungsbuch mit Marken ausgefüllt so 
wdem Arbeiter ein neues Buch aus —3* in 
xlches die Gemeindebehörde das —8* aus dem 
usefüüllten Buche zu übertragen hat. Auch wenn 
Ien deum und vernichtet ist, hat die Orts⸗ 
ne i 
— — 
ues mindestens fünfzehn Jahre hind 88 * 
chren. Jede Behörde wird *8* I 
ne Archiv zu verwalten d heneg vrusmn 
als der Ort Cinwohner —*8— u 
un des Gerntzen des Arbeiters und 
— —— 
an pees r Die Or ehdr e 
ainenne nittungs üchern eine abgeleistete 
** g sowie eine langere Krankheitsdauer 
nden 8 aus bei Verlust von solchen Büchern 
n — er den Inhalt derselben auszu⸗ 
—5 anne nun noch die Geschäfte, 
dn ie ets behoͤrden aus dem Einkleben 
ainse —88 Sie hat solche Marken zu 
—8 ei zu entsheiden welcher Ar⸗ 
asene et ist, solche Marken einzukleben; 
vnie ntwerthung der eingeklebten Marken 
annne Mißbrauch von Markendüchern zu 
er arbeitslos gewesen ist, kann für 
iese Zeit das Einkleben und Entwerthen der Marken 
ei der Ortsbehörde beantragen. — 
Hiezu kommen nun noch die Rentenansprüche 
der Ärbeiter. Der Antrag auf Gewährung einer 
Alters⸗ oder Invaliditätsrente ist bei der Orts behörde 
u stellen. Diese hat den Antrag zu prüfen und 
u begutachten, insbesondere auch die Erhebungen 
sber die Invalidität zu veranlassen. Die Oritsbe⸗ 
Jörde hat nach Anetkennang derselden die Höhe 
es Rentenanspruchs (zwischen 120 und 250 Mk.) 
us den Marlen und Attesten der Quittungsbücher 
u berechnen, wobei alle Ungenauigkeiten und Un⸗ 
larheiten zum Vorschein kommen und durch that⸗ 
ächliche Erhebungen berichtigt werden müssen. Ist 
er Invaliditätsanspruch vorhanden, so hat die 
Irtsbehoörde darüber zu wachen, ob die personlichen 
Zerhältnisse des Inbaliden sich nicht ändern und 
emselben wieder die Moglichkeit gewähren, fich 
snen Verdienst von jährlich 120 Mk. zu verschaffen. 
luch hier giebt es wieder Beglaubigungen, Quitt- 
ingen ⁊c. ꝛ⁊c. auszufertigen, welche Arbeit bei einem 
deer von Indaliden, deren Zahl auf dreiviertel 
Hillionen Köpfe angenommen wird, gewiß keine 
u unterschätzende Arbeitslast ergibt. 
Es dürfte anzunehmen sein, daß neben der 
leberwachung über Innehaltung der Vorschriften 
—ä— Einflüsse auf die Arbeiter 
ur eine Gemeinde von 10,000 Einwohnern durch 
ie Ortsbehörde etwa 2500 bis 3000 laufende 
Quittungsbücher in Ordnung zu erhalten und etwa 
50 Inbdaliden zu überwachen sind. Mit der Größe 
der Gemeinde wachsen die Schwierigkeiten, ebenso 
nit der größeren Beweglichkeit, dem Ab⸗ und Zu⸗ 
roͤmen der Arbeiterbevölkerung. Die Gemeindebe— 
jörden erhalten für Uebernahme dieser Arbeitern 
einerlei Entschädigung, es sei denn, daß durch Ab⸗ 
endung von Beamten, Ladung von Zeugen u. s. 
q. haare Auslagen entstehen. 
Deutsches Reich. 
Berlin, 23. Juli. Die „Nordd. Allgem. 
zeitung“ bespricht heute einen Artikel der Pariser 
Aulorité“, in welchem behauptet wurde, daß Graf 
zismarck nach der Petersburger Zusammenktunst 
jach Paris gehen und dort die Abrustung verlangen 
vürde, und in dem als Gewähr für die Richtigkeit 
ieser Nachricht die „Frankfurter Zeitung“ ange- 
uhrt war, und sagt: Der Gedanke, daß Deuisch⸗ 
ind sich wegen der Abrustung in Paris bemühen 
ollte, sei ein so insipider, daß er wirklich nur auf 
ruder in der Politik berechnet sein könne. 
Berlin, 28. Juli. Aus hiesigen italienischen 
gotschaftskreisen verlautet, daß die plötzliche Rück- 
ehr des italienischen Hofes nach Monza durch ein 
Anwohlsein des Königs veranlaßt sei. König 
humbert hatte einen schwindelartigen Anfall, der 
cine Umgebung in lebhafte Besorgniß versetzte. 
deueren Verichten zufolge geht es dem Koͤnige ent⸗ 
chieden besser, sodaß die von seinen Angehoͤrigen 
ehegten Besorgnisse glucklicherweise übertrieben zu 
ein scheinen. 
Ausland. 
“Einer der hervorragendsten österreichischen 
Militairs, Feldzeugmeister v. Kuhn, Lan⸗ 
eecommandirender in Steiermark, ist durch kaiser⸗ 
iches Handschreiben in den disponibeln Ruhestand 
yersetzt worden. Das kaiserliche Handschreiben 
nüpft an das funfzigjährige militärische Dienstju⸗ 
ilaäum des Feldzeugmeister an, gedenlt in schmeichel⸗ 
zaftester Weise seines erfolgreichen Wirklens und 
»merkt, daß die neue Armee- Organisanon auch 
ine Neubesetzung der höchsten Commandostellen er 
seische. Feldzeugmeister v. Kuhn, welcher in diesen 
Tagen sein 71. Lebensjahr vollendete, nahm an 
ʒen Kämpfen der österreichischen Armee in Italien 
ind Ungarn während der Jahre 1848 und 1849 
ils Generalstabsoffizier Theil, war im Kriege von 
1859 Generalstabschef des unfähigen osterreichischen 
Sberstcommandirenden, v. Gyulay, und bekämpfte 
866 als dandescommandirender von Tyrol fieg⸗ 
ꝛeich die Freischaaren Garibaldis. Von 1868 bis 
874 bekleidete v. Kuhn, unterdessen zum Feldzeug⸗ 
neister ernannt, den Posten des Reichskriegsminifters, 
n welcher Stellung er besonders für die Ausbild⸗ 
ung der österreichischen Landwehr wirkte. Nach 
seiner Erseßung durch Generalv. Koller übernahm 
d. Kuhn das Commando in Graz. 
Beüfsel, 28. Juli. Staatsminister Graf 
derberivonBismariwird anfangs August 
in Ostende eintreffen. 
Paris, 28. Juli. Präsident Carnot wraf 
jestern Mittag 4 Uhr in Valence ein. Bei der 
Vorstellung der Geistlichkeit hielt der 
gischof eine Ansprache, worin er erklärte, daß die 
Zeisilichkeit zu jedem Opfer für die Ehre und das 
Wohl Frankreichs bereit sei. Er gab dann seiner 
Achiung für die Verfassung Ausdruck und fügte 
bei, die Geistlichkeit würde sich glücklich schätzen, 
wenn die Regierung ihr mehr Freiheiten gewähren 
pucde. Carudt erwiederte, die Regierung verfolge 
siberall den Grundsatz der Duldsamkeit in ausge— 
ehntester Weise. 
Paris, 23. Juli. Bei der Deputirtenwahl 
m Ddepartement der Ardeche erhielt Beaussier (Op⸗ 
portunist) 36,8381, Boulanger 19,835 Stimmen. 
Zeaussier's Wahl ist gefichert. 
Paris, 28. Juli. Die Niederlage Boulangers 
hei der Wahl in der Ardeche macht großes Auf⸗ 
sehen. Man glaubte zwar in den letzten Tagen 
aicht mehr daran, daß er gewählt werde, hatte aber 
och nicht erwartet, daß er so wenige Stimmen 
rhallen würde. Man versichert, Boulanger selbst 
habe dieser Schlag so getroffen, daß sein Zustand 
ich wieder verschlimmert habe, im übrigen aber 
Jeben seine Freunde hervor, er gebe seine Sache 
ineswegs verloren und erkläre seine Niederlage 
aus seiner Abwesenheit. Boulanger werde daher 
seine Kandidatur für das Seinedepartement, wo 
im 19. September Nachwahlen stattfinden, aber⸗ 
nals aufstellen, und wenn et auch nicht gewählt 
verde, so werde er doch fortfahren, als Kandidat 
aufzutreten, um für die allgemeinen Wahlen eine 
Nauonalpartei zu bilden. 
KrasnojeSelo, 28. Juli. Kaiser Alex⸗ 
ander hat heule im Palais Alexandria den Staats⸗ 
ecreiat· Grafen Bismarck in einer Audienz em⸗ 
fangen, welche 194 Stunde dauerte, worauf Graf 
Bismarck den Alexander · Newski · Orden in Brillanten 
erhielt. Minister v. Giers erhielt die Brillanten 
um Schwarzen Adler⸗ Orden, Kriegsminister Van⸗ 
Dwel das Großkreuz des Roten Adler⸗ Ordens, 
Anterstaatssecretär Vlangali den Roten Adler⸗Orden 
.glasse. Kaiser Wilhelm hat der Koͤnigin Olga 
jon Griechenland, der Großfürstin Olga (Tochter 
)es Zaren) und der Prinzessin Olga von Olden⸗ 
urg. welche heute Namenstage feierten. Blumen⸗ 
träuße zugesandt. 
Lokale und pfalzische Nachrichten. 
Si. Ingbert, 24. Juli. Vor einigen 
Tagen wurde durch die Schelle bekannt gegeben, 
aß die Schweineherde bis auf Weiteres nicht aus⸗