Full text: St. Ingberter Anzeiger

welche als notwendig zur Ausübung des Berufs 
für die Arbeiterin nicht entbehrlich sind. 
*— Ein Wechsel „auf Sicht“ (nd. h. ein 
Wechsel, in welchem Zahlung „auf Sicht“, „bei 
Sicht“ versprochen ist), in welchem an einer anderen 
Stelle Zahlung zurVerfallzeit ,ohne vorherige Präsen⸗ 
tation“ versprochen worden, erzeugt nach einem 
Urteil des Reichsgerichts keine wechselmäßige Ver— 
bindlichkeit, 
) Mittelbexbach, 16. Okl. Gestern 
den 15. Oklober, kam die Kapelle Lebeth aus 
Böhmen auf ihrer Reise in unsern Ort. Dieselbe 
gab Abends 8 Uhr im Saale des Herrn Bade ein 
Tonzert. Das Programm war ein sehr reichhaltiges 
und wurden alle Stücke sehr gut ausgeführt, nur 
war der Besuch leider kein zu großer. 
— Der Siadtrath von Kaiserslautern 
hat beschlossen, das Krankengeld für Kranken im 
Hospital von 2 Mk. 50 Pfg. bro Kopf und Tag 
auf 2 Mk. 20 Pfg. herabzusetzen. 
— Oberssimten. Beim Pflügen eines 
Ackers in der Nähe der Kreuzgasse fand der Ackerer 
Schin von hier kürzlich zweiKanonenkugeln, welche noch 
geladen waren, im Gewichte von je 24 Pfund, und 
noch eine Anzahl kleinerer Kugeln vons Pfund. Die- 
selben dürften aus dem französischen Kriege 1798 
stammen, also beinahe 100 Jahre in der Erde ge- 
legen haben. (P. A.) 
— Landau, 16. Okt. Zu der gestern hier 
abgehaltenen Versammlung des pfälzischen 
Aerztevereins hatten sich 54 Mitglieder aus 
allen Theilen der Pfalz eingefunden. Die Ver⸗ 
handlungen begannen gegen 12 Uhr im Aula⸗ Saale 
des Gymnafsiums. Nach Erledigung der geschäft- 
lichen Angelegenheiten wurden mehrere Vorträger 
darunter von Herrn Landgerichtsarzt Dr. Keller 
über Wasserleitung und Canalisction, gehalten. 
Nach Beendigung der Verhandlungen vereinigte 
ein Feistmahl die Theilnehmer im Hotel Schwan, 
wobei ein Theil der hiesigen Regimentskapelle 
konzertirte. Als Ort für die nächste Versammlung, 
mit welcher das 50jährige Stiftungsfest des Vereins 
verbunden sein wird, wurde Kaiserslautern 
ausersehen. Wie der Eilh. hört, waren die aus⸗ 
wartigen Theilnehmer an der Versammlung von 
der hier gefundenen Aufnahme wie dem Verlaufe 
der Verhandlungen und den Vortrügen gleich be⸗ 
friedigt. Auch das Diner und die Tafelmusik 
hatten sich allgemeiner Anerkennung zu erfreuen. — 
Won der Strafkammer des hiesigen k. Landgerichts 
wurde heute Vormittag die '18 Jahre alte Dienst⸗ 
magd Barbara Rheinfrank von Edenkoben 
wegen Diebstahls von 671 Mk. zum Nachtheil 
ihres Dienstherrn, des Metzgers Georg Lösch, so⸗ 
wie wegen Sachbeschädigung zu 1 Jahr 6 Mona⸗ 
ten und 5 Tagen Gefängniß verurtheilt. 
— Bergzabern. Bei der Jubiläumsfeier 
der hiesigen Feuerwehr am letzten Sonntag wurden 
13 Feuerwehrmänner, welche dem Löschkorps 
seit 25 Jahren angehoren, durch die Ueberreichung 
von Diplomen seitens der Stadtverwaltung ausge- 
zeichnet. Dos Fest verlief unter starker Theilnahme 
auswartiger Feuerwehren in glänzender Weise. 
— Sudwigshafen, 16. Okt. In dem 
Nebenlokale der Brauerei Fuhrer (Ludwigsstraße) 
fand gestern Abend eine zahlreich besuchte Ver⸗ 
sammlung der Garantiezeichner des X. 
Verbandsschieß ens statt. Durch die Schützen⸗ 
gesellschaft wurden die Garantiezeichner nämlich 
jürzlich aufgefordert, dreißig Prozent der 
garantirten Summe zur Begleichung des Defizits 
kinzuzahlen, wogegen die Versammlung gestern 
Abend protestirte. Die Weigerung wurde damit 
begrundet, daß man den Garantiezeichnern doch 
nicht zumuthen konne, bevor die Leiter des Festes 
uber den finanziellen Mißerfolg in übersichtlicher 
Weise Rechenschaft abgelegt, so mir nichts dir nichts 
zu zahlen; wer Pflichten habe, dem müsse man 
auch Rechte zugestehen. Dem von anderer Seite 
erhobenen Einwand, ein solches Verlangen käme 
einem Mißtrauensvotum gleich, wurde dem „G. 
A.“ zufolge entgegengehalten, daß es auch ein bei⸗ 
spielloses Verlangen sei, den Garantiezeichnern zu⸗ 
zumuthen, sie sollten der an sie ergangenen 
Weisung blindlings Folge leisten. Schließlich wurde 
eine Protesischrift abgefaßt, die von den meisten der 
Anwesenden unterzeichnet wurde. 
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rozeß Geiler. 
ESchluß.) 
Ebenso sei allerdings auch erwiesen, daß bei 
dem Blait nicht unbedeutende Verluste entstanden 
eien, deren Deckung der Angeklagte bewirkie; bei 
der Unordnung in dieser Angelegenheit konnte je⸗ 
doch nicht genau festgestellt werden, wie hoch die 
Verluste gewesen seien, es sei aber nicht anzuneh⸗ 
nen, daß sie die vom Angeklagten angegebene Höhe 
ꝛxreicht haben. Bezüglich der Anzahlung auf das 
daus des Angeklagten habe dieser auch verschiedene 
Angaben gemacht, um den Verdacht von sich ab⸗ 
uweisen, als habe er Gelder aus dem Kirchenbau⸗ 
sonds hierzu verwendet, doch konnte er schließlich 
diese Behauptungen nicht mehr aufrecht erhalten 
und mußte zugeben, die Zahlung mit entwendetem 
Held geleistet zu haben. 
Der Revisionskommission fiel dann die schwere 
Aufgabe zu, Licht in diese dunkle Angelegenheit zu 
chaffen und habe der verstorbene Herr Kintzel sofort ein 
namhaftes Defizit erkannt. Da ergaden sich 60 
Posten, welche den Betrag von über 28,000 Mtk. 
beziffern, die eingegangen sind und über deren Ver⸗ 
vendung der Augeklagte keinen Aufschluß geben 
kann, trotzdem das Geld nicht vorhanden ist. Durch 
noch ausstehende, ungedeckte Posten reduzire sich 
diese Summe um etwa 8000 Mark. Dagegen 
Jabe er Gelder bei verschiedenen Bankhäusern er— 
soben, wodurch sich das Defizit wieder erhöhe. Die 
stevisionskommission habe sich auch mit dem Loos- 
erschleiß befaßt und sei zur Erkenntniß gelangt, 
daß der Angeklagte einen großen Theil der Loose 
aicht verrechnet habe und somit angenommen wer⸗ 
den müsse, er sei in den Bisitz der Gelder hierfür 
selangt und habe diese für sich behalten. Hieraus 
ergibt sich dann das Defizit von 31,8318 Mark, 
welches der Angeklagte durch Unterschlagung her- 
heigeführt habe. Der Vertreter der kgl. Staats⸗ 
dehörde nimmt nun bezüglich der Verwendung der 
unterschlagenen Summe an, daß dieselbe nicht in 
der angegebenen Höhe als Zuschuß zu dem , Volks⸗ 
blatt“ gedient habe, sondern daß das Geld zu an— 
deren Zwecken vom Angeklagten gebraucht worden 
jei; ein strikter Beweis sei jedoch hierfür nicht zu 
erlangen. Aber auch die Verwendung für das 
Volksblatt sei als ein schweres Vergehen zu he⸗ 
rachten; Geiler habe genau gewußt, daß das Blatt 
aicht prosperiren könne, trotzdem habe er fremdes 
HBeld zur Tilgung seiner Schulden verwendet, denn 
die betreffenden Zeugen hätten heute er— 
lärt, daß weder der Centrumsverein, noch einzelne 
Bersonen irgend welchen Antheil an dem Blatt ge⸗ 
jabt hätten, also bleibe nur übrig, das Vorgehen 
zes Angeklagten dahin zu charakterisiren, daß er 
das rechtswidrig sich angeeignete Geld in seinem 
NRutzen verwendet habe. Es sei fremdes Geld ge⸗ 
vesen, das er in Verwahrung gehabt habe und 
deßhaib sei die Unterschlagung juristisch unanfecht⸗ 
zar. Ebenso sei die Untreue unzweifelhaft nach⸗ 
Jewiesen, da ihm in seiner Stellung als Vorstand 
Hes Kirchenbauvereines das Geld anvertraut war 
ind er bei dessen Verwendung zu eigenem Nutzen 
ie positive Ueberzeugung haben mußte, daß er 
einen Ersatz dafür zuͤ leisten im Stande sei. Auch 
onne überhaupt keine Deckung des Defizits seitens 
»es Angeklagten für die Folge in Aussicht genom- 
nen werden. Er bitte nach all diesen Ausführ—⸗ 
ingen, den Angeklagten im Sinne des Gesetzes für 
chuldig zu erklaͤren. Bezüglich der Strafausmes⸗ 
ung beantrage er in Anbetracht der enormen Höhe 
zer Summe, der vielfachen Delikte, des ungeheuren 
Schadens, den der schöne und edle Verein durch 
zas Vorgehen des Angeklagten erlitten habe, eine 
Befängnißstrafe von 4 Jahren und stelle er dem 
Zerichishof anheim, einen Theil der erlittenen Un— 
ersuchungshaft mit in Anrechnung zu bringen. 
Der Vertheidiger führt zunächst an, daß es bis 
jeute keineswegs erwiesen sei, ob in der That die 
ehlende Summe die angegebene Höhe erreicht habe, 
da bei der Unordnung, die in den Papieren des 
Angeklagten sowie in der Buchführung des Kirchen⸗ 
»aubereins geherrscht habe, gar nicht festgestellt 
perden könne, wieviel noch ausstehe und wieviel 
Zeiler selbst für sich verwendet habe. Die Angabe 
seines Klienten, daß er niemals die Absicht einer 
Schädigung des Kirchenbaufonds gehabt habe, 
klinge zwar paradox, sei aber keineswegs unglaub— 
ich. Wenn der Angeklagte zugebe, 25,000 Mark 
für das „Volksblatt“ verwendet zu haben, so 
müssen wir aber auch berücksichtigen, daß derselbe 
an diesem Organ sein Vermögen verloren habe 
und wenn der erste Zuschuß von 8000 Mark aus 
den Mitteln des Kirchenbaufonds mit Wissen des 
Pfarrers Lorenz, von diesem dem „Volksblatt“ ge—⸗ 
jeben sei und dieser Letztere, obgleich er das Un— 
echt dieses Verfahrens eingesehen, dasselbe gewisser 
maßen sanktionirt habe, so habe der I 
vann später auch keine Skrupel ülber er ugen. 
VBerwendung gehabt. Er müsse hierbei ue 
daß es kaum glaubhaft erscheine, wie t 
vas „Volksblatt“ genau gekannt habe 
vissen sollen, daß Gilder aus dem —æ 
ür dies Organ Verwendung gune auson 
Deßhalb habe auch sein Klient das inn 
Einverständniß der maßgebenden —* n eig⸗ 
Itie in vdiese etsonhicht 
borausgesetzt; in diesem Falle fehle — 
vußtsein in einer strafbaren Handlung —9 
alsdann eine Bestrafung wegen Untreue u 
'olgen. Nicht unwesentlich sei für die —V 
ung das Eigenthumsverhältniß des —9* 
hoitzblaneg. Es Gege hiefur ahangetn 
inziger Alt vor, woraus etwas Posinbes h 
jehe und dies sei der Vertrag zwischen 
rorenz und Worthoff. wonach ersierer d 
as 
hum des Blattes antrete. Dieser Vahn 
rechtlich nicht gelöst und wenn sich auch der 
lagte als Eigenthümer gerirt habde so stelle a 
nicht in Abrede, das bedeute aber rechtlich 
eineswegs das fattische Eigenthum. Di 
Bertheidiger resumirt dahin, daß, wenn der Fan 
jof zu der Anficht gelangen solle, der Amge 
sei auf Grund des Gesetzes zu verurthelen 
nüsse doch jedenfalls dei der Strafausmesin 
noralische Mitschuld anderer Elemente min 
xücksichtigung gezogen werden. Dahin gehh—— 
nangelhafte Kontrole, das Gutheißen aäller 
eder Handlungen seitens des Ausschusses und 
olossale Arbeitsüberhäufung seines Klienten. 
noralische Mitschuld treffe somit die sämmt 
Nitglieder des Ausschusses. Bei der Strahur 
ung sei dann ferner noch in Berülcksichtigun 
iehen, daß er die fehlenden Gelder nicht zu sor 
stutzen im engsten Sinne des Wortes verw 
hjabe, sondern für das Interesse seiner Partei. d 
aitte er schließlich noch das tadellose Vorlebens 
dlienten in Berücksichtigung zu ziehen, den 
hseutige Verhandlung, bei der auch manche erbi 
Feinde des Angeklagten Aussagen gemacht he 
jabe nicht den geringsten Makel für den Angehe 
ergeben. Alle diese Punkte bitte er bei derẽ 
zumessung in Berücksichtigung ziehen zu wolle 
Der Herr Vorsitzende richtet hiernach ned 
Frage an den Angeklagten, ob er gegen die 
tellung der Revisionskommission bezüglich de 
erschlagenen Gelder, bezw. deren Höhe etwat 
venden habe, dann müsse die Untersuchung 
nals aufgenommen werden. Der Angeklagte 
ledoch keine Einwendungen. 
Nach einer kurzen Replik seitens des 
Staatsanwalts beantragt derselbe noch wege 
khrlosigkeit der Handlungen des Angellagten 
her waährend der ganzen Untersuchung nich 
Findruck eines geraden Mannes gemacht habe 
zelben die bürgerlichen Ehrenrechte auf die 
hon 5 Jahren abzuerkennen. 
Schließlich verwahrt sich der Angeklagie 
die Unlerstellung des Herrn Staatsanwah 
habe er von Anfang an die Absicht doloser 
ungen gehabt. Er hade geglaust, mit denb 
des Kirdgenbaufonds das Blatt im Intereh 
Fentrumspartei halten zu wollen, doch fed 
Folge der auf ihm lastenden Arbeiten und d 
ner drucender werdenden Sorge tiefer und 
gineingerathen und heute sei es ihm schn 
daß der Verein, für den er so eifrig gewu— 
geschafft, in diese mißliche Lage durch sein 
elommen sei. Er habe die ernstliche Absich 
3 ihm einst möglich sein werde, den bon in 
ursachten Schaden wieder gut zu machen. 
Nach kurzer Berathung verkuündete 
Vorsitzende des Gerichtshofs folgendes Urthe 
Der Angeklagte wird des Verbuhn 
mehtfachenUmerschlagung und, Unkt 
ichuldig erkannt und unter Verstuun⸗ 
Zosten zu einer Gefängnißstrafe von⸗ 
zerurtheilt. Auch werden demselben by 
lichen Ehrenrechte auf die Dauer von o 
aberkannt. ritt 
Die Untersuchungshaft wird somit un 
cechnet. zat sr 
In der Urtheilsbegründung — 
Herr Vorsitzende im Wesentlichen den u 
des Herrn Staatsanwalts an. bemerlt p 
Berichtshof habe auch die Sirafmilderunn 
ie sruens der Verlheidigung geltend gem 
den seien, mit in Betracht gezogen.