Full text: St. Ingberter Anzeiger

machte sich bezeichneter Herr im Drang der Nach— 
soige seines Herrn und Meisters in Wörishofen 
uuf die Strümpfe — doch nein, nicht bestrümpft, 
ondern baarfuß auf den Weg nach hier, legte also 
ine „Route“ von drei Stunden baarfuß zurück. 
Doch der Mensch versuche die Goͤtter nicht — das 
ding bekam ihm übel. Im akademischen Kranken- 
jaus ruht zurzeit der Baarfüßler von seiner „Kneipp⸗ 
ahrt“ aus, d. h. er liegt dort krank und hofft auf 
Ajesem weniger ungewöhnlichen Wege Erldsung von 
fjataler Kopsiquenz“. 
Augburg, hR. Dez. Im hiesigen städtischen 
trankenhause wurden 14 Personen mit der Koch'⸗ 
schen Lymphe geimpft. Die auftretenden Er—⸗ 
cheinungen waren die überall deodachteten. 
Den 70 Geburtstag des Prinzres 
‚caten von Bayern am 12. Marz 1891 
jecbsichtigt man in Bayerns Haupistadt mit einem 
zroßen, all? Volkstrachten des Landes darstellenden 
Fstzuge zu feiern. An der Spitze des Festausschusses 
üht der Erste Bürgermeister Dr. v. Widenmayer. 
In Wurzdurg, der Geburtsstadt des Regenten, soll 
zus gleichem Anlaß vor dem Bahndhafe ein die 
Figur der Franconia tragender Bronnen errichtet 
werden. 
fNürnberq, J. Dez. Die Selundärbahn 
Fürth⸗Zirndorf wucde heute dem Verkehr 
—XR 
F Die biologische Station am 
bner See. Am Ostufer des Piöner Sees 
Ostholstein wird im Sommer 1891 ein Institut 
eröffnet werden, das bis jetzt in Deutschland einzig 
vasteht. die sogenannte viologische Station für 
Durchforschung der Süßwasserseen. Haupisächlich 
jandelt es sich darum, die Lebensbedingungen und 
die Beschaffenheit der niederen Tierwelt kennen zu 
ernen, und zwar vor allem im Hinblick darauf, 
zaß sie uns mit ihren einfacheren Lebensprozefsen 
»en Schlüss-⸗l zum Verstäudnis der verwickelteren 
Eescheinungen im Wirbeltierorganismus, also auch 
im menschlichen Koͤrper liefert. Aber auch in prak⸗ 
ischer Hinsicht bezüglich des Fischereiwesens ver⸗ 
prechen die Untersuchungen wertvolle Ergebnisse, 
denn die niederen Wassertiere dienen den Fischen 
zur Nahrung. Es ist also auch für den Fischer, 
welcher reiche Fischernten einheimsen will, von 
zrößtem JInteresse, zu wissen, wovon das Gedeihen 
ener kleinen Lbewesen abhängt, in welchem Maß— 
labe sie sich vervielfältigen, welch⸗ Schädigungen 
ieselben erfahren lkönnen uad so weiter. Das 
lautliche Gebaude enthält im Keullergeschoß große 
Raumlichkeiten zur Aufstellung von Aquarien, im 
Frdgeschoß einen schönen hellen Saal für mikros⸗ 
sopische Arbeiten und noch mehrere Nebengemächer. 
zim Ozerstock wohnt der Leiter der Anstalt, Dr. 
D. Zacharias, während der Turm den Zweck hat, 
das ungestörte Treiben der Fische und Wasservögel 
— wo es nðlig ist, mit dem Fernrohr — zu be—⸗ 
obachten. An Uferpfählen sind die Boote angehängt, 
welche zu ausgedehuten Forschungsfahrten auf dem 
See gebraucht werden. Die ganze Anlage ist aus 
Privatmittein beschaff,, doch wird sie mit Unter— 
tützung der köaiglich preußischen R-gierung in Be⸗ 
rieb erhalten. Der Bau des Hauses erfolgte auf 
Kosten der Stadt Piön und die innere (instrumen⸗ 
zelle) Einrichtung bestritt Dr. Zacharias aus einem 
Fonds, den opferwillige und wohlhabende Gönner 
der Wissenschaft durch Geldspenden zusammenge 
hracht haben. Vieles bleibt noch zu thun übrig 
und ist deshalb eine Unterstützung des Instituts 
hurch Geldbeiträge, die an den Bürgermeister von 
Plön, Heirn J. Kinder, zu richten find, sehr er⸗ 
vuascht. Eine Abbildung und ausführliche Be— 
chreibung bringt „Ueber Land und Meer“ in Nro 
z des laufenden Jahrgangs, der in jeder on 
einen enischiedenen Aufschwung der genannten Zeit- 
chrift verspucht. Wer sich näher zu unterrichten 
wunscht, sei der vortreffliche Artikel lebbaft 
empfohlen. 
pDie siegreichen Herrenreiter. Jedes 
Jahr, wenn die Rennsaison geschlossen ist, taucht 
die Frage auf, wer von den deutschen Offizieren 
zat auf grünem Rasen die meisten Siege erfochten? 
In den früheren Jahren las man regelmäßig die 
Namen: Riumeister von Kramsta und Premier⸗ 
dieutenant von Dohna an der Spitze der Liste; 
beide Herrenreiter aber haben dem akuven Sport⸗ 
dienst Valet gesagt, beide haben zahlreiche ehrenvolle 
Narben von den Kampfen auf grünem Rasen da— 
vongetragen, von dem letzten sehr schweren Sturz 
mit „Raufbold“ ist Graf Dohna noch nicht ganz 
genesen. Nach einer vom Unionklub soeben abge—⸗ 
schlossenen Liste ist in diesem Jahre Lieutenant 
Snrmondi der siegreichste Herrenreiter gewesen, 
er hat 35 Siege⸗-erfochten, meistens in Süddeutsch- 
jand, auf dessen Bahnen er unbesiegbar zu sein 
schien. Es folgt Lieutenant Hanson, 17 Mal ging 
er als erster durch das Ziel; 15 Siege hat Ritt- 
meister v. Sydow von den Thorner Ulanen heim⸗ 
zebracht. Riuͤtmeister v. Sydow hat den besten 
Pecord aufz weisen, er hat die geoßartigsten 
Siege erfochten. (Großer Preis in Charlottenburg 
nit, Zietenhusar“ u. s. w.). Lieutenant Schlüter 
hat edenso viele Siege im Osten der Monarchie 
aufzuweisen; mit 13 Siegen folgt Rittmeister v. 
Hehden⸗ Linden von den Hannoverschen Ulanen, im 
Finish un rreichhar und mit Sydow der vol⸗ 
endeiste aller Herrenreiter. 183 Siege hat auch 
Zieutenant v. Willich von den 3. Garde ˖ Ulanen 
errungen. 
Königsberg i. Pr., 1. Dez. Der Dampfer 
„Deutscher Karser“, einer der größten, die 
tönigsberg anlaufen, sitz seit dem 26. November 
im Haff⸗is fest; bisher sind alle Bemühungen, ihn 
loszumachen, umsonst gewesen. Ein Theil der 
Ladung ist herausgeworfen. 
Der vetzte Oranier“. Vom ver— 
storbenen Koͤnig bon Holland entwirft ein Mit-⸗ 
arbeiter der „Neuen Züricher Zig.“ ein frfselndes 
Charakterbild. Im Jahre 1870 war König Wil-⸗ 
helm II. sehr kriegslunig gegen Deutschland 
gefinnt. Tagelang lief er mit der Kriegserklärung 
in der Brusttasche so zorntg wie ein hungriger 
Löwe umher. Sein Jähzorn galt schon in ge⸗ 
wöhnlicher Zeit als furchtbar, j⸗doch in jenen 
kriüschen Tagen war man bei dem kleinsten Anlaß 
auf wilde Ausbrüche gefaßt, niemand wagte es, 
mit dem König die Angel-ngenheit weiter zu be⸗ 
prechen. Da aber eine Klärung der Lage durch⸗ 
nus nöthig war — auch der Berliner Hof hatte 
vereins von den Kriegsgelüsten des Königs Wilhelm 
Jehört — entschloß sich auf das Dreängen seiner 
Amtsgenossen und politischen Freunde endlich der 
ilte Vtinister Thorbecke ein ernstes Wort mit dem 
Zdnig zu reden. Thorbecke war der angesehenfte 
Staaismann Hollands. Er war ehedem Professor 
in Uirecht gewesen und König Wilhelm konnte ihn 
nicht recht ieiden. Selbst aufbrausend wie eine 
Rakete, wußte er sich mit der unerschütterlichen 
Ruhe, welche Thorbecke als echter Holländer besaß, 
uicht abzufinden. Dazu war der König klein und 
zick, der Minister hager und lang, — kurzum Beide 
die vollsten Gegensätze, nur darin übereinstimmend, 
daß Jeder für ein ireffendes Wort zur rechten Zeit 
»der einen guten Wißz höchst empfänglich war. 
Thorbecke behielt zeitlebends in seinem Wesen eiwas 
vom Lehrstuhl an sich und der König redete ihn felbst 
als Minister mit „Herr Professor“ an. Anderer⸗ 
reits behandelte Thorbecke den König ganz mit der 
rockenen Ueberlegenheit eines alten Schulmeisters, 
der Alles besser weiß und außerdem noch körpetlich 
o groß ist, daß er seinem Gegner über den Kopf 
iehl. Un dem verhängnißvollen Morgen der Ente 
chidung trat Thorbecke mit besonders ernstem 
hesicht in das Gemach des Koͤnigs, der ihn miß⸗ 
rauisch musternd mit dem gewöhnlichen: Guten 
Tag, Herr Professor, was giebi's Neues in der 
Welt?“ empfing. — „Sire, nichts Besonderes, nur 
»ie Haager erzählen sich viel dummes Zeugl“ — 
So, hoffentuich doch nur von meinen Ministern 
ind nicht von mir?“ — „Sire, auch von Ihnenl“ 
,„Auch von mir?“ Wa⸗ denn, mein verehrter 
derr Professor?“ sagte der König in gedehntem 
Ton. während es bereits in seinen Augen bednklich 
fackerte. — „Sire, ich möchte es kaum wiederholen, 
denn nicht ...“ — „Schon gut, ich wünsche es 
ju hören!“ — ‚Nun, Sire“, begann Thorbecke, 
udem er langsam jedes Wort betonte, „die Haager 
agen, Ew. Maj⸗stät wäre verrückt geworden....“ 
Peiter kam der kühne Redner nicht. Wie ein 
ßfeil schnellte der König empor. Dunkelroth vor 
zorn riß er das schwere silberne Tintenfaß vom 
isch, um es dem Minister ins Gesicht zu schleu⸗ 
dern. Doch das Schreibzeug hatte sich mit der 
roßen Tischdeck verwickelt und ebenso rasch hatte sich 
Thorbecke in seiner Länge aufgerichtet, war hart an 
—R— 
erlicher Gelassenheit, aber mit eisigem Nachdruck: 
„Sire, wenn Sie mir das schöne silberne Tinten⸗ 
saß an den Kopf werfen, dann haden die Haager 
virklich recht!“ — Der Koönig verfärbte sig und 
ieß die Hand finken, während Thorbicke ehrer- 
zietlig, aber mit eiserner Bestimmtheit nunmehr die 
holinschen Gründe gegen eine Betheiligung Hollands 
an dem deuischefranzösischen Kriege entwick lte und 
den Widerwillen der Parlamentsmehrheit dagegen 
Jerborhob. Einige Stunden später erfuhr man, 
zaß Wilhelm III. das gefährliche Schriftstück der 
Zriegserklaärung selbst zerrissen habe. 
Volks⸗GLandwirtschaftliches. 
Neupfotz, 1. Dez. Der dhiesige Tabak, 
welcher dieses Jahr durchgängig von sehr guter 
Qualität ist. wurde bis auf ungefähr 250 Zentner 
herkauft. Erlöst wurden für den Zentnuer 15— 
8 Mark. 
Cemeinnutziges. 
Mittel gegen Holzwürmer. Ein vorzügliches 
Mittel gegen Holzwürmer ist nach der „Ph. 8.“ 
ZRardoischwefelsäure. In einem Hause war das 
Hebälk dermaßen von Würmern durchfressen, daß 
man befürchtete, dasseIbe in küczester Zeit abtragen 
lassen zu müssen. Karbolschwefelsaure wucde mit 
großem Erfolge angewendet und das Haus steht 
noch h-ute, nachdem Jahre seit dir Vertreibung 
der Wurmer vergangen sidd. Das Gebälk wird 
infach mit der Säure bhepinseltf 
Dienstes nachrichten. 
Der Bezirksarzt 1. Kl. von Bergzabern, 
Medizinalrat Dr. Max Kieffer, wurde auf An⸗ 
juchen unter Anerkennung seiner langjährigen, eifrigen 
und treuen Dieustleistung in den dauernden Ruhe⸗ 
dand versetzt. 
Einnehmereidienst. Die Verwesung 
ver erledigten Steuereinnehmerei Zweibrücken wur de 
»em Steuercinnehmer Regula zu Niederauerbach 
übhertragen. 
Beuesre Rachrichten. 
München, 2 Dez. Die „Nordd. Allg. Zig.“ 
meldet: Die Einfuhr des Rindviehes aus Jialien 
nach den 36 bedeutendsten Städten Bayerns, da⸗ 
tunter Speyer, wurde durch Ministerial⸗Entschließ⸗ 
ing vom 29. Nov. im Einverständnisse des Reichs⸗ 
imis des Innern vorläufig bewilligt. Daxrei soll 
jedoch strenalte Veterinäckontrolle ausgeübt werden. 
Paris, 2. Dez. Am Bahnhofe in Mar⸗ 
seilte wurde ein Mann festgenommn, den man 
iür den Mörder Padlewski hält. 
Versteigerungs⸗ und Submissions- 
Anzeigen. 
. Die in der Zeit vom J. Dezember 1890 bis 
31. März 1891 voraussichtlich sich ergebenden 
Materialienabgänge der Köuiglichen Steins 
kohlenbergwerke bei Saarbrücken sollen im Wege 
der öffentlichen Ausschreibung an den Meistbieten- 
den verkauft werden. Die Bedingungen können bei 
der kgl. Bergfaktorei in St. Johann eingeseben 
oder auch gegen vorherige kostenfreie Einsendung 
bon 0,25 Mtk. von derselben bezogen werden. Die 
Angebote sind freigemacht, verschtossen mit der Aus⸗ 
ichtift „Angebot auf Ankauf der Materidlienab⸗ 
zänge“ versehen bis zum 15. Dezember 1890, vor⸗ 
mittaas 10 Uhr ebendort einzureichen. 
Kie hdie Nedaktion verertiich: F. X. Demeß. 
Reklamen. 
Kehlkopf und Lunge vor Erkrank- 
ung zu bewahren iist in rauher Jahreszeit 
pflicht allet Derer, die ihre Gesundheit zur Er⸗ 
üllung ihrer Berufsobliegenheiten dedürfen. Durch 
Bedrauch der Fay's Sodener Mineral Pastillen, 
die auch bei schon eingetretenem Catarrd heilsam 
änd, wird dieser Schutz erzielt. Erhältlich in allen 
Apothpeken und Dreeen vion ü28K Nfa. vro Schachtel. 
„Wiener Mode.“ Die Herausgeder dieses be⸗ 
liebten Blaites entwickeln eine so unermüdliche 
Thätigkeit ia der Vervollkommnung ihres Unter⸗ 
nehmens, daß wir immer wieder Veranlassung haben, 
nuf die „Wiener Mode“ zurückzukommen. Wir 
hun dies um so lieber, als eine so liebevolle und 
opferbereite Thatigkeit der Anerkennung der Pr'sse 
im höchsten Grade würdig ist. Das Hest (vom 
l. November) bringt eine Neuheit, welche des Beie 
'allz der Adonnentinnen sicher ist. Es ist dies die 
—X 
n Fatden. Die „Wiener Mode“ hat mit dieser 
Neutrung zunächst ypographisch eine höchst b.⸗ 
nerkenswerthe und interessante Leistung gebracht; 
em schönen, jezzt fast in allen Weltsprachen er⸗ 
heinenden Blatte aber ist damit ein neuer ganz 
igenartig wirkender Reiz verliehen, welcher die 
Wiener Mode“ ebenbürtig an die besten aller 
rissirenden illustrirten Zeitschriften reibt.