Full text: St. Ingberter Anzeiger

niederlegt und in das stille Leben eines Privat⸗ 
mannes sich zurückzieht. Das Schickhsal ist nicht 
verschwenderisch mit seinen Gaben, und es in eine 
seltene Fugung, daß es aus dem Schoß einer 
Nation einen Mann erstehen läßt, welcher das 
Wohl seines Vaterlandes begründet, dem ganzen 
Feben der Nation einen neuen Inhalt gibt, die 
Ideale derselben macht und die Einheit, deren 
Traum im Volksgeiste schlummerte, verwirklicht. 
Fürst Bismarck läßt das Reich stark und mächtig 
zurück, gerüstet gegen alle Feinde und behütet von 
Freunden. Möge nie der Augenblick kommen, wo 
das sehnende Auge der Nation sich auf das ein⸗ 
same Schloß Friedrichsruh richtet, worin Fürst 
Bismarck sein ruhmvolles Leben beschließt. Die 
Demission des Fuürsten Bismarck wird in ganz 
Europa die größte Aufregung hervorrufen; denn 
wo gäbe es ein Volk, welches an diesen Wechsel 
nicht Hoffaungen oder Befurchtungen knulpken 
würde? 
Washington, 17. März Präsident Har⸗ 
rison hat einen Erlaß plublizirt, wonach alle 
Ansidler das Territorim der Cherokesen ver— 
ressen müssen, bis ihnen das gesetzliche Ansiedlungs⸗ 
lacht gewährt wird. 
Fokale und psalzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 19. März. Zu unserer 
Freude hören wir, daß es dem jüngst in der Grube 
dahier durch einen Unfall schwer verletzten Bergmann 
Chriftian Grund aus Hassel bedeutend besser geht 
und somit seine Wiederherstellung zu erhoffen ist. 
— Auch der hiesige Einwohner, welcher vor einiger 
Zeit fich selbst mit einem Rasirmesser eine bedenkliche 
Wunde am Hals beibrachte, soll sich nunmehr auf 
dem Wege der Heilung befinden. 
* St. Ingberit, 19 März. Zur Schöf—⸗ 
fengerichtssitzung waren heute als Schöf— 
fen berufen die Herren Karl Uhl, Kaufmann in St. 
Ingbert, und Nik. Weidmann, Ackerer in Ober 
würzbach. Der 1. Fall betraf den 28jährigen Sand- 
former Jak. H. dahier, welcher des groben Unfugs 
—D0 
Bergmann. welcher in gleichem Tone antwortete, 
auf der Straße, am ersten Weihnachtstage letzten 
Jahres. Auf Grund der Zeugenaussagen erklärt ihn 
das Gericht für überführt und verurtheilt ihn des 
wegen zu 6 Mk. Geldstrafe ev. 3 Tage Haft nebsi 
den Koften. 2. Die 43 Jahre alte Kath. Bg., 
Ehefrau Nk. B. aus Rentrisch wird von der Be⸗ 
schuidigung des Bettels freigesprochen, da in ihr 
die bei fraglichem Vergehen am 22 Jan. l. J. in 
Schnappach betcoffene Person nicht erkannt wird. 
3. Der Maurermeister Jak. Sch., 34 J. a. und 
der Motzgermeister Chr. K., 57 J. a. dahier sind 
vorgeladen unter der Anklage, ohne oberpolizeiliche 
Erlauubnis an dem außer dem Alignement in der 
Blieskasteler Straße stehenden Hause des letzteren 
hauliche Aenderung vorgenommen bezw. angeordnet 
zu haben. Da nicht feststeht, ob die ausgeführte 
Erweiterung des Fensters als im Sinne des Ge⸗ 
setzes zur Verstätkung oder Wiederherstellung des 
Gebaudes dienend anzusehen sei, wird die Sacht 
zum 2. April behufs Ladung eines Sachverflän- 
digen vertagt. 4. Der Berufsbeleidigung zweier 
Gendarmen in Schnappach am Abend des 58. 
Januar in der Schanne'schen Wirthschaft machte 
aͤch der Tagner Pt. Sch. aus Friedrichsthal, 23 
J. a., schuldig. Dem Feierabend bietenden Gen⸗ 
darmen sagte er, wenn ec protokoliert werde, sei 
das eine Unverschämtheit, und schimpfte später auf 
die Gendarmen in einer Weise, daß man es auf 
der Straße hoͤrte. Er befand sich in angetrunkenem 
Zustand. Seine Strafe beträgt 2 Wochen Gefäng—⸗ 
niß und für den verübten Unfug Z Tage Haft mit 
den Kosten. Da die Beleidigung als eine öffentliche 
betrachtet wird, kann auch der Uttheilsauszug 
während 8 Tagen an der Gemeindetafel zu Schnap⸗ 
pach veröffentlicht werden. 5. Am Abend der 
iezien Gemeinderatswahl in Rohrbach spielte sich 
in einer Wirtschaft eine Szene ab, welche die 
Bergleute Fti. Schw. 27 J. a, Il. Th. 27 J. 
a., Vl. W. 26 J. a., Adm. R. 47 J. a. und 
Nk. B. 42 J. a. hierher brachte. Dieselben befanden sich 
in zahlreicher Gesellschaft, als zwei Huttenarbeiter ein⸗ 
lraien, mit deren einem Ih. Sch. sich —LX 
Disput erhob, der dahin führte, daß Letztgenannter 
von den drei ersten Angeklagten gepackt und ge⸗ 
schlagen ward, während sich der letzte Angeklagte ebenfalls 
dazugesellte um den Gepackten festzuhalten. Uater 
Annaͤhme mildernder Umstände wird auf folgende 
Strafen erkannt: Frz. Schw. 8 Tage, Ik. Th. 
un Rs. Weje 3 Tage Gefängniß, Nk. B. 12 
Mk. ev. 83 Tage Gefängniß, für die Verfahrens⸗ 
osten besteht Gesamtverbindlichkeit, außerdem trägt 
seder die Kosten seiner Strafvollstrecung. Die Be⸗ 
heiligung des Adm. R. an der Rauferei ist nicht 
nachgewiesen, weshalb er von Strafe und Kosten 
rreigesprochen wird. 6. Eine Geldstrafe von je 20 
Mteb. 4 Tage Haft wird gegen 4 Milifär⸗ 
pflichtige der Reservbe und Landwehr ausgesprochen, 
da fie zwar mit Erl aubhnis ausgewandert waren, 
aber dieselbe in der erforderlichen Zit sich nicht 
haben derlängern lassen. Ein fünfter Jah. W., 
Ackerer aus Hassel, war zur Verhandlung erschienen, 
und erfolgt dessen Freisprechung, da der Antrag des 
Bezirkskommandos auf Bestrafung als gegenstands⸗ 
os zurückgezogen ist. 7. Eine Privatklage wegen 
Beleidqgung wird noch im letzten Augenblick von 
der Klägerin zurückgenommen. 
*In israelitischen Kultusgemein⸗ 
den sieht laut Entscheid des Verwaltungsgerichts⸗ 
hofs Personen weiblichen Geschlechts eine Berech⸗ 
aüͤgung, in Kultusangelegenheiten durch Stell ver⸗ 
reter mitzustimmen, nur dann zu, wenn und so⸗ 
weit ihnen ein solches Recht durch oͤrtliche Statuten 
oder Observanzen förmlich eingeräumt ist. 
*Die einschläglichen Bestimmungen bei 
Nachforschungen über die Bestellung 
aufgegebener Briefpostsendungen 
dürften vielen noch unbekannt sein, weßhalb wir 
fie hiemit wörtlich folgen lassen: 1) Vom Absen⸗ 
der kann die amiliche Nachforschung über richtige 
Bestellung sowohl bezüglich jener Briefpostsen- 
dzungen, für welche von der Postanstalt eine Haf⸗ 
ung übernommen worden ist, als auch bezüglich 
Jewoöͤhnlicher Briefpostsendungen durch Anfertigung 
)on Laufschreiben in Anspruch genommer werden. 
2) Die Gebühr fuür den Erlaß eines Laufschrei⸗ 
dens bezüglich einer zur Post gelieferten Sendung 
heträgt 20 Pfg. 3) Für Laufschreiben wegen ge⸗ 
wöhnlicher Briefe, Postkarten, Drucksachen und 
Warenpcoben wird diese Gebühr erst nachträglich 
und nur in denjenigen Fällen erhoben, in welchen 
die richtig erfolgte Aushundigung der Sendung an 
den Empfanger festgestellt wird. 4) Für Lauf⸗ 
schreiden wegen anderer Sendungen ist die Gebühr 
dor dem Erlaß des Laufschreibens zu entrichten; 
die Rückerstattung derselben erfolgt, wenn sich er— 
zibt, daß die Nachfrage durch Verschulden der Post 
jerbeigeführt worden ist. 5) Für Laufschreiben, 
welche portofreie Sendungen betreffen, wird eine 
Bebuͤhr nicht erhoben. 6) Das zurückgekommene 
daufschreihen wird, wenn die Zustellung der Sen⸗ 
zung richtig erfolgt ist, dem Absender in Urschrift, 
venn die Sestellung verspätet oder gar nicht er- 
olgt ist, in Abschrift behandigt. 7) Für den Ver⸗ 
—X 
deren Bestimmungeu maßgebend. 
— In Hardenburg ist, wie amtlich festge⸗ 
tellt wurde, im Stalle von Mühlenbesitzer Wilh 
Behrei der Mil zbrand ausgebrochen. 
— Pirmasens, 18. März. Durch Beschluß 
der Kgl. Regierung der Pfalz wurde der Beschwerde 
des lungenkranken Tagners Abraham Stabel, 
gebüttig in Bechtelsheim hei Worms, wegen seiner 
slusweisung mit Familie aus Pirmasens stattge⸗ 
zeben, und der bezirksamtliche Beschluß, welcher 
dieselbe verfügt, außer Wirksamkeit gesetzt. Die er⸗ 
vachsenen Kosten hat die Stadt Pirmasens zu 
ragen. Der Senatsbeschluß wird damit begründet. 
daß Stabel bereits seit 24 Jahren in Pirmasens 
wohnt, zur Zeit nicht in besonderen Maße Unter— 
qzühung braucht, und daß die Kinder immer mehr 
hee Eitern zu unterstützen im Stande find. Würden 
iese Voraussetzungen aber nicht in entschiedenem Maße 
ich erfüllen, dann kann die Stadt Pirmasens jeder⸗ 
eit wieder die Ausweisung der Familie Stabel 
eantragen. 
— Pirmasens, 18. Marz. Besitz⸗ 
vech sei. Herr Baumeister Heinrich Zürlein verkaufte 
ein an der verlängerten Dankelsbachstraße gelegenes 
zstöckiges Wohnhaus an feinen Schwager Herrn 
Jakob Becker um den Preis von 16,000 Mk. — 
Die Wirthschaft „zur Herberge“ in der Horebstraße 
vurde bei der gestrigen Versteigerung der „Zig.“ 
ufolge, dem früheren Besitzer derselben, Herrn 
Zinnecker, um den Preis von 30,000 Mk. zuge⸗ 
chlagen. 
— Annweiler. Die von Herrn Gustav 
Ullrich s. Z. bei dem kaiserlichen Patentamt ein⸗ 
gereichte Stahlbeschlagerfindung wurde 
von Hoher Stelle als patentfähig erachtet und es 
vurde genanntem Maaßstabfabrikanten, da keine 
Finsprüche gegen diese Erfindung einliefen. seitens 
des Patentamtes die Ausüübung des Patentrequ 
zuerkannt. — Der Beschlag ist außzerst prakuse 
und kann an allen Sorten von Maaßstäben ang 
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—A—— 
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einem häufigen Gebrauch niemals abnützen. 
— Aus dem Kanton Edenkoben. Do 
igl. Bezirksamt hatte an samtliche Gemeinden sein— 
hezirks Zirkuläre erlassen behufs Sammlund 
don Geldern aus Winzerkreisen, wilche pu 
Boruntersuchung bezüglich Erlangung nähein 
dennmisse uͤber die Natur und Entwickelung di 
deuwurms und Sauerwurms verwendet wirdn 
sollen. Diese Sammlung ist jetzt beendet und if 
hiemit ein Fonds gesammelt, der gewiß vielfältign 
stutzen bringen wird zum Heile unserer Pite 
Weinlande. 
— Speyer. Zur Berichtigung einer jüngsthe 
„rachten Mittheilung ist zu bemerken, daß der beh 
Ubsender und zugleich Empfänger (ein Handi 
don Karlsberg) versaumt hatte, den Frachtbrief mi 
dem Vermerk„bahnlagernd“ zu versehen und do 
zurch ganz allein die Ablieferung des Gutes u 
einen hier zufällig seßhaften Namensvetter der 
chuldete. Leßgterer scheint jedoch nicht jene harm— 
ofe Person zu sein, als welche ihn der Altib— 
chteiber hinzustellen beliebt. Die Thatsache, deh 
x einen Theil der Sendung bereits zu Schleude— 
zreisen verkauft und in geistige Geträake umgeseh 
hatte, läßt eher auf das Gegentheil schließen. J 
brigen beweist dieser Vorgang nur, daß auch da 
det Ausfertigung der Frachtbriefe Vorficht un 
Sorgfalt am Platze ist. 
Das frühere Karmeliterkloster 
Speyer, späteres Salzmagazin bezw. Zollam 
wird gegenwartig umgebaut. Wiederholt wurde 
Altertumsfunde verschiedener Art gemacht, om 
enen eine dieser Tage aufgefundene Kiste wi 
Silbermünzen aus der Zeit des großen Brands 
ziner der interessantesten sein dürfte. 
— Dürkheim, 18. März, Am Sonnk 
Abend wurden zwischen Gönnheim und Friedel 
seim auf den zwischen hier und Schifferstadt der 
ehrenden Postwagen mehrere Revolver schüsst 
abgefeuert. Glücklicher Weise wurde dadurch kenn 
Anheil angerichtet; der Thäter ist ermittelt. 
Wachenheim. Da die Portugiese 
Wingerte immer mehr beliebt werden wegen de 
zuten Wachsthums der Rebstöde und der Rentabil⸗ 
A der Traubensorte, sind die Reben dieser g⸗ 
sehr gesucht. Für blinde Reben werden 15 Mt.fü 
1000 Stuͤck dezahlt, für Wurzelreben wurden 
vorigen Herbste 10 - 12 Mk. für 100 Stucbezab 
(Pf. Pr. 
— Ludwigshafen, 17. Marz. d 
Turn⸗Verein Ludwigshafen hielt am leßi 
Samstag seine diesjahrige Generalversammlung 
die sehr gut besucht war. Aus dem Rechenschan 
hericht eninimmt der Kur.“: Der Kassenbesen 
beltagt nach Abdzug der Ausgaben 1816 Mt. d 
Pf., wopon 1552 Ml. 90 Pf. bei der Pfalz. ber 
Hahier verzinslich angelegt sind. Die Geräthe un 
jdusigen Robiliargegensiande des Vereins ruu 
entiren einen Werth von 2400 Ml., woran 
Abnützung bereits ein entsprechender Betrag 
Abzug gebracht worden ist. Das Vereinsvermbe 
—— welch 
Resunat als ein sehr gunstiges bezeichnet werden mu 
guüdwigsdafen. Der hiesige Var 
— im bir 
lofsenen Jahr 4931 bedürftige Durchreisende. d 
Mitgliederzahl belief sich am Ende des Jeb 
auf 607. 
dDas Betriebsergebniß der Psa 
zischen Eisenbahnmen für Februar lautet ft 
zünsiig, iadem die Gesammteinnahme 1306/ 
HNt. um 104261 Mt. äuber das Ergebniß 
Februar 1889 hinausgebt. 
hsaszsche⸗ Schwurgericht. 
I. Quattal 1890. 
Zweibrüchen, 17. März, Nachm— 3 6u 
Zwene Verhandlung gegen Alfted Gerich 28 Ju 
ut Kaufmann in Neustadt a. H., wegen bent 
rischen Bankerotis. — Den Schwurgericht 
hilden die Herren: kgl. Oberlandesgerichtsral 
Jan als Vorsitzender, kgl. Landgerichtsräte Schner 
ind Fooß als beisitzende Richtet, Rechtspraln 
Mellaris als Gerichtsschreider. Vertreter der 
Staalsbehdtde: Herrkgl. 2. Staatsanwalt V 
BZerteidiger: Herr Rechtsanwalt, Justizrath Re 
gen Feschworene sind die Herren B