Full text: St. Ingberter Anzeiger

pllaws gegen 500 Mark, die Uebrigen im Ver⸗ 
ins immer weniger. bis herab zum „Gockel⸗ 
sun“, der im Jahce 1880 bare 40 Mark bekam. 
4 Beobachtungsgabe. „Meine Herren“, 
sogte ein berühmter Profeffor der Chemie aus Göt. 
mnen, „Sie machen zu wenig Gebrauch von ihrer 
geobachtungsgabe. Als ich studirte mußten alle 
Zinne der Beobachtung dienen. Sehen Sie diese 
zhale — wissen Sie wos darin ist ? Nein, denn 
qᷓe scheuen sich, den Inhalt zu kosten wie ich.“ 
und der Professor fuhr mit einem Finger in die 
oischeulich riechende Flüssigkeit und steckte ihn dann 
iu den NRund. Um zu beweisen, daß sie den Vor⸗ 
nwurf ihres verehrten Lehrers nicht verdienten, ahm⸗ 
m alle Studenten sein Beispiel nach, wenn es auch 
nicht ohae Gesichterschneiden abging. „Meine 
herren“. sagte darauf der Professor — „Sie sehen, 
die Recht ich hatte. Ware Ihre Beobachtungsgabe 
hesset entwickelt, so hätten Sie bemerken müssen, 
daß ich nicht denselben Finger in die chemische 
Moasse und in den Mund gesteckt habe.“ 
pEine interessante Entscheidung 
uin kürzlich das Reichs⸗Versicherungsamt gefällt. 
Dim Kutscher eines Fuhrunternehmers war unter⸗ 
wegs sein Pferd gefallen, und er vermochte nicht, 
daß Tier wieder aufzurichten. In seiner Not wendete 
ich der Lutscher an das Puslikum mit der Bitte um 
hilfe. Ein Maurer eilte herbei und half das Pferd 
aufzurichten. Bei dieser Gelegenheit wurde der 
Naurer verletzt. Es war nun die Frage, als der 
Naurer um Entschädigung klagbar wurde, ob es 
sich hier um einen Betriebsunfall im Fnhrwerksbe⸗ 
rieb handle. Das Reichs-Versicherungsamt hat 
dahin entschieden, daß dies der Fall sei. Die vom 
dem Verletzten geleistete Hilfe müsse als ein dem 
mutmaßlichen Willen des abwesenden Unternehmers 
entsprechendes, dessen Betrieb forderndes Eingreifen, 
mithin als eine Beschäftigung in diesem Betriene 
ungesehen werden. Es sei dabei völlig gleich, ob 
die Bitte um Hilfe an eine bestimmte Person (den 
Herletzten) oder an die Allgeinheit gerichtet gewesen sei. 
fUeber die Ergebnisse der Rekru— 
tenprüfungen im Reiche enthält das soeben 
ausgegebene Augustheft der „Monasshefte zur Stati⸗ 
sik des Deutschen Reichs“ Nachweise bezüglich des 
diatslahres 1889/90. Danach wurden 170 494 
Rektuten in die ürmee und Marine eingestellt bezw. 
auf ihre Schulbildung geprüft. Von dieser Zahl 
hatten 106 755 Schulbildung in der deutschen 
sprache, 3870 Schulbildung nur in einer andern 
sSprache und 869 waren ohne Schulbildung, d. h 
onnten weder lesen noch ihren Namen schreiben. 
In Prozent der Gesammtzahl aller Eingestellten ist 
iie Zahl derjenigen, welche weder lesen noch ihren 
damen schreiden konnten, sehr beträchtlich und stetig 
gesunken, und zwar von 2,87 Prozent im Ersatz⸗ 
jahre 1875,76 auf 0,51 Prozent im Ersatz- 
jahre 1889/,91. Betrachtet man die einzelnen Be⸗ 
uitke, von denen die meisten ohne Schulbildung ge- 
liefert wurden, das sind namentlich die Regiernngs— 
dezitke Marienwerder, Posen, Gumbinnen, Danzig, 
Konigsberg, Bromberg und Oppeln. so zeigt sich 
üderall eine bedeutende Abaahme der Eingesitellten 
ohne Schulbildung. 
Paris, 7. Okti. Die Lage im Kohlen⸗ 
bechen des Pas de⸗Calais verschlimmert fich. Die 
Bergleute von Bruay wollen einen Ausstand be— 
ginnen, wenn ihre Abgeordneten nicht heute eint 
Berständigung mit der Direktion erzielen. In Auzin 
nklärten die Bergleute den Ausstard. Sie begehren 
derbürgung eines Mindestlohnes. In Carwin 
vimmt die Bewegung zu. Es ist zu mehrfachen 
Rufereien zwischen den Ausständischen und den 
Arbeitern geiommen. 
Der Zonentarif im Frachtver—⸗ 
leht. Vom 1. Januar 1891 soll in Ungarn 
uch im Frachtverkehr ein Zonentarif eingeführt 
derden, das ist ein Experiment von weittragender 
dedeutung, zu dem jedoch die bisherigen Erfolge 
er Personen-Zonentarife in Ungarn ermuthigen. 
luch direlt wird sich die Rückwirkung auf die be⸗ 
achbarten oͤsterreichischen und wohl auch deutsche 
bahnlinien zeigen mussen. Zur Sache selbst wird 
erx „Neuen Freien Preise“ ausführlich berichtet, 
achß durch diefen Zonentarif im Durchschnitt sammt- 
ihe Frachttarife mit einem Schiag um nicht 
veniger als ein Drittel herabgesetzt würden. Ganz 
Ungarn soll in drei Zonen getheilt werden, so daß 
e Berechnung der wirklichen Entfernungen, auf 
welchen ein Gut zu befördern ist, vollftändig ent⸗ 
ele und fuͤr jede Gulerklasse nur drei Tarife je 
aach der Zonendifianz bestunden. Die erste Zone 
erstreckt ich auf Entfernungen von J1bis 200 Kilo⸗ 
meter, die zweite von 201 bis 400 Kilomeier, die 
dritte auf alle Entfernungen von 400 Kilometer 
aufwärts. Für jede dieser Zonen wird ein ein⸗ 
heitlicher Tarifsatz festgesetzt. Dabei soll Pest eine 
besondere Begünstigung erhalten, indem auf der 
Ldinie Pesi⸗Bruck auch der Zonentarif noch weit 
unterboten werden wird. Die Bedeutung dieser 
Maßregel fällt in die Augen; fie bezweckt offenbar 
außer der Begünstigung der Hauptstadt als Zentrum 
des ungarischen Verkehrs auch die ansehnlichen 
Bahnfrachten nach dem Westen in außerordentlichem 
Maß zu verwohlfeilen und die Konkurrenz mit dem 
Wasserwege unter allen Umständen aufrechtzuerhalten. 
Die bisher bestehende Klassifikation der Waaren 
nuß beibehalten werden, da die Regierung durch 
die in Kraft befindlichen Vereinbarungen mit 
Defterreich daran gebunden ist. 
FAus Amerika, 27. Sept. Emil 
Disetzsch, ist nun zur ewigen Ruhe bestattet 
vorden. Die Begräbnißfeier in Chicago ge— 
daliete fich zu einer des Dichters wücrdigen Kund⸗ 
debung. Aus dem Trauerhause wurde die Leicht 
ijn den großen Saal des Germania⸗Clubhauses 
überführt. Wie in friedlichem Schlummer lag er 
et in dem Sarge, und seine Züge waren wie ver— 
lärt. Dem Herzen des Todien am nächsten be— 
'and fich ein mit weißen Blüthen durchflochtener 
dorberteanz und zahllose sinnige Blumenspenden 
paren bei dem Sarge aufgestellt. Viele Freunde 
varfen noch einen letzten Blict auf die ihnen se 
»ertraute Züge des Verstorbenen, dann nahm seine 
ief gebeugte Familie Abschied von dem geliebten 
Todten. Im Saale hatten die Mitglieder faß 
aller Vereine Chicago's Aufstellung genommen, 
dann wurde die Feier durch den Vortrag 
des Liedes „Stumm schläft der Sänger“ 
ingeleitet, worauf Herr Karl Haertig 
eine ergreifende Rede hielt, deren Hauptthemo 
war: „Wir haben ihn verloren, er nicht uns.“ 
General Lieb folgte mit einer englischen Rede, 
worin er den Todten als den Patrioten der alten 
deimath wie als treuen Bürger der neuen Welt 
childerte: Mit dem herrlichen Chor „Das treue 
deutsche Herz“ schloß die Feiet. Und als die Ver⸗ 
sammelten noch einen letzten Blick auf die friede— 
derklätrten Züge des Dichters geworfen, wurde 
der Sarg geschlossen. Auf dem Graceland Fried⸗ 
hof wurde das, was sterblich an ihm war, dem 
Zchooß der Allmutter Erde übergeben. In 
Schaaren waren die Deutschen Chicago's herbei- 
zeströmt, um den Sänger zu ehren. Vor dem 
Brabe hielt Herr Emil Höchster eine höchn eindrucks- 
dolle Rede, die er mit dem Dichterwort des Ver⸗ 
olichenen einleitete: „Ich bin ia Freuden und in 
Noth von Herzen Seutsch geblieben, und werd' dich, 
Deutschland bis zum Tod als treuer Sohn auch 
ieben.“ Mit flammender Begeisterung,diesaller Hörer 
Herzen tief bewegte, schilderte er den Herzensjubel, 
welchen der heimgegangene Dichter nach der 
Gestaltung eines einigen Dentschlands gezeigt und 
wie er im Herzen stets deutsch geblieben sei, ein 
wie treuer und guter Bürger dieses größten und 
freiesten republikanischen Staatswesens er auch ge⸗ 
wesen. Mit den feierlich ernsten Klängen des Goethe⸗ 
ichen Liedes „Ueber allen Gipfeln ist Ruh'“ wurde 
die Feier geschlossen. 
F Vom Sternhimmel. Im Monat Okto⸗ 
ber zeigen sich Merkur und Saturn als Mocgen⸗ 
derne. Merkur ist ja sonst im Allgemeinen schwer 
zu beobachten. Dießmal aber, besonders gegen die 
Peitte des Monats hin, kann er leicht bemerkt werden. 
Er geht am 15. Ollober bald nach! /28 Uhr Früh 
auf, zu einer Zeit also, wo sein Gianz durch die 
Morgendämmerung kaum beeinträchtigt wird. Saturn 
vesitzt die Helligkeit eines Sternes erster Größe und 
geht am 1. Oktober 2424 Uhr Früh, später immer 
zeitiger auf. Gewissermaßen ist auch Uranus von 
Mitte Oltober ab Morgenstern. Sein Aufgang 
erfolgt aber so kurze Zeit vor demjenigen der Sonne, 
daß der Planet in diesem Monat selbst mittels des 
Glases nur schwer, im November aber mit be— 
waffnetem Auge leicht bemerkt werden kann. Das 
dicht des Uranns ist ein grünliches. Der Stand- 
ort ist im Bilde der Jungfrau. Venus und Mars 
sind Abendsterne. Venus, welche an Glanz zwar 
noch immer zunimmt, geht leider bald nach Sonnen⸗ 
untergung zur Ruste, so daß man sie kaum noch 
sehen kann. Zunächst befindet sie sich noch im Zeichen 
des Skorpion. Ein herrlichs Bild bietet der in rothem 
dichte strahlende Mars dar. Derselbe steht zur Zeil 
m Sternbilde des Schützen und geht bald nach 
I 
9 Uhr Abends unter. Nepiun, welcher nur mit 
bewaffnetem Auge gesehen werden kann, steht im 
Stier und geht in diesen Tagen kurz vor 8 Uhr 
Abends, später immer zeitiger auf. Der gelhbröth⸗ 
liche Jupiter endlich befindet sich im Steinbock und 
geht zur Zeit etwa 1/412 Uhr Nachts unter. Ab⸗ 
gesehen von der Venus ist er jaztzt der hellste Stern. 
— Von in den Abendstunden des Oktober sicht⸗ 
baren Fixflernen seien hervorgehoben Arkturus im 
Boote, Kapslla im Fuhrmann, Atair im Adler, 
Wega in der Leyer, Fomalhaut in den südlichen 
Fischen und die Plejaden im Stier. — Es sei ge— 
stattet, bei dieser Gelegenheit auf den Stern Algol 
im Perseus hinzuweisen, dessen Glanz veränderlich 
ist. Der genannte Fixstern behält etwa 59144 
Stunden hindurch die Helligkeit eines Sternes 28. 
Groöße. Der Glanz sinkt dann in wenigen Stunden 
zur Helligkeit der Sterne 4. Größe herab und 
nimmt hierauf ebenso schnell wieder zu. 
Dienstesnachrichten. 
Prot. Kultus. Vom 16. Oktober l. Is. 
vurde die Verwesung der protest. Pfarrstelle zu 
Hinzweiler, Dekanats Lauterecken, dem Pfarramts⸗ 
andidaten August Uhrig, bisher Pfarrverw. in 
Mauchenheim, und Mauchenheim, Dekanats Kirch⸗ 
heimbolanden, dem Pfartamtskandidaten Jakob 
Dursi, bisher selbständiger Vikar in Mittelbexdach, 
das selbständige Vikariat Mittelbexbach, Dekanats 
domburg, dem Pfarramtskandidaten A. Rettig, 
disher Pfarrverweser in Oberndorf, und das 2. 
Stadtvikariat Kaiserslautern dem Pfarramtskandi- 
daten Friedrich Huber, bisher Pfarrverweser in 
A 
Verhältnisse wegen dem bisherigen Stadtvikar Herm. 
Stempel in Kaiserslautern die Verwesung der prot. 
Pfarrstelle Steinwenden (statt Ellerstadt) vom 16. 
Oktober l. J. übertragen. 
Steuerwesen. Steuereinnehmer Arnold 
in Morschheim wurde auf Ansuchen nach Ober— 
hochstadt versetzt, der Einnehmereikandidat Schwerde 
feger in Gleishorbach zum Steuereinnehmer in 
Morschheim etnannt, der Steuereinnehmer Hart⸗— 
mann von Hornbach auf Ansuchen nach Odernheim 
und der Steuereinnehmer Mit telkauf in Otter⸗ 
bera auf Ansuchen nach Deidesheim versetzt. 
Famtiliennachrichten. 
Gestorben: in Neunkirchen Johann Seebald, 
70 J. a., in Zweibrücken Heinrich Benoit, 59 J. 
a., in Schmittshausen Florentine Rosa Scheerer, 
geh. Muüller. 35 J. a. 
Neueste Nachrichten. 
Gleiwitz, 7. Oktt. Fünf Bergleute 
auf Schacht Königin-Luisen-Grube sind ver⸗ 
schüttet; die Feuerwehr ist seit 48 Stunden 
unablässig thätig, doch scheint die Rettung aus— 
geschlossen. 
Rom, 7. Olt. Ojfficös wird jetzt bestätigt, 
daß demnächst ein Zusammentreffen 
Crispus mit Capridi siattfinden soll; ob 
auch Kalnokh dabei sein wird, ist fraglich. 
Newyork, 8. Okt. Eine heftige Pulder—⸗ 
Explofion erfolgte gestern Nachmittag bei 
Wilmington am Delavare⸗-Flusse. Man zählt zehn 
Todte und zwanzig Verwundete. Es sind angeb⸗ 
lich alle Häuser der Umgebung der Stadt arg 
beschadigt. (S. 3.) 
Fur die Redaktion verantwortlich: F. X. Demeß. 
Reklamen. 
Ball⸗Seidenstosffe v. 95 Pfge. bis 
14.80 p. Met. — glatt, gestreift u. gemustert 
— veri. roben⸗ und stückweise porto⸗ und zoll⸗ 
frei das Fabrik⸗Depoti G. Henneberg (K. u. 
K. Hofl.) Zürich. Muster umgehend. Dop⸗ 
heltes Brieinorto nack der Schwei— 
Schon ein Hüchtiger FEinblick in die 
mit einer Menge zierlicher Abbildungen ausgestatteten 
Zpezial⸗Cataloge über Uhren, Schmucksachen 
u. s w. des Bersand⸗Geschäfts Mey & Edlich, 
LTeipzig⸗Plagwitz, wird von der umfassenden Auswahl 
der geführten, ausnahmslos geschmackvollen Gegenstände 
uberzeugen. Und diese prächtigen Sachen bewähren sich 
trotz aller Billigkeit vorzuglich, wie das von Waaren der 
weliberühmten Firma ja auch nicht anders erwartet werden 
kann. Wer wirklich solide Schmucksachen irgend welcher 
Art, Taschen- und Wand⸗Uhren, Regulatoren, 
Musikwerke zu kaufen beabsichtigt, der midge die 
SpezialCataloge über Uhren und Schmuck— 
gegenstäude verlangen. Dieselben erhält man unberech⸗ 
net und vortofrei.