St. Ingberler AAnzeiger.
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Nro. 32. Donnerstag, den 141. Marßß 18867.
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Deu t schland.
München, 11. März. Die Staatsregierung legt noch dem
jeßigen Landtag ein Genossenschafisgesetz vor. Diese Nachricht,
delche die bevorstehende Befriedigung eines längst schmetzlich ge⸗
ühlten Bedürfnisses mittheilt, wird sicher ven allen Industriellen
mit großer Freude aufgenommen werden. Der Gesetzentwurf, wie
ihn die Staatsregierung vorlegt, soll so ziemlich mit dem preußi⸗
schen Genossenschaftsgesetz übereinstimmen.
Mänchen, 9. Marz. Vor einigen Tagen erschien unter
dem Titel Freiherrn v. d. Pfordtens Wirken und Wirkungen,
in Beitrag zur Geschichte des Jahres 1866* in Frauenfeld (ge⸗
drudt bei Huber 1867) eine Brochüre. Dieselbe unterscheidet sich
don den meisten bisher erschienenen Druchschriften dieser Art da—
durch, daß sie dem Hochstcommandirenden der bayerischen Armee,
dem Prinzen Karl, und dem Generalleutenant d. d. Tann eine
Rechtfertigung zukommen läßt. Diese Rechtfertigung geschieht je⸗
doch in allen Punkten auf Kosten des obengenannten Ministers
auf den der Verfasser überhaupt sehr schlecht zu sprechen ist, und
den er als Urheber der sämmilichen Mißerfolge der bayerischen
Politik und der bayerischen Waffen hinstellt. 6Pf. Volksztg..
arlsruhe, ILI. März. Die Regierungen von Baden,
Bayern und Hessen beabsichtigen, wie man erfährt, gegen den 20.
in Mannheim eine Conferenz zusammentreten zu lassen, um über
jemeinsame Maßregeln gegen die Einschleppung der Rinderpest zu
berhandeln.
Mainz, 10. März. Die ganze Beschaffenheit namentlich
einzelner sehr festen Forts der hiesigen Festung läßt solche als
einen sehr geeigneten Platz für Straflinge erscheinen, und wir
werden zeitig daran erinnert, daß man dieses bei den alten wie
den neuen Herren des Platzes zu schätzen weiß. Der Bundestag
setzte seine sogenannte (schwarze) „Commission zur Untersuchnng
demagogischer Umtriebe“ hierher, und die in tiefen Gräben der
Außenweit verborgenen Casematten des Forts Hardenberg, halb⸗
dunkele Löcher unier gewaltigen berghohen Waͤllen, waren bald
mit unglücküichen Schwärmern, von denen einige Theilnehmer an
den Frankfurter Vorfällen im Jahre 1838 lange festsaßen, ge—
fuͤllt. Im Jahre 1849 beherbergien die Citadelle und der Har—
denberg die in den ersten Zusammenstößen gefangenen Opfer der
pfälzisch · badischen Erhebung. Da die Zeiten sich ändern, dienen
die Räume jeßt anderen, wenn auch ähnlichen Zwecken, nämlich
zahlreichen Renitenten aus den Reihen der Truppen der von Preu⸗
hen annectirten Länder. Die wegen der Vorfälle auf dem Heili—
genstock bei Vilbel hierher gebrachten Männer weden fleißig zum
Crerciren und Arbeiten angehalten, und vor drei Tagen sind denn
auch etwa ein halbes Hundert kräftige Gestalten aus Holstein an—
gelangt, um ebenfalls in den Strafdienst bei der Artillerie einge⸗
Jellt zu werden. Unter ihnen sollen sich die 20 in Cuxhafen auf
hreußische Requisition ergriffenen Militärpflichtigen befinden. Bei
llen Bestrebungen zur Einheit wird man noch immer an des ge⸗
nialen Heine Ruf nach einem Nationalzuchthaus erinnert.
Waee zbaden, 9. März. Für die General-Superinten⸗
dentenstelle von Nassau, Hessen und Frankfurt soll der Missions⸗
inspector Fabri zu Barmen bestimmt sein.
Berkin, 11. März. In der heutigen Reichstagssitzung
sprach der Abgeordnete Braun von Wiesbaden für den Verfassungs⸗
entwurf. Das nationale Einigungswerk sei die Haupisache und
was Süddeutschland anbetreffe, so werde dieses von selbst kommen.
(Großer Beifall.) Graf Bismardk beglücwünschte den Redner,
ndem er fortfuhr: Preußen beabsichtige weder eine Vergewalti⸗
gung der Fürsten noch der Volker, es sehe der naturgemäßen
Entwickelung des Einigungswerkes entgegen; die Regierung sei
möglichen Verbesserungen des Verfassungsentwurfes zugänglich;
eine Einigung mit den süddeutschen Staaten sei angebahnt und
bei einem etwaigen Angriffe von Außen werde Norde und Süd⸗
deutschland zusammenhalten. Herrn v. Münchhausen gegenüber
weißt Graf Bismard in den schärfsten Außdrüden den Vorwuri
eines Bruches des Vertrages von Langensalza zurück.
Preußens Weltbestimmung“ ist der Titel einer Schrift, die
der ungenaunte Verfasser am 9. d. an alle Mitglieder des nord⸗
deutschen Reichstages vertheilen ließ. Die Schrist richtet die For⸗
derung an die Regierung, in wahrha ft lieberale Bahnen einzu⸗
lenten und durch Erweiterung der Freiheit eine würdige Stellung
einzuraumen und für die Zuklunft zu fichern. „Preußens Welt⸗
hestimung ist es, sagt der Verfasser, Deutschland zu einen, aber
nicht um es zu knechten, sondern um es zu befreien.“ ... „Der
Welt durch fein Beispiel zu beweisen, daß die constitutionelle Mo⸗
narchie endlich in Europa volllommen gesichert dasteht und fortan
die Grundlage des Fortschreitens seiner Eidilisation darbietet.“
Wien. 9. März. Wie die „N. Fr. Pr.“ meldet, ist Graf
Mensdorff zum Landescommandirenden in Ungarn und Fürst
Friedrich v. Liechtenstein zum Generalinspector der Cavalerie er⸗
Zannit worden. — Die Eröffnung des Reichsraths soll am 1.
Mai erfolgen. — Die amtliche Zeitung meldet: ein kaiserliches
dandschreiben an Hrn. v. Beust hebt das Staatsministerium auf
Ind überweist die Leitung der admin istrativ-politischen, nichtunga⸗
rischen, Angelegenheiten dem Ministe rium des Innern, während
iur Cuͤltus und Unterricht ein eigen es Minifterium errichtet wird.
der bömische Statthalter v. Rothlirch ist in den Ruhestand
verfetzt und Baron v. Kellersperg zum Statthalter in Böhmen
ernannt worden. .
ÿö jen. 8. März. Die Debatte fchreibt: In Folge der
vorjährigen Dürre bedroht in Ungarn die Hungersnoth wieder
weite Laͤndstreken. Die Summen, welche von der Regierung bis⸗
her flüssig gemacht wurden, um in den unglücklichen Gegenden
heils als darlehen, theils als Unterstützung verwendet zu werden,
haben sich als unzugänglich erwiesen, dem um sich greifenden Elende
zu steuern. Wie wir nun vernehmen, hat der Kaiser neuerdings
eine Phe Gulden zur Linderung des Nothstandes anzuweisen
geruht.
Wien, 9. Marz. Man will hier Kenntniß haben von dem
definitiven Abschluß eines — angeblich aus 17 Artikeln bestehen ⸗
den — Vertrags zwischen Serbien und Montenegro, der allerdings
in erster Reihe nur defensiven Zwecken zu dienen hätte, eventuell
aber auch eine gemeinsame Offensivaction ins Auge faßte und,
das Einirelen einer solchen Action vorausgesetzt, zu Gunsten Mon—⸗
enegros über einen Theil der Herzogewina und uͤber den schmalen
Zireifen türlischen Gebietes am adriatischen Meer (die Suttorina)
derfügt.
Wien, 12. März. Wie die „Abendpost“ meldet, wird dem⸗
nächst eine kaiserliche Entschließung publicirt werden, welche die
Eröffnung des auf den 18. März berufenen Reichsraths wegen
der inzwuͤchen eingetretenen Nothwendigkeit der Auflösung einiger
Provinziallandtage auf kurze Zeit vertagt. 53
Wiuen, 18. Marz. Die „Presse“ erfährt als einzige ver—
laßliche Thatsache bezüglich des neuesten Standes der orientali⸗
chen Frage, daß der Vorschlag Frankreichs auf Vereinigung von
Thessalien, Epirus und Kandia mit Griechenland die Zustimmung
ẽknglands nicht gefunden habe, und auch in Wien nicht beijällig
aufgenommen worden sei.
Frankreich.
Paris, 10. März. Der „Avenir national“ spricht sich
sehr mißbilligend über den Gesetzentwurf der Nationalbelohnung
des Herrn Lamartine aus. Dieser Gesehentwurf, sagt Herr Pey⸗
rat, it unter die traurigsten Sachen unserer an traurigen Sachen
so fruchtbaren Zeit zu zaͤhlen; er giebt nicht allein den Maßstab
eines Menschen, er charakte risirt eine Epoche, eine jener Epochen,
wo man bisweilen glauben könnte, das Gefühl der politischen Ehre
sei erloschen, wo es scheint, die persönliche Ehre sei eine Illusion
und die Treue gegen die Grundsätze ein Betrug (duperie.) Was
nan aber auch ihun möge, es wird immer in der Politik nur
kinen Probestein für den öffentlichen Mann geben, die Treue ge—
jen seine Principien, gegen seine Partei, gegen seine Sache, und
esonders gegen seine überwundene Soche. Herr de Lamarline