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wollender Weise über die nationale Politik. Deutschlands ausge⸗
prochen. Daß der Kaiser bersönlich Deutschland alle seine Syin⸗-
pathieen zuwendet, ist bekannt; ich kann aber doch nicht verschwei⸗
zen, daß der bei allen Kundgebungen seiner Sympathi een gieich⸗
zeitig die Hoffnung ausgesprochen hat, auch der Süden möge sich
recht bald constituiren. Ich wiederhole, daß, solange diese Con—
tituirung nicht erfolgt ist, der Norden über die zukünftigen Bezie—
hungen mit dem Süden nicht in Unterhandlungen treten kann und
vird. — Die Zeidl. Corresp.“ und die „Kreuzzeitung“ sind
ichlecht informirt, wenn sie meiner Mittheilung widersprechen, wor⸗
nach im Staatsministerium Verhandlungen stattgefunden haben
üüber die Errichtung gemeinsamer Behörden für Kassel und Wies
baden. Der Hinweis dieser feudalen Blätter, daß dort noch kein
Brovinzialverband existire, ist nicht durchschlagend, da Herr ve
Moͤller bereits Oberpräsidialbefugnisse besitzt. Es sind schon jetzt
⸗orläufige Einrichtungen für die spaäler aus dem Nassauischen und
dem Kurheffischen zu bildende Provinz mothwendig und deßhalb
höheren Oris in Ängriff genommen. — Conservalive Reichstags⸗
aAbgeordnete widersprechen dem Gerüchte, als wollten sie bei der
am 2. April stattfindenden Prüsidentenwahl ihre Stimmen micht
Simson, sondern Forckenbeck geben; sie versichern, daß ein Kampf
bei der Präsidentenwahl nicht staltfinden wird. ν, *.
Wien, 14. März. Die Landtage von Böhmen, Maͤhren
und Krain sollen bis zum 6. April wieder einberufen werden.
Die Einberufung des Reichsraths ist für den 28. April in Aus
icht genommen.
Wien, 14. Maͤrz. Von competenter und authentischer
Seite wird versicherl, daß neuerdings eine sehr wesentliche Annä—
jerung Oesterreichs und Frankreichs in der orientalischen Frage
ttattgefunden hat. — Die Einberufung der neugewählten Vand,
age ist für den 6. April in ⸗Aussicht genommen; die Eröffnung
des Reichsraths soll ebenfalls im Laufe des April stattfinden.
Pest h, 13. März. „Lloyd meldet: Der Aufenthalt: des
daisers hierselbst dürfte sich auf zehn Tage erstrecken und waährend
ieser Zeit wiederholt Anlaß zur Behandlung wichtiger, Ungarn
betreffender Staatsangelegenheiten sein. *
Ofen, 14. Maärz. Heute Vormittag hat das ungarische
Ninisterium in die Hände des Kaisers den Eid abgelegt.“ Nach
der Borstellung der Mitglieder beider Häuser des Landiags hiell
der Erzbischof Bartakowics eine Ansprache an den Kaiser, worin
er der Freude der Nation über die gewährte constitutionelle Selbst
ständigkeit und den Dankgefühlen für das hergestellte Vertrauen
und des vollen Einverständnisses zwischen Koͤnig und Volk, unter
Segenswünschen für beide, Ausdrug gab. Der Kaiser erwiderte: Er
habe mit Freude den allgemeinen Wunsch nach Wiederherstellung
der Verfassung erfüllt. Die sichere Befestigung constiiutionellet
Staaten erheische aber die Erfüllung zweier Bedingungen: Auf—
richtige Anhänglichkeit an Thron und Monarchie und dann jenes
Maß politischer Reife, welche die constitutionelle Freiheit praktisch
ermöglicht. In dieser zweifächen Richtung haben beide Häuser so⸗
wie die Nation auch neuestens unbestreitbare Beweise geliefert.
„Gleichwie ich überzeugt bin — fuhr der Kaiser fert — daß
mein geliebtes Königreich Ungarn die unerschütterliche Stütze mei
nes Thrones und der Monarchie sein werde, ebenso lebhaft wün—
sche ich auch, daß die ungarische Nation die Ueberzeugung bewah⸗
ren möge, daß dieselbe in mir den treuesten Hüter der ierritoria—
len Integrität des Königreichs Ungarn und dessen constitutioneller
Freiheit finden wird.“ Die Rede des Kaisers wurde oftmals von
ituüͤrmischen Eljens unterbrochen.
Triest, 14. März. Die Triester Ztg. meldet, daß eine
Verfchlimmerung in dem Zustande der Kaiserin von Mexico ein⸗
getreten sei.
Hamburg, 16. März. Die „Hamb. Nachr.“ enthalten!
ein Privattelegramm aus Wien von heute, nach welchem die von
Frankreich befuͤrwortete Abtretung Kandias Seitens Oesterreich kei—
nen Widerspruch findet. Die Meldungen über Militäraufstellun⸗
gen seien falsch, doch seien alle Vorkehrungen getroffen, um bon
keinem Ereignisse überrascht zu werdeu. F
Fraufreich. —
Paris, 14. März. Im gesetzgebenden Körper entwickelle
heute Thiers in einer'87. stündigen Rede seine Interpellation
iber die. Ereignisse von Deutschland uͤnd Italien. Er sagte, die
Lage Europas und Frankreich— insbesondere sei ernst, der allge⸗
neine Aufschwung der Rüstungen beweise es, aber man müsse ihr
ahne Verwirrung ins Auge sehen. Diese Lage sei verursacht durch
'alsche Ideen, die sich in der europäischen Politik verbreitei. Ehe⸗
nals habe die Politik Europas zur Grundlage das Gleichgewicht
der MNächte gehabt, sie 'habe die kleinen Staaten geachtet, welche
die Stöße zwischen den großen auffingen und lähmten. (Sehr
ingenehme Bestimmung der Aleinstaateul) Diese RPolitit, welche
die Größe Frankreichs ausmachte, sei nun ersetzt durch die neue
Idee der Nationalitaͤten und der. Massengestaltung der Völker, die
denselben Ursprung und dieselba Sprdche haben.) MNatürlich nur
dem franzofischen Volt ist. did inheit erlaubt. . Dahoer rühre
»as Interesse, das man Polen gemirmet habe, daher die Anstren.
zungen, dieman zur Grunduug der Einheit Italiens gemacht.
Der Ehrgeiz Preußenslund Rußlands, welche die Idee der Natic
zalität benützen, sei eine Bedrohung Europas. Man müsse zu;
ückkommen auf die Politik des Gleichgewichts (d. h. des Ueber
ewichts Frankreichs). Auch auf die Freiheit müsse man sich
kützen und dem Vand einen egrößeren'. Antheil an⸗ der: Leitung
einer Angelegenheiten gewähren. Dier Neder wurde, aufmerksam,
iher schweigend angehört. (Scheint also keinen großen Eindrud
Jemacht zu haben.) — J.
Paras,15. März. In der heutigen Sitzung des geseg⸗
jebenden Koͤrpers vertheidigte Emile Olivier. das Principder
Nationalität und sprach sich für die von der Regierung befolgte
uswärtige Politik aus. Der Friede und das gute Einvernehmen
wischen Frankreich und Deutschland müßten erhalten werden. Eine
Ber bindung mit Rußland sei wegen der orientalischen Frage gefähr⸗
ich. Es müsse daher vermieden werden daß zwischen dem Auz—
and und Deutschland ein Bündniß geschlossen werde. Die Ma⸗
orität beglüdwünschte Hrn. Ollivier wegen seiner Rede. 4
Paris, 16. März. In der heutigen Sitzung des gesetzge
enden Körpers gab Staatsminister Roͤuher die, Erklärung ab,
zaß die kaiserliche Regierung keinen Fehler gemacht habe, und daß
Frankreich im besten Einvernehmen mif allen Mächten stehe und
nit allen in Freundschaft lehe. Das ganze Streben der Regie⸗
ung sei auf die Entwickelung der Prosperisat und des Reichthums
es Landes gerichtet. — — 7
Pariss, 16. März. Die France“ meldet, daß die merika⸗
rische Post, die mit. dem letzten Paketboot erwariet wurde, von den
Dissidenten zwischen Merxico und Vera Cruz geplündert und ver—
rannt worden ist. Die von der Regierung abgesandten Depeschen
verden nicht verloren sein, da sie in Duplicat existiren. — Dem
„Pais“ zufolge wird Herr. Benedetti Dienstag Paris verlassen,
im nach Berlin zurüchzukehren. —V — ——
England..
London, 15. März. Im Oberhaus theilte heute Lord Der⸗
»y mit, daß die Türkei die Festung Belgrad räumen und eine
erbijche Garnison erhalten werde Serbien erkennt die Suzerät
iitüt der Türkei an. Letztere führt unverzüglich Reformen bezüg⸗
ich der Lage der christlichen Bevölkernng ein. Das Staatsconseil
rhielte darnach drei Mitglieder christlichen Bekenntnisses, von wel—
hen eines Finanzminister und Bankdirector wird.
London, 15. März.“Aus Momreal wird bom 1. März
jemeldet: das neue canadifche Parlament wird angeblich eine neu
jebildete Conförderation als Koönigreich unter dem Prinzen Ar—
hur. proclamiren. J J —
Konstantinopel, 14. März. Der zum Gouberneur auf
BZosnien ernannte Hussein Pascha übernimmt den Oberbefehl auf
dandia. Nach Kandia und Thessalien sind weitere zehn Bataillone
uur Verstärkung abgegangen. Das Ministerium beschäftigt sich mit
der Frage der Moscheengüter. Es ist Aussicht vorhanden, daß die
lusländer in der Türkei Grundbesib erwerben dürfen.
Amerika.
New-York, 14. März. Die Bill über die Einsetzung
von Militärgouverneuren in den Südstaaten ist durch Vertuündt
jung des Präsidenten in Kraft getreten. — In einer Fenierver—
ammlung wurde beschlossen, nach Irland Mannschaft zu Hilfe zu
nden.
Vermischtes. J
Speyer. Die Generalbersammlung der pfälz ischen
zudwigsbahn wird am 12. April, die der Mar— und Neustadt⸗
dürkheimer Bahn am 13. April abgehalten werden. Die Lud⸗
oigsbahn wird für den Zeitraum ban'1J. Ott. 1885 bis 31.
dezember 1866 außer den Zinsen von 4 Procent noch eine Su⸗
verdividente von 32 fl. für die Äctie (Q 500 fl.) vertheilen. Die
Narbahn gibt ihren Actionären, außer einer sehr beträchtlichen
stüczahlung an den Staat für Zinsenergünzungsvorschuß und au⸗
zer ze 492 procentigen Zinsen, für den gleichen Zeitraum noch
eine Superdividente von 3 jl. für die Actie.
FWachenheim, 11. März. Heute Nachmittag 24
Uhr fand hier eine Erdrutschung statt, in Folge deren dus an
den Berg anzebaute Haus der Fumlie Tavernier vollst indig zer⸗
rümmert und eine Kuͤh im Stalle erschlagen wurde. Menschen-
eben sind nicht zu beklagen, da sich die zu Hause befindlichen Be—
vohner wahrscheinlich durch's vorhergegangene Geteache g.parn,
urz vor dem Einstarze auf dig Straße slüchteten.
FIn Ungstein hat küctzlich ein Mjaühriger Mann cinen
Baum gefällt, den er dor 79 Jahren selbst gepflanzt.