Full text: St. Ingberter Anzeiger

Ingberler Anzeiger. 
der „St. Jugberter An zeig er“ mit seinem unterhaltungsblatte erscheint wöchentlich dreimal . Dienstag, Donner sstag— 
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Donnerstag, den 10. Januar — * — 7 1867. 
— 
Deutschland. 
— München, 3. Jan. Bis diesen Mittag waren bereits ge⸗ 
gen 90 Mitglieder der Kammer der Abgeordneten als hier anwe— 
send angemeldet, zu denen diesen Nachmittag und Abend noch eine 
zroße Anzahl hinzukommen wird, so daß die Constituirung der 
Facnmer unverweilt wird staitfinden können. Am Dienstag den 
Jd. soll die erste offentliche Sitzung sein. (¶ullg. Ztg.) 
Münschen, 6. Jan. Die Enthebung des Frhrn. v. d 
Pfordten wird in dem heute ausgegebenen Regierungsblatt in fol⸗ 
jender Form publicirt: „Se, Maj. der König haben unterm 29. 
Dez. v. J. dem wiederholten Gesuche des k. Staatsraths im or⸗ 
dentlichen Dienst und Staatsminister des k. Hauses und des Aeu— 
heren, Frhrn. Dr. Ludwig v. d. Pfordten, um Versetzung in den 
zeitlichen Ruhestand, in Ünbetracht seiner Gesundheitsverhältnisse 
dom 29. Dez. v. J. an, unter gleichzeitiger Einreihung desselben 
in die Zahl der Staatsräthe im außerordentlichen Dienst allergnä— 
digst stattzugeben, und demselben dabei die vollste Anerkennung 
seiner ausgezeichneten Dienstleistungen, der von ihm bewährten 
reichen Fülle von Kenntnissen und Erfahrungen, sowie seiner Opfer— 
villigkeit und der Sr. Majestät dem König und dem k. Hause be⸗ 
viesenen Anhänglichkeit auszudrücken geruht. 
München, 6. Jan. Un die bayerische Kunst würdig in 
Paris vertreten zu lassen, hat die bayer. Regierung nach Profes⸗ 
dor Lange's Plan einen eigenen Pavillon hier bauen lassen, der 
erlegt werden kann. Dieser wird nach Paris geschickt, dort auf⸗ 
geschlagen und in ihm werden die bayerischen Kunstwerke aufge— 
Felli. Alles rüstet sich hier in der Kunstwelt, um auch Tüch— 
tiges dahin zu senden. — Dr. Hans von Bülow soll gutem Ver— 
jehmen nach zum J. Capellmeister der Hofcapelle ernannt worden 
ein. 
München, 8. Januar. In der heutigen Sitzung der 
Abgeordnetenkammer widmete der Präsident dem verstorbenen Frhrn. 
„derchenfeld und dem austretenden Grafen v. Hegnenberg einen 
Rachruf. Folgende Gesetzentwürfe. wurden vorgelegt: Ein Gesetz 
iber Ausgleichung der Kriegslasten, ein Gemeindegesetz, ein Ansäs—⸗ 
sigmachungsæ und Verehelichungsgesetz, ein Heimathsgesetz, ein Ge— 
verbegesetz, die Rechnungsnachweisungen pro 186465. Der Kriegs⸗ 
minister verlangte einen Credit für außerordentliche Militärbedürf⸗ 
usse, zu decken aus den Erübrigungen des vorigjahrigen Credits. 
Fiun Armengesetz wird demnächst vorgelegt werden. 
Kaiserslautern, 5. Jan. Dieser Tage wurde von 
zier aus bei den pfälzischen Lehrern eine Adresse an die Kammer 
zer Abgeordneten zur Unterschrift in Circulation gesetzt, die um Be⸗ 
ürwortung folgender Wunsche bittet: 
1. daß der durch die Gemeinde zu leistende Minimalgehalt 
— wenigstens auf 
150, 550 und 600 fl. und auch der Schulverweser in ange⸗ 
messener Weise erhoͤht werde; 2. daß arme Gemeinden, denen die 
lufbringung des Minimalgehaltes unmöoͤglich ist, sowie bisher, aus 
dreismitteln angemessene Unterstützungen erhalten; 3. daß die aus 
Staatsunteln bewilligten Summen für das Volksschulwesen nicht 
vie bisher zur Unterstützung der Kreiskassen. sondern zu Alterszu⸗ 
jagen der Lehrer in der Art verwendet werden, daß etwa von 6 
zu 6 Jahren, wie bei den Lehrern der hoͤheren Lehranstalten, 
zuch ohne einen Wechsel der Sielle ein Aufsteigen in eine höhere 
Besoldungsklasse zu erfolgen habe, und 4. daß aus Staats⸗ oder 
Zreisfonds die Lehrer⸗Wittwen und Waisenanstalten einen Zuschuß 
erhalten, der die Erhöhung der Pensionen der Witiwen mindestens 
zuf 100 fl., die der einfachen Waisen auf 20 fl. und die der 
Doppelwaisen auf 40 fl. moͤglich mache. JF 
J Dienstes⸗ Rachrichten. 
Se. Maj. der Koönig haben Sich allergnödigst bewogen ge⸗ 
funden, die Function des Gerichtsschreibers am Cassationshofe 
rür die Pfalz dem bisherigen Stellvertreter des Gerichtsschreibers 
im genannten Gerichtshofe, Oberappellationsgerichtssecretäͤr Dr. 
Tlemens Hellmuib. zu übertragen 
Durch Regierungsbeschluß vom . Jan. wurde gestattet, daß 
der bisherige Lehrer Wendelin Häge an der protest.⸗ mittleren 
Schule zu St. Lambrecht an die obere protest. Schule daselbst 
sin an die dadurch erledigte Stelle der bisherige Lehrer. der Vor⸗ 
zereitungsschule Philipp Born vorrücke. Zum Lehrer an der Vor— 
zereitungsschule daselbst wurde der Schulverweser Jakob Gutwein 
som 160 1. Mis. ernannt; ferner wurde der Verweser Andreas 
Zee in Lachen⸗Speyerdorf zum Lehrer an der obern prot. Kna— 
venschule daselbst vom 16. Januar l. Is. an. ernannt. 
Mainz, 7. Jan. Die Landwehrmänner des 32. Inf.⸗Reg. 
ind nunmehr wirklich in ihre Heimath entlassen und ist der Eine 
erselben, der zum Tode verurtheilt war, zu längerer Festungshaft 
hegnadigt worden. — Am Neujahrstage sind 2 Artilleriegefreite 
ni der zur Löhnung bestimmten Summe von 500 Thlrn. hier 
msichtbar geworden, und es ist bis jetzt noch nicht gelungen, der⸗ 
Alben wieder habhaft zu werden. — In der verwichenen Nacht 
rannte die große Bembe'sche Möbel- und Parquetboden-Fabrik 
1b. Ein Feuerwehrmann wurde von einer einstürzenden Mauer 
'o verletzt, daß er schon ouf dem Transporte zum Hospital den 
Heist aufgab, vier andere sind bedeutend verletzi. Unter dem 
Schutte eines nachbarlichen Hinterhauses hat man den Burschen 
eines Meßgers ebenfalls als zerquetschte Leiche gfunden. Der Un⸗ 
lückliche scheint beim Retten seiner kieinen Habe begraben worden 
zu sein. Der Schaden wird auf 100,000 fl. geschätzt. — 
Dresden, J. Jan. Der König von Preußen wird, wie 
der „N. fr. Pr.“ telegraphisch gemeldet wird, nächste Woche dem 
rächsischen Hofe seinen Gegenbesuch abstatten. n 
Berlin. Ein Pariser Kreuzzeitungs-Correspondent meint, 
daß das Jahr 1867 dem Tuilerien⸗Cabinette vielfache Sorgen 
und Schwierigkeiten in Aussicht stelle: Rom, der Orient, Mexico 
und Deutschland. In Betreff des letzteren schreibt der Corre— 
spondent: J 
Was die deutschen Angelegenheiten betrifft, so versteht es 
ich von selbst, daß man in unseren höheren Regionen der Eröff⸗ 
rung und den Sitzungen des Norddeutschen Reichsstages nicht mit 
Bleichgültigkeit euigegensieht. Je nach den Umständen koönnte er 
Wirkuͤng eines Magneten auf das übrige Deutschland ausüben. 
Diese kritische Eventualitat wird in engeren Kreisen mit Schärfe 
ind Besorguͤng ins Auge gefaßt. Und der geseßgebende Körper 
n Frankreich? An Stoff fehlt es der Opposition nicht und an 
Inklang im Lande wird es ihren Reden auch nicht fehlen. Die 
hewerbe⸗Ausstellung ist zwar eine vielversprechende Sache, aber 
chließlich bringt sie doch nur den Specutationen aller Art in Paris 
Vortheile. Die Departements freuen sich viel weniger über diese 
ogenannte Weltausstellung, als sie sich über die Heeres Reform 
irgern. Unterdessen klagt der Handel bitterlich, und man sieht 
ꝛs der Physiognomie der Stadt Paris in diesen Tagen an, daß 
nan verstimmt und gedrückt ist. Die Feuilletonisten schildern zwar 
m der herkommlichen Weise den Glanz, die Pracht, das Leben 
ind Treiben — aͤber es läßt sich nicht laäugnen, daß es in den 
rüheren Jahren ungleich lebendiger in den Straßen und den 
MNagazinen der Haupistadt war, als heuer der Fall — obgleich 
je Witterung ungewöhnlich günstig ist. Diese Thatsache ist nicht 
eicht anzuklagen. Sie beweist, daß das Publikum, ohne sich selbft 
ine genaue Rechenschaft über die Motive abzulegen, der nächsten 
Zukunft nicht mit allzugroßer Zuversicht entgegenschaut. 13* 
Berlin, 7. Jan. Durch eine Bekanntmachung des Mini⸗ 
jers des Imnern ist die Auslegung der Wahllisten zum norddeut⸗ 
chen Parlament auf den 15. Jan. und für die Wahlen selbst 
nuif den 12. Februar für den ganzen Monarchieumfang festge⸗ 
etzt. 
Berlin, 9. Jan. Von der Forischrittspartei wird die 
kinbringung eines Gesetzentwurfs vorbereitet, welcher den Mit⸗ 
zliedern des norddeutschen Parlaments Reisekosten und Diäten ge⸗ 
dähren soll. Herr v. Bethmann⸗Hollweg hat die Beseitigung der 
Beschränkung des Hypothekenzinsfußes zur Berathung für die näch⸗ 
te Session beantragt.